Chandogya Upanishad Fünfter Prapathaka zweiter Khanda: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 7. April 2020, 17:19 Uhr

Chandogya Upanishad Fünfter Prapathaka zweiter Khanda: Interpretation von Shivapriya G.L., welche diesen Text geschrieben hat für einen Studienkreis Philosophie/Upanishaden:

1.-3. Vers Chandogya Upanishad Fünfter Prapathaka zweiter Khanda

Satyakama, der Sohn der Jabala, erklärt und in den folgenden Versen als Lehrer, was es mit der Tatsache auf sich hat, dass der Odem, das Prana, auch gleichzeitig alle anderen Hilfsmittel auf dem spirituellen Weg ist. Das Prana ist die Quelle unserer Rede, unseres Reichtums, unserer Wünsche, unserer Fähigkeit, in der Welt einen Standort zu finden und unseres Denkens und unseres Wertesystems.

Wir können uns sehr gut einen Schüler vorstellen, der am Beginn seiner Ausbildung seine Lehrer fragt: „Wovon soll ich leben? Was soll meine Nahrung sein?“ Jeder von uns kann diese Existenzangst sehr gut nachvollziehen, angesichts der Absicht, sich dem spirituellen Leben hinzugeben.

Die Antwort der Lehrer ist eindeutig: Alles, was dich umgibt ist deine Nahrung, du kannst alles zu deiner Nahrung machen, wie alle anderen Tiere auch. Wenn du das verstehst, gibt es nichts, was nicht deine Nahrung sein kann. Das ist sicher nicht das, was der Schüler hören wollte, vermutlich wollte er hören, dass der Lehrer für ihn sorgt, dass er sich keine Gedanken machen muss. Er bekommt aber gesagt: Schau dich um, die Vögle und Hunde finden auch Nahrung, also wirst du doch wohl auch in der Lage sein, zu erkennen, was für dich Nahrung ist, es gibt nichts, was nicht deine Nahrung wäre. Damit ist sicher nicht gemeint, dass der Schüler, derjenige, der sich auf den spirituellen Weg macht, alles, was er in seiner Umgebung findet, einfach essen soll. Aber alles, was uns umgibt, kann zu Nahrung gemacht werden. Wenn der Schüler sieht, dass ein Bauer Hilfe beim Transport braucht, kann er mit anpacken und so etwas verdienen. Übertragen auf heute heißt dass, das man die Möglichkeiten, die sich bieten, nutzen muss, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Damit verliert die Frage sofort ihre Dringlichkeit und ihre Funktion als Hindernis, sich auf den spirituellen Weg zu machen. Rückt man die Nahrungssuche, die Frage nach der Sicherung der Existenz, an die Position, die ihr gebührt und bewerte diesen Punkt nicht zu hoch, gelingt es, den Blick wieder für das Wesentliche frei zu bekommen, die eigentliche Suche nach dem Selbst. Es ist im Gegenteil so, dass alles, was wir für die Sicherung unseres Lebensunterhaltes tun müssen, uns das Höchste, was es zu erkennen gibt, sozusagen auf dem Silbertablett präsentiert. Da alles, was uns umgibt, Nahrung ist, ist es gleichzeitig Odem, Prana, da nur Prana uns nährt. Mit dieser Erkenntnis wird die Existenzsicherung und der spirituelle Weg zu ein und derselben Sache, man kann gar nicht mehr zwischen, modern ausgedrückt, Arbeit und freier Zeit, in der man die eigene Persönlichkeit entwickeln kann, unterscheiden. Das, was wir täglich tun, um unsere Existenz zu sichern ist gleichzeitig unser ganz persönliche Weg der spirituellen Entwicklung, denn „alles, was hier vorhanden ist, bis herab zu dem was, was den Hunden und Vögeln als Nahrung dient…..ist Nahrung des Odems.“

