Indien Religion

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Flagge von Indien

Indien ist das Geburtsland von vier Religionen, dem Jainismus, Sikhismus, Buddhismus und Hinduismus, wovon die beiden letztgenannten zu den großen Weltreligionen zählen. Außer diesen, aufgrund ihres historischen Entstehungsgebietes auch als indische Religionen bezeichneten Religionen, sind der Islam und das Christentum zwei weitere bedeutende in Indien verbreitete Religionen. Zu den kleinsten Religionsgemeinschaften zählen der Zoroastrismus und das Judentum. Hinzu kommen noch die sogenannten Volksreligionen, die von den Adivasis, den indigenen Stämmen Indiens, immer noch in gewisser Abgrenzung zum Hinduismus praktiziert werden.

Statistische Verteilung der Religionszugehörigkeit

Gemäß der letzten, im Jahre 2011 erfolgten indischen Volkszählung (census) ergab sich die folgende prozentuale Verteilung der Religionszugehörigkeit:

Hinduismus

Sadhu in Pashupatinath nach der Nacht von Shivaratri, Foto: Hans Stieglitz, Copyright
Buddhastatue in Bodhgaya, dem Ort, wo Siddhartha Gautama die Erleuchtung erlangte

Unter dem Oberbegriff Hinduismus fasst man die sich aus dem orthodoxen Brahmanismus entwickelt habenden Religionen Shivaismus, Vaishnavismus und Shaktismus zusammen, die wiederum eine Vielzahl regionaler Ausprägungen in sich begreifen. Diese drei Religionsbezeichnungen leiten sich von der jeweils am meisten verehrten Form Gottes her, also von Shiva, Vishnu und Shakti, dem weiblichen Aspekt des Göttlichen. Kennzeichnend für diese drei Religionen ist die Anerkennung der Autorität des Veda, die Integration vieler regionaler und lokaler Gottheiten als eine Erscheinungsform des jeweiligen Hochgottes bzw. der Göttin, sowie die Verrichtung des Gottesdienstes in den der entsprechenden Gottheit geweihten Tempeln. Eine detaillierte Darstellung des Hinduismus findest Du hier.

Buddhismus

Die Religion des Buddhismus geht auf den sogenannten "historischen Buddha" zurück, der etwa in der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. als Siddhartha Gautama im heutigen Nepal geboren wurde und nach einem entbehrungsreichen Weg der Askese und Selbsterkenntnis unter einem Bodhibaum die Erleuchtung fand. Nach einer anfänglichen Phase des Schweigens begann er schließlich, den von ihm gefundenen Weg zur endgültigen Befreiung (Nirvana) zu lehren. Aus seinen Schülern und deren Nachfolgern gingen die verschiedenen Schulen und Strömungen des Buddhismus hervor. Eine detaillierte Darstellung der verschiedenen Schulen des Buddhismus findest Du hier.

Zur Zeit der Mogulherrschaft ab dem beginnenden 16. Jahrhundert wurde der Buddhismus aus seinem Ursprungsland Indien weitestgehend verdrängt. Er hatte jedoch bereits in weiten Teilen Asiens Fuß gefasst und gehört heute neben dem Hinduismus und dem Islam zu bedeutendsten Religion Ostasiens. Aufgrund der aus Tibet geflohenen Buddhisten gibt es mittlerweile auch in Nordindien wieder eine wachsende buddhistische Gemeinschaft mit dem Zentrum Dharamsala, dem Sitz des amtierenden Dalai Lama und der tibetischen Exilregierung.

Als sogenannter "Neobuddhismus" ist der Buddhismus insbesondere bei den (ehemals) unberührbaren Kasten in Maharashtra verbreitet. Diese Bewegung, die aus dem Kampf gegen die aus den Diskriminierungen des Kastensystems herrührenden sozialen Ungerechtigkeiten hervorgegangen ist, geht auf den Rechtsanwalt Bhimrao Ramji Ambedkar (1891–1956) zurück.

Jainismus

Berühmter Jain-Tempel

Der Jainismus geht auf einen Zeitgenossen Buddhas zurück, genannt Mahavira, "der große Held". Der Überlieferung nach war dieser der letzte von insgesamt 24 sogenannten Tirthankaras bzw. "Furtbereitern", die die Lehre des Jainismus in die Welt brachten. Die Anhänger des Jainismus sind für ihre besonders strenge Beobachtung des Prinzips der Gewaltlosigkeit (Ahimsa) bekannt, das ihnen gebietet, auch die kleinsten Lebewesen zu verschonen und sprichwörtlich "keiner Fliege" etwas zu Leide zu tun.

Fast ein Drittel aller indischen Jainas (ca. 31 %) lebt in Maharashtra, weitere größere Gemeinschaften gibt es in Rajasthan (ca. 14 %), Gujarat (ca. 13 %) und Madhya Pradesh (ca. 13 %). Eine detaillierte Darstellung des Jainismus findest Du hier.

