Swami Chinmayananda
Swami Chinmayananda (8. Mai 1916 – 3. August 1993), auch bekannt als Swami Chinmayananda Saraswati, bürgerlicher Name Balakrishnan Menon, war ein indischer spiritueller Lehrer, der zur Gründung der Chinmaya Mission 1953 inspirierte, mit dem Ziel, die Vedantische Botschaft zu verbreiten. Die Organisation, die von seinen Schülern gegründet und von ihm selbst geleitet wurde, hat über 300 Zentren in und außerhalb Indiens.
Swami Chinmayananda war ein Schüler von unserem Guru Swami Sivananda in Rishikesh, dem Gründer der Divine Life Society. Sivananda riet ihm jedoch nach einigen Jahren dazu, seine Studien bei Tapovan Maharaj in Uttarkashi, Himalaya fortzusetzen. Swami Chinmayananda verbreitete nicht nur die Botschaft des Vedantas, sondern kämpfte auch für die indische Unabhängigkeit.
Kindheit, Jugend und Ausbildung
Balakrishnan Menon (Balan) wurde in Ernakulam, Kerala geboren. Seine Familie war eine gläubige und adelige Hindu-Familie namens "Poothampilli" von Parukutti Amma und Vadakke Kurupath Kuttan Menon. Der vom Vater bestellte Astrologe sagte Balakrishnan eine strahlende Zukunft mit großen Taten voraus. Balakrishnan studierte Naturwissenschaften am Maharaja's College in Ernakulam sowie freie Künste am St. Thomas College in Thrissur. 1939 schloss er dieses Studium an der Universität in Madras ab und begann daraufhin ein Studium der englischen Literatur an der Universität in Lucknow.
Das Treffen mit Ramana Maharshi
Schon bald nachdem er seine Studien beendet hatte, machte Balakrishnan sich auf, Südindien mit dem Zug zu erkunden. Als die Dampflock am Tempel in Tiruvannamalai vorbei fuhr, drehten sich alle Köpfe der Passagiere voller Faszination, und ihren Gesprächen entnahm Balakrishnan den Namen Ramana Maharshi. Obwohl er sich zu diesem Zeitpunkt als überzeugter Atheist sah, verursachte allein der Name Visionen in seinem Geist von leuchtenden göttlichen Übermenschen, die im Wald den Rückzug praktizierten. Er musste diesen Tempel einfach besuchen und nahm den nächsten Zug zurück nach Tiruvannamalai, um den Rishi zu treffen.
“Im Ashram erzählte man mir, der Maharshi sei im Saal zu finden, und dass jeder ihn dort besuchen könne. Als ich hereinkam, sah ich einen älteren Mann auf einem Sofa sitzen, nur mit einem Lendenschurz bekleidet. Er lehnte sich gegen ein rundes Kissen. Ich setzte mich ganz nahe an das Sofa heran. Der Maharshi öffnete mit einem Mal seine Augen und schaute direkt in meine: Ich schaute in seine. Es war nur ein Blick, mehr nicht, aber in dem Moment fühlte ich, wie er tief in mich hineinschaute – und ich war mir sicher, dass er meine Oberflächlichkeit, Verwirrung, Ungläubigkeit, meine Fehler und Ängste erkannte. Ich kann nicht erklären, was in dem Moment passierte, aber ich fühlte mich geöffnet, gereinigt, geheilt und geleert. Ein Strudel der Verwirrung: Mein Atheismus fiel von mir ab, dafür kam die Skepsis mit voller Wucht und überflutete das Wunder, das gerade passiert war. Ich sagte zu mir selbst: 'Es ist bestimmt Mesmerismus, meine eigene Albernheit.' Mit dieser Erklärung konnte ich mich beruhigen, stand auf und ging. Aber der Junge, der den Saal verließ, war nicht der gleiche, der 10 Minuten zuvor hereingekommen war. Nach meiner Studienzeit, meiner politischen Arbeit und nach jahrelangem Aufenthalt zu Füßen meines Meisters, Tapovanam, wusste ich: Was ich an den Ufern des Ganges erhielt, war, was mir Jahre zuvor vom Heiligen aus Tiruvannamalai an jenem heißen Sommertag gegeben worden war – nur durch einen Blick.“
Indische Unabhängigkeitsbewegung und Inhaftierung
1942 trat Balakrishnan Menon in die indische Unabhängigkeitsbewegung ein. Er verfasste und verteilte Flugblätter, organisierte öffentliche Streiks und hielt Reden. Wegen dieser Aktivitäten wurde ein Haftbefehl seitens der britischen Raj-Behörde gegen ihn erlassen. Obwohl er sich eine Weile versteckt hielt, wurde er bei der Rückkehr entdeckt und inhaftiert. Er verbrachte mehrere Monate in einem überfüllten Gefängnis unter unvorstellbaren Bedingungen: Das Essen reichte gerade zum Überleben, und die nicht vorhandene Hygiene sowie die fehlende Luftzufuhr luden Krankheiten geradezu ein.
