Tatpurusha: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Tatpurusha''' ([[Sanskrit]]: तत्पुरुष tatpuruṣa ''m.'') wörtl.: "dessen (tat) Mann (puruṣa)" bzw. "dessen Diener"; eine Art Kompositum  
'''Tatpurusha''' ([[Sanskrit]]: तत्पुरुष tat-puruṣa ''m.'') wörtl.: "dessen ([[Tad]]) Mann ([[Purusha]])" bzw. "dessen Diener"; eine bestimmte Art von Kompositum ([[Samasa]]).


==Altindische Grammatik ([[Vyakarana]])==
__TOC__


Der ''tatpuruṣa'' ist eine Art Kompositum ([[samasa]]), das aus einer Verbindung von zwei Substantiven besteht, wobei das Hinterglied vom Vorderglied näher bestimmt wird, z. B.: ''rāja-puruṣa'' "Königsdiener" oder ''kuru-kṣetra'' "Kuru-Feld", d.h. "das Feld der Kurus". Es handelt sich im letzten Beispiel also um ein "Feld" (Hinterglied), das durch "Kuru" (Vorderglied) näher bestimmt wird. Dieser Typ ist auch im Deutschen bekannt und sehr gebräuchlich, wie etwa "Haus-tür", "Reise-leiter" usw.
== Altindische Grammatik ([[Vyakarana]]) ==
 
Der ''Tatpurusha'' ist ein zusammengesetztes Substantiv bzw. '''Kompositum''' ([[Samasa]]), das aus einer Verbindung von zwei [[Naman|Nomen]] (Substantiv bzw. Adjektiv) besteht, wobei das Hinterglied vom Vorderglied näher bestimmt wird, z. B.:  
 
*'''rāja-puruṣa''' "Königsmann, Königsdiener" ([[Rajapurusha]]), d.h. '''ein Mann''' ([[Purusha]]) bzw. Diener '''des Königs''' ([[Rajan]])
 
*'''kuru-kṣetra''' "Kuru-Feld" ([[Kurukshetra]]), d.h. '''das Feld''' ([[Kshetra]]) '''der [[Kuru]]s'''.  
 
Es handelt sich also um ein "Feld" (Hinterglied), das durch "Kuru" (Vorderglied) näher bestimmt wird. Dieser Bildungstyp ist auch im Deutschen sehr gebräuchlich, wie etwa "Haus-tür", "Reise-leiter" usw.
 
=== Bildung und Auflösung eines Tatpurusha ===
 
Das Bilden von Komposita im Allgemeinen und von ''Tatpurusha'' im Besonderen ist im Sanskrit eine äußerst produktive Art der Wortbildung. Mehr noch als im Deutschen hat man die Wahl, einen Sachverhalt "Wort für Wort" auszudrücken, oder verkürzend ein Kompositum zu bilden.
 
Die beiden Worte bzw. Glieder (genannt Vorder- und Hinterglied) stehen in einem bestimmten '''Kasusverhältnis''', welches durch das "komponieren" in der Regel nicht mehr sichtbar ist. In der [[Sanskrit Grammatik|grammatischen]] Auflösung ([[Vigraha]]) des Kompositums in seine beiden Grundbestandteile wird dieses Kasusverhältnis wieder offenbar:
 
*'''rājan + puruṣa''' ergibt '''rāja-puruṣa''' "Königsdiener", in der Auflösung '''rājñaḥ''' (Gen.) puruṣaḥ (Nom.) "'''des Königs''' (Gen.) Diener (Nom.)"
 
Die Auflösung des Kompositums '''rāja-puruṣa''' zeigt somit, dass das Vorderglied zum Hinterglied im Kasusverhältnis des Genitivs ([[Shashthi]]) steht. Die Bezeichnung ''Tatpurusha'' ist selbst ein Beispiel dieses Typs und mit '''tasya''' (Gen.) puruṣaḥ (Nom.) "dessen Diener" aufzulösen.
 
=== Übersicht ===
 
Mit Ausnahme des Vokativs ([[Sambodhana]]) können alle im Sanskrit vorhandenen Kasusverhältnisse bzw. Fälle ([[Vibhakti]]) innerhalb eines ''Tatpurusha'' zum Ausdruck gebracht werden, wobei der Nominativ eine Sonderstellung einnimmt:
 