Der Schüler ist aber noch nicht beruhigt. Er will noch wissen, was seine Kleidung ist. Da die Kleidung zu allen Zeiten Ausdruck der Persönlichkeit war und bis heute ist, verbirgt sich hinter dieser Frage mehr als die Angst, durch unschickliches zur Schau stellen des eigenen nackten Körpers unangenehm auf zu fallen. Die Frage ist vielmehr: was wird aus meiner Persönlichkeit, wenn ich mich ganz auf den spirituellen Weg einlasse? Diese Frage taucht bis heute bei Aspiranten auf, die am Anfang ihres Weges große angst haben, dass sich ihr Wertesystem verändert, dass sie ihre gewohnten Sicherheiten aufgeben müssen, dass sie sich in etwas entwickeln, dass sie nicht mehr verstehen oder kontrollieren können und das damit ihr Leben aus den Fugen gerät.

Die Antwort auf diese komplexen Befürchtungen ist so kurz wie überraschend: Wasser.

Wie kann „Wasser“ eine zulässige Antwort auf die vielschichtigen Ängste um die eigene Persönlichkeit sein?

Schaut man genauer hin, spielt das Wasser tatsächlich eine extreme Rolle in unserem Leben. Wasser ist zunächst unverzichtbarer Bestandteil der Körper. Menschen bestehen, je nach Alter, zu 82 % - 52 % aus Wasser! Wasser als Teil des Körpers kann damit durchaus auch als Kleidung im weitesten Sinne verstanden werden. Wasser ist an einer ungeheuren Zahl von Stoffwechselprozessen im Körper beteiligt, an erster Stelle an den Prozessen der Fotosynthese und der Zellatmung, den beiden grundlegenden Mechanismen, die das Leben auf unserer Erde sichern.

Wasser steht aber immer auch für den emotionalen Zugang zu Welt und für unser Gefühl, lebendig zu sein. Es sind unsere Gefühle, die unsere zunächst neutralen Sinneseindrücke interpretieren und uns zu Handlungen befähigen. Für diese Verknüpfung von Wahrnehmung und Emotion ist der Mandelkern im Gehirn zuständig. Erst nach dieser Verknüpfung können wir einen Eindruck an Hand der damit verbundenen Qualität der Emotion bewerten und mehr oder weniger sinnvoll handeln. Unsere Persönlichkeit hängt also ganz eindeutig vom Wasser ab. Auf der materiellen Ebene benötigt unser Körperkleid Wasser, und auf der emotional-geistigen Ebene ist es die Wasserqualität der Emotionalität, die Voraussetzung für die Ausbildung unserer Persönlichkeit ist. Was immer wir tun sorgt also dafür, dass wir Wasser aufnehmen und mit

Unsere Emotionen nutzen, um uns in der Welt zu behaupten

Begeben wir uns auf den spirituellen Pfad, wird sich daran nur eine einzige Sache ändern: wir sind uns der Verhältnisse bewusst: wir umgeben die Nahrung vor und nach dem Essen mit Wasser, rituell spülen wir den Mund vor und nach dem Essen mit Wasser.

Indem wir in Kontakt zu unserer Umwelt treten, geben wir dieser Umwelt auch ein Kleid. Wir interpretieren alles, was uns umgibt mit Hilfe unserer Emotionen und den inneren geistigen, der Neurophysiologie sehr wohl bekannten, Prozesse. Wir deuten Signale gemäß der für uns damit verbundenen Emotionen als schön, gefährlich, angenehm, unangenehm oder interessant etc. Da alles, was uns umgibt gleichzeitig Nahrung sein kann, also das Prana liefert, dass wir für unsere Entwicklung brauchen, geben wir Kraft der ständig ablaufenden inneren Prozesse auch dieser potentiellen Nahrung ein Kleid. Wir interpretieren unsere Chancen auf einen Arbeitsplatz, Beförderung oder darauf, gemobbt zu werden. Wir interpretieren die Signale unserer Mitbürger im Hinblick auf höflich, unhöflich, interessant, uninteressant, usw. Alles, was eigentlich für uns Nahrung im besten Sinne des Wortes ist, wird von uns mit Hilfe unserer ureigensten Wasserqualität, unserer emotionalen inneren Struktur so interpretiert, wie wir es gemäß unserer Situation brauchen, wie wir es haben wollen und wie es unserer aktuellen Persönlichkeit entspricht.

