Shuddhadvaita Philosophie
Die Shuddhadvaita Philosophie von Shri Vallabhacharya ist Shuddhadvaita, also reiner Monismus, denn er erkennt Maya nicht wie Shankaracharya an, und er glaubt, dass die gesamte Welt mit ihrer Materie und mit all ihren Seelen wirklich ist. Diese Welt ist für ihn nur eine subtile Form Gottes. Wer Maya für die Erklärung der Welt hält, ist kein Advaitin, denn er erkennt damit einen zweiten Brahman an. Vallabha wies darauf hin, dass Brahman die Welt ohne jeden Bezug zu einem Prinzip wie z.B. der Maya erschaffen haben kann. Währendessen sagte Sankara, dass das Universum von Brahman mit der Kraft der Illusion, also der Maya erschaffen wurde. Deshalb wird die Philosophie von Vallabha reiner oder absoluter Monismus oder auch Shuddhadvaita genannt. Vallabha erläuterte dieses System in den Anu-Bhashya, also in seinen Kommentaren zu den Brahma Sutras. Er nannte dieses System Shuddhadvaita oder reiner Monismus in Abgrenzung zu Sankaras Kevala Advaita und Ramanujas Visishta Advaita. Vallabha war ein Telugu Brahmane aus Südindien. Er wanderte in den Norden Indiens, und er entwickelte dort die Sichtweisen der Vishnuswamin. Diese waren im dreizehnten Jahrhundert besonders verbreitet. Sein Gedankensystem ist auch bekannt unter dem Namen Brahma-Vada.
Die Shuddhadvaita Philosophie besagt, dass das gesamte Universum real ist und eine subtile Form Brahman darstellt. Die individuelle Seele und die Welt sind damit im Wesentlichen eins mit Brahman. Jiva, Kala (Zeit) und Prakriti oder Maya sind ewige Existenzen, aber sie haben alle keine getrennte Existenz von Brahman.
Vallabha war ein großer Sanskrit Gelehrter. Er ließ sich zuerst in Mathura nieder und dann später in Varanasi. Hier predigte er mit viel Begeisterung den Vaishnava-Kult und -Philosophie. Er war der Begründer der großen Vaishnava Mutts von Rajasthan und Gujarat. Seine Anhänger findet man in großer Zahl in Nathdwara. (Artikel von Swami Sivananda aus "All About Hinduism")
Wichtige Werke von Vallabha
Vallabha akzeptierte nicht nur die Autorität der Upanishaden, der Bhagavad Gita und der Brahma Sutras, sondern auch die der Bhagavata Purana. Die wichtigsten Werke von Vallabha sind die Vyasa-Sutra Bhashya (Anu-Bhashya), Jaimini Sutra Bhashya, Bhagavata-Tika Subodhini, Pushti-Pravaha-Maryada und Siddhanta-Rahasya. Alle diese Bücher hat er in Sanskrit geschrieben und zusätzlich hat er auch viele Bücher in der Braj Bhasha Sprache verfasst. Die Schriften sind die größtmögliche Autorität für Vallabha.
Betonung von Gottesverehrung und Gnade in der Shuddhadvaita Philosophie
Die Shuddhadvaita Philosophie ist eine Religion, die die Verehrung von Vishnu in der Form von Krishna kennzeichnet. Dies wurde hauptsächlich, ebenso wie das System des Chaitanya, von der Vaishnava Philosophie begründet und von Ramanuja abgeleitet. Es ist um das zentrale Prinzip eines personifizierten und wohltätigen Gottes, der selbst Sat-Chit-Ananda ist, aufgebaut. Krishna ist dabei der höchste Brahman. Sein Körper besteht aus Sat-Chit-Ananda, und er wird als Purushottama bezeichnet.