Sikhismus

Guru Nanak mit Hindu-Heiligen, 1828-1830

Der Sikhismus ist die Religion der Sikhs, was wörtlich "Schüler" (von Skr. śiṣya) bedeutet. Historisch ist er zeitgleich mit dem Widerstandskampf verschiedener Stammesverbände gegen die Mogulherrschaft entstanden, was das kriegerische Selbstverständnis der Sikhs erklärt. Der historische Begründer des Sikhismus war Guru Nanak (1469-1539), auf den weitere neun Gurus folgten, deren letzter, Guru Gobind Singh, von 1666 bis 1708 lebte.

Die Mehrheit der indischen Sikhs lebt im Bundesstaat Punjab. Aus der Tradition der Sikhs ist auch die Schule des Kundalini Yoga hervorgegangen, der auf Yogi Bhajan (1929-2004) zurückgeht. Eine detaillierte Darstellung des Sikhismus findest Du hier.

Islam

Tanzende Derwische.

Der Islam stellt heute die zweitstärkste Religionsgemeinschaft Indiens dar. Er kam im 8. Jahrhundert im Zuge arabischer Eroberungszüge in den Nordwesten Indiens, von wo aus er sich in den folgenden Jahrhunderten über nahezu den gesamten Subkontinent ausbreitete. Seine größte Verbreitung erreichte er im Mogulreich, das vom beginnenden 16. bis ins 18. Jahrhundert hinein nach und nach fast ganz Indien einschließlich von Teilen des heutigen Afghanistans, Pakistan und Bangladesch umfasste. Nur der äußerste Süden Indiens, ein Teil der heutigen indischen Bundesstaaten Tamil Nadu und Kerala sowie der Inselstaat Sri Lanka, konnten ihre Unabhängigkeit vom Mogulreich behaupten.

Eine besondere Bedeutung kommt in Indien dem Sufismus zu, der eine an Mystik orientierte, unorthodoxe Strömung des Islam darstellt. Die ersten Sufis kamen im 11. Jahrhundert nach Indien. Sie organisierten sich im Laufe der Zeit in verschiedenen Orden, von denen es zur Regierungszeit des Großmoguls Akbar (1556-1605) bereits über ein Duzend gab. Sie konnten in Indien ihren Glauben frei ausüben und waren bei vielen muslimischen Herrschern hochgeschätzt, während sie in den arabischen Ursprungsländern des Sufismus mehr und mehr verfolgt wurden. Viele Sufis bemühten sich um eine versöhnliche Annäherung von Islam und Christentum. Einer der bedeutendsten in Indien wirkenden Sufis war Moinuddin Chishti (1141-1236), der den nach ihm benannten Chishti Orden begründete.

1947, das Jahr der indischen Unabhängikeit, brachte mit der Gründung des Staates Pakistan, das bis zur 1971 erfolgten Abspaltung Bangladeschs aus Ost- und Westpakistan bestand, eine Umsiedlungswelle riesigen Ausmaßes mit sich. Über vier Millionen Muslime verließen während der Teilungsphase das heutige Indien, um im neu gegründeten Pakistan eine neue Heimat zu finden.

Christentum

Das Christentum ist in Indien bereits seit dem 1. Jahrhundert vertreten, also lange vor der Kolonialisierung durch die europäischen Seemächte Portugal, Niederlande und England. Im Jahre 52/53 soll der Apostel Thomas, einer der 12 Jünger Jesu, an der westindischen Malabarküste in Kollam gelandet sein und seine Missionstätigkeit in Indien begonnen haben. Nach anderen Quellen war er zunächst in Nordindien und reiste dann weiter südlich. Er gründete entlang der Malabarküste sieben christliche Gemeinden, darunter eine in Kollam. Nach der Überlieferung fand er im Jahre 72 in Mylapore, in der Nähe des heutigen Chennai, einen gewaltsamen Tod und wird daher als Märtyrer verehrt. Die auf den Apostel Thomas zurückgehenden christlichen Gemeinden Indiens, die mittlerweile in verschiedene Kirchen aufgespalten sind, werden allgemein als Thomaschristen bezeichnet.

Das im heutigen Bundesstaat Kerala befindliche Kollam entwickelte sich über die Jahrhunderte zu einem Zentrum des Christentums in Südindien. Im Jahre 1329 rief Papst Johannes XXII. die Diözese Quilon als erstes katholisches Bistum auf indischem Boden ins Leben. Mit der Ankunft Portugiesen an der südindischen Malabarküste im Jahre 1498 kam der europäische Katholizismus nach Indien. Es begann eine zunehmende Fremdbestimmung der indischen Thomaschristen durch die portugiesische Kirche, die mit einer Latinisierung des Gottesdienstes und einer Eingliederung in die katholische Kirchenhierarchie einherging. 1653 kam es zum formalen Bruch der Thomaschristen mit der römisch-katholischen Kirche und zur Herausbildung mehrerer unabhängiger Glaubensgemeinschaften, die sich jedoch zum Teil wieder mit Rom vereinigten.