Begeben wir uns nun ganz bewusst, wie der fragende Schüler, auf den spirituellen Weg, ändert sich im Grunde genommen nichts. Wir werden auch weiterhin alles, was uns umgibt als Nahrung nutzen können, nur wird diese Nutzung gemäß unseres Fortschrittes auf dem Weg der Erkenntnis immer bewusster sein und wir werden in sehr viel größerem Umfang schlicht wissen, was wir tun. Auch werden wir, je mehr wir uns selbst und die Zusammenhänge unserer Emotionen mit unserem Handeln verstehen, immer bewusster unsere Umwelt durch die Brille unserer Emotionen wahrnehmen und immer deutlicher erkennen können, in welcher Weise unsere Wahrnehmung von unseren Emotionen abhängt. Das Ritual, vor und nach dem Essen, den Mund mit Wasser zu spülen, ist vor diesem Hintergrund sehr geeignet, um uns immer wieder daran zu erinnern, dass unsere Persönlichkeit letztlich Wasser ist und wir es selbst in der Hand haben, damit um zu gehen und uns und unsere Weltsicht zu gestalten.

Insofern ist die Angst des Schülers vor seinem Weg völlig unbegründet. Auf unserem Weg tun wir nichts wirklich Neues, wir tun es aber immer bewusster und damit steigt unsere Verantwortung für das was wir fühlen, denken, sagen und machen. Diese Tatsache sollte uns aber nicht abschrecken, sondern herausfordern, allem, was uns umgibt, zu „schönen Kleidern“ zu verhelfen. Satyakama unterstreicht die Bedeutung dieser Erkenntnis mit dem Hinweis, dass selbst ein vertrockneter Baum wieder ausschlagen würde, wenn man ihm diesen Zusammenhang erklärt. Mal abgesehen davon, dass es durchaus denkbar ist, dass ein selbstverwirklichter Weiser in der Lage ist, auch einen vertrockneten Baumstumpf mit Hilfe seines Prana wieder zum Treiben zu bringen, unterstreicht diese Geschichte einen wichtigen Punkt. Wenn wir uns des Zusammenhangs wirklich bewusst sind, können wir alles und jedem ein „neues Kleid“ geben, denn alle Wahrnehmungen nähren uns als unser Prana und alle Wahrnehmungen werden durch unsere Emotionen interpretiert. Dieses Bild fordert uns also gezielt heraus, unsere Fähigkeiten nicht gering zu achten und sehr gezielt ein zu setzen.

4.-5. Vers Chandogya Upanishad Fünfter Prapathaka zweiter Khanda

Kommentar zu Chandogya Upanishad 5. Prapathaka, 2. Khanda, Verse 4-5:

Die Verse 4 bis 9 haben etwas von einem magischen Rezept. Wir erfahren, dass wir einen Kräutertrank aus verschiedenen Kräutern zu einer bestimmten Zeit in einer geeigneten Weise opfern müssen, wenn nun jemand „zu etwas Großem zu kommen wünscht.“ Dabei soll der Wünschende nacheinander dem Edelsten, wie wir erfahren haben also dem Prana, dem Reichsten (Rede), dem Standort (Auge), der Erlangung (Ohr) und dem Stützpunkt (Manas, dem Denken) opfern. Erinnern wir uns: Jedem dieser Elemente entsprach ein inneres Bestreben nach Glück (s. 5. Prapathaka, erster Khanda). Natürlich will jeder von uns etwas Großes in seinem Leben erfahren. Dafür vollführen wir noch heute die merkwürdigsten Opferrituale: Wir drücken Däumchen, wir nehmen unseren Talisman mit zu einer wichtigen Besprechung, wir fahren nur die Strecke, die wir kennen und mit der wir uns wohlfühlen, selbst wenn sie weiter ist, wir opfern Devotionalien, wir geben uns und dem Universum Versprechen und vieles mehr. Wichtig bei all diesen Ritualen ist, dass wir uns auf „etwas Großes“ konzentrieren und einen Teil von uns, einen Teil unserer Nahrung im weitesten Sinne des Wortes, opfern. ‚Indem wir eine Opferhandlung vollziehen, verbinden wir uns mit dem Gewünschten, wir machen es zu einem Teil von uns, wir geben ihm nicht nur ganz bewusst das gewünschte Kleid, sondern wir stellen bewusst eine energetische Verbindung zwischen uns und dem Gewünschten her. Gleichzeitig fokusieren wir mit der Anrufung all der Elemente, die uns ausmachen, auf unsere aktiven Fähigkeiten unseres inneren Instrumentes der Psyche, wir mobilisieren so zu sagen unsere inneren Kräfte.

