Mudra

Aus Yogawiki

Mudra (Sanskrit: मुद्रा, mudrā f. "Siegel, Zeichen")

  • 1. im Hatha Yoga: eine Körperhaltung (Asana) in Verbindung mit einer bestimmten Atemtechnik, einer Visualisierung und einem Mantra. Auch hier Einsatz der Handhaltung; zum Beispiel im Baum die Hände seitlich in einer bestimmten mudra verästeln. Mudras im Hatha Yoga können Teile von Asanas, Pranayama und Bandha beinhalten. Sie gelten als effektive Techniken um die spirituelle Befreiung auf dem spirituellen Weg zu erreichen. Es werden ihnen kräftigende, heilende und verjüngende Wirkungen zugeschrieben. Beispiele wären z.B. Khechari Mudra, Mahamudra, Vajroli Mudra...
  • 2. im indischen Tanz und in der indischen Kunst: eine Handhaltung, Geste, mit deren Hilfe Emotionen, Göttergestalten oder gar ganze Geschichten ohne Worte dargestellt werden.
  • 3. eine Symbolische Geste. Etwa bei der durchführung eines Rituals zur Gottesverehrung (puja). Aussere Handlungen werden durch den Einsatz von mudra mit spirituellen Vorstellungen verbunden. Sie helfen dem Aspiranten sich ganz auf Gott zu richten. Beispiele hierfür sind Knien und Falten der Hände, die auch im Christentum angewendet werden.
  • 4. in Teilen des Tantrismus wird oft auch die sexuelle Vereinigung, oder auch die Partnerin, als Mudra bezeichnet.

Mudras im Hatha Yoga

Im Hatha Yoga sind Mudras Energie-Lenkungs- und Erweckungsübungen. Man kann unterscheiden

  • Kleine Mudras: Die kleinen Mudras betreffen einzelne Körperteile. Mit bestimmten Haltungen kann man Energien und Bewusstsein beeinflussen
  • Große Mudras: Sind eine Kombination verschiedener kleiner Mudras mit Atemtechniken, Bewusstseinslenkung, Mantra und Visualisierung. Die Mudras können in Mudra-Reihen zusammengefasst und geübt werden

Kleine Mudras

Unter den kleinen Mudras gibt es Augen-Mudras, Zungen-Mudras, Hals-Mudras, Finger-Mudras, Bauch-Mudras und Beckenboden-Mudras. Beachte: Es gibt verschiedene Benennungs-Systeme für die Mudras. Hier werden die bei Yoga Vidya üblichen Ausdrücke verwendet.

Augen-Mudras

Augen-Mudras werden als Shambhavi Mudra bezeichnet. Man unterscheidet zwei Variationen von Shambhavi Mudra:

  • Nasikagra Drishti - schauen auf die Nasenspitze: Dies beruhigt den Geist, hilft sich nach innen zu konzentrieren und das Anahata Chakra (Herz-Chakra) zu aktivieren
  • Bhrumadhya Dristhi - schauen auf den Punkt zwischen den Augenbrauen: Dies erhebt den Geist, hilft eine höhere Wirklichkeit wahrzunehmen, aktiviert das Ajna Chakra bzw. Trikuti, und öffnet für Höhere Intuition.

Wenn man Shambhavi Mudra lernt, muss man auch die klassischen Yoga Augenübungen parallel üben. Und man sollte vorsichtig vorgehen, also mit kurzer Zeitdauer beginnen und langsam steigern. Ansonsten können Kopfschmerzen ausgelöst werden. Shambhavi Mudra kann in Asanas, in Pranayama, in Meditation und Kirtan verwendet werden.

Zungen-Mudras

Zungen-Mudras wirken auf die oberen drei Chakras sowie die Mond-Energie.

