Vivekas: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 29. Juli 2023, 16:27 Uhr

Shankaracharya - Lehrer des Vedanta

Vivekas Viveka heisst Unterscheidungskraft und die vier Vivekas sind Methoden zur grundlegenden Untersuchung im Vedanta System.

Die vier Vivekas im Vedanta im Jnana Yoga

Heute spreche ich über die vier grundlegenden Vivekas, die grundlegenden Untersuchungen im Vedanta-System im Jnana Yoga.

Im Vedanta ist Vichara eine wichtige Technik. Vichara bedeutet „Untersuchung“. Die verschiedenen Schritte des Jnana Yoga, des Vedanta sind:

und dieser Prozess wird auch als Vichara (Untersuchung) bezeichnet.

Für diese Untersuchung gibt es die sogenannten Vivekas. Viveka bedeutet Unterscheidung. Vedanta ist eigentlich die Philosophie der Einheit (Advaita), der Nicht-Zweiheit. Das Interessante ist, das wir im Vedanta zur Einheit kommen, indem wir zunächst einmal unterscheiden und uns damit von Identifikationen lösen.

Diese vier Vivekas findest du zum Beispiel beschrieben in Shankaras Werk „Viveka Chudamani“ (das Kleinod der Unterscheidung, das Kronjuwel der Unterscheidung). Sie sind auch beschrieben im mittleren Teil des 2. Kapitels des Yoga Sutra von Patanjali.

Atma Anatma Viveka

Die Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst

Diese Unterscheidung haben wir beim letzten Mal ausführlicher behandelt, und ich hoffe, du hast es auch im Alltag zwischendurch umgesetzt, dich öfters gefragt „Wer bin ich?“, und es ist dir öfters gelungen zu erkennen: „Ja, da identifiziere ich mich, und ich bin es nicht.“

Du hast hoffentlich auch gemerkt, dass alles Gekränkt sein, aller Ärger und alle Ängste kommen, wenn du dich mit Anatma identifizierst, mit dem, was du nicht bist. Je mehr es dir gelingt, dich nicht zu identifizieren als Anatma, dir bewusst zu machen dass du der Beobachter bist, um so weniger wirst du gekränkt oder im Leid sein. Eventuell werden weiter Emotionen kommen – diese haben ja auch ihre Funktionen.

Wünsche sind beispielsweise Handlungsempfehlungen mit Energie, sie sind instinktiv, es gibt für bestimmte Wünsche evolutionsbiologische Gründe, es gibt biografische Gründe aus diesem Leben, vielleicht auch aus früheren Leben, und so gibt es Handlungsempfehlungen, die mit Energie kommen, das sind Wünsche. Aber nicht du bist die Wünsche, sondern du bist der Beobachter.

Auch Emotionen kannst du als Informationen mit Energie plus Handlungsempfehlungen mit Energie sehen – aber nicht du bist die Emotion. Wenn du zum Beispiel Angst hast, dann ist das eine Information: Da kommt vielleicht etwas Wichtiges, da könnte es gefährlich sein, in Verbindung mit einer Handlungsempfehlung, hau vielleicht ab, bereite dich vor. Das sind Informationen mit Energie, es sind Handlungsempfehlungen mit Energie, aber du bist nicht die Angst, du bist nicht die Emotion.

Auch Ärger kann eine Information sein: Da hat jemand deine Grenzen überschritten, sie nicht beachtet. Da hat sich jemand nicht an Absprachen gehalten. Das ist also eine Information, vielleicht auch mit einer Handlungsempfehlung. Du müsstest ihm sagen: „So geht es nicht “ oder du müsstest noch einmal die Grenzen setzen. Das ist eine Handlungsempfehlung mit Energie, eine Information mit Energie, aber nicht du bist der Ärger, sondern du bist das Bewusstsein.

Diese Atma Anatma Viveka ist etwas höchst Praktisches und erlaubt dir, im Alltag viel Gelassenheit zu entwickeln, loszulassen. In meinem Buch „Der Königsweg zur Gelassenheit“ wird dieser Atma-Anatma-Viveka noch sehr viel detaillierter beschrieben, auch als philosophische Praxis für den Alltag. Wenn du noch mehr wissen willst, wie du das im Alltag umsetzen kannst, dann könntest du in diesem Buch noch einiges nachlesen.

Nitya Anitya Viveka

„Die Unterscheidung zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen“

Diese Viveka werde ich in einer der nächsten Lektionen ausführlicher behandeln. Sie ergibt sich fast aus der Atma Anatma Viveka, aber sie ist auch noch einmal sehr paxisnah für den Alltag, wenn du dir bewusst machst: Was ist ewig, und was ist vergänglich?