Vallabhas Anhänger verehren Bala-Krishna (Krishna als Knabe). Sie haben Vatsalya-Bhava, die Einstellung, die Gott als Kind betrachtet. Vallabha betont sehr stark die Notwendigkeit und die Bedeutung von Pushti (Gnade) und Bhakti (Hingabe). Maha Pushti ist dabei die größte Gnade oder auch die Anugraha, diese hilft dem Aspiranten Gottesverwirklichung zu erreichen.
Gott – das einzig wahre Wesen
Gemäß der Shuddhadvaita Philosophie ist Gott das Absolute oder Purushottama. Er ist perfekt. Er ist Sat-Chit-Ananda. Er ist ewig, unbegrenzt, allgegenwärtig und allmächtig. Er hat auch alle glücksverheißende Eigenschaften. Die Sruti Texte sagen auch, dass auch wenn er oder es keine Eigenschaften hat, dann meint man damit: keine gewöhnlichen Eigenschaften.
Gott ist real. Und es gibt keine andere Realität neben ihm. Er ist das einzige Wesen. Er ist die vollständige Quelle für dieses Universum und für alle Seelen. Er ist der einzige Ursprung von allem. Gott ist sowohl die materielle Ursprung als auch der ursächliche Ursprung von allem. Er erschafft diese Welt allein durch seinen Willen. Brahman manifestiert sich selbst durch seinen Willen als das Universum und als die einzelnen Seelen. Er verändert sich dadurch jedoch nicht in seiner essentiellen Natur. Die Dinge entstehen aus der Akshara (Sat-Chit-Ananda), so wie die Funken aus einem Feuer entstehen. Brahman ist der Schöpfer dieser Welt. Und er ist gleichzeitig die Welt an sich.
Gott ist personifiziert als Krishna, und dadurch hat er die Qualitäten, der Weisheit und der Handlungen. Und er erscheint in diversen Formen um seine Anhänger zu erfreuen.
Die Welt der Natur und die Welt der falschen Beziehungen
Gemäß der Shuddhadvaita Philosophie gilt: Die Schöpfung ist eine Manifestation von Brahman. Das Universum ist eine Folge von Brahman. Und das Universum ist damit so ewig und so real wie Brahman selbst. Das unbelebte Universum ist erfüllt mit Brahman. Und die Welt ist nicht von illusionärer Natur. Und das Universum ist nicht grundsätzlich von Brahman verschieden.
Jagat ist die Welt der Natur, und sie ist nicht illusionär. Sie ist real und sie ist Gott selbst in der bestimmten Erscheinungsform. Das Samsara oder die temporären Verstrickungen sind Illusion. Sie wird durch die Seelen durch deren „Ich“- oder „Mein“-Bezogenheit erzeugt. Durch deren Abgrenzung von Gott mittels ihres Egoismus vergisst die einzelne Seele ihre wahre, einzigartige und göttliche Natur. Samsara ist somit ein Ergebnis der Vorstellung und der Handlungen der Seele im Bezug auf „ich“ und „mein“. Durch ihre Selbstbezogenheit setzt sich die einzelne Seele in eine falsche Beziehung zu den anderen Seelen und zu der wahren Natur des Universums. Sie erzeugt so ein Netz falscher Beziehungen und verstrickt sich letztendlich darin. Das ist dann die eigentliche Illusion, denn dieses Netz hat keine reellen Wert. Diese Samsara, also die falschen Beziehungen, die die einzelne Seel erschaffen hat, sind die Maya. Samsara oder Maya entstehen aus den einzelnen Seelen heraus, indem sie versuchen, eine von Gott getrennte Realität oder Schöpfung zu erschaffen. Damit ist das Selbst als etwas von Gott getrenntes illusionär. Der Körper ist ebenfalls eine Illusion sowie auch dessen Welt um ihn herum. Alles ist damit Samsara, und sie ist damit sehr unterschiedlich von der wahren Natur der Welt.
