Studien über vergleichbare Philosophien - Henri Bergson

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Studien über vergleichbare Philosophien - Henri Bergson

Henri Bergson

Bergson, der Philosoph der Intuition und der kreativen Evolution, betrachtet die Wirklichkeit als eine lebendige Kraft, - als élan vital, dessen Wesen die Evolution und die Entwicklung ist. Das élan vital ist ein wachsender und fließender Prozess, weder statisch noch ohne Veränderungen. Logik, Wissenschaft und Intellekt können nicht die Tiefen der lebendigen Kraft ermessen, die die Grundlage allen Lebens bildet. Überall finden Veränderungen und Evolution statt und nichts ist von Bestand. Alles Existente ist im Fluss, bewegt sich, wächst und ist eine Folge von Zuständen, die niemals ruhen, wo auch immer sie sich befinden. Der Intellekt funktioniert mechanisch und denkt sich strikte Regeln und Systeme aus, die nicht der rollenden Evolution der Wirklichkeit standhalten. Im Fluss des Lebens gibt es keine andauernden Substanzen. Alles verändert sich und wächst über sich selbst hinaus. Im ganzen Universum sind keine unveränderlichen Dinge zu finden. Selbst das Bewusstsein verändert sich. Es ist ein lebendiger, bewegender, wachsender und evolvierender Prozess. Das Bewusstsein ist das Wesen des élan vital, - die große Wirklichkeit. Es ist unmöglich, die Wirklichkeit durch Logik und Wissenschaft zu erkennen. Sie kann nur in der Intuition erkannt werden, die als eine direkte Vision oder Erfahrung den intellektuellen Prozess, die wissenschaftlichen Beobachtungen und das logische Denken durchdringt. Das élan vital ist ein schöpferischer Spirit, der dazu auffordert, ihn in mathematischer Weise zu erreichen, und der eine große Sympathie und ein tieferes Gefühl erfordert, welches direkt in sein Wesen eindringt. In der Intuition verstehen wir die Wahrheit der Dinge als ein Ganzes, als einen vollkommenen Prozess des dynamischen Lebens des spirituellen Bewusstseins. Der Instinkt steht der Intuition näher als der Intellekt. In der Intuition ist der Instinkt enthalten, der erhoben, unvoreingenommen und selbstbewusst wird. Wenn der Instinkt nicht auf eine Handlung, sondern auf sein Wissenszentrum gerichtet ist, wird er zur Intuition. Die Intuition hat nichts von den mechanischen und statischen Funktionsweisen des logischen und des wissenschaftlichen Intellekts. Der Intellekt ist das Behandeln von toter Materie des Bewusstseins, und darum kann er nicht den Spirit des Lebens erreichen. Jede wahre Philosophie versorgt und transformiert darum die Schlussfolgerungen des Intellekts mit der sofortigen Verhaftung der Intuition. Die Wirklichkeit muss gelebt und nicht bloß verstanden werden.

Bergson unterscheidet zwischen Materie und Bewusstsein. Die Materie ist mechanisch, und das Bewusstsein ist schöpferisch und erzeugt im Fortgang der Evolution immer wieder neue Situationen, die aus Sicht der Vergangenheit immer weitere Bewusstseinsfelder entwickelt. Das schöpferische Bewusstsein bleibt permanent in einer neuen Situation und wiederholt keine seiner Erfahrungen, es sei denn, es gibt einen Rückfall. Obwohl es sich auf diese Weise entwickelt, so besteht es jedoch nicht aus getrennten Teilen; es bewahrt seinen unteilbaren Charakter. Das Bewusstsein ist frei und wird weder durch Bewegung noch durch einen Endzustand bestimmt. Es bleibt in seiner Evolutionsentwicklung unbegrenzt. Man kann bei Bergson einen Hauch von Sankhya erkennen, wenn er die Materie zu einem Instrument der Evolutionsaktivitäten des Bewusstseins macht, obwohl das Bewusstsein bei Sankhya sich weder verändert noch dem Evolutionsprozess unterworfen ist. Das Bewusstsein und die Materie sind, bei Bergson, um sich zu entfalten, wirklich auf einen tieferen Impuls angewiesen, wo beide ihre Grundlage haben. Doch im Allgemeinen verharrt er auf einen Dualismus von Materie und Bewusstsein, obwohl er hin und wieder einen Hinweis auf diesen Monismus gibt. Er sagt, dass das Bewusstsein durch das Ausmalen materieller Formen von innen her und nicht von außen wächst. Die Materie handelt einerseits wie eine feste Kraft und andererseits wie ein Instrument, das die Aktivitäten des Bewusstseins zur Evolution weckt. Die Materie sorgt auf diese Weise für eine Gelegenheit, die Bewusstseinskräfte zu beweisen, und sein Bemühen um weitere Anreicherung in der Selbstevolution anzuregen. Das Meistern jeder Stufe der Evolution ist ein Durchdringen der Vergangenheit, und bedeutet kein Verlust des Vorhergehenden. Das Bewusstsein bleibt trotz seiner Veränderung und seines Wachstums ungeteilt. Bergson sieht die Wirklichkeit als endloses, zeitunabhängiges Bewusstsein, das vom Werden und von Veränderungen unberührt ist. Gott und das Leben sind eins.