Im Gefängnis dachte Balakrishnan über sein eigenes und das Leben allgemein nach. Die Leichen der Häftlinge, die die Verhältnisse nicht überlebt hatten, wurden täglich herausgetragen und verursachten unweigerlich eine Auseinandersetzung mit dem Thema Tod. Vom monatelangen Gefängnisaufenthalt geschwächt, erkrankte Balakrishnan schließlich an Typhus, und da die Aufseher keine Chance auf Genesung sahen, wurde er des Nachts herausgetragen und am Straßenrand außerhalb der Stadt liegen gelassen. Später beschrieb er das Ereignis so: „Der britische Beamte wollte mich loswerden, als ihm klar wurde, dass ich mich in seinem Gefängnis mit Typhus angesteckt hatte. Er wollte keine weitere Leiche verbuchen müssen! Glücklicherweise nahm mich eine freundliche christlich-indische Frau mit. Sie umsorgte mich wie einen Sohn. Später erzählte sie mir, meine Nase erinnere sie tatsächlich an ihren Sohn, der in der Armee war. Man kann wahrlich sagen, dass ich um eine Haaresbreite überlebte, weil ihr meine Nase passte.“
Initiation und Schülerdasein
Balakrishnan Menon trat in das journalistische Berufsleben ein und arbeitete für "The National Herald", wo er das Gefühl hatte, zu einer politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reform in Indien beitragen zu können. Während seiner Tätigkeit bei The National Herald wollte er einen kritischen Artikel über die Hinduistischen Mönche schreiben und machte sich zum Ashram in Ananda Kutir in Rishikesh auf, um Swami Sivananda Saraswati zu treffen. Doch es verlief anders: Der Besuch entfachte sein Interesse für den spirituellen Weg und veränderte sein Leben gänzlich.
Balakrishnan Menon legte das Mönchsgelübde (Sannyasa Diksha) bei Swami Sivananda am Mahashivaratri-Tag, am 25. Februar 1949, ab und erhielt den spirituellen Namen Chinmayananda Saraswati - "der von Glückseligkeit und reinem Bewusstsein durchtränkte".
Swami Chinmayananda blieb etliche Jahre im Sivananda Ashram in Rishikesh, bis Sivananda der Meinung war, er hätte so viel Potential, dass nur ein Guru im Himalaya ihn weiter ausbilden könne, nämlich Tapovan Maharaj, dessen Schüler Swami Chinmayananda von nun an wurde. Tapovan Maharaj war bekannt für seinen unnachgiebigen Unterrichtsstil. Er würde Chinmayananda alles nur EIN Mal erzählen, wohingegen Tapovan Maharaj jederzeit Fragen stellen konnte. Swami Chinmayananda blieb trotzdem 8 Jahre bei ihm. Swami Chinmayananda war im Herzen ein waschechter Journalist geblieben und wollte das reine Wissen, das er erfahren durfte, für jedermann zugänglich machen, obwohl Tapovan Maharaj sich von Anfang dagegen ausgesprochen hatte. Durch sanfte Überredungskünste und das Versprechen, er würde das Wissen - ähnlich des Flusses Ganges - aus dem Himalaya nach Süden ins Flachland tragen und zu Gunsten aller Inder im Land verbreiten, erhielt Swami Chinmayananda dafür den Segen Tapovan Maharajs. 1952 verließ Swami Chinmayananda den Himalaya, um der Welt das vedantische Wissen zu schenken.