Jiva und Brahman gemäß der Shuddhadvaita Philosophie
Laut Shuddhadvaita Philosophie sind die einzelnen Seelen oder die Jivas nicht die Ursachen, sondern sie sind Amsas oder Teile von Gott. Und diese entstehen spontan aus Ihm selbst heraus, wie Funken aus dem Feuer. Brahman ist das große Ganze. Jiva oder die individuelle Seele ist ein Teil davon, aber damit gibt es auch keinen wirklichen Unterschied zwischen beiden, denn die beide haben die gleiche Essenz. Gemäß Ramanuja sind diese Teile wirklich unterschiedlich vom großen Ganzen. Diese Seele ist eins mit Brahman, und sie ist so real und ewig wie Brahman selbst.
Die individuelle Seele ist nicht Brahman, der mit dem Schleier der Unwissenheit (Avidya) verhüllt ist. Sie selbst ist Brahman, und die Eigenschaft der Wonne verdunkelt oder unterdrückt dies. Ananda und die Bewusstheit werden ebenfalls verdunkelt oder unterdrückt in der Materie oder auch in der unbelebten Welt. Sobald die Seele die Wonne erreicht oder wieder erlangt, erreicht auch die unbelebte Welt Bewusstheit und Wonne und der Unterschied zwischen ihr und Brahman verschwindet.
Die Seele ist beides, sowohl Handelnder als auch Genießer. Sie ist von atomarer Größe, aber sie durchdringt den gesamten Körper mittels ihre Eigenschaft der Intelligenz. So wie Sandelholz mit seinem Duft Räume, in denen es selbst nicht existieren könnte, durchdringt oder wie eine Lampe, die lediglich in einem Teil eines Raumes steht, dennoch den gesamten Raum erhellen kann.
Klassifizierung der Seelen in der Shuddhadvaita Philosophie
Laut Shuddhadvaita Philosophie gibt es drei Arten von Seelen: (1) Die reinen Seelen, (Suddha) Jivas. Ihre göttlichen Eigenschaften (Aisvarya) sind nicht durch Unwissenheit verhüllt. (2) Die weltlichen Jivas (Samsarin). Diese Seelen sind in den Netzen oder Verstrickungen der Avidya oder Unwissenheit gefangen. Sie erfahren Geburt und Tod als Folge ihrer Verbindungen mit den feinstofflichen und grobstofflichen Körpern. (3) Mukta Jivas oder befreite Seelen. Diese Seelen sind von den Fesseln des Samsara durch Vidya oder Wissen/Weisheit befreit. Wenn die Seele nun die endgültige Befreiung erreicht, so erhält sie ihre unterdrückten Fähigkeiten zurück und wird eins mit Gott oder Brahman. Die Welt erscheint jenen als Brahman, die die Wahrheit oder Brahman realisiert haben.
Es gibt noch eine weitere Einstufung oder Klassifizierung der Seelen, z.B. als Pushti, Maryadaoder Pravahika. All diese Seelen sind voneinander unterscheidbar hinsichtlich ihres Ursprungs, ihrer Natur und ihres Endes. Und sie entstehen alle aus Gott heraus mit ihren jeweiligen Eigenschaften.
Die Pushti Seelen sind die am höchsten entwickelten, denn sie entstehen aus der der Ananda Kaya oder dem Wonne-Körper Gottes. Diese Seelen sind die Amsa (Teile) Seines Körpers. Gott selbst ist dabei Amsi (das Ganze). Diese Seelen sind die Seelen der Gnade. Sie haben die göttliche Saat in sich, und diese trägt am Ende ihre Früchte. Und sie erreichen so das letztendliche Ziel durch die Gnade Gottes. Sie haben die Gemeinschaft und die Anhängerschaft an Krishna. Sie entwickeln Bhakti oder Hingabe durch die Gnade Gottes. Bhakti ist sowohl der Weg als auch das Ziel.
Die Maryada Seelen entstehen aus dem Vak oder dem Wort Gottes. Sie werden von Gesetzen und nicht von der Gnade beherrscht. Sie führen ihre rituellen Pflichten aus, oft werden diese zunächst aus eigennützigen Interessen ausgeführt. Später entwickeln sie zunehmend Nishkama Bhava (uneigennützige Einstellungen) und führen dann die Rituale ohne jegliche Eigeninteressen aus. Dies reinigt ihren Geist. Sie erreichen Akshara, dies ist eine Art Vorraum zu der Behausung Gottes. Später erreichen sie dann die eigentliche Wohnstatt Gottes.