Für Bergson ist Gott eine endliche, begrenzte Bewegung, der seine Zukunft nicht kennt, der weder allwissend noch allmächtig ist, der immer durch die Gegenwart der Materie behindert wird, der sich gegen Widrigkeiten wehren muss, und der mit Schwierigkeiten in der Dunkelheit vielfältiger Erfahrungen seine nächste Stufe finden muss. Der Gott von Bergson wurde noch nicht geboren, denn er versucht sich selbst zu erschaffen. Wer erschuf sein zukünftiges Feld der Erfahrungen? Wer gibt ihm den Impuls zur Vorwärtsbewegung? Wovon bezieht er in der Zukunft sein Wissen und sein Bewusstsein? Wo ist die Freiheit des Bewusstseins, wenn es auf Grund des Impulses notwendig wird unkontrolliert zu handeln, und es auf Grund des Impulses vorangetrieben wird? Ist das Bewusstsein nicht dann ein Werkzeug eines unwiderstehlichen Dranges? Warum gibt es das Bewusstsein überhaupt? Wie könnte man behaupten, dass Bergson weiser als Spinoza ist, der sagte, dass selbst ein Stein glauben würde, wenn dieser mit einem Geist gesegnet wäre, dass er sich freiheitlich nach oben bewegen würde, obwohl er durch uns in den Raum geschleudert wird? Was bedeutet Freiheit eigentlich, wenn es in der Natur der Evolution liegt, mit dem Bemühen nicht aufzuhören, sondern immer weiter fortzufahren, ohne zu wissen, wohin die Reise geht? Die Freiheit wird immer durch ein bewusst gewünschtes Ende gesteuert, und wenn solch ein Ende fehlt, dann wird Freiheit zu einem Mythos; dann bleibt dort lediglich ein Tasten des Impulses, um sich selbst zu einem unbekannten Ziel voranzutreiben. Niemand kennt den Sinn von Bergson‘s Evolution. Sie ist sinnlos; das ist alles. Der Gott von Bergson scheint sich nicht von den Individuen auf Erden zu unterscheiden, die sich auch bemühen, aber nicht wissen wofür, die auch weder allwissend noch allmächtig sind, die durch äußere Kräfte von allen Seiten blockiert werden, und die auch während ihres gesamten Lebens durch unausweichliches Vorwärtsstreben leiden. Ein Gott, der im Prozess des Werdens ganz allmählich stirbt, ist kein Gott. Und doch scheint dies Bergson’s Konzept von Gott zu sein. Bergson bemerkt nicht, dass selbst das Konzept der Veränderungen ohne eine unveränderliche Wirklichkeit, die allen Veränderungen unterliegt, unmöglich ist. Wer ist ES, das weiß, dass es Veränderungen gibt? Woher weiß Bergson, wenn er sich unaufhörlich fortbewegt und nirgends verharrt, dass ein endloser Veränderungsprozess vorherrscht? Wie kann sich von selbst etwas ohne Antrieb bewegen? Wer entwickelt sich? Sicherlich kann weder die Evolution sich selbst entwickeln, noch kann sich die Veränderung selbst verändern. Etwas Permanentes, etwas Reines, das sich vom Veränderungsprozess unterscheidet, muss im Spiel sein, damit wir die Veränderung akzeptieren können und ihrer gewahr werden. Das Bewusstsein kann sich weder verändern noch entwickeln, denn das Bewusstsein kennt die Tatsache der Veränderung und Evolution. Das Bewusstsein wurde nicht erschaffen, sondern nur verschleiert; es ist ewiges Sein und nicht im Werden begriffen. Der Prozess des Werdens ist die äußere Hülle und das relative Objekt des Seins. Es kann keine Evolution des Bewusstseins als solches geben, denn dies widerspricht der eindeutigen Tatsache, dass es kein Bewusstsein der Evolution ohne ein Bewusstsein geben kann, was sich nicht entwickelt. Was sich entwickelt, ist der Geist und nicht das Bewusstsein, das sich jenseits des Geistes befindet. Gott erschafft sich nicht selbst, denn er ist ewige Existenz. Die Felder der Erfahrungen, die für das Bewusstsein auf den höheren Evolutionsstufen offen stehen, werden in dieser ewigen, unveränderlichen Erfahrung des Gott-Seins verstanden; sonst kann es keine Evolution geben. Wie sollte eine Vorwärtsbewegung oder eine Bewegung nach oben möglich sein, wenn es nichts vor uns oder über uns gäbe? Die ganze Evolution befindet sich innerhalb Gottes, der sofort allgegenwärtig, allwissend und allmächtig ist. Nicht Gott entwickelt sich, sondern das Individuum und die phänomenale Natur. Die Wirklichkeit hinter dem elan vital ist Gott, dessen Wesen das Bewusstsein ist. Das elan vital selbst kann weder Gott sein noch jemals Gott werden.