{|
|-
! Kompositum !! Auflösung !! Übersetzung !! Kasusverhältnis !! Sanskritname !! Vorderglied !! Hinterglied mit !! Genus
|-
| '''nīlotpala''' || '''nīlam''' utpalam || '''blaue''' Seerose || Nominativ* || [[Prathama]] || [[Nila]] || [[Utpala]] || n.
|-
| '''māsakalyāṇa''' || '''māsaṃ''' kalyāṇaḥ || '''einen Monat lang''' glücklich || Akkusativ || [[Dvitiya]] || [[Masa]] || [[Kalyana]] || m.
|-
| '''ahihata''' || '''ahinā''' hataḥ || '''von einer Schlage''' getötet || Instrumental || [[Tritiya]] || [[Ahi]] || [[Hata]] || m.
|-
| '''yūpadāru''' || '''yūpāya''' dāru || Holz '''für einen Opferpfosten''' || Dativ || [[Chaturthi]] || [[Yupa]] || [[Daru]] || n.
|-
| '''vṛkabhaya''' || '''vṛkebhyo''' bhayam || die Furcht '''vor Wölfen''' || Ablativ || [[Panchami]] || [[Vrika]] || [[Bhaya]] || n.
|-
| '''rājapuruṣa''' || '''rājñaḥ''' puruṣaḥ || '''des Königs''' Diener || Genitiv || [[Shashthi]] || [[Rajan]] || [[Purusha]] || m.
|-
| '''sthālīpāka''' || '''sthālyāṃ''' pākaḥ || das Kochen '''in einem Topf''' || Lokativ || [[Saptami]] || [[Sthali]] || [[Paka]] || m.
|}
 
'''*'''Eine Sonderform des ''Tatpurusha'', bei dem beide Glieder bei Auflösung des Kompositums im gleichen Kasus, d.h. im Nominativ stehen, wird als [[Karmadharaya]] bezeichnet. Steht im Vorderglied ein Zahlwort, so spricht man von einem [[Dvigu]].
 
=== Weitere syntaktische Verwendung ===
 
Ein ''Tatpurusha'' kann auch im Sinne eines [[Bahuvrihi]] wie ein [[Sanskrit Adjektiv‏‎|Adjektiv]] verwendet werden, um ein anderes Wort näher zu bestimmen. Dabei nimmt das Kompositum '''Fall''' (Kasus), '''Zahl''' (Numerus) und '''Geschlecht''' (Genus) des Substantivs an, auf das es sich als Adjektiv bezieht. Häufig drückt es dann den Begriff des "Habens" aus: jemand "hat" das, was durch das Kompositum ausgedrückt wird.
 
So bedeutet der ''Tatpurusha'' '''vṛkabhayam''' als [[Napumsaka|Neutrum]] "Wolfsfurcht", d.h. "Furcht vor Wölfen". Als [[Bahuvrihi]] nimmt dieses Kompositum das männliche oder weibliche grammatische Geschlecht an, je nach dem, worauf es sich als Adjektiv bezieht:
 
*'''vṛkabhayaḥ''' (Nom. Sg. '''m.''') '''puruṣaḥ''' (Nom. Sg. '''m.''') "ein Mann ([[Purusha]]), der Furcht ([[Bhaya]]) vor Wölfen ([[Vrika]]) '''hat'''"
 
*'''vṛkabhayā''' (Nom. Sg. '''f.''') '''strī''' (Nom. Sg. '''f.''') "eine Frau ([[Stri]]), die Furcht vor Wölfen '''hat'''"


Eine Sonderform des ''tatpuruṣa'' wird als [[karmadharaya]] (''karmadhāraya'') bezeichnet.


==Siehe auch==   
==Siehe auch==   
*[[samasa]]   
*[[Bahuvrihi]]
*[[karmadharaya]]
*[[Avyayibhava]]
*[[Dvigu]]
*[[Nansamasa]]   
*[[Pratipadika]]
*[[Wörterbuchform]]
*[[Sanskrit Grammatik‏‎]]
*[[Sanskrit Sprache‏‎]]
*[[Sanskrit Adjektiv‏‎]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 9]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 11]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 20]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 28]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 33]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 35]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 37]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 41]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 42]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 43]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 44]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 47]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 48]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 51]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 52]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 53]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 56]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 62]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 63]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 64]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 66]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 68]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 69]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 70]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 72]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 73]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 74]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 79]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 80]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 81]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 85]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 86]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 88]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 94]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 96]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 103]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 105]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 107]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 108]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 109]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 113]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 114]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 115]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 116]]
 
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:Erlernen der Devanagari-Schrift zum korrekten Aussprechen der Mantras.
 
:[http://mein.yoga-vidya.de/profile/DrOliverHahn Dr. phil. Oliver Hahn]


[[Kategorie:Glossar]]
[[Kategorie:Glossar]]
[[Kategorie:Sanskrit]]
[[Kategorie:Sanskrit]]
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Aktuelle Version vom 29. Juli 2023, 16:21 Uhr

Tatpurusha (Sanskrit: तत्पुरुष tat-puruṣa m.) wörtl.: "dessen (Tad) Mann (Purusha)" bzw. "dessen Diener"; eine bestimmte Art von Kompositum (Samasa).

