Sanskrit Adjektiv

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Ganesha

Das Adjektiv (Visheshana, syn. Bhedaka) zählt in der traditionellen indischen Grammatik (Vyakarana) zur Wortart des Nomens (Naman), zu der auch die Substantive gehören. Dies erklärt sich daraus, dass Adjektive und Substantive im Sanskrit flektierte Wörter sind, die grundsätzlich denselben Flektionsmustern unterliegen. Mit anderen Worten: Adjektive und Substantive erhalten dieselben Kasusendungen (Vibhakti).

Funktion des Adjektivs

Adjektive dienen dazu, ein Substantiv, auf das sie sich beziehen, näher zu beschreiben bzw. zu "bestimmen". Dies ist auch die Bedeutung von Visheshana: "einen Unterschied (Vishesha) ausdrückend". So dienen bspw. Farbadjektive dazu, zwei in ihrem übrigen Erscheinungsbild weitestgehend übereinstimmende Lebewesen oder Dinge zu unterscheiden, etwa eine blaue von einer roten Seerose:

Beispiele

  • utpalaṃ nīlam "die Seerose (Utpala) ist blau (Nila)"
  • utpalaṃ raktam "die Seerose ist rot (Rakta)"

Hierbei nimmt das Adjektiv Geschlecht (Genus, Linga), Fall (Kasus, Vibhakti) und Zahl (Numerus, Sankhya) des Substantivs an, auf das es sich bezieht:

  • utpalaṃ nīlam "die Seerose (Utpala, Nominativ Singular Neutrum) ist blau (Nila, Nominativ Singular Neutrum)"

Erläuterung: Utpala ("Seerose") ist ein sächliches Substantiv (Neutrum, n.). Das entsprechende Adjektiv (Nila), das für sich genommen ohne grammatisches Geschlecht ist, nimmt das Geschlecht sowie Kasus und Numerus des Substantivs an und erhält die entsprechende Kasusendung. Diese grammatische Übereinstimmung nennt man auch Kongruenz.

Die entsprechende Form des deutschen Verbs "sein" muss im Sanskrit nicht ausdrücklich erscheinen: das hier fehlende "ist" wird in der Übersetzung ergänzt. Einen solche Satz nennt man Nominalsatz, da er kein Verb, sondern nur Nomina (Naman) enthält.

Hier noch einige weitere Beispiele zur Kongruenz bei veränderlicher Zahl (Numerus):

  • Singular (Ekavachana): ekaṃ nīlam utpalam "eine (Eka, Nom. Sg. n.) blaue (Nila, Nom. Sg. n.) Seerose (Utpala, Nom. Sg. n.)"
  • Plural (Bahuvachana): bahūni nīlāni utpalāni "viele (Bahu, Nom. Pl. n.) blaue (Nila, Nom. Pl. n.) Seerosen (Utpala, Nom. Pl. n.)"

Erläuterung: Da das Adjektiv Bahu "viel(e)" zu einer anderen Art von Nominalstamm gehört als Utpala "Seerose", weichen die Endungen in diesem Fall voneinander ab (ūni- und -āni).

Nominalstämme

Die Adjektive gehören ebenso wie die Substantive des Sanskrit in ihrer Eigenschaft als Nomen (Naman) verschiedenen Stammklassen an. Man unterschiedet zunächst vokalisch (also auf Vokal) auslautende und konsonantisch (also auf Konsonant) auslautende Nominalstämme (Pratipadika):

  • vokalisch auslautend: nīla "blau": utpalaṃ nīlam "die Seerose (Utpala, Nom. Sg. n.) ist blau (Nila, Nom. Sg. n.)"
  • konsonantisch auslautend: mahat "groß": utpalaṃ mahat "die Seerose (Utpala, Nom. Sg. n.) ist groß (Mahat, Nom. Sg. n.)"

Diesen Stamm bezeichnet man als Nominalstamm, der identisch mit der sogenannten Wörterbuchform ist, an die die jeweiligen Kasusendungen (Vibhakti) treten.

Es gibt wiederum weitere Untergruppen bzw. Klassen von vokalischen und konsonantischen Nominalstämmen. Die häufigsten vokalischen Nominalstämme sind die auf ein kurzes -a auslautenden Stämme, zu denen die Mehrheit der (männlichen und sächlichen) Substantive und Adjektive des Sanskrit gehören.

Eine Reihe von Adjektiven gehört zu den auf kurzes -u auslautenden Stämmen, wie bspw. Bahu "viel", Laghu "leicht" und Guru "schwer".

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Beispiele

  • guruḥ puruṣaḥ "ein schwerer (Guru, Nom. Sg. m.) Mann (Purusha, Nom. Sg. m.)"
  • lagh strī "eine leichte (Laghu, Nom. Sg. f.) Frau (Stri, Nom. Sg. f.)"
  • bahūni nīlāni utpalāni "viele (Bahu, Nom. Pl. n.) blaue (Nila, Nom. Pl. n.) Seerosen (Utpala, Nom. Pl. n.)"

