Lautlosigkeit
Lautlosigkeit ist das gleiche wie Geräuschlosigkeit. Lautlosigkeit ist die Abwesenheit von Lauten. Wenn vollkommene Stille herrscht, ist die Erfahrung der Meditation besonders tief. Diese Lautlosigkeit ist ein Grund, weshalb Yogis gerne in tiefen Höhlen Meditation übten:
Bei vollkommener Lautlosigkeit kommen tiefere Bewusstseinseindrücke besonders intensiv, kann Bewusstseinserweiterung besonders leicht hervorgerufen werden. Lautlosigkeit ist auch eine geistige Eigenschaft, nämlich das Richtige zu tun, ohne viel Aufhebens darum zu machen. Lautlosigkeit heißt auch, sich nicht zu sehr in den Vordergrund zu stellen, seine Aufgaben zu tun, anderen zu helfen, und das ganz selbstverständlich.
Lautlosigkeit - als hilfreiche Tugend. Was ist Lautlosigkeit ? Woher stammt das Wort? Wozu ist Lautlosigkeit gut? Was sind ihre Grenzen? Wie kann man sie kultivieren? Was ist das Gegenteil von Lautlosigkeit ?
Lautlosigkeit als hilfreiche Tugend
Auszug aus einem Vortrag von Sukadev Bretz
Lautlosigkeit, - ich spreche jetzt über eine Fähigkeit eines Menschen, Dinge relativ geräuschlos zu machen, relativ lautlos zu machen und dabei viel zu bewirken. Es gibt manche Menschen, die machen es mehr im Verborgenen und lautlos, es gibt manche, die sind eher theatralisch und sie machen alles sehr laut.
Lautlosigkeit ist eine Tugend und eine Fähigkeit, Dinge im Hintergrund zu bewirken. Es braucht Menschen, die auch im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen, es braucht Menschen, auf die sich auch Emotionen projizieren können, es braucht Menschen, die im Mittelpunkt stehen und vieles auch mit Lautstärke usw. bewirken.
Es ist aber auch gut, dass es Menschen gibt, die eher lautlos das tun, was zu tun ist. Lautlosigkeit ist daher in sich auch eine besondere Tugend, eine besondere Fertigkeit. Du kannst selbst überlegen, bist du jemand, der eher lautlos Dinge im Hintergrund macht, der mehr dazu neigt, ohne dass viele etwas bemerken, dem es auch nichts ausmacht, wenn er weniger bemerkt wird und einfach diese tiefe Zufriedenheit hat: "Ja, ich habe es geschafft, ich bewirke Gutes."
Oder bist du jemand, der lieber im Mittelpunkt steht? Und oft ist es gut, seine besonderen Fähigkeiten zu nutzen. Nur dann, wenn du deine Fähigkeiten nutzt, aber damit nicht zufrieden bist, dann wäre es vielleicht doch klug, zu überlegen, machst du es vielleicht besser anders.
Es gibt ja ein Gesetz des betrieblichen Aufstiegs: "Tue Gutes und rede darüber." Das hilft, dass das, was du tust, auch sichtbar wird. Und manchmal ist zu viel Lautlosigkeit eben nicht so gut, gerade wenn du einen betrieblichen Aufstieg machen willst. Aber vielleicht willst du das gar nicht, vielleicht bist du ganz zufrieden mit dem, was gerade ist und du bist zufrieden damit, dass du lautlos im Hintergrund das tust und dass du anderen vielleicht den Rücken freihältst und dass du denen, die im Vordergrund stehen von hinten hilfst, dass sie Gutes bewirken.
Manchmal ist es aber auch klug, dass diejenigen, die vielleicht eine Neigung haben, mit viel Lautstärke vieles zu tun, etwas lautloser vorgehen. Manchmal ist es hilfreich, Lautlosigkeit zu üben. Bei manchen Dingen sollte man nicht zu viel Brimborium drum herum machen, man tut, was zu tun ist und kann so mehr bewirken, als wenn man vorher zu viel darüber spricht.
Manchmal ist es wichtig, frühzeitig offen zu sein, manchmal ist es wichtig, dass man sich bemerkbar macht, laut ist, vielleicht sogar Demonstrationen usw., laut protestiert. Und manchmal ist es besser, lautlos z.B. mit den Entscheidungsträgern im Hintergrund zu reden und zu sprechen und so vieles zu bewirken.
Je nach Situation ist manchmal mehr Lautlosigkeit und manchmal etwas mehr Öffentlichkeit wichtig. Klug ist, wer entweder beides kann oder Menschen kennt, die entweder die eine Richtung mehr beherrschen oder die andere, je nach Situation. Du kannst auch überlegen: "Vor dem Hintergrund meiner wichtigen Anliegen, vor dem Hintergrund unserer wichtigen Anliegen, was ist die effektivere Weise, vorzugehen? Wie können wir das Gute bewirken? Ist es besser, dort jetzt großes Brimborium zu machen, es in die Öffentlichkeit zu bringen oder ist es klüger, es erstmal mit Lautlosigkeit zu probieren, im Hintergrund oder mit Entscheidungsträgern, dem kurzen Dienstweg, auf kleine Weise. Überlege und dann handle.
