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Version vom 26. Mai 2018, 10:39 Uhr
Genugtuung : Was ist Genugtuung ? Woher stammt das Wort? Wozu ist Genugtuung gut? Was sind ihre Grenzen? Wie kann man sie kultivieren? Was ist das Gegenteil von Genugtuung ? Genugtuung ist ein inneres Gefühl der Befriedigung. Wenn etwas nach viel Anstrengung gut gegangen ist, dann empfindet man Genugtuung. Genugtuung ist auch die innere Befriedigung, wenn man Recht behalten hat. In einem anderen Kontext bedeutet Genugtuung bekommen, dass jemand anderes Reue zeigt bzw. Buße tut.
Sukadev über Genugtuung
Niederschrift eines Vortragsvideos (2015) von Sukadev über Genugtuung
Genugtuung ist ein deutsches Wort mit vielfältiger Bedeutung. Genugtuung ist zum einen so eine innere Zufriedenheit, man hat so eine gewisse innere Genügsamkeit, eine Genugtuung. Man ist erfüllt von diesem Gefühl von Zufriedenheit, das heißt Genugtuung. Genugtuung heißt auch, wenn du jemand anderem Genugtuung gibst. Das heißt, angenommen, du hast irgendwo etwas nicht getan, du hast deine Aufgaben nicht richtig gemacht, und dann kannst du versuchen, anschließend es wieder gut zu machen. Und wenn du dem anderen geholfen hast bis zu seiner Genugtuung, dann ist alles wieder ok. In diesem Sinne, du kannst etwas tun.
Genugtuung leisten war auch etwas, zum Beispiel im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, da musste man dem anderen Genugtuung geben. Das heißt, man hat ihn beleidigt und danach musste man ihm irgendetwas geben. Im schlimmsten Fall hieß Genugtuung geben, dass es zum Duell kam. Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Aber es hat noch etwas. Immer dann, wenn du merkst, du hast irgendwo einen anderen Menschen gekränkt, dann ist dort irgendwo ein Ungleichgewicht. Und dann kannst du überlegen: „Wie könnte ich es wieder ins Gleichgewicht bringen?“ Du kannst zum einen den anderen um Verzeihung bitten, du kannst ihn um Entschuldigung bitten und das kannst du einfach so machen, indem du sagst: „Lieber Sowieso, ich habe das und das gemacht, das war nicht richtig, es tut mir leid, ich bitte um Entschuldigung oder ich bitte um Verzeihung.“ Nicht weiter erklären, nicht sagen: „Ja, mir ging es auch schlecht und ich hatte eine Erkältung und ich musste mich um mein Kind kümmern und um meinen Großvater usw.“ Wenn du diese zusätzlichen Dinge bringst, dann ist es kein Um-Verzeihung-Bitten, sondern das ist eine Erklärung.
Oft, wenn du das Gefühl hast, der andere hat guten Grund, auf dich ärgerlich zu sein, das Beste ist, du bittest um Entschuldigung und so gibst du ihm Genugtuung. Eventuell reicht das schon aus, die meisten Menschen sind zufrieden, wenn man ihnen sagt: „Ja, ich habe das und das gemacht, das hat die und die Konsequenz gehabt, es war ein Fehler, ich hätte das nicht tun sollen, ich bitte um Verzeihung.“ Das reicht oft aus und die meisten Menschen, da wird ihr Herz aufgehen und sie werden sagen: „Ja, ist ok, du hattest ja auch viel zu tun.“ Die Menschen werden dann selbst die Ausreden finden, die du vorher genannt hättest und dann wird es normalerweise ok sein. Es sei denn, du machst zum vierten, fünften Mal den gleichen Fehler und du bittest wieder um Entschuldigung, irgendwann werden das Menschen auch nicht machen. Deshalb, es reicht nicht nur aus, um Entschuldigung zu bitten, damit der andere Genugtuung hat, musst du auch selbst natürlich etwas tun, du musst dich ändern, du musst dich bessern. Du musst natürlich gar nichts, aber es hilft, wenn du zwischenmenschlich gut zurechtkommen willst und dieses Ungleichgewicht aus der Welt schaffen willst.