Das Verlangen und die Evolution existieren im Individuum auf Grund des Wunsches nach ihrer Vollkommenheit in Gott. Gott ist das Absolute in Bezug auf das Universum. Die Evolution ist endlich, hat ein endliches Ziel, und sie dient dem ewigen Zweck, auf das sich alle systematisch und nicht blindlings zubewegen, und auf das sie durch die Allwissenheit gelenkt werden. Dieses Ziel ist das Absolute. Da das Absolute universal ist, gibt es eine universale Evolution. Es muss universal, unendlich, ewiglich im Bewusstsein des reinen Seins verwirklicht werden. Das Absolute treibt alle Individuen dazu, sich innerlich und äußerlich zu entwickeln, denn es ist innerhalb und außerhalb. Dieser Antrieb ist von innerer Notwendigkeit und in dem Sinne kein äußerer Zwang, da selbst das Äußere dem Absoluten innewohnt, denn es ist ewiges Sein. Was wir als äußeres Universum bezeichnen ist in Wirklichkeit inneres Sein im ewigen Bewusstsein.

In der Zukunft werden das Wissen und das Bewusstsein durch die Evolution auf Grund der Gegenwart der Allwissenheit und ewigen Weisheit im tiefen Inneren unseres Seins lebendig, was wir lediglich in dem Evolutionsprozess entfalten. Das Wissen wird in der Zukunft weder erschaffen noch angenommen, denn es ist immer in uns gegenwärtig und wird in einem gewissen Zeitraum verwirklicht. Die vitale Kraft von Bergson ist nur ein äußeres Phänomen des Rückkehrprozesses zum Absoluten durch das Individuum. Die innere Bedeutung liegt in der Notwendigkeit eines unsterblichen Bewusstseins, das selbst den elan vital transzendiert. Der elan vital ist nur der biologische Wachstumsimpuls und das psychologische Phänomen des Geistes, den Bergson mit der Wirklichkeit verwechselt. Richtig ist, dass im Körper und im Geist sowie in der Natur, wie bei sich entwickelnden Individuen beobachtet wurde, eine Evolution stattfindet; so weit müssen wir Bergson zustimmen. Doch dies steht im krassen Gegensatz zu einer Wirklichkeit, die sich bewegen, verändern und entwickeln soll. Bergson’s Evolution ist ein offener endloser Marsch der Lebenskraft mit Anzeichen eines Amoklaufes ohne Ziel und Verstand, - sie ist wie ein hungriges Bewusstsein, das nicht weiß, welche Nahrung es benötigt. Bergson verwechselt fälschlicherweise die unveränderliche Wirklichkeit mit der phänomenalen Lebenskraft und dem Geist, die das Subjekt der zeitlichen Veränderung und der Evolution darstellen. Diese falsche Sichtweise macht ihn Glauben, dass das Ziel der Evolution sofort in jeder neuen Stufe und nicht in einem ewigen Sein liegt. Es ist nicht richtig, dass selbst Gott nicht das Evolutionsziel vorherbestimmen kann. Es gibt einen Bauplan, der die Art der Organisation bestimmt, den ein Lebewesen in den verschiedenen Evolutionsstufen durchlaufen muss. Warum sollte sich sonst eine bestimmte Organisation aus einer gegenwärtigen entwickeln? Aller Drang, jede Bewegung, der elan vital selbst, ist eine Sehnsucht nach der Verwirklichung Gottes, der im Wesen das Absolute Bewusstsein ist. Dieses ist das Ziel der Evolution. Hier endet die Evolution. Bergson muss korrigiert werden.

