Genügsamkeit
Genügsamkeit : Was ist Genügsamkeit ? Woher stammt das Wort? Wozu ist Genügsamkeit gut? Was sind ihre Grenzen? Wie kann man sie kultivieren? Was ist das Gegenteil von Genügsamkeit ? Genügsamkeit ist eine innere Einstellung, dass wenig auch schon genug ist. Genügsamkeit steht für Anspruchslosigkeit, Einfachheit, Bescheidenheit. Genügsamkeit ist eine einfache Weise, glücklich zu sein. Wenn immer mehr Menschen materielle Genügsamkeit leben und spirituell glücklich sein können, kann Mutter Erde gut überleben.
Sukadev über Genügsamkeit
Niederschrift eines Vortragsvideos (2015) von Sukadev über Genügsamkeit
Genügsamkeit ist auch so etwas wie Zufriedenheit, wie Einfachheit und Austerität. Genügsamkeit heißt, zu wissen, genug ist auch genug. Wir brauchen gar nicht so viel zum Leben. Jemand, der Genügsamkeit entwickelt hat, der ist zufrieden mit wenig. Unser Planet kann Genügsamkeit brauchen, wenn wir langfristig auf diesem Planet leben wollen, dann können wir nicht alle Ressourcen des Planeten aufbrauchen. Es gilt, Genügsamkeit zu üben. Die Vorstellung, die viele Menschen haben, dass immer mehr immer glücklicher macht, die stimmt einfach nicht. Man hat Bedürfnisse, ja, man braucht ein Dach über dem Kopf, man braucht etwas Gesundes zu essen, man braucht Kleidung, man muss sich irgendwie fortbewegen können und es ist gut, schöne zwischenmenschliche Beziehungen zu haben. Und am allerwichtigsten, man hat spirituelle Praktiken, mit denen man üben kann und Gott erfahren kann. Wenn man das hat, was braucht es mehr.
Gut, es braucht noch eine Aufgabe, etwas, wo man sich einbringen kann, etwas helfen kann. Aber für sich selbst braucht es nicht viel mehr. Menschen setzen sich unter Druck und eine der Hauptweisen, wie Menschen sich ständig unter Druck setzen, ist die Wohnung, in der sie wohnen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel Wohnraum Menschen denken, zu brauchen und sich dann anschließend darüber beschweren, dass sie nicht genügend Geld haben. Es ist jetzt das Jahr 2015, in den letzten 25 Jahren hat sich die Wohnfläche pro Kopf verdoppelt. Heute hat der Durchschnittsdeutsche fünfundvierzig Quadratmeter Wohnfläche und vor 25 Jahren waren das etwa zwanzig Quadratmeter. Also, eine ganze Menge ist es mehr geworden. Vielleicht sind es auch nicht 25, sondern 35 Jahre. Verdoppelt, sind die Menschen doppelt so glücklich wie früher?
Nein, sind sie nicht, aber sie zahlen mehr Mieter als früher. Zwar sind die Mietpreise in Deutschland nicht pro Quadratmeter so gestiegen wie in anderen Ländern, aber wenn man doppelt so viel Platz hat wie früher, muss man doppelt so viel bezahlen. Das betrifft nicht nur die Miete, auch bei Wohneigentum, man muss ja auch heizen, Grundsteuern bezahlen und vieles andere. Eine gute Weise der Genügsamkeit ist einfach, weniger Wohnraum zu nehmen, dann hat man mehr Geld, mehr Freiheit und kann sich auch vielleicht eher Bioernährung leisten und kann sich manches andere leisten. Genauso auch mit Auto, Menschen kaufen sich große und teure Autos, die sie dann kaum verwenden. Man könnte stattdessen einen Gebrauchtwagen haben oder mit dem Zug fahren, mit dem Fahrrad fahren, ab und zu mal mit dem Taxi fahren. Wenn man bedenkt, wie viel der Unterhalt eines Autos kostet, da kann man eine Menge Taxifahrten haben und eine Menge auch Bahnkarten kaufen. Genügsamkeit wäre hier etwas, was einem auch Unabhängigkeit und Freiheit gibt.