Also, das ist ein Aspekt, den du überlegen kannst, der Aspekt, dass du versuchst, ein gewisses Gleichgewicht zu haben und wenn du mal einen Fehler gemacht hast, bevor das Ganze zu größeren zwischenmenschlichen Verwerfungen kommt, auf gute Weise und ehrlich, um Verzeihung zu bitten. Nächster Aspekt ist auch Genugtuung, man sagt auch, er hat etwas gemacht zu seiner Genugtuung. Das heißt, er macht es so lange, bis er ausreichend davon hat. Also z.B., ich mache manchmal Meditation bis zu meiner Genugtuung, das können dann einige Stunden sein. Oder manchmal nehme ich mir viel Zeit und ich übe Asanas und Pranayama zu meiner Genugtuung, das kann dann einige Stunden dauern. Und so magst du auch andere Dinge zu deiner Genugtuung tun. Das heißt, du machst es so lange, bis du das Gefühl hast, jetzt ist es ausreichend. Etwas, was in unserer heutigen Zeit auch mal notwendig ist. Die meisten Menschen haben ja zu wenig Zeit, es gibt so viel zu tun. Und gerade wenn du auf dem Yogaweg bist, du willst Yoga üben, du willst Meditation üben, du willst die Schriften lernen, du willst Yogabücher lernen, du willst andere Yoga-Stile kennenlernen, aber deinen eigenen Yoga-Stil mehr üben, du willst vielleicht eine Yogalehrerausbildung machen oder mehr unterrichten, du willst dich um Frau, Kind, Mann, Eltern kümmern, du hast gemeinnütziges Engagement, du willst deine Facebook-Seite besser pflegen, du hast vielleicht einen eigenen Blog und willst wieder was schreiben. Du willst so viele Dinge machen. Und so ist man oft zerrissen zwischen all dem.
Und auf eine gewisse Weise ist ja das Leben so etwas wie ein Kochrezept. Das heißt, um ein glückliches Leben zu haben, brauchst du von vielem etwas. Es ist nicht notwendig, dass es exakt so viel ist, aber es muss irgendwie passen. Es ist nicht gut, wenn du dein Leben siehst als Puzzle, denn Puzzle, das Leben wird immer wieder durcheinander gerüttelt. Du kannst schauen, „was ist mir wichtig“ und machst von jedem etwas, dann hast du ein gutes Rezept und am Ende der Woche kannst du sagen: „Ja, alle Bestandteile waren gut, so ist mir das Rezept der Woche gelungen.“ Und auch bei einem typischen Kochrezept ist auch nicht genau wichtig, wann was reinkommt und wo es reinkommt und kleine Mengenunterschiede sind auch egal, ob da jetzt mehr oder weniger Zucchini, mehr oder weniger Hokkaidokürbis ist, ist jetzt nicht so erheblich. Und selbst ob du ein bisschen mehr Ingwer oder weniger hast, ist auch nicht so erheblich. Manchmal kann man zwar sagen, den Ingwer gibt man besser am Ende dazu, dann behält er seine Schärfe und es gibt andere Dinge, wie Curry, die gibt man besser am Anfang dazu, aber so wichtig ist es alles nicht. So ähnlich auch, du kannst deine Woche so sehen wie ein Kochrezept, wo du alles reintust, was wichtig ist und dann findest du nachher Genugtuung.
Also, denke, wenn du über deine Woche nachdenkst, nicht als ob du jonglierst, denn dann fällt immer irgendwas runter, denke nicht nach, es ist ein Puzzle, denn das ist fast unlösbar, denke es wie ein Kochrezept, wo das, was wichtig ist, zusammenkommt. Und dann empfindest du am Ende der Woche Genugtuung, alles war irgendwo enthalten, es war eine gute Woche. Und ab und zu mal empfehle ich dir, tue Dinge, die dir wichtig sind, zu deiner Genugtuung. So wie jetzt gerade habe ich eine Videodreh-Intensivphase. Ich mache immer Videos und manchmal mache ich einmal die Woche oder einmal im Monat, aber irgendwo hatte ich jetzt gedacht, ich nehme mir mal Zeit und drehe Videos zu meiner Genugtuung, dass es dort vorankommt. Und das macht mir sehr viel Freude und sehr viel Spaß. Und so drehe ich jetzt Videos zu meiner Genugtuung, jeden Tag sind das bis zu drei Stunden und so nehme ich eine ganze Menge von diesen Eigenschaften auf. Es wird einige Monate dauern, bis sie im Netz stehen, vielleicht sogar ein bis zwei Jahre, wir sind zum Teil mit meinen anderen Vorträgen, die ich vor einem Jahr aufgenommen habe, immer noch nicht im Netz. Aber ich drehe jetzt erstmal zu meiner Genugtuung.
