Kausativ

Aus Yogawiki

Der Kausativ (auch Causativum bzw. Veranlassungswort) gehört im Sanskrit zur sogenannten sekundären bzw. abgleiteten Konjugation der Verben (Akhyata). Ein Verb im Kausativ drückt aus, dass etwas bewirkt wird, oder dass jemand zu etwas veranlasst wird. Deutsche Beispiele sind etwa: setzen (zu sitzen), legen (zu liegen) oder fällen (zu fallen).

Bildung

Im Sanskrit kann von jeder Verbalwurzel‏‎ (Dhatu) ein Kausativstamm gebildet werden, von dem die jeweiligen konjugierten Verbformen abgeleitet werden. Der Kausativstamm wird nach demselben Prinzip gebildet wie der Präsensstamm der 10. bzw. Chur Klasse:

Die Chur Klasse gehört neben der 1., 4. und 6. Klasse (Bhu Klasse, Div Klasse und Tud Klasse) zur sogenannten thematischen Konjugation der Verben des Sanskrit. Deren Kennzeichen ist der Themavokal -a, der den Auslaut des Präsensstammes bildet. Die Besonderheit der Chur Klasse (und somit auch des Kausativums) ist die Silbe bzw. das Infix (Vikarana) -aya-, welches an die (modifizierte) Wurzel antritt und zugleich den Themavokal beinhaltet (z.B. im Stamm pātaya-).

Der Vokal der Wurzel erhält die Vollstufe (Guna) oder Dehnstufe (Vriddhi), wobei mitunter beide Formen möglich sind. An Wurzeln, die auf ein langes ā enden (sowie an die Wurzel ), tritt das Infix -paya-.

Zur Verdeutlichung des Unterschieds zwischen Verbalwurzel, Verbstamm und gebeugter Verbform betrachten wir exemplarisch die Wurzel pat "fallen, fliegen":

  • pat "fallen" (Wurzel) > pātaya- (Kausativstamm) + -ti (Personalendung 3. Person Singular) > pātayati "er (sie, es) fällt"

Übersicht: Einige wichtige Kausativstämme

In der folgenden Übersicht erscheinen einige wichtige Kausative unter folgenden Aspekten: Verbalwurzel (Dhatu) und ihre Hauptbedeutung(en), der davon abgeleitete Kausativstamm, die gebeugte (konjugierte) Form der 3. Person Singular im Indikativ Aktiv der Gegenwart (Präsens, Vartamana):

Verbalwurzel Bedeutung der Wurzel Kausativstamm bzw. -stämme 3. Person Singular Übersetzung
pat fallen, fliegen pātaya- pātayati er (sie, es) fällt
prath (sich) ausbreiten, verbreiten prathaya- prathayati er (...) breitet aus, er verbreitet
tvar eilen tvaraya- tvarayati er beschleunigt
gam gehen gamaya- gamayati er bringt, er führt
jan geboren werden, entstehen janaya- janayati er erzeugt
geben, schenken dāpaya- dāpayati er lässt geben
sthā stehen sthāpaya- sthāpayati er stellt
snā sich baden snapaya-, snāpaya- snapayati, snāpayati er badet
jñā wissen, kennen jñapaya-, jñāpaya- jñapayati, jñāpayati er teilt mit
trinken pāyaya- pāyayati er tränkt, er gibt zu trinken
ruh wachsen rohaya-, ropaya- rohayati, ropayati er richtet auf
chid abschneiden, trennen chhedaya- chhedayati er lässt abschneiden
budh erwachen, erkennen bodhaya- bodhayati er erweckt, er belehrt
führen, bringen nāyaya- nāyayati er lässt (weg)führen
ji siegen jāpaya- jāpayati er lässt siegen
kṣi verfallen, umkommen kṣayaya-, kṣapaya- kṣayayati, kṣapayati er vernichtet
bhū sein, werden bhāvaya- bhāvayati er bringt hervor, er stellt sich vor
kṛ machen, tun kāraya- kārayati er lässt machen
pṝ (sich) füllen pūraya- pūrayati er füllt, er atmet ein
ric (sich) leeren recaya- recayati er leert, er atmet aus
(sich) bewegen, rinnen arpaya- arpayati er schleudert

Asato Ma Sad Gamaya

असतो मा सद्गमय |
तमसो मा ज्योतिर्गमय |
मृत्योर्मामृतं गमय ||
asato mā sad gamaya |
tamaso mā jyotir gamaya |
mṛtyor māmṛtaṃ gamaya ||
Führe mich vom Unwirklichen zum Wirklichen.
Führe mich aus der Dunkelheit ins Licht.
Führe mich vom Tod zur Unsterblichkeit.


Wort-für-Wort-Übersetzung


asataḥ : vom Unwirklichen (Asat)
 : mich (Ma)
sat : zum Wirklichen (Sat)
gamaya : führe (gam)
tamasaḥ : aus der Dunkelheit (Tamas)
 : mich
jyotiḥ : ins Licht (Jyotis)
gamaya : führe
mṛtyoḥ : vom Tod (Mrityu)
 : mich
amṛtam : zur Unsterblichkeit (Amrita)
gamaya : führe


Erläuterungen

  • Die Verbform gamaya ist die 2. Person Singular Imperativ des Kausativs der Wurzel gam "gehen".
  • Die veränderten Wortformen ergeben sich aus den Wohllautregeln des Sandhi. Hierauf beruht auch das Verschmelzen von und amṛtaṃ zu māmṛtaṃ in der dritten Zeile.
  • Die korrekte Aussprache des Anusvara in māmṛtaṃ gamaya lautet : māmṛtaṅ gamaya (wie im Wort gaṅgā).


Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Hier folgt ein Vers aus dem zweiten Kapitel (Upadesha) der Hatha Yoga Pradipika, das der Praxis des Pranayama gewidmet ist. Der 7. Vers beschreibt die erste Phase der Reinigungsatmung (Nadi Shodhana), die auch als Wechselatmung bzw. Anuloma Viloma bekannt ist. Die beiden Optative pūrayet ("er soll einatmen") und recayet ("er soll ausatmen") sowie das Absolutivum dhārayitvā ("nachdem er ... angehalten hat") sind jeweils vom Kausativstamm der Wurzeln pṝ, ric und dhṛ abgeleitet.


बद्धपद्मासनो योगी प्राणं चन्द्रेण पूरयेत् |
धारयित्वा यथाशक्ति भूयः सूर्येण रेचयेत् || २.७ ||


baddha-padmāsano yogī prāṇaṃ candreṇa pūrayet |
dhārayitvā yathā-śakti bhūyaḥ sūryeṇa recayet || 2.7 ||


Der Yogi, der den Lotussitz (Padmasana) eingenommen hat, soll den Atem (Prana) durch den Mondkanal (das linke Nasenloch bzw. Chandra) einatmen (pūrayet).
Nachdem er (den Atem) nach Vermögen angehalten hat (dhārayitvā), soll er durch den Sonnenkanal (das rechte Nasenloch bzw. Surya) wieder ausatmen (recayet).


Weblink

Hatha Yoga Pradipika 2.7

Siehe auch

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