Der Protestantismus kam im 18. Jahrhundert mit Bartholomäus Ziegenbalg nach Indien, der 1706 im Auftrag der Dänisch-Halleschen Mission das im heutigen Bundesstaat Tamil Nadu befindliche Tranquebar (Tharangambadi) erreichte. Ziegenbalg interessierte sich sehr für die indische Kultur und Sprache. Er lernte mit Hilfe eines einheimischen Gelehrten Tamil und übersetzte als erster die Bibel ins Tamil. Aus Ziegenbalgs Missionstätigkeit ging die Evangelisch-Lutherische Tamilkirche (TELC) hervor.

Heute leben die zahlenmäßig meisten Christen in den südindischen Bundesstaaten Kerala und Tamil Nadu. In Goa bekennen sich heute noch 25 Prozent der Bevölkerung zum Christentum. In einigen nordost-indischen Bundesstaaten liegt aufgrund einer regen Missionierung der Stammesbevölkerung durch amerikanische Baptisten im 19. Jahrhundert der Anteil der christlichen Bevölkerung weit über dem indischen Durchschnitt, in Nagaland mit ca. 88 Prozent, in Mizoram mit ca. 87 Prozent und in Meghalaya mit ca. 75 Prozent.

Zoroastrismus

Der Zoroastrismus bzw. Zarathustrismus geht auf den Religionsstifter Zarathustra zurück, der vermutlich in der ersten Hälfte des 1. vorchristlichen Jahrtausend in der Region Baktrien im heutigen Afghanistan lebte. Mit der Verbreitung des Islams verlor der Zoroastrismus im 9. Jahrhundert seine Vormachtstellung im persischen Raum, und eine zunehmende Verfolgung der Zoroastrier führte zu deren Auswanderung, insbesondere nach Indien, wo sie als Parsen ("Perser") bezeichnet werden. Heute leben ca. 65 000 Parsen in Indien, vor allem im Raum Mumbai. Die heilige Schrift der Parsen ist der in einer altiranischen Sprache, dem Avestischen, verfasste Avesta bzw. Zendavesta.

Judentum

Die Ankunft der ersten Juden auf dem indischen Subkontinent wird im 8. vorchristlichen Jahrhundert vermutet. Die älteste historisch bezeugte jüdische Gemeinschaft in Indien ist die der Cochin-Juden, die der Legende zufolge ursprünglich Händler aus Judäa waren. Neben dem heutigen Kerala ist auch der Raum Mumbai ein altes Zentrum des Judentums. Seit der indischen Unabhängigkeit im Jahre 1947, als noch rund 25 000 Juden in Indien lebten, sind die meisten von ihnen in den neu gegründeten Staat Israel ausgewandert. Heute schätzt man die Zahl der in Indien lebenden Juden auf 5000 bis 6000, wovon der Großteil in Mumbai und Kolkata, sowie den nordöstlichen Bundesstaten Manipur und Mizoram lebt.

Volksreligion

Als Volksreligion bezeichnet man im Allgemeinen lokale Traditionen im ländlichen Indien, die noch weitestgehend ihre Unabhängikeit von der "Hochreligion" des Hinduismus bewahrt haben und in der Regel polytheistische und animistische Züge aufweisen. Verehrt werden lokale, Gramadevatas ("Dorf-Gottheit") genannte Gottheiten zumeist weiblichen Geschlechts, die in engstem Zusammenhang mit dem Wohl und Wehe des jeweiligen Dorfes stehen. Sie sollen die Dorfgemeinschaft vor Übeln wie Krankheit, Missernten, Dämonen, Katastrophen und Unglück jeglicher Art bewahren, und ihr Fruchtbarkeit, rechtzeitigen Regen, Heilung und Wohlstand verleihen.

Die Wohnstätte der Gramadevatas befindet sich häufig an natürlichen Plätzen, etwa in besonderen Steinen, Bäumen, Quellen und Felsen. In engem Zusammenhang mit dem Kult der Dorfgottheiten stehen Besessenheitsphänomene, die Deutung von Träumen, Visionen und Ekstasepraktiken. Auch die Verehrung der Ahnengeister sowie schamanische Heil- und Austreibungsrituale sind ein wesentlicher Zug der indischen Volksreligion. Viele der mittlerweile in die verschiedenen Unterströmungen des Hinduismus integrierten Gottheiten gehen ursprünglich auf lokale Volksreligionen zurück, die auf diese Weise innerhalb der ritualisierten, an der Sanskritliteratur orientierten brahmanistischen Hochreligion eine neue Heimat fanden.

Zu den Volksreligionen zählen insbesondere die religiösen Praktiken der indigenen Stämme Indiens, der Adivasis. Viele von ihnen sind allerdings inzwischen aufgrund einer immer stärkeren kulturellen Anpassung zu den in ihren Regionen vorherrschenden Religionsformen übergegangen. Teilweise wurden auch ganze Volksstämme durch eine vor allem im 19. Jahrhundert betriebene rege Missionierungstätigkeit zum Christentum bekehrt, wie etwa der Stamm der Nagas im heutigen Bundesstaat Nagaland.

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Siehe auch

Seminare

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