Klang

Aus Yogawiki

Was ist Klang?

In der Physik ist Klang eine durch mechanische Schwingung eines flüssigen oder festen Mediums (Luft, Wasser…) erzeugte Welle, die sich dank der Umgebungselastizität in Form von Längswellen ausbreitet. Auf den Körper bezogen bezeichnet Klang auch das Hörerlebnis, das diese Schwingung hervorrufen kann.

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Die Wissenschaft, die sich mit Klang befasst, ist die Akustik; die Psychoakustik verbindet die Akustik mit der Physiologie und Psychologie und untersucht, wie Klänge vom Gehirn wahrgenommen und interpretiert werden. (Quelle: Wikipédia, l’encyclopédie libre)

Das menschliche Ohr kann Wellen von 20 – 20.000 Hz wahrnehmen, die Wahrnehmungen von Tieren bewegen sich oft in anderen Frequenzbereichen.

Doch Klang ist nicht nur ein physikalisches Phänomen; auch in unzähligen Schöpfungsmythen spielt Klang eine besondere Rolle.

Am Anfang war das Wort

Im Johannesevangelium heißt es, dass das Wort - der Klang - die gesamte Schöpfung „Fleisch“ werden lässt. Hier ist also der Klang Vermittler einer göttlichen Absicht, das Wort inkarniert sich als Schöpfung, das Wort – der Klang – ruft alles ins Leben.

Der mittlerweile verstorbene deutsche Musikredakteur und Jazz-Radiomoderator Joachim-Ernst Berendt erzählte 1983 in seinen Hörsoireen Nada Brahma – Die Welt ist Klang, Maria habe Jesus durch ihr Ohr empfangen, weil das dem Klang gewidmete Organ das reinste der Organe sei.

Tatsächlich ist das menschliche Ohr in der Lage, Klang in mathematischen Proportionen zu hören, eine Präzision, die unsere anderen Sinne nicht erreichen. Die meisten Menschen haben zwar kein absolutes Gehör im musikalischen Sinn, doch können sie sehr wohl unterscheiden, ob jemand eine saubere Intonation hat, also „falsch“ singt oder nicht. Selbst unmusikalische Menschen wissen meist, wenn sie einen Ton nicht getroffen haben.

Berendt berichtet von einer wunderbaren, vom persischen Dichter Hafez nacherzählten Legende. Er erzählt, Gott habe eine Statue aus Ton (Ton = Lehm, aber auch Klang) geschaffen und die Seele gebeten, den Körper zu bewohnen. Doch die Seele betrachtete den Körper als Gefängnis und wollte ihn nicht betreten. Erst als Gottes Engel Musik spielten, schlüpfte die Seele in den Körper, um den Klang der Musik besser hören zu können.

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Nada Brahma: Die Welt ist Klang

Der berühmte Ausdruck Nada Brahma (Nada =Klang, Ton, Laut, Schall) steht für die Ursilbe Om. Nach der indischen Philosophie sind die Gunas vor der Schöpfung im Gleichgewicht. Erst durch den Urklang „Om“ entsteht das Universum, geraten die Gunas durch die Urschwingung (Spandana) in Bewegung. Das Om, auch Pranava genannt, ist eine heilige Silbe und steht für den „Klang des klanglosen Absoluten“ (Huchzermeyer, Yogalexikon), mit dem sich einige der Upanishaden befassen. Im ersten Vers der Mandukya-Upanishad heißt es, dass das Om unvergänglich und das Universum selbst ist, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, dass es alles ist, was war, ist und sein wird (Huchzermeyer, Yogalexikon).

Die Struktur des Klanges spiegelt sich im gesamten Universum. Die Tonleiter mit ihren zwei Halbtonschritten beruht auf einer Struktur, die der des Atoms vergleichbar ist, Sterne pulsieren in einem bestimmten Rhythmus, „Sauerstoffteilchen schwingen in C-Dur“ (Joachim-Ernst Berendt), Pflanzen reagieren auf Musik, der gesamte Kosmos schwingt – wer mehr über den geheimnisvollen Klang des Universums wissen möchte, dem sei der Klassiker von Joachim Ernst-Berendt wärmstens ans Herz gelegt.


"Der Anfang des rechten Lebens
ist das rechte Hören"
Plutarch von Chaironeia

Heilende Klänge

Dass Klang Heilwirkung hat, ist heute wissenschaftlich erwiesen. Woran liegt es aber, dass wir manchen Klang als angenehm empfinden, während andere Klänge uns stören, bei uns sogar Stress auslösen und uns krank machen können? Warum mögen wir den Klang einer Trommel, nicht aber den eines Presslufthammers? Man geht davon aus, dass ein als angenehm empfundener Klang physiologisch ist, d.h. mit den natürlichen Schwingungen des Körpers in Resonanz ist.