Die Pravahika Seelen entstehen aus dem Geist Gottes. Sie sind die Samsaric Jivas. Und sie sind deshalb weder Seelen der Gnade noch des Gesetzes. Sie sind in immerwährender Bewegung (Pravaha).
Diese drei Grundtypen der Seelen können dann noch weiter unterschieden werden in zahlreiche Unterkategorien wie z.B. Pushti Pushti, Pushti Maryada, Pushti Pravahika, Maryada Maryada, Maryada Pushti, Maryada Pravahika, Pravahika Pravahika, Pravahika Pushti und Pravahika Maryada.
Pushti Marga oder der Weg der Gnade
Der Weg des Lebens und der Befreiung, wie er von der Shuddhadvaita Philosophie gepredigt wird, heißt Pushti Marga. Die Seele des Menschens ist schwach und empfänglich für Sünden geworden. Sie hat deshalb ein großes Bedürfnis nach der Erfahrung der göttlichen Gnade, diese ermöglicht ihr den Aufstieg und damit die Befreiung. Gottes Gnade gibt Pushti (Speise) und Poshana (Stärke); und so entsteht der Name Pushti Marga oder der Weg der Gnade.
Die individuelle Seele kann somit die letztendliche Befreiung nur mit Hilfe der Gnade Gottes erlangen. Bhakti ist dann das Hauptmittel zur Befreiung, und Jnana ist zusätzlich hilfreich. Maha Pushti oder die höchste Gnade beseitigt dabei die großen Hindernisse und hilft bei der Verwirklichung Gottes. Hingabe oder Bhakti, die durch diese spezielle Gnade erzeugt wird, wird dabei als Pushti Bhakti bezeichnet.
Die vier Arten von Bhakti
Diese Pushti-Bhakti besteht aus vier Arten: (1) Pravaha Pushti Bhakti, (2) Maryada Pushti Bhakti, (3) Pushti Pushti Bhakti und (4) Suddha Pushti Bhakti. Pravaha Bhakti ist der Pfad für jene, die während sie noch ein weltliches Leben führen, Handlungen ausführen, die ihnen dabei helfen, die Gottesverwirklichung zu erreichen. Dabei wird das weltliche Leben mit einem Flusslauf verglichen (Pravaha). Maryada Bhakti ist der Weg für jene, die auf ihrem Weg das rechte Wissen mit Hilfe der Gnade Gottes erworben haben, das ihnen bei der Gottesverwirklichung hilft. Sie wissen oft alles über die Wege zu Gott, und sie hängen dabei von ihren eigenen Fähigkeiten und Bemühungen ab. Bei Pushti Bhakti führen die Anhänger ein zurückgezogenes Leben. Sie hören Erzählungen über Gott, und sie führen Kirtans auf, dabei singen sie die Namen Gottes. Sie führen außerdem Japa, d.h. die Wiederholung von Mantras, durch.
Shuddha Pushti Bhakti oder die reinste Form der Verehrung
In der Shuddhadvaita Philosophie spielt Shuddha Pushti Bhakti eine besondere Rolle. Bei Suddha Pushti Bhakti singen die Verehrer Kirtans und singen die Namen Gottes. Sie loben Gott und sie entwickeln ein starkes Verlangen danach. Und diese Art der Verehrung wird von Gott selbst verursacht, damit fällt die Gnade Gottes auf die Verehrer. Damit wird auch eine starke Verbindung der Verehrer mit Gott hergestellt und diese Verbindung wächst schließlich zu Prema Bhakti („Geschmack Gottes“). Die Verehrer erlangen so Wissen über und von Gott. Sie erreichen dann eine Anbindung an Gott (Asakti). Und schließlