Ideal der stabilen Zweierbeziehung
In den meisten heutigen Gesellschaften gibt es das Ideal der stabilen Zweierbeziehung. Der Mensch ist eine eigenartige Mixtur als monogam und polygam: Es scheint kulturübergreifend das Ideal der stabilen Zweierbeziehung vorzuherrschen. Selbst in polygamen oder polygynen Ehen gibt es oft die "Hauptfrau", den "Hauptmann". In der Antike haben die alten Griechen und Römer die monogame Ehe als rechtsverbindlich eingeführt, die christlichen Kirchen haben das übernommen. Allerdings gehen auch in den verschiedensten Gesellschaften Beziehungen, Ehen zu Bruch - oder gehen die Partner auch fremd. Im Yoga gibt es das ethische Prinzip Brahmacharya, Vermeidung von sexuellem Fehlverhalten.
Griechische und Römische Antike
In vorchristlicher Zeit war das Ideal der monogamen Ehe nicht religiös oder sittlich vorgeschrieben. Man kann jedoch aus den Quellen schließen, dass die meisten Menschen monogam lebten - schon damit jeder einen Partner oder Partnerin bekam. Allerdings hatten gerade die Herrschenden, die Adligen, die Reichen zwei oder mehr Frauen.
Es scheint, dass die griechische und römische Antike die Vorreiter für das Ideal der stabilen Zweierbeziehung waren. Allerdings war Ehescheidung möglich, wenn auch nicht die Regel. Die christlichen Kirchen haben dieses Ideal der stabilen Zweierbeziehung, der monogamen Ehe, übernommen.
Religiöses Ideal der stabilen Zweierbeziehung
Christentum
Insbesondere das Christentum hat das Ideal der stabilen Zweierbeziehung in einer Ehe postuliert. In der katholischen Kirche wird davon ausgegangen, dass Gott die Ehe zusammenfügt - und der Mensch sie nicht scheiden kann.
Im evangelischen Christentum können heutzutage Ehen geschieden werden - allerdings nicht mit einem Ritual, die evangelische Kirche erkennt vielmehr staatliche Ehescheidungen an. Es gibt die evangelisch-christliche Hochzeit von Menschen, die schon mal verheiratet waren. Allerdings gilt auch für die evangelische Kirche das Ideal der stabilen Zweierbeziehung.
Judentum
Die jüdische Bibel ist voll von Geschichten über Männer, die mehrere Frauen hatten. Insbesondere die Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob hatten mehrere Frauen, ebenso die Könige von Juda und Israel. Allerdings wird in der jüdischen Bibel (christliches Altes Testament) immer wieder das Ideal der stabilen Zweierbeziehung für den "Durchschnittsmenschen" beschrieben.
Islam
Im Islam ist die Vielehe, die Polygamie, im Koran geregelt. Dennoch ist in moslemischen Ländern die Zweierbeziehung der Normalfall, in den meisten Fällen auch juristisch geregelt.
Hinduismus
Die alten indischen Schriften erwähnen verschiedene Arten von Liebesbeziehung:
- Monogamie: Als ideals Paar gilt Rama und Sita
- Polygamie im Sinne von Polygynie, Vielweiberei: Ein Mann hat mehrere Frauen. Ein Beispiel ist Dasharatha (Ramas Vater), der drei Frauen hatte, nämlich Kausalya, Kaikeyi und Sumitra
- Polyandrie: Eine Frau hat mehrere Männer
- Polygamie als Mischung von Polyandrie und Polygynie: Draupadi z.B. hatte mehrere Männer (Fünf Pandavas, darunter Arjuna, Yudhishthira, Bhima, Sahadeva und Nakula) - einige davon hatten Nebenfrauen
Auch im Hinduismus galt trotzdem als Ideal die stabile Zweierbeziehung, wie sie von den meisten Göttern vorgelebt wurde:
Heutzutage ist im Hinduismus, durch den Einfluss des Christentums in der englischen Kolonialzeit, die Zweier-Ehe das Normale.