Wenn du aufhörst zu erwarten, dass das Vergängliche ewig sein soll, wenn du aufhörst zu versuchen, das Vergängliche dauerhaft zu machen, dann ist viel gewonnen. Und wenn du gleichzeitig immer wieder die Erfahrung des Ewigen machst, dann wird das Leben eine besondere Tiefe haben.

Sat Asat Viveka

„Die Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen“

Sie ist mit die schwierigste Viveka und wird manchmal auch als Satya Mithya Viveka bezeichnet. Sat ist das, was existiert, Asat ist das, was nicht existiert.

Eine der großen Aussagen des Vedanta ist ja bekanntlich, dass die Welt Maya ist, Mithya ist, bzw. sie ist Asat, sie existiert nicht so, wie wir sie wahrnehmen. Sie ist eine Illusion, ein Produkt unseres Geistes.

Warum das so ist, und welche Konsequenzen dies für unseren praktischen Alltag hat, darüber werde ich sprechen, wenn es um diese Viveka geht.

Ananda Sukha Viveka

Du hast die Wahl: das Gute oder das Angemehme

„Die Unterscheidung zwischen der eigentlichen Freude und den vergänglichen Vergnügungen und Leiden, die sich ständig abwechseln“

Auch: Ananda-Sukha-Dukha-Viveka, Ananda heißt Freude, Sukha heißt, in diesem Kontext, Vergnügen, und Dukha heißt Schmerz.

Auch diese Viveka hat eine besondere Bedeutung für unseren Alltag. Sie will uns helfen, uns von den vergänglichen Mögen und Nicht-Mögen, Vergnügen und Schmerz zu lösen, und zu dem zu kommen, was Ananda, wahre Freude ist.

Zusammenfassung

Viveka bedeutet „Unterscheidung“, die uns helfen will, uns zu lösen von Identifikationen und Illusionen, von fehlerhaften, falschen Vorstellungen.

In der Bhagavad Gita gibt es die Aussage „Yoga ist das Überwinden von falschen Vorstellungen“. Indem wir uns von falschen Vorstellungen lösen, kommt Yoga, kommen Einheit und Freiheit.

Letztlich sagen ja Yoga und Vedanta: „Man muss nichts erreichen. Jetzt und in diesem Moment bist du reines Bewusstsein, Unendlichkeit und Ewigkeit. Wenn du die falschen Vorstellungen überwindest und das erkennst und erfährst, was wirklich ist, dann bist du frei.“

Frage dich „Wer bin ich?“, erkenne dein Selbst und sei frei. Höre auf, dich zu identifizieren mit Anatma, mit dem was du nicht bist, und erkenne wer du bist.

Höre auf, das verlängern zu wollen, was sowieso vergänglich ist, und erwarte keine Beständigkeit im Vergänglichen. Akzeptiere die Veränderungen im Alltag, aber erkenne, dass es etwas Ewiges hinter allem gibt – das reine Bewusstsein, das Göttliche an sich.

Sei dir bewusst: Die Welt, so wie du sie wahrnimmst, ist ein Produkt deines eigenen Geistes, sie ist nicht so, wie du sie wahrnimmst. Du machst dir ein Bild von der Welt – andere machen sich ein anderes Bild. So viele Konflikte entstehen nur deshalb, weil jeder unterschiedliche Bilder hat und diese für die einzige Wirklichkeit hält. Löse dich von dem, was nicht wirklich ist. Erfahre das, was wirklich ist.

Sei dir bewusst, dass es im Alltag

  • Sukha Dukha - Vergnügen und Schmerz gibt,
  • Raga Dwesha - Mögen und Nicht Mögen,

mal magst du etwas, mal magst du es nicht. Höre auf, zu denken oder zu glauben, du müsstest nur die äußere Welt geschickt genug manipulieren und dann ginge es dir gut, dies ist eine Überschätzung der eigenen Selbstwirksamkeit. Denke auch nicht, dass nur die Anderen sich richtig verhalten müssten, und dann wärst du glücklich, das wäre die Opfer Mentalität. Weder die Selbstüberschätzung noch die Opfer Mentalität führen dich weiter. Äußere Dinge geben dir mal Sukha und mal Dukha, mal Vergnügen und mal Schmerz. Ananda, was du wirklich suchst, wahre, beständige und dauerhafte Freude, letztlich auch unbedingte, nicht bedingte Freude, findest du woanders.

Die Beschäftigung mit diesen besonders tiefen Fragen des Lebens fällt am leichtesten, wenn man sich für ein paar Tage in einer besonders spirituellen Umgebung aufhält, zum Beispiel in einem der Yoga Vidya Ashrams.

Video - Die vier Vivekas

Siehe auch

Literatur

Seminare

Vedanta

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