Lautlosigkeit und andere Tugenden
In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Lautlosigkeit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Lautlosigkeit
Ähnliche Eigenschaften wie Lautlosigkeit, also Synonyme zu Lautlosigkeit sind z.B. Ruhe, Gelassenheit, Entspannung.
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Lautlosigkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Zurückgezogenheit, Einsamkeit. Daher braucht Lautlosigkeit als Gegenpol die Kultivierung von Eifer, Enthusiasmus, Euphorie, Begeisterung.
Gegenteil von Lautlosigkeit
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Lautlosigkeit, Antonym zu Lautlosigkeit :
- Positive Gegenteile von Lautlosigkeit, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Eifer, Enthusiasmus, Euphorie, Begeisterung
- Negative Gegenteile von Lautlosigkeit, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Brimborium, Aufgeblasenheit, Arroganz, Wildheit, Unruhe, Aggressivität
Lautlosigkeit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Lautlosigkeit gehört zur Tugendgruppe 6 Gelassenheit, Ruhe. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Gelassenheit und Ausgeglichenheit
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Lautlosigkeit zum Persönlichkeitsfaktor E0 Extraversion niedrig: zurückhaltend, reserviert, introvertiert
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Lautlosigkeit zur Grundverhaltenstendenz G - Gewissenhaftigkeit
- Im Ayurveda zählt man Lautlosigkeit zum Kapha Temperament bzw. Dosha.
Entwicklung von Lautlosigkeit
Selten will jemand wirklich Lautlosigkeit entwickeln. Die meisten Menschen würden lieber mehr gesehen werden, mutiger sein. Lautlosigkeit schätzt man häufig eher an anderen als an sich selbst. Wer Lautlosigkeit besitzt, kann auch damit sehr zufrieden sein - will sie aber nicht stärker werden lassen. Und ein larmoyanter Mensch will eventuell Gelassenheit entwickeln, aber nicht Lautlosigkeit.
Eventuell willst du andere dazu veranlassen, weniger Lärm zu erzeugen, lautloser zu werden.
Andere zu erziehen ist nicht so einfach. Eventuell kannst du deine Kinder zu Lautlosigkeit erziehen. Aber welches Elternteil würde "Lautlosigkeit als Erziehungsziel" formulieren?
Wenn du andere zu mehr Lautlosigkeit veranlassen willst, kannst du nur freundlich deine Bedürfnisse äußern, anderen Rückmeldung geben, wenn dich etwas stört. Eventuell kannst du auch Ohropax oder andere Lärmschutzmittel in die Ohren stecken.
Für den unwahrscheinlichen Fall, dass du Lautlosigkeit kultivieren willst, hier ein paar Tipps:
- Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Lautlosigkeit zu kultivieren.
- Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Lautlosigkeit kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein lautloserer Mensch zu sein."
- Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Lautlosigkeit ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt. Sprich leiser. Mache die Tür leiser zu. Gehe ruhiger, mache weniger Lärm. Gehe etwas langsamer. Iss bewusster.
- Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Lautlosigkeit ". Mehr Möglichkeiten zu Affirmationen findest du weiter unten.
Affirmationen zum Thema Lautlosigkeit
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Affirmationen für mehr Lautlosigkeit
- Ich entwickle Lautlosigkeit.
- Ich bin ein Mensch, der sich im Hintergund hält.
- Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Lautlosigkeit.
- Ich bewirke viel und mache wenig Lärm.
Du kannst dich auch fragen:
- Was müsste ich tun, um Dinge ohne viel Aufhebens, ohne viel Tamtam, geschehen zu lassen?
- Wie könnte ich lautlos und schnell Dinge erledigen?
- Wie könnte ich mit weniger Konflikten und weniger Mühe mehr bewirken?
- Angenommen, ich würde schnell und lautlos meine Anliegen umsetzen, wie würde ich das machen?
- Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Lautlosigkeit kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als lautloser Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?
Vortragsmitschnitt zu Lautlosigkeit - Audio zum Anhören
Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Lautlosigkeit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.
Siehe auch
- Tugend
- Raja Yoga
- Yoga Psychologie
- Meditation - Viele Infos und praktische Anleitungen
- Yoga Übungen
- Yogaschulen und Yoga Zentren
Eigenschaften im Alphabet vor Lautlosigkeit
Eigenschaften im Alphabet nach Lautlosigkeit
Literatur
- Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis
- Swami Sivananda: Inspirierende Geschichten
- Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
- Swami Sivananda: Sadhana - Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
- Swami Sivananda: Licht, Kraft und Weisheit
- Swami Sivananda: Japa Yoga
- Swami Sivananda: Die Wissenschaft des Pranayama
- Swami Sivananda: Die Überwindung der Furcht
- Swami Sivananda: Vedanta für Anfänger
- Swami Sivananda: Japa Yoga
- Swami Sivananda: Göttliches Elixier
- Swami Sivananda: Götter und Göttinnen im Hinduismus
Weblinks
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