Nicht nur Bach, Händel und Mozart und die klassiche indische Musik stimmen uns positiv ein, wirken durch die Schwingungen auf die Psyche und auf die physiologischen Vorgänge im Körper. Auch der Klang von Vogelgezwitscher, das Rauschen der Meereswellen, der Klang eines Gongs können heilend wirken, Verspannungen und Blockaden lösen. Bei der Heilung mit Stimmgabeln werden Akupunkturpunkte mit Stimmgabeln aktiviert und so Energien wieder in Fluss gebracht.

Auch Klangyoga (Nada Yoga) kann heilende Wirkung haben und es kommen dabei unterschiedliche Instrumente zum Einsatz. Doch auch durch einfaches Kirtansingen, das herzöffnende Wirkung hat, können Energien wieder zum Fließen gebracht werden.

Klang ist Wahrheit

Artikel von Bhajan Noam, erschienen im Yoga Vidya Journal Nr. 27, Herbst 2013

Wir brauchen gar nicht die Sprache eines Menschen zu verstehen. Der Klang seiner Stimme, wenn wir mit dem Herzen hinhören, offenbart uns sein Wesen, seine Ehrlichkeit, seine Sensibilität, seine Liebe, seine Verbundenheit mit dem Leben. Gottes Sprache ist Klang, und den Klang legte und verbarg er mit seinem Odem in die Stimme des Menschen. Klang seinerseits ist ein Ausdruck der ewigen universellen Schwingung, welche Galaxien in ihrer Äonen währenden Existenz unablässig kreisen lässt, Planeten um Sonnen, Elektronen um Atomkerne, wie auch Menschen miteinander und um sich selbst voller Freude tanzen lässt. Die Urbewegung allen Lebens ist ein mystisches spiralförmiges Schwingen. Es ist im Wasser sichtbar wie im Himmel (maimveschamaim) – denn Wasser und Himmel sind desselben Ursprungs – es zeigt sich im Aufbau unserer Knochen, Muskeln und Organe, es offenbart sich dem Sehenden im lichtvollen Wirbeln der Chakras, und wir üben es in etlichen Asanas: im Drehsitz, im Krokodil, im Parsvakonasana usw. Auch unser Atem wird durch die Form des Nasengangs in ein spiraliges Strömen gebracht, um so subtiles Prana im Körper zu verteilen – unhörbaren doch unglaublich wirksamen Klang!

Weil das so ist und weil dies der Mensch – nicht nur in verkörperter Form, sondern schon lange zuvor als noch gedachtes geistiges Wesen – in seiner aufblühenden Natur erkannte, übte er sich im Gesang, im klangvollen Sprechen und ebenso im sphärenhaften Spiel von Instrumenten. Die Menschen der frühen Völker hatten engelgleiche Stimmen, wie sie sich kein Mensch der unsrigen Zeit vorzustellen vermag. Sie bauten Klanginstrumente, mit denen sie Gottes heilige Chöre wundervoll nachahmten. Die Kunst der Vielstimmigkeit einzelner Saiten oder Klanglöcher, filigran geformter Hölzer oder Metalle, die sie beherrschten, würde unser heutiger verrohter Geist nicht verstehen, vielleicht nicht einmal hören – oder nicht ertragen. Sie waren der Wahrheit noch nahe, sie lebten noch ganz in Gott und wirkten und handelten aus Gott heraus nach seinen hohen und melodischen Gesetzen.

In einigen Völkern ist dieser Geist bis heute lebendig geblieben. In wenigen Traditionen, die die kalten Stürme des Materialismus und des Unglaubens dank ihres schlichten, unschuldigen Gemütes und ihrer heiligen Führer überstanden, konnte auch das Wissen um die heiligen Klänge bewahrt bleiben. Ich hole hier bewusst sehr weit aus. Ich beginne mit einer bestimmten Absicht in ältester, nicht schriftlich fixierter Geschichte. Kaum jemand denkt sich in so ferne Zeiten zurück oder er hat dabei ein sehr verschwommenes, falsch geprägtes Bild vor seinen inneren Augen. Wie kann es sein, dass wir unsere wahre Seele vergessen und verlassen haben? Es gibt vielleicht keine gerechte Antwort auf diese Frage, doch es besteht die Möglichkeit, die gefrorenen Erinnerungen wieder wachzurufen.