Romantische Liebe
In westlichen Gesellschaften spielen die Religionen für das soziale Leben keine so große Rolle mehr. Für die Liebe, insbesondere für die geschlechtliche Liebe, ist vielmehr die romantische Liebe konstituierend:
Ende des 18. Jahrhunderts/Anfang des 19. Jahrhunderts entstand das Ideal der romantischen Liebe mit großen Gefühlen, dem Gefühl der ewigen Füreinander-Bestimmtheit. So ist das Ideal der stabilen Zweierbeziehung in die moderne Zeit in einem moderneren Gewand gekommen.
Die Sexuelle Befreiung
In den 1960er und 1970er Jahren wurde der Ausdruck der "sexuellen Befreiung" sowie die "Freie Liebe" populär. Viele probierten sich in wechselnden Beziehungen bzw. in "offenen Beziehungen" aus. Geblieben aus dieser Zeit ist der Normalfall der erlaubten vorehelichen Sexualität.
Aber es hat sich gezeigt, dass Menschen sich doch nach einer stabilen Zweierbeziehung sehnen. Die sogenannte "Freie Liebe", die "offene Partnerschaft", macht die meisten Menschen nicht glücklich.
Serielle Monogamie
Heutzutage (2015) spricht man manchmal von serieller Monogamie:
Gar nicht wenige Paare bleiben 3-7 Jahre stabil miteinander zusammen und trennen sich dann anschließen.
Dennoch bleibt das Ideal der stabilen Zweierbeziehung: Die meisten Menschen in westlichen Gesellschaften sehnen sich danach den "Richtigen", die "Richtige" zu finden - und bis zum Ende des Lebens zusammen zu bleiben. Immer noch hält die Mehrzahl der Ehen bis zum Tod eines der Partner.
Homosexuelle Zweierbeziehung
Lange Zeit galt Homosexualität als Beispiel für ständig wechselnde Sexualpartner. Im Zuge der Akzeptanz von Homosexualität als normale Sexualform ist auch unter Schwulen und Lesben das Ideal der stabilen Zweierbeziehung sehr stark geworden. Inzwischen gibt es in vielen Ländern ja auch die Homo-Ehe, in Deutschland (2015) die eingetragene Partnerschaft.
Brahmacharya
Im Yoga wird die Ethik in fünf Grundsätzen zusammengefasst, die sogenannten Yamas. Dazu gehört insbesondere Brahmacharya, am besten übersetzt mit "Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens".
Was aber ist Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens?
Der Yogameister Patanjali hat im Yoga Sutra gesagt, dass die Yamas umfassend für alle Zeiten, Orte und soziale Verhältnisse gelten.
So gilt auch Brahmacharya universell. Allerdings: Was genau Brahmacharya bedeutet, das ist in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich.
Bei Yoga Vidya wird unter Brahmacharya im weiteren Sinn verstanden, dass Sexualität so gelebt werden sollte, dass es für beide Partner stimmig ist.
Bei Yoga Vidya gilt das Ideal der stabilen Zweierbeziehung.
Im Yoga Kontext hat Brahmacharya auch bei Yoga Vidya drei engere Bedeutungen:
- Leben beim Lehrer/im Ashram unter Verzicht auf Sexualität für eine bestimmte Zeit
- Noviziat als Vorbereitung auf Sannyasa (Mönchsweihe, Nonnenweihe)
- Leben ohne Sexualität vorübergehend als spirituelle Praxis oder dauerhaft
Siehe auch
- Yoga und Sexualität :Umfangreicher Artikel von Sukadev Bretz zum Thema
- Liebe
- Leidenschaftliche Liebe
- Hetereosexuelle Liebe
- Homosexuelle Liebe
- Partnerschaftliche Liebe
- Swami
- Buddah