6.-9. Vers Chandogya Upanishad 5. Prapathaka 2. Khanda

Kommentar zu Chandogya Upanishad 5. Prapathaka, 2. Khanda, Verse 6-9:

Das Ritual wird damit beendet, dass man sich an den Edelsten und König und Oberherrn der Welt wendet, mit der Bitte, dass man selbst zum Edelsten und König und Oberherrn werden möge und das man selbst das Weltall werde. Diese Bitte ist gleichbedeutend mit dem Wunsch nach Erinnerung, dass alles eins ist: Der Beherrscher des Gewünschten und des Wünschenden, das Gewünschte, nämlich das Große, das sich in der Welt manifestiert, und der Wünschende.

Nach dem Fokus auf das Beste in allem, soll man sich noch anständig verhalten und alles ordentlich sauber machen und sich dann einfach schlafen legen, egal wo und wie. Diese Anweisung ist besonders interessant, denn sie wird so selten beherzigt. Haben wir unser Opfer vollzogen, oder auch eine ganz normale Handlung abgeschlossen, denken wir in der Regel selten daran, aufzuräumen. Wir verfahren eher nach dem Motto: Hauptsache ich erreiche mein Ziel, die möglichen negativen Konsequenzen meiner Aktivität sollen bitte andere tragen. Aber erst, wenn wir hinter uns aufräumen, wörtlich zu verstehen wie im übertragen Sinne von der Bereitschaft, Verantwortung für unser handeln zu übernehmen, haben wir das Ritual wirklich erfolgreich abgeschlossen. Erst das hinter uns aufräumen als Teil des Rituals verbindet das gewünschte Große endgültig mit unserem Leben. Erst dann sind alle Energiebahnen so verknüpft, dass sich das Ereignis auch in vollem Umfang in die Welt manifestieren kann. Erst dann können wir uns beruhigt schlafen legen und dem Universum die Umsetzung überlassen. Erscheint uns dann ein „Weib“, steht der Umsetzung auch wirklich nichts mehr im Wege. Unterstellt man, dass, wie z.B. nach wie vor im Tarot oder auch wie im weiblichen Pantheon der indischen Göttínnen, die weiblichen Figuren die verschiedenen Aspekte der Natur und der Welt symbolisieren, wird das benutzte Bild verständlich. Da die Natur und die Welt beseelt ist und die hier wirkende Kraft weiblich ist, kann auch nur eine weibliche Figur dem Wünschenden anzeigen, dass sein Wunsch, der sich auf die Welt bezieht, in Erfüllung geht.

Gerade in der Weihnachtszeit, mit ihren vielfach ausgesprochenen guten Wünschen für alle, ist der Gedanke, dass wir mit Ritualen tatsächlich unseren großen Wünschen ein Stück näher kommen können, sehr schön. Allerdings könnten vielleicht sehr viel mehr Wünsche auch wahr werden, wenn uns klar wäre, dass es die beseelte Erde selbst ist, die die Wünsche gewährt. wenn wir aufhören würden, ihr gedankenlos einfach das, was wir wollen zu entreißen, hätte Mutter Natur vielleicht eine Chance, uns alle reichlich zu beschenken.

Hari Om Tat Sat

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