Ein Schamane, der polyrhythmisch seine selbstgebaute Trommel spielt, ein Gongpriester, welcher kunstfertig aus Interferenzen, aus chaotischen Schwebungen, immer neue heilsame Klänge gebären, aufstrahlen und entschwinden lässt, sie beide sind verbunden – sie sind verbunden über Zeit- und Raumgrenzen hinweg mit dem ewigen, alles durchströmenden Einheitsfeld des ersten undefinierbaren, nicht in Noten niederschreibbaren wonnevollen Schöpfungsklangs. Ihr magisches Spiel berührt uns immer neu und dringt ungehemmt in die tiefste Kammer unseres Herzens ein. Hier glimmt der Funke aus dem ersten Feuer. Hier resoniert es lachend mit der Harfe eines offenen Geistes.

Klangbehandlung

Die Klangbehandlung oder Klangmassage wird zum einen mit verschiedenen Klangschalen unmittelbar auf dem Körper ausgeübt. Zum anderen kann sie genauso auf Distanz in der Aura oder über die Möglichkeit der Chakren eingesetzt werden. Ein dritter sehr spezieller Zugang sind die ca. 108 Marma-Punkte (Vitalpunkte) des Körpers. Die Klänge der obertonreichen Schalen nehmen während einer Behandlung viele Wirkwege gleichzeitig ein, den direktesten über das Hören, einen ähnlich intensiven über das Spüren, einen subtilen über das Nervensystem, einen allerfeinsten über das Energiesystem und hinzu kommt noch die unterschiedliche Ausbreitung über die diversen Gewebeformen und –strukturen unseres Körpers wie Oberhaut, Bindegewebe, Muskulatur, Knochen und Organgewebe. Klänge sind aber nicht nur ein rasch vorüber ziehendes Ereignis, der Mensch besitzt die vorteilhafte Eigenschaft, ihre Wirkung sowohl körperlich, wie auch mental und energetisch zu speichern. Unser Körper und unser Geist besitzen ein Klanggedächtnis, auch eine nur einmalige Erfahrung kann so immer wieder abgerufen werden.

Die harmonische und obertonreiche Klangwirkung tibetischer Schalen, die aus einer Legierung von bis zu zwölf Metallen hergestellt sind, reinigt unser System von negativen, destruktiven Schwingungsmustern. Sie umspielt und beseitigt Blockierungen innerhalb der Energie- und Nervenbahnen und aller Zellstrukturen. Allmählich geschieht eine Art Umprogrammierung: Störendes wird beseitigt und gegen die Erfahrung der wohltuenden Klänge ausgetauscht. So wird – bisweilen spontan, zumeist aber schrittweise – Heilung erlebt. Grundsätzlich wird keine Krankheit, kein Symptom bekämpft, sondern auf ganzheitlichem Wege die vorhandene Gesundheit gestärkt. So können Störungen zunächst integriert und, wenn möglich, nach und nach eliminiert werden.

Klangyoga

Das Begleiten von Asanas mit Klängen ist mittlerweile eine bewährte Methode, um deren Wirkungen zu intensivieren, um sie länger halten zu können, um Spannungen leichter aufzulösen und um sie tiefer zu erfahren und auszukosten. In meinem Unterricht beziehe ich zusätzlich noch einen bewusst in die jeweilige Dehnung gelenkten Atem mit ein. So haben wir immer ein zumindest dreifaches Einwirken: äußere Dehnung der Muskulatur, innere Weitung durch den Atem, das Durchschwingen der Klänge, dann aber auch den durch Klang und Atem angeregten Pranafluss. Klang-Yoga ist ein wesentlicher Bestandteil meiner Klangmassage-Ausbildung bei Yoga Yidya.

Innere Klänge

Im Yoga geht es auch darum, bei der Meditation innere Klänge (Anahata-Klänge) wahrzunehmen. Der Meditierende verschließt die Ohren mit den Daumen und konzentriert sich auf die (im rechten Ohr) hörbaren inneren Klänge aus dem Herz-Lotus. Der Meditierende kann bei fortschreitender Meditation 10 unterschiedliche Klänge wahrnehmen.

Quellen

  • Wikipédia, l’encyclopédie libre
  • Joachim Ernst Berendt, Nada Brahma: Die Welt ist Klang, Suhrkamp Taschenbuch
  • Wilfried Huchzermeyer, Das Yoga-Lexikon
  • Die Bibel, Johannesevangelium

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Seminare und Ausbildungen

Multimedia

Klangmeditation mit Heidrun

Om und Obertöne mit Jens Mügge