Denominativum
Ein Denominativum (Plural: Denominativa, Sanskrit: Pratyayadhatu) ist ein von (de-) einem Nomen abgeleitetes Verb. Es gehört im Sanskrit wie das Causativum zur sogenannten sekundären bzw. abgleiteten Konjugation der Verben (Akhyata). Ein Denominativum verwandelt gewissermaßen ein Substantiv oder Adjektiv in ein Verb, das ein Tun, Sein, Werden oder Wünschen ausdrückt, das mit der Bedeutung des Nomens in Zusammenhang steht. Auch eine Ähnlichkeit im Aussehen oder Verhalten kann durch ein Denominativum zum Ausdruck gebracht werden.
Bildung
Im Sanskrit kann von jedem Nomen, also einem Substantiv oder Adjektiv, ein Denominativstamm gebildet werden, von dem die jeweiligen konjugierten Verbformen abgeleitet werden.
Beim häufigsten Bildungsttyp wird der Denominativstamm durch den Antritt der Silbe bzw. des Infix (Vikarana) -ya- an den (mitunter modifizierten) Nominalstamm gebildet. Hieran treten dann die Personalendungen (Vibhakti) des Parasmaipada bzw. Atmanepada, d.h. die Endungen des Aktivs, Passivs oder Mediums.
So wird vom Nomen bzw. Substantiv Tapas "Askese, Buße" durch Antritt des Infix (Vikarana) -ya- der Denominativstamm tapasya- "Buße tun" gebildet, an den dann die jeweiligen Personalendungen treten:
- tapas (Substantiv) "Buße" > tapasya- (Denominativstamm) + -ti (Personalendung 3. Person Singular Parasmaipada) > tapasyati "er (sie, es) tut Buße".
Vom Nomen bzw. Adjektiv Taruna "jung, frisch" wird durch Antritt des Infix (Vikarana) -ya- der Denominativstamm taruṇā- "jung sein, jung bleiben" gebildet, an den wiederum die jeweiligen Personalendungen treten:
- taruṇa (Adjektiv) "jung, frisch" > taruṇāya- (Denominativstamm mit Längung des Stammauslautes) + -te (Personalendung 3. Person Singular Atmanepada) > taruṇāyate "er (sie, es) wird oder bleibt jung".
Übersicht: Einige typische Denominativa
In der folgenden Übersicht erscheinen einige typische Denominativa unter folgenden Aspekten: Nomen (Substantiv bzw. Adjektiv) und seine Hauptbedeutung(en), der davon abgeleitete Denominativstamm, die gebeugte (konjugierte) Form der 3. Person Singular im Indikativ Aktiv der Gegenwart (Präsens, Vartamana):
Nomen | Bedeutung | Denominativstamm | 3. Person Singular | Übersetzung |
---|---|---|---|---|
taruṇa | jung, frisch | taruṇaya- | taruṇayati | er (sie, es) macht jung, verjüngt |
taruṇa | jung, frisch | taruṇāya- | taruṇāyate | er (...) wird oder bleibt jung, verjüngt sich |
kaluṣa | schmutzig, Schmutz | kaluṣaya- | kaluṣayati | er beschmutzt |
kaluṣa | schmutzig, trübe | kaluṣāya- | kaluṣāyate | er wird trübe |
aśva | Pferd | aśvāya- | aśvāyati | er sucht Pferde, wünscht sich Pferde |
gopa | Kuhirt | gopāya- | gopāyati | er beschützt, spielt den Hirten |
vyādha | Jäger | vyādhāya- | vyādhāyate | er spielt den Jäger, ist wie ein Jäger |
parigha | Querbalken, Türriegel | parighāya- | parighāyate | er ist wie ein Querbalken |
vāgurā | Fangstrick, Netz | vāgurāya- | vāgurāyate | er ist wie ein Fangstrick |
rājapatha | Hauptstraße ("Königsweg") | rājapathāya- | rājapathāyate | er stellt eine Hauptstraße dar |
rājan | König | rājāya- | rājāyate | er führt sich auf wie ein König |
putra | Sohn | putrīya- | putrīyati | er wünscht sich einen Sohn |
nārī | Frau | nārīya- | nārīyate | er wird zur Frau |
vasu | Besitz, Reichtum | vasūya- | vasūyati | er wünscht sich Reichtum |
śatru | Feind | śatrūya- | śatrūyati | er spielt den Feind, tritt feindlich auf |
tapas | Askese, Buße | tapasya- | tapasyati | er übt Askese, tut Buße |
bhiṣaj | Arzt | bhiṣajya- | bhiṣajyati | er heilt, er ist Arzt |
Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika
Hier folgt ein Vers aus dem vierten Kapitel (Upadesha) der Hatha Yoga Pradipika, das der Praxis der Meditation und Versenkung (Samadhi) gewidmet ist. Der 94. Vers preist in poetischer Sprache den Nutzen der Meditation auf den inneren Ton (Nada). Die beiden Denominativa vāgurāyate ("er ist wie ein Netz") und vyādhāyate ("er ist wie ein Jäger") sind jeweils vom Nomen vāgurā (f.) und vyādha (m.) abgeleitet.
- नादोऽन्तरङ्गसारङ्गबन्धने वागुरायते |
- अन्तरङ्गकुरङ्गस्य वधे व्याधायतेऽपि च || ४.९४ ||
- nādo 'ntaraṅga-sāraṅga-bandhane vāgurāyate |
- antaraṅga-kuraṅgasya vadhe vyādhāyate 'pi ca || 4.94 ||
- Der (innere, "unangeschlagene") Ton (Nada) ist wie ein Netz (Vagura) zum Einfangen (Bandhana) der Antilope (in Form) des Geistes (Antaranga).
- Und er ist auch wie ein Jäger (Vyadha) zum Erlegen (Vadha) der "Geist-Antilope".
Weblink
Siehe auch
- Sanskrit Sprache
- Sanskrit Grammatik
- Sanskrit Verb
- Sanskrit Substantiv
- Sanskrit Adjektiv
- Gerundivum
- Absolutivum
- Desiderativ
- Infinitiv
- Indikativ
- Imperativ
- Optativ
- Kausativ
- Sanskrit Kurs Lektion 52
- Sanskrit Kurs Lektion 53
- Sanskrit Kurs Lektion 74
Seminare
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