  • Vorderes Nabho Mudra: Die Zunge berührt den Gaumen in der Nähe der Schneidezähne. Dies aktiviert Ajna Chakra, das Stirn-Chakra
  • Mittleres Nabho Mudra: Die Zunge wird nach oben gegeben, die Zungen-Spitze berührt die Mitte des Gaumen-Dachs. Dies aktiviert das Sahasrara Chakra, das Kronen-Chakra
  • Kleines Khechari Mudra, auch hinteres Nabho Mudra genannt: Die Zunge wird nach hinten gegeben, Richtung Kehle und berührt den hinteren, den knöchernen Teil des Gaumens. Dies aktiviert Vishuddha Chakra, das Kehl-Chakra und stimuliert die Mond-Energie, Amrita
  • Vollständiges kleines Khechari Mudra: In der fortgeschrittenen Variation von Khechari Mudra ist die Zunge so lang gestreckt, dass ein großer Teil der Zunge quasi verschluckt wird. Das hat starke Wirkung auf die Mond-Energie und kann den Körper-Metabolismus verlangsamen, sodass fast Atemstillstand erreicht werden kann. Oder die Zunge kann dann von hinten Richtung Nasenhöhle nach oben gegeben werden - dies hat starke Wirkung auf das Ajna Chakra, auf die Mondenergie und erzeugt tiefe Ruhe des Geistes. Es gibt verschiedene Weisen, das vollständige kleine Mudra zu erlernen. Man braucht dazu die persönliche Anleitung durch einen Lehrer (Guru) - ansonsten kann das sogar mit Lebensgefahr verbunden sein.

Hals-Mudras

  • Laghu Jalandhara Bandha, der kleine Kinnverschluss: Der Nacken bleibt gerade, das Kinn ist leicht gesenkt, die Kehle leicht angespannt. Dies hilft zu einer Ruhe des Geistes
  • Vollständiges Jalandhara Bandha: der Kopf wird ganz gesenkt und der Brustkorb nach vorne gewölbt, bis das Kinn den Brustkorb berührt. Dies reduziert den Fluss des Prana durch Ida und Pingala Nadi. Es aktiviert den Fluss durch Sushumna Nadi, indem der Nacken gedehnt wird. Jalandhara Bandha ermöglicht längeres Luftanhalten (Kumbhaka), insbesondere bei vollständig gefühllten Lungen (Antar Kumbhaka).
  • Hals-Khechari, auch Kaki Mudra genannt: Der Kopf wird nach hinten gegeben

Finger-Mudras

Im Hatha Yoga sind unter den Finger-Mudras folgende von besonderer Bedeutung:

  • Vishnu Mudra: Rechter Zeige- und Mittelfinger sind gebeugt. Daumen und Ringfinger entspannt fast gestreckt. Dies ist die klassische Handhaltung für die Wechselatmung, Anuloma Viloma bzw. Nadi Shodhana.
  • Chinmudra: Daumen und Zeigefinger berühren sich, die anderen Finger sind sanft gestreckt, leicht gebeugt oder ganz gestreckt. Diese Handhaltung kann man nutzen für Meditation oder für die Pranayamas, in denen die Hände nicht anderweitig gebraucht werden.

Bauch-Mudras

Mit Bauch-Mudras wird das Manipura Chakra aktiviert. Die Bauch-Mudras massieren die Bauchorgane, und aktivieren bzw. harmonisieren Agni, das Verdauungsfeuer. Die helfen auch, die innere Mitte zu finden, welche die Quelle ist von Selbstbewusstsein, Mut und Enthusiasmus.

  • Uddhiyana Bandha: Bei leeren Lungen wird der Bauch eingezogen. Die Bauchdecke geht Richtung Wirbelsäule und Lungen
  • Plavini Mudra: Die Bauchdecke wird bei leeren Lungen nach vorne gedrückt. Dies aktiviert auch das Ajna Chakra

Beckenboden-Mudras

Die Beckenboden-Mudras aktivieren die unteren drei Chakras. Sie aktivieren die Kundalini Energie. Sie arbeiten mit Apana Vayu. Sie verbinden Ida und Pingala sowie Prana und Apana im Muladhara Chakra. Sie stimulieren den Kanda.

  • Mula Bandha: Gleichmäßiges Zusammenziehen der Beckenbodenmuskeln. Man unterscheidet:
* Vorderes Mula Bandha
* Mittleres Mula Bandha
* Hinteres Mula Bandha

Quellenhinweise

  • Das Yoga-Lexikon, Wilfried Huchzermeyer ISBN 978.3-931172-28-2
  • Das Yoga Vidya Asana Buch, Sukadev Volker Bretz, Yoga Vidya Verlag
  • Kundalini Yoga, Swami Sivananda
  • Hatha Yoga Pradipika, Yogi Swatmarama
  • Gherandha Samhita, Yogi Gherandha

Weitere Quellen

Du wirst hier nicht sofort fündig? Vielleicht findest du hier, was du suchst: