Dhyanabindu Upanishad
Dhyanabindu Upanishad ist ein Teil der indischen Heiligen Schriften, die Veda genannt werden. Die Amritabindu Upanishad gehört zum Atharvaveda und wird außerdem den Yoga Upanishaden zugeordnet. Hier wird über die Meditation gesprochen, insbesondere mittels der heiligen Silbe Om.
Der Name der Upanishad bezieht sich auf den ewigen, Unsterblichkeit verleihenden Klang (Om), im engeren Sinne auf dessen Endlaut Anusvara (Bindu). Als Yoga Upanishad gibt die Upanishad u.a. Hinweise zu
Dhyanabindu Upanishad mit Erläuterungen nach Paul Deussen
Artikel aus „Upanishaden. Die Geheimlehre des Veda“ in der Übersetzung von Paul Deussen, herausgegeben von Peter Michel, Marix Verlag, 2. Auflage, 2007, Wiesbaden, S. 796 - 801.
Einleitung
Die Dhyanabindu Upanishad d. h. "die Geheimlehre von dem Punkt (Bindu des Anusvara in Om), auf welchen sich die Meditation (Dhyana) bezieht", enthält eine Einleitung und vier Teile.
Die Einleitung (v. 1-3) verheißt in zwei aus dem Zusammenhang Yogatattva 1-2 herübergenommenen und einem dritten, eigenen Vers als Frucht des Yoga Tilgung aller Sünde.
I. (v. 4-6). Die völlige Lautlosigkeit der Meditation entspricht der unendlichen Subtilität ihres Gegenstandes, welche an dem aus Svet. 5,9 entlehnten Bild von der gespaltenen Haarspitze erläutert wird.
II. (v. 7-10). Durch eine Reihe eigentümlicher und treffender Bilder wird gezeigt, wie der Atman alle seine Erscheinungen durchdringt, allgegenwärtig im Ganzen wie in jedem einzelnen Teil. Der Schatten Chaya v. 10 gibt kein brauchbares Bild, und die Änderung in Sakha liegt nahe, wenn es auch nicht unbedenklich und nur durch das danebenstehende Sakala zu rechtfertigen ist, Nishkala das Teillose als Teil d. h. als Nichtganzes aufzufassen.
III. (v. 11-17). Nachdem v. 11-13 die Meditation von Visnu, Brahma und Siva mit den drei Atemübungen Puraka, Kumbhaka, Recaka in Beziehung gesetzt worden, folgt v. 14-17 ein schwieriger Abschnitt, welchen ich mich nicht entschließen kann, mit Narayana und Anquetil wiederum auf die Trias zu beziehen, da zu einer solchen Zerhackung der Verse der Text keinen Anhalt gibt. Vielmehr glaube ich, daß hier, im Gegensatze zu Visnu, Brahma, Siva, der Atman selbst geschildert wird, wie er immanent die Welt durchdringt und doch transzendent (jenseits von Sonne und Mond) verharrt. Als Einzelseele (Lotosblume) wird er nach dem Tode ausgerissen und seinem Samen nach auf dem Pitriyana und Devayana zu Mond und Sonne getragen.
IV. (v. 18-23). In reichen, aber zum Teil entlehnten Bildern wird zum Schluß die Meditation von Om geschildert; v. 19 stammt aus Mund. 2,2,4, v. 20 aus Svet. 1,14, v. 21 aus Amritabindu 13. Eigentümlich ist v. 22 der Vergleich des Herzens mit dem Brunnen, aus welchem (wie noch heute in Indien) das Wasser mittels eines Strickes auf einer schiefen Ebene, gewöhnlich durch ein Paar Ochsen, heraufgezogen wird, bis es oben, ausgegossen, zur Ruhe kommt. So auch das Manas an dem Ort zwischen Augenbrauen und Nase als der Wohnstatt des höchsten Atman, vgl. Jabala 2 (unten S. 708).
Die Dhyanabindu Upanishad
Vers 1-3. Wert des Yoga.
1.[1]Des Yoga Wesenheit kundtun
2. Ein großer Yogin heißt Visnu,
3. Wär' auch die Sünde gleich Bergen
- Erstreckend viele Meilen sich,
- Das Yogadenken dringt durch sie;
- Nichts anderes durchdringt sie je.
Vers 4-6. Die Lautlosigkeit der Meditation entspricht der Subtilität des Brahman.
4. Höher ist als die Grundsilbe
- Der Punkt, höher als er der Hall,
- Die Silbe mit dem Laut schwindet[2],
- Lautlos die höchste Stätte ist.
5. Der Laut, der unangestimmt bleibt,
- Was noch höher als dieser Laut,
- Der Yogin, der dies als höchstes
- Denkt, dem lösen die Zweifel sich.
6. Ein Hunderttausendstel einer
- Haarspitze, dieses Teils ein Teil,
- Und von dem Teil noch die Hälfte, -
- So subtil ist das reine Sein.
Vers 7-10. Brahman und seine Erscheinungen.
7. Wie der Duft ist in der Blume,
8. So sind, wie an der Schnur Perlen,
9. Wie das Öl durch den Ölsamen,
- Wie der Duft durch die Blume dringt,
- So ist im Leibe des Menschen
- Inwendig er und außer ihm.