So viel anderes, Menschen kaufen sich so viel Kleidung, so viel Schuhe, sie kaufen sich immer wieder ein neues Handy, einen neuen Computer, neues dieses und jenes, sogar immer wieder eine neue Yoga-Matte und alles Mögliche. Etwas Genügsamkeit würde helfen. Wenn du genügsamer bist, dann hast du auch mehr Zeit für uneigennütziges Engagement, du musst nicht ganz so viel Geld verdienen. Du kannst Geld verdienen, wenn du willst, du kannst damit Gutes bewirken. Du kannst es investieren und damit eine eigene Firma aufbauen, eigenes Geschäft aufbauen, was nicht so viel Geld abwerfen muss für dich, aber das gut ist für andere. Genügsamkeit kann dir Glück geben. Genügsamkeit kann dir Zufriedenheit geben und Gelassenheit. Ich habe diesmal sehr konkrete Empfehlungen gemacht und habe so relativ viel erzählt, was ich selbst für gut halte und was ich letztlich auch selbst in die Tat umsetze.
Ich selbst wohne, wie alle es bei Yoga Vidya durchschnittlich machen, auf etwa zwanzig Quadratmetern. Weil ich mit meiner Frau zusammenlebe, haben wir ein bisschen mehr als vierzig Quadratmeter Wohnfläche, Nutzfläche, das ist alles und das reicht voll aus. Ich bin Leiter von Yoga Vidya, habe auch viele Aufgaben. Und es gibt andere und die kommen mit noch etwas weniger aus, die haben ein Einzelzimmer mit fünfzehn Quadratmetern. Es gibt auch solche, die etwas mehr Platz haben, die haben irgendwie das größere Appartement erwischt. Wir haben auch einige so genannte Shanti Vasis, die haben sich Wohnrechte gekauft und die haben dann zum Teil mehr Nutzfläche, mehr Raum.
Aber wer ist glücklicher? Am glücklichsten ist der Mensch, der meint, er braucht wenig, und meint, er hat auch alles, was er braucht. Der ist glücklich. Und der ist glücklich, der das Göttliche erfahren kann, der Liebe zu anderen Menschen erfahren kann, die Schönheit der Natur erfahren kann, sich eins fühlt mit anderen. Genügsamkeit zu kultivieren, ist eine gute Weise, Glück zu haben. Genügsamkeit ist kein Wert an sich und es reicht nicht aus, nur zu sagen, „ich bin genügsam“ und dann irgendwo eingeschränkt sein. Genügsamkeit plus Großzügigkeit, plus Gotteserfahrung, das ist eine wunderbare Kombination.
Genügsamkeit und andere Tugenden
In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Genügsamkeit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Genügsamkeit
Ähnliche Eigenschaften wie Genügsamkeit, also Synonyme zu Genügsamkeit sind z.B. Askese, Mäßigung, Einfachheit.
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Genügsamkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Primitivität, Unerfahrenheit, Minderwertigkeitsgefühl+. Daher braucht Genügsamkeit als Gegenpol die Kultivierung von Großzügigkeit, Genuss, Gastfreundlichkeit.
Gegenteil von Genügsamkeit
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Genügsamkeit, Antonym zu Genügsamkeit :
- Positive Gegenteile von Genügsamkeit, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Großzügigkeit, Genuss, Gastfreundlichkeit
- Negative Gegenteile von Genügsamkeit, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Verschwendungssucht, Gier, Genusssucht
Genügsamkeit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Genügsamkeit gehört zur Tugendgruppe 6 Gelassenheit, Ruhe. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Gelassenheit und Ausgeglichenheit
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Genügsamkeit zum Persönlichkeitsfaktor N0 Neurotizismus/Labilität niedrig: selbstsicher, ruhig, stabil, entspannt, auch E0 Extraversion niedrig: zurückhaltend, reserviert, introvertiert, auch O0 Offenheit niedrig: vorsichtig, bedachtsam, konservativ, auch C1 Gewissenhaftigkeit hoch: effektiv, organisiert, verlässlich
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Genügsamkeit zur Grundverhaltenstendenz G - Gewissenhaftigkeit
- Im Ayurveda zählt man Genügsamkeit zum Pitta Temperament bzw. Dosha.