Oder manchmal fahre ich Fahrrad zu meiner Genugtuung, das können dann viele Stunden sein. Oder manchmal schreibe ich Artikel zu meiner Genugtuung usw. Hier zwei Tipps zum Abschluss, nochmal zusammengefasst: Das erste ist, siehe deine Woche wie ein Kochrezept an, wo du allem, was dir wichtig ist und was wichtig ist auch für andere, etwas Raum gibst. Und hänge nicht daran, dass genau das Richtige zur richtigen Zeit sein muss, sondern mache alles, was irgendwo wichtig ist. Vielleicht jeden Tag und vor allem in einer Woche. Jeden Tag natürlich Asanas, Pranayama, Meditation, aber die ganze Woche alles, was dir wichtig ist, irgendwo berücksichtigt. Und das zweite ist, ab und zu mal tue eine Sache wirklich zu deiner Genugtuung, viel, intensiv, ausreichend und das hilft dir auch für Glück und Freude.
Genugtuung und andere Tugenden
In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Genugtuung in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Genugtuung
Ähnliche Eigenschaften wie Genugtuung, also Synonyme zu Genugtuung sind z.B. Befriedigung, Vergnügen, Zufriedenheit.
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Genugtuung übertrieben kann ausarten z.B. in Arroganz, Überheblichkeit, Überzogenheit, Aufgeblasenheit, Dünkel, Selbstgefälligkeit. Daher braucht Genugtuung als Gegenpol die Kultivierung von Eifer, Emsigkeit, Gelassenheit.
Gegenteil von Genugtuung
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Genugtuung, Antonym zu Genugtuung :
- Positive Gegenteile von Genugtuung, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Eifer, Emsigkeit, Gelassenheit
- Negative Gegenteile von Genugtuung, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Gier, Unersättlichkeit
Genugtuung im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Genugtuung gehört zur Tugendgruppe 1 Freude. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Freude und Genuss
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Genugtuung zum Persönlichkeitsfaktor N0 Neurotizismus/Labilität niedrig: selbstsicher, ruhig, stabil, entspannt, auch E0 Extraversion niedrig: zurückhaltend, reserviert, introvertiert, auch O0 Offenheit niedrig: vorsichtig, bedachtsam, konservativ, auch C1 Gewissenhaftigkeit hoch: effektiv, organisiert,verlässlich
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Genugtuung zur Grundverhaltenstendenz D - Dominanz, Durchsetzungsstärke
- Im Ayurveda zählt man Genugtuung zum Pitta Temperament bzw. Dosha.
Vortragsmitschnitt zu Genugtuung - Audio zum Anhören
Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Genugtuung, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden. <hhtml5media>https://tugenden.podspot.de/files/Genugtuung-Lexikon-der-Tugenden-Yoga-Vidya.mp3</html5media>
Siehe auch
Eigenschaften im Alphabet vor Genugtuung
Eigenschaften im Alphabet nach Genugtuung
Literatur
- Adiraja Dasa: Vedische Kochkunst (Alle rezepte aus der Hare-Krishna Bewegung)
- Armin Risi und Ronald Zürrer: Vegetarisch leben
- Petra Skibbe und Joachim Skibbe: Ayurveda - Die Kunst des Kochens
- Sukadev Bretz: Das Yoga Vidya Asana Buch
- Licht auf Pranayama v. B.K.S. Iyengar
Weblinks
- Meditation - Viele Infos und praktische Anleitungen
- Yoga Übungen
- Yogaschulen und Yoga Zentren
Seminare
Seminare zum Thema Selbsterfahrung, Yoga und Psychotherapie
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Atem-Praxis
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