Sein Werk
- "Für das menschliche Herz ist die Liebe das, was die Sonne für die Blumen ist."
- (Swami Chinmayananda)
Swami Chinmayananda begann die Tradition der „Jnana Yajnas“ mit dem Ziel, die Botschaft der Bhagavadgita und der Upanishaden zu verbreiten. Die ersten „Gita Gyana Yajna“-Ereignisse fanden am 31. Dezember 1951 und April 1952 in Pune statt. Fast 690 „Jnana Yajna“-Treffen hielt Swami Chinmayananda bis zu seinem Tode 1993 ab.
1953 gründeten seine engsten Schüler die Chinmayananda Mission. Das Ziel der Mission war in ihrer Bezeichnung enthalten: Unendliche Glückseligkeit. Während seiner insgesamt 40 Jahre voller Reisen und Lehren eröffnete Swami Chinmayananda nebenbei auch noch unzählige Zentren und Ashrams auf der ganzen Welt. Er baute viele Schulen, Krankenhäuser, Altenheime und Kliniken. Swami Chinmayananda spielte zudem eine maßgebliche Rolle in der Renovierung vieler Tempel. Sein Interesse galt auch der ländlichen Bevölkerung, die er mit grundlegenden Notwendigkeiten durch seine Organisation „Chinmaya Organization for Rural Development“ (CORD) versorgte. Der Leiter von CORD, Dr. Kshama Metre, erhielt unlängst den Padma-Shri-Preis in der Kategorie „Soziale Arbeit“.
Tod und Erbe
Swami Chinmayananda starb am 3. August 1993 in San Diego, Kalifornien, nachdem er seinen vierten Herzinfarkt erlitten hatte. Er wurde 77 Jahre alt. Seine sterblichen Überreste wurden am 19. August 1993 im Sidhbari-Ashram im Himalaya in einen Samadhi-Schrein gelegt.
Die dynamische Chinmaya Mission lebt weiter und setzt Swami Chinmayanandas Vision um: Die Wiederbelebung des reichen kulturellen Erbes Indiens. Jeder - egal wie alt er ist, welcher Nationalität oder Religion er angehört - soll Zugang zu Vedanta haben. Über 10.000 Missions-Mitglieder aus aller Welt trafen sich im Dezember 2001 in Mumbai, um das 50-jährige Bestehen des „Gyana Yajna“ zu feiern. Zwei Jahre später, 2003, feierte die Chinmayananda-Bewegung dann ihr goldenes Jubiläum.
Siehe auch
- Chinmaya
- Ananda
- Swami Sivananda
- Ramana Maharshi
- Lehrer
- Meister
- Guru
- Heilige
- Liebe
- Hingabe
- Satchidananda
- Glückseligkeit
- Selbstverwirklichung
Literatur
- Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
- Swami Sivananda, Götter und Göttinnen im Hinduismus (2008)
- Swami Sivananda, Inspirierende Geschichten (2005)
- Swami Sivananda, Japa Yoga (2003)
- Swami Sivananda, Göttliche Erkenntnis (2001)
- Swami Sivananda, Autobiographie von Swami Sivananda (1999)
- Swami Sivananda, Shrimad Bhagavad Gita. Erläuternder Text und Kommentar von Swami Sivananda (1998)
- Swami Sivananda, Gedanken zur Kontemplation (1996)
- Swami Sivananda, Hatha-Yoga. Der sichere Weg zu guter Gesundheit, langem Leben und Erweckung der höheren Kräfte (1964)
- Swami Sivananda, Sadhana – Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
- Swami Sivananda: Feste und Fastentage im Hinduismus, Yoga Vidya Verlag
Weblinks
- Swami Sivananda
- Swami Vishnu-devananda
- Paramahamsa Yogananda
- Anandamayi Ma
- Shankara
- Swami Chidananda
- Swami Krishnananda
- Ramana Maharshi
- Poonjaji
- Mata Amritananda Mayi
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