Parichaya Avastha

Aus Yogawiki
Vertraute Anahata Klänge durch den Aufstieg der Kundalini

Parichaya Avastha (Sanskrit: परिचयावस्था paricayāvasthā f.) wörtl.: "Vertrautheits-Zustand" (Parichaya-Avastha); dritter, durch Pranayama erreichter Zustand: die Kundalini wird erweckt und steigt in der Sushumna hoch. In der Hatha Yoga Pradipika wird dieser Zustand im Zusammenhang mit der Meditation auf den inneren Klang (Anahata Nada) beschrieben (4. Kap. Vers 74 - 75).

Parichaya Avastha

- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -

Kommentar zur Hatha Yoga Pradipika Kapitel 4, Verse 74-75

Vers 74:

Svatmarama spricht über Parichaya Avastha, die 3. Stufe der Praxis von Anahata Nada Yoga, also der Praxis des inneren Klanges.

Die 4 Stufen des Anahata Nada Yoga

Theoretisch sind die 4 Stufen für alle Yogapraktiken gedacht, aber Svatmarama interpretiert schon die erste Stufe als ziemlich hochstehend, gerade wenn es um die Anahata Nada Meditation geht. Wie sieht die 3. Stufe von Anahata Nada aus?

Im 3. Auge wird der Klang einer Trommel wahrgenommen

Svatmarama sagt, im 3. Stadium, Parichaya Avastha, wird ein Klang wie von einer Trommel (Mardala) im Akasha, das zwischen den Augenbrauen liegt, wahrgenommen. Vayu, das Prana, fließt zu Mahashunya, welches der Sitz aller Siddhis (außergewöhnliche Kräfte) ist.

Atha (es folgt) Parichaya Avastha – der innere Zustand des Anfüllens. Dieser ist Tritiya, also der 3. Zustand. Und hier Vijneya (erfährt man) etwas, und zwar Vihayas – im Raum. Damit gemeint ist laut dem Kommentator Brahmananda der Raum zwischen den Augenbrauen. Das ergibt Sinn, denn im 1. Zustand Arambha Avastha war die Konzentration im Herzen, im 2. Zustand Ghata Avastha im Vishuddha Chakra. Logischerweise geht die Konzentration nun also zum Raum entweder zwischen den Augenbrauen oder in der Mitte des Kopfes. Du kannst dich sowohl auf den Punkt zwischen den Augenbrauen konzentrieren, als auch Mitte der Stirn oder Mitte des Kopfes. Und dort hörst du dann Mardala Dhvani, den Klang einer Trommel.

Im vorigen Vers sprach Svatmarama von einer Bheri (Kesselpauke) und einem Gedröhn, nun ist es eine Mardala. Es wäre gut, sich den Klang der beiden Instrumente einmal anzuhören (zum Beispiel im Internet). Dies führt in Mahashunya – die große Leere. Dort ist Samashraya – die Wohnstätte von Sarva Siddhi – allen außergewöhnlichen Kräften. Das 3. Stadium der Anahata Nada Meditation ist also die Konzentration auf das 3. Auge bzw. Mitte des Kopfes, und dort Konzentration auf den inneren Klang. Dieser innere Klang kann dann so sein wie der Klang einer Mardala. Viele Menschen hören dies auch wie ein lautes, rhythmisches Om. Der Klang wird so groß, dass keine anderen Gedanken mehr da sind. Das führt dann zu Shunya – der Leere, in der nichts mehr da ist außer diesem unendlichen Klang. Und dieser unendliche Klang führt dann zu Siddhi – zur Vollkommenheit.

Vers 75:

Sind schließlich alle Schwierigkeiten überwunden, dann zeigen sich unmittelbar die Freuden des Geistes als reine Verzückung. Und diese ist ohne Sünde, ohne Qual, ohne Alter, Krankheit, Hunger und Schlaf.

Tada (dann) folgt Ananda – große Freude im Chitta – Geist. Und so erreicht der Yogi Sahajananda – höchste Glückseligkeit.

Es gibt auch noch eine andere Interpretation, der Swami Vishnu folgt: Ist das Glück des Geistes überwunden, dann folgt das Glück des Atman, also chittananda jitva. Ist die Freude des Geistes überwunden, dann folgt Sahajananda, dann folgt die natürliche, die eigentliche Glückseligkeit.