Altindische Grammatik (Vyakarana)

Der Tatpurusha ist ein zusammengesetztes Substantiv bzw. Kompositum (Samasa), das aus einer Verbindung von zwei Nomen (Substantiv bzw. Adjektiv) besteht, wobei das Hinterglied vom Vorderglied näher bestimmt wird, z. B.:

Es handelt sich also um ein "Feld" (Hinterglied), das durch "Kuru" (Vorderglied) näher bestimmt wird. Dieser Bildungstyp ist auch im Deutschen sehr gebräuchlich, wie etwa "Haus-tür", "Reise-leiter" usw.

Bildung und Auflösung eines Tatpurusha

Das Bilden von Komposita im Allgemeinen und von Tatpurusha im Besonderen ist im Sanskrit eine äußerst produktive Art der Wortbildung. Mehr noch als im Deutschen hat man die Wahl, einen Sachverhalt "Wort für Wort" auszudrücken, oder verkürzend ein Kompositum zu bilden.

Die beiden Worte bzw. Glieder (genannt Vorder- und Hinterglied) stehen in einem bestimmten Kasusverhältnis, welches durch das "komponieren" in der Regel nicht mehr sichtbar ist. In der grammatischen Auflösung (Vigraha) des Kompositums in seine beiden Grundbestandteile wird dieses Kasusverhältnis wieder offenbar:

  • rājan + puruṣa ergibt rāja-puruṣa "Königsdiener", in der Auflösung rājñaḥ (Gen.) puruṣaḥ (Nom.) "des Königs (Gen.) Diener (Nom.)"

Die Auflösung des Kompositums rāja-puruṣa zeigt somit, dass das Vorderglied zum Hinterglied im Kasusverhältnis des Genitivs (Shashthi) steht. Die Bezeichnung Tatpurusha ist selbst ein Beispiel dieses Typs und mit tasya (Gen.) puruṣaḥ (Nom.) "dessen Diener" aufzulösen.

Übersicht

Mit Ausnahme des Vokativs (Sambodhana) können alle im Sanskrit vorhandenen Kasusverhältnisse bzw. Fälle (Vibhakti) innerhalb eines Tatpurusha zum Ausdruck gebracht werden, wobei der Nominativ eine Sonderstellung einnimmt:

Kompositum Auflösung Übersetzung Kasusverhältnis Sanskritname Vorderglied Hinterglied mit Genus
nīlotpala nīlam utpalam blaue Seerose Nominativ* Prathama Nila Utpala n.
māsakalyāṇa māsaṃ kalyāṇaḥ einen Monat lang glücklich Akkusativ Dvitiya Masa Kalyana m.
ahihata ahinā hataḥ von einer Schlage getötet Instrumental Tritiya Ahi Hata m.
yūpadāru yūpāya dāru Holz für einen Opferpfosten Dativ Chaturthi Yupa Daru n.
vṛkabhaya vṛkebhyo bhayam die Furcht vor Wölfen Ablativ Panchami Vrika Bhaya n.
rājapuruṣa rājñaḥ puruṣaḥ des Königs Diener Genitiv Shashthi Rajan Purusha m.
sthālīpāka sthālyāṃ pākaḥ das Kochen in einem Topf Lokativ Saptami Sthali Paka m.

*Eine Sonderform des Tatpurusha, bei dem beide Glieder bei Auflösung des Kompositums im gleichen Kasus, d.h. im Nominativ stehen, wird als Karmadharaya bezeichnet. Steht im Vorderglied ein Zahlwort, so spricht man von einem Dvigu.

Weitere syntaktische Verwendung

Ein Tatpurusha kann auch im Sinne eines Bahuvrihi wie ein Adjektiv verwendet werden, um ein anderes Wort näher zu bestimmen. Dabei nimmt das Kompositum Fall (Kasus), Zahl (Numerus) und Geschlecht (Genus) des Substantivs an, auf das es sich als Adjektiv bezieht. Häufig drückt es dann den Begriff des "Habens" aus: jemand "hat" das, was durch das Kompositum ausgedrückt wird.

So bedeutet der Tatpurusha vṛkabhayam als Neutrum "Wolfsfurcht", d.h. "Furcht vor Wölfen". Als Bahuvrihi nimmt dieses Kompositum das männliche oder weibliche grammatische Geschlecht an, je nach dem, worauf es sich als Adjektiv bezieht:

  • vṛkabhayaḥ (Nom. Sg. m.) puruṣaḥ (Nom. Sg. m.) "ein Mann (Purusha), der Furcht (Bhaya) vor Wölfen (Vrika) hat"
  • vṛkabhayā (Nom. Sg. f.) strī (Nom. Sg. f.) "eine Frau (Stri), die Furcht vor Wölfen hat"


Siehe auch

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