Entwicklung von Genügsamkeit
Genügsamkeit kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Genügsamkeit in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:
- Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Genügsamkeit zu kultivieren. Du kannst nicht mehrere Tugenden auf einmal entwickeln. Aber es ist möglich, jede Woche eine Tugend, eine Eigenschaft, wachsen zu lassen.
- Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Genügsamkeit kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein genügsamerer Mensch zu sein."
- Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Genügsamkeit ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt
- Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Genügsamkeit ". Mehr Möglichkeiten zu Affirmationen findest du weiter unten
- Am Tag wiederhole immer wieder eine solche Affirmation:
- Ich bin genügsam ".
Affirmationen zum Thema Genügsamkeit
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Affirmationen für mehr Genügsamkeit Unter dem Stichwort "Affirmation" und "Wunderaffirmationen" erfährst du mehr darüber.
Klassische Autosuggestion für Genügsamkeit
Hier die klassische Autosuggestion:
- Ich bin genügsam
Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden:
- Ich bin genügsam. Om Om Om.
- Ich bin ein Genügsamer, eine Genügsame
Entwicklungsbezogene Affirmation für Genügsamkeit
Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin genügsam " - und sie sind es gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:
- Ich entwickle Genügsamkeit
- Ich werde genügsam
- Jeden Tag werde ich genügsamer
- Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Genügsamkeit
Dankesaffirmation für Genügsamkeit :
- Ich danke dafür, dass ich jeden Tag genügsamer werde.
Wunderaffirmationen Genügsamkeit
Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren, die Sukadev Volker Bretz als Wunderaffirmationen bezeichnet:
- Bis jetzt bin ich noch nicht sehr genügsam. Und das ist auch ganz verständlich, ich habe gute Gründe dafür. Aber schon bald werde ich Genügsamkeit entwickeln. Jeden Tag wird diese Tugend in mir stärker werden.
- Ich freue mich darauf, bald sehr genügsam zu sein.
- Ich bin jemand, der genügsam ist.
Gebet für Genügsamkeit
Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Genügsamkeit :
- Lieber Gott, bitte gib mir mehr Genügsamkeit
- Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein genügsamer Mensch werde
- Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Genügsamkeit mehr und mehr zum Ausdruck bringe
Was müsste ich tun, um Genügsamkeit zu entwickeln?
Du kannst dich auch fragen:
- Was müsste ich tun, um Genügsamkeit zu entwickeln?
- Wie könnte ich genügsam werden?
- Lieber Gott, bitte zeige mir den Weg zu mehr Genügsamkeit
- Angenommen, ich will genügsam sein, wie würde ich das tun?
- Angenommen, ich wäre genügsam, wie würde sich das bemerkbar machen?
- Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Genügsamkeit kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als genügsamer Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?
Vortragsmitschnitt zu Genügsamkeit - Audio zum Anhören
Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Genügsamkeit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.
Siehe auch
Eigenschaften im Alphabet vor Genügsamkeit
Eigenschaften im Alphabet nach Genügsamkeit
Literatur
- Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
- Swami Sivananda: Sadhana - Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
- Sukadev Bretz, Ulrike Schöber: Der Königsweg zur Gelassenheit; 2014
- Sukadev Bretz: Karma und Reinkarnation
Weblinks
- Meditation - Viele Infos und praktische Anleitungen
- Yoga Übungen
- Yogaschulen und Yoga Zentren
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