10. Den Baum begreife als Ganzes,
- Der Zweig[3] nur ein Nichtganzes ist,
- Im Ganzen wie im Nichtganzen
- Allenthalben der Atman wohnt.
Vers 11-17. Visnu, Brahma, Siva und der sie alle befassende Atman. Über Puraka, Kumbhaka, Recaka vgl. oben S. 650. 652 f.
11. Vergleichbar einer Flachsblüte
- Hat an dem Nabel seinen Sitz
- Mit vier Armen der Held Visnu,
- An ihn denkt bei der Füllung (Puraka) man.
12. Beim Einbehalt (Kumbhaka) an ihn, dessen
13. Bei der Leerung (Recaka) gedenkt des, der
- Dreiäugig auf der Stirne thront,
- Dem reinen Bergkristall ähnlich,
- Sünden tilgend, von Stückwerk frei
14. Achtblättrig[5], unterwärtsblütig,
15. Verhundertfachend Blatt, Blüte,
16. Die Lotosblume ausreißend,
17. Dreiorthaft[10] ist er, dreiweghaft[11],
- Dreifach Brahman und heil'ger Laut,
- Moren dreiundeinhalb habend, -
- Wer den weiß, hat die Wissenschaft.
Vers 18-23. Die Meditation des Lautes Om und des Nachhalls.
18. Wie langgezogne Öltropfen,
- Wie nachsummender Glockenton,
- Verhallt lautlos des Om Gipfel, -
- Wer den weiß, hat die Wissenschaft.
19. Om ist Bogen, der Pfeil Seele,
- Das Brahman ist des Pfeiles Ziel,
- Das soll man unentwegt treffen,
- Gleich dem Pfeil ihm verleibend sich.
20. Den Leib machend zum Reibholze,
- Den Om-Laut zu dem obern Holz,
- Durch Sinnens Reibung schaut Gott man,
- Wie die im Holz versteckte Glut.
21. Den Mund als Lotosrohr spitzend,
22. Die Halbmora zum Strick machend,
- Zieh aus des Herzenslotos Born
- Auf Aderbahn hinauf Manas
- Zwischen die Brauen, wo es schmilzt.
23. Denn die Stirn zwischen den Brauen,
- Da wo der Nase Wurzel ist,
- Ist des Unsterblichen Wohnstatt,
- Der große Ruhepunkt des Alls.
Fußnoten
- ↑ Vers 1-2 gleich Yogatattva 1-2, wo sie passender stehen, und aus welchem Zusammenhang sie wohl sekundär herübergenommen sind, da sie in zwei Punaer Handschriften und im Telugu-Druck fehlen.
- ↑ Sa Sabdas Ca Akshare Kshino, Telugudruck.
- ↑ Ich lese Sakha.
- ↑ Aus Schilderungen wie Rigveda 10,81,3: "allseitig Auge und allseitig Antlitz" usw. wurde durch Materialisierung Gott Brahma mit vier Angesichtern. - In ähnlicher Weise haben sich auf biblischem Gebiet Begriffe, wie sie noch Römer 1,3-4 vorliegen, um allgemein faßlich zu werden, zu den Vorstellungen Matth. 1,18. Luk. 1,35 verdichtet.
- ↑ Vielleicht die acht Himmelsgegenden.
- ↑ Wohl Nachbildung von Kath. 6,1 Urddhvamulo Avaksakha Esho Svatthah Sanatanah.
- ↑ Jenseits der Zielpunkte von Pitriyana und Devayana.
- ↑ Auf dem Pitriyana.
- ↑ Auf dem Devayana.
- ↑ Nabel, Herz, Stirn.
- ↑ Vielleicht Pitriyana, Devayana und Tritiyam Sthanam; oder wie Svet.1,4.
Siehe auch
- Dhyana
- Bindu
- Anahata Klänge
- Sadhana
- Pranayama
- Wissenschaftliche Studien Pranayama (yogische Atemübungen)
- Veden
- Mahavakya
- Hinduismus
- Yoga
- Vedanta
- Vedanta Schulen
- Erkenntnis
- Meditation
Literatur
- Kostenloses Online-Buch Upanishaden von Swami Krishananda
- Klassische Upanishaden - Die Weisheit des Yoga von Paul Deussen, 1980
- Das Kronjuwel der Unterscheidung von Shri Shankaracharya, Kommentar von Emanuel Meyer, 2002
- Swami Vivekananda, Vedanta - Der Ozean der Weisheit
- Wilfried Huchzermeyer: Die heiligen Schriften Indiens - Geschichte der Sanskrit-Literatur. (edition-sawitri.de) ISBN 3-931172-22-8
- Das Yoga-Lexikon von Huchzermeyer, Wilfried
- Vedanta für Anfänger von Swami Sivananda
- Heinrich Zimmer: Philosophie und Religion Indiens, Suhrkamp, 2001
Weblinks
- Prana Portal
- Pranayama, auf der Yoga Vidya Hauptseite
- Veden aus „Göttliche Erkenntnis“ von Swami Sivananda
- Upanishaden, Artikel aus "Göttliche Erkenntnis" von Swami Sivananda
- Buch: Klassische Upanishaden - die 11 wichtigsten Upanishaden in der Übersetzung von Paul Deussen
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