Die Irrtümer, die Stümpereien und scheinbaren Rückschläge im Leben sind kein Indiz dafür, dass die Evolution nicht durch ein endgültiges Ziel gesteuert wird, und dass die Erkenntnisse auf jeder Stufe der Evolution neue Erfindungen sind. Die Irrtümer beruhen auf potenziellen oder aktuellen Fehlern des Geistes, der auf Grund von Offenbarungswünschen bei einer entsprechenden Entwicklungsstufe der Intelligenz leidet und dann durch die innere und äußere Erfahrung hinzulernt. Weder die Intelligenz noch das Bewusstsein begehen diese Fehler, sondern die psychologischen Funktionen des Individuums sind dafür verantwortlich. Die Fehler entstehen auf Grund von Fehleinschätzungen über die wahren Werte im Leben. Zwietracht und Disharmonie sind das Ergebnis, das man partiell bei den Individuen beobachten kann. Um die harmonische Funktionsweise der Natur zu erkennen, müssen wir an der Natur des universalen Seins in unseren Erfahrungen teilhaben und nicht so tun, als wären wir wie unbeteiligte Zeugen in Raum und Zeit außerhalb von ihr. Zu wissen bedeutet zu sein, und nicht bloß anzuschauen und zu beobachten. Das Universum ist eine vollkommene Harmonie der Kräfte. Die sich in Unwissenheit entwickelnden Individuen können die Einbeziehung der universalen Natur in ihre Erfahrungen solange nicht verwirklichen, wie sie Individuen bleiben und nicht mit dem Auge spiritueller Intuition schauen.

Die Intuition von Bergson reicht nicht so tief wie die Intuition der Vedanta. Seine Sympathie oder sein Eintritt in den Spirit des Lebens scheint eine verinnerlichte Intuition der Bewegung des psychologischen Bewusstseins und keine Identifikation mit dem höchsten Bewusstsein des reinen Seins zu sein. Die Intuition der Vedanta ist eine Fähigkeit der Allwissenheit, die das Absolute versteht. Bergson hat nicht diese Fähigkeit der Allwissenheit, denn für ihn existiert kein allwissendes Sein. Selbst das elan vital ist nicht allwissend. Weiterhin macht er einen klaren Unterschied zwischen Intellekt und Intuition. Wenn der Instinkt selbstbewusst und veredelt wird, kann er als Intuition angesehen werden. Wenn der Intellekt ohne Raum- und Zeitbeziehung arbeitet, kann auch er zur Intuition werden. Obwohl der Intellekt durch mathematische und logische Denkweisen behindert ist, wovon der Instinkt frei ist, offenbart er eine weiter greifendere Wirklichkeit als der Instinkt. Man muss jedoch anmerken, dass nur jene mit Intelligenz ausgestattete Wesen durch Bemühung die Intuition erreichen können; das instinktive Tier kann das nicht. Der Intellekt ist der Übergang vom Instinkt zur Intuition und kann damit beim spirituellen Fortschritt nicht völlig ausgeschaltet werden. Der Fehler im Instinkt liegt in seiner Blindheit; und der Fehler des Intellekts liegt in seiner Weitschweifigkeit. Der Wert der Intuition liegt in seiner integralen Erleuchtung des ganzen Seins, völlig verschieden und erhaben im Vergleich zu den partiellen Sichten des Intellekts. Instinkt und Intellekt sind Stufen im Fortschritt des Bewusstseins hin zur Intuition.