Der Geist hat auch einiges an Freuden, die wir manchmal als Gegenteil sehen: Ananda – die Freude des Selbst, und Sukha – das Vergnügen. Aber an anderer Stelle haben wir gesehen, dass die Trennung dieser beiden Worte nicht so eindeutig ist. Svatmarama hat an anderer Stelle auch Sukha gleichbedeutend mit der Freude des Selbst übersetzt bzw. verwendet. Hier gibt es Chitta Ananda, das ist die Freude des Geistes, und es gibt stattdessen Sahajananda – die tiefste Glückseligkeit. Was auch bedeutet, dass es manchmal kleine Freuden gibt, mit denen man sich identifiziert, auch in der Yogapraxis. Wenn man diese Identifikation verliert, kommt man in die eigentliche Freude Sahajananda. Die Chitta Ananda ist Ananda (die Freude) von Chitta (des Geistes) (nicht zu verwechseln mit Chidananda – die Glückseligkeit des reinen Bewusstseins).

Man könnte auch sagen, die Freude, die im Geist reflektiert ist. Es ist die reflektierte und damit die bedingte Freude. Die Freude, die du zum Beispiel empfindest, wenn dich jemand lobt, ist eine bedingte Freude. Wenn dich jemand kritisiert, ist sie wieder weg. Oder die Freude, die du empfindest, wenn du etwas Gutes isst, ist Chitta Ananda, die reflektierte Freude im Geist. Sie hört auf, sobald du ein versalzenes Gericht isst. Oder auch, wenn du von dem guten Essen zu viel isst, so dass du dich später voll fühlst und Verdauungsprobleme bekommst.

Aber Sahajananda, die höchste Freude, ist nicht mehr bedingt. In diesem Glückszustand bist du frei von Dosha (allen Fehlern und Störungen). Vom Ayurveda her würde man auch sagen frei von Dosha Duhkha, von allen Leiden die entstehen durch gestörte Doshas. Du bist auch befreit:

Es gilt also, den glückseligen Zustand zu erreichen, der über die Vergnügen des Geistes kommt. Und diesen erreichst du in der 3. Stufe Parichaya Avastha.

Anleitung zur Parichaya Avastha Anahata Nada Meditation

Schicke Prana zum Ajna Chakra und spüre Shunya - die Leere

Auch wenn du noch nicht bereit bist, vollständig in Samadhi zu kommen, ist dies eine Übung, die dir helfen kann, nicht bedingte Freude zu erfahren.

Rezitation Vers 75:

chittanandam tada jitva sahajananda sambhavah
dosha duhkha jara vyadhi kshudha nidra vivarjitah
  • Sitze ruhig und gerade.
  • Atme ein paar Mal tief ein und aus.
  • Beim Einatmen stelle dir vor, du atmest Prana über Ida und Pingala zum Muladhara Chakra.
  • Halte die Luft an mit Mula Bandha.
  • Beim Ausatmen schicke das Prana und die Shakti durch die Sushumna zum Ajna Chakra.
  • Halte kurz die Atemleere und spüre Ajna.
  • Atme nun sanft ein und aus.
  • Spüre das Ajna Chakra, entweder den Punkt zwischen den Augenbrauen/ Mitte der Stirn oder den Raum in der Mitte des Kopfes.
  • Shunya – die Leere.
  • Höre dort den Klang einer Trommel oder ein ständig sich wiederholendes Om.
  • Höre den inneren Klang.
  • Richte die Aufmerksamkeit auf den unendlichen Raum im Ajna Chakra.
  • Genieße Sahajananda, die natürliche Glückseligkeit.

Stille ...

Om Om Om

Om Sarva-mangala-mangalye Shive Sarvartha-sadhike Sharanye Tryambake Gauri Narayani Namostu Te

Om Shanti Shanti Shanti Om Bolo Sadguru Sivananda Maharaja Ki Jaya Om Bolo Shri Guru Vishnu-devananda Maharaja Ki Jaya

Diese Meditation kannst du auch als Einleitung für deine normale Meditation benutzen. Oder als zusätzliche Meditation, zum Beispiel am Ende vom Pranayama oder am Ende deiner Yogapraxis. Oder du nutzt sie als zusätzliche tägliche Meditation zu deiner normalen 20 bis 30 minütigen Meditation. Sie kann dir helfen, eine besondere Stille und eine besondere Freude zu erfahren. Ich wünsche dir Sahajananda, die natürliche innewohnende Freude Erfahrung.

Video - Parichaya Avastha

Parichaya Avastha परिचयावस्था paricayāvasthā Aussprache

Hier kannst du hören, wie das Sanskritwort Parichaya Avastha, परिचयावस्था, paricayāvasthā ausgesprochen wird:

Siehe auch

Weblinks

Hatha Yoga Pradipika 4. Kapitel Verse 71-80

Literatur

Seminare

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