Ursprüngliche und abgeleitete Adjektive

Zu den ursprünglichen Adjektiven gehören Farbadjektive wie Nila "blau", Shukla "weiß", Kala "schwarz" und Hari "blassgelb, gelblich" sowie Adjektive wie Mahat "groß", Kshudra "klein", Hrasva "kurz" und Dirgha "lang".

Andere Adjektive sind von Verbalwurzeln (Dhatu) abgeleitete Formen, in der Regel die des Partizip Präteritum Passiv (auch als PPP bekannt), wie etwa Rakta "rot" (wörtl.: "gerötet, gefärbt"), Mukta "frei" (wörtl.: "befreit") und Dushta "schlecht" (wörtl.: "verdorben").

Im Prinzip kann jedes Vergangenheitspartizip (PPP) eines Sanskrit-Verbs als Adjektiv verwendet werden, also in der Funktion einer näheren Bestimmung (Visheshana) eines Substantivs (Naman).

Beispiele

  • puruṣo muktaḥ "der Mann (Purusha, Nom. Sg. m.) ist frei" (Mukta, Nom. Sg. m., abgeleitet von der Verbalwurzel muc "loslassen, befreien")
  • yogī yuktaḥ "der Yogi (Yogin, Nom. Sg. m.) ist konzentriert" (Yukta, Nom. Sg. m., abgeleitet von der Verbalwurzel yuj "verbinden, den Geist ausrichten")

Wortstellung und syntaktischer Bezug

Die Wortstellung ist im Sanskrit als einer flektierenden Sprache verhältnismäßig frei, da aufgrund der großen Vielfalt von Nominal- und Verbalendungen (Vibhakti) ein Wort (Shabda) hinsichtlich Wortart und sytaktischer Zugehörigkeit in der Regel eindeutig zu bestimmen ist, sofern eine Mehrdeutigkeit vom Autor oder Dichter nicht beabsichtigt ist.

In Bezug auf das Adjektiv ist zu sagen, dass dieses häufig in der Nähe des ihm zugehörigen Substantivs, das es näher bestimmt, steht (vor oder nach dem Substantiv). Dennoch kann ein Adjektiv, vor allen in metrischen Texten, auch in größerer Entfernung zu seinem Bezugswort stehen. Sein sytaktischer und semantischer Zusammenhang erschließt sich eineseits aus dem Satzzusammenhang, andererseits aus seiner Kasusendung, die über Fall, Zahl und Geschlecht Auskunft gibt, welche wiederum mit denen des Substantivs übereinstimmen.

Aus diesem Grunde steht bei einer Übersetzung eines Satzes (Vakya) aus dem Sanskrit unmittelbar nach der Bestimmung der Verbform (Akhyata) eine Analyse aller Nominal- und Verbalendungen (Vibhakti), um die syntaktischen Bezüge der einzelnen Substantive und Adjektive (falls vorhanden) zu klären.

Beispiele

  • sundarā kanyā nīlam utpala paśyati "Das schöne (Sundara, Nominativ Sg. f.) Mädchen (Kanya, Nom. Sg. f.) sieht (Verb) eine blaue (Nila, Akkusativ Sg. n.) Seerose (Utpala, Akk. Sg. n.)."

Erläuterung: Dies wäre eine natürliche Wortstellung, in der die beiden Adjektive (sundarā bzw. nīlam) neben ihren zugehörigen Substantiven (kanyā bzw. utpalam) stehen. Aufgrund der Übereinstimmung in Fall, Zahl und Geschlecht sind die Adjektive (unabhängig von der Wortstellung) eindeutig den durch sie näher bestimmten Substantiven zuordenbar (die Stellung des Verbs am Satzende ist für das Sanskrit typisch).

Dieselbe Satzaussage läge vor, wenn ebendiese Substantive und Adjektive (bspw. in einem Vers) in einer veränderten Reihenfolge bzw. Wortstellung angeordnet würden, etwa:

  • nīla kanyotpala* sundarā paśyati "Das schöne (Sundara) Mädchen (Kanya) sieht eine blaue (Nila) Seerose (Utpala)." Eine wortwörtliche (wenngleich nicht sehr poetische) deutsche Wiedergabe, die der Wortstellung des Sanskrit folgt, wäre: "Eine blaue - das Mädchen - Seerose - das schöne - sieht."

*Anmerkung: Aufgrund der Wohllautregeln des Sandhi verschmelzen hier auslautendes ā und anlautendes u zu o.

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Siehe auch

Literatur zum Thema Sanskrit und Sanskrit Grammatik

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