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Version vom 3. November 2016, 09:25 Uhr
Projektion ist in der Psychologie die Übertragung eigener als negativ empfundener Eigenschaften auf andere Menschen. Z.B. kann jemand, der oft Angst vor Prüfungen hat, in einen anderen Prüfungsangst projizieren und glauben, dass der andere aus Prüfungsangst gerade so unverschämt ist - obgleich der andere vielleicht keine Prüfungsangst hat.
Man kann auf andere viel projizieren: Eigene Wünsche, eigene Anliegen, eigene Ängste. Auch Vater- und Mutter-Ideal-Bilder kann man projizieren auf Gurus und Yogalehrerinnen. Manche projizieren ihre eigenen Geltungsbedürfnisse auf einen Prominenten - und fiebern mit diesem mit, wenn dieser vor schwierigen Herausforderungen steht.
Menschen projizieren viele Bedürfnisse, den Wunsch zu gewinnen, andere zu besiegen, etc. in Fußballspiele. Projektionen sind also etwas zutiefst Menschliches und geschehen ständig. Es ist hilfreich, sich bewusst zu machen, welche Projektionen auf andere man selbst immer wieder macht. Und es ist hilfreich zu erkennen, wie weit man Projektionsfläche für andere ist. Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung.
Manchmal reicht es sogar aus, sich der Projektionen bewusst zu werden, sie liebevoll zur Kenntnis zu nehmen. Manchmal kann man spielerisch mit Projektionen umgehen. Manchmal gilt es, diese zu ignorieren. Das Wort Projektion bedeutet ursprünglich Entwurf, Darstellung, Versuch und wurde im 17. Jahrhundert aus dem lateinischen proiection, Hervorwerfen, Hervortretenlassen, ins Deutsche übernommen.
Im 19. Jahrhundert wurde der Begriff Projektion mit der Bedeutung vergrößerte Wiedergabe von Bildern auf einer hellen Fläche mit Hilfe eines Bildwerfers versehen. Typisches Beispiel ist das Kino: Da wird mittels eines Projektors ein Bild auf die Leinwand projiziert.
Sigmund Freud hat den Begriff Projektion in die Psychologie, insbesondere die Psychoanalyse, eingeführt. Er verstand unter Projektion einen Abwehrmechanismus, bei dem eigene unerwünschte Triebe, Wünsche, Gefühle, einem anderen Menschen, einem Tier oder Gegenstand zugeschrieben werden. Später wurde der Ausdruck Projektion sehr viel weitergehend interpretiert.
Umgang mit Projektionen
Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz
Vielleicht hast du das Gefühl, dass jemand anderes auf dich etwas projiziert. Er schimpft mit dir für etwas, wo er gar nicht weiß warum oder er wirft dir etwas vor, was du gar nicht gemacht hast. Sei dir bewusst, dass Menschen ständig projizieren, denn sie schließen von der Vergangenheit auf die Zukunft.
Erste Erfahrungen haben Menschen mit Mutter und Vater gemacht. Also werden sie grundsätzlich bei Menschen, die in Autoritätspositionen sind, etwas projizieren, was sie mit Mutter und Vater erlebt haben und auf jeden Älteren. Wenn jemand also älter ist als sie, dann spielt immer wieder die gewisse Vater-Mutter-Projektion eine gewisse Rolle.
Oder es spielen Projektionen mit Schulkameraden oder Freunden eine Rolle. Oder sie sind selbst Eltern und projizieren auf dich Kindsbewusstsein. Und du magst es gar nicht von oben herab als Kind oder als Unreifer behandelt zu werden. Wie gehst du mit diesen und anderen Projektionen um?
Am klügsten ist in den meisten Fällen, es einfach zu ignorieren. Jemand anderem vorzuwerfen, dass er projiziert ist in den meisten Kontexten nicht übermäßig hilfreich. Sei einfach du selbst und ignoriere wenn jemand in dir etwas sieht, was du nicht bist. Sei wer du bist. Kommuniziere klarer und zeige, dass du nicht der bist, den die anderen in dir sehen, wenn sie etwas projizieren.
Wahrscheinlich ist es anders als in der persönlichen Beziehung zum Beispiel mit deinem Partner. Da kann man das öfter mal ansprechen. Das kann hilfreich sein mit ihm oder ihr über Erfahrungen mit Vater und Mutter, mit Geschwistern und Freunden zu sprechen. Zu sprechen über frühere Beziehungen und wie man da projiziert hat und sehen kann wie der eine den anderen darauf hinweisen kann.
Man kann auch in sozialen Berufen es ansprechen. Wenn Menschen psychologisch gebildet sind, dann kann man auch mal das Thema Projektion ansprechen. Aber in vielen gewinnzielorientierten Unternehmen, wenn man in denen mit Projektion anfängt, schafft das nur Probleme.
Und selbst in sozialen Berufen oder in einer spirituellen Gemeinschaft, wann immer einem das nicht passt, was der andere sagt, ihm vorzuwerfen, dass er projiziert, ist auch nicht hilfreich. Das ist manchmal nur ein Generalvorwurf mit dem man verhindern will, dass man irgendetwas berücksichtigt, was der andere einem an Wünschen sagt.
Sei vorsichtig mit dem Vorwurf an Projektion. Sei dir aber durchaus bewusst, dass es etwas wie Projektion gibt und nicht alles, was die anderen an dir aufregt hat etwas mit dir zu tun.
Stufen
Indische Geschichte aus einer Nacherzählung von Heinrich Zimmer aus seinem Buch "Weisheit Indiens. Märchen und Sinnbilder" 1938 im L.C. Wittich Verlag in Darmstadt erschienen. S. 18.
Ein wandernder Heiliger war in Verzückung am Straßenrande hingesunken und lag dort die ganze Nacht wie ein Lebloser. Im ersten Morgengrauen stahl sich ein Dieb von seinem nächtlichen Geschäft nach Hause; er sah den Liegenden, musterte ihn und pfiff durch die Zähne. „Der arme Kerl", dachte er, „hat harte Arbeit hinter sich, dass er auf dem Heimweg vor Müdigkeit umgefallen ist. Die Polizei wird ihm schon auf der Spur sein, aber mich soll sie hier nicht finden." Damit sprang er davon.
Bei halbem Lichte kam ein Trunkener dahergeschwankt, er stutzte vor dem Liegenden und redete ihn an: „Siehst du, mein Lieber, das war zuviel für dich, — man muss wissen, wieviel man verträgt. Du liegst jetzt wie ein Toter da, ich aber ziehe aufrecht heimwärts." Damit schwankte er weiter. Zuletzt, als es schon hell war, kam ein wandernder Heiliger. Er erkannte den Bruder und war ergriffen von dessen tiefer Entrückung zu Gott. Stumm setzte er sich neben ihn und streichelte ihm leise seine Füße.
Siehe auch
- Heinrich Zimmer
- Indische Geschichten
- Bettler
- Chamäleon
- Edelstein
- Einweihung
- Geruch
- Gopala
- König
- Leise
- Lendenschurz
- Maya
- Name
- Rätsel
- Schaf
- Tun
- Verliebtheit
- Wasser
- Wunschbaum
Literatur
- Heinrich Zimmer: "Weisheit Indiens. Märchen und Sinnbilder" 1938, L.C. Wittich Verlag, Darmstadt.