Materie und Bewusstsein sind nicht, wie Bergson annimmt, metaphysisch voneinander verschieden. Die Schwierigkeit liegt darin, dass Bergson’s Bewusstsein einerseits ein Prinzip der psychologischen Funktionen und andererseits natürlich auch Materie ist, die sich als kosmischer Körper präsentiert, der unabhängig von den psychologischen Funktionen agiert. Denn niemand kann außerhalb Materie erschaffen oder seinen Geist mit ihr identifizieren. Doch Bergson spricht vom Bewusstsein als ein metaphysisches Prinzip, dem Wesen von elan vital, und setzt es gegen die Materie ein, die einerseits ein Hindernis und andererseits auch ein helfendes Medium in der Evolution des Bewusstsein ist. Unter diesen Umständen ist es ungerechtfertigt, diesen verändernden und bewegenden Lebensimpuls als Wirklichkeit zu identifizieren. Es bedarf eingehender Beobachtung und Reflexion, um zu erkennen, dass Materie und Bewusstsein sich nicht wirklich als feindliche Elemente erweisen, dass insbesondere, wenn sie als externes Objekt und internes Subjekt erscheinen, das Letztere auf die individuelle psychologische Funktion begrenzt wird, und dass sie letztendlich zwei Phasen bilden, in dem sich das Absolute selbst als das Universum offenbart. Die Existenz von Materie kann nicht erkannt werden, wenn es keine Beziehung zwischen Materie und Bewusstsein gibt. Das Eintreten einer solchen Beziehung würde nur akzeptiert, wenn sie bei beiden im Kern vorhanden ist. Für Bergson scheint Materie als Einheit an zweiter Stelle hinter dem Bewusstsein zu stehen, denn er ist nicht gewillt, den subjektiven Geist als Wirklichkeit zu identifizieren, obwohl er glaubt, dass er auch als objektiv anzusehen ist, nur weil man ihn bei jedem Individuum außerhalb wirken sehen kann. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die metaphysische Wirklichkeit nicht das ist, was subjektiv gefühlt wird, obwohl sie von allen Individuen auf diese Weise empfunden wird. Die Wirklichkeit hat eine beziehungslose Existenz, die subjektiv transzendiert. Bergson’s Bewusstsein entwickelt sich, weil sich sein individueller Geist mit der betriebsamen Materie in einer Welt von Raum und Zeit bewegt. Die Evolution ist ohne die Raumzeitbeziehungen unmöglich, denn die Evolution ist Kausalität, ob wir sie uns linear oder organisch vorstellen. Und Raum und Zeit sind phänomenale Formen, die nicht mit der Wirklichkeit gleichzusetzen sind. Bergson betont unnötigerweise die Bedeutung von Zeit und macht sie raumlos, sieht sie von ewiger Dauer, was er als Wirklichkeit identifiziert. Es ist unmöglich, sich die Zeit ohne Raum vorzustellen, und die Zeit hört nicht deshalb auf ein relatives Phänomen zu sein, nur weil ein anderes Wort wie ‚Dauer‘ dafür eingesetzt wurde. Raum und Zeit bilden ein einziges Kontinuum, und dies kann es ohne Zeitdauer nicht geben. Bergson glaubt an einen nicht vorhandenen Raum und an eine unabhängige Zeitbewegung. Dies ist eine dogmatische Behauptung, die der Erfahrung, der Vernunft oder der Beobachtung nicht standhält. Es kann kein Fortschreiten oder keine Dauer ohne Raum geben. Die Zeit kann nicht zur Wirklichkeit werden, denn sie ist von räumlichen und kausalen Beziehungen abhängig. Man kann auch nicht sagen, dass kausale Veränderungen selbst die Wirklichkeit sind, denn jeder Veränderung unterliegt eine unveränderliche Basis.

Unsere Fortschritte in der Evolution sind nicht ganz freiwillig. Sie scheinen nur frei zu sein, denn wir arbeiten mit unseren persönlichen Egos. Wenn die Wirklichkeit das Absolute ist, kann die Freiheit des Bewusstseins nur in einer schrittweisen Annäherung erfolgen. Der freie Wille steht nicht im Gegensatz zur Vorbestimmung, denn es handelt sich dabei um das ewige universale Gesetz, dass durch ein bewusstes individuelles Ego wirkt. Wir sind als Individuen dazu bestimmt, unabhängig voneinander mit unseren Persönlichkeiten zu arbeiten, und insoweit frei wie wir als Beteiligte im Schema eines kosmischen Bewusstseins sein können.

© Divine Life Society

Siehe auch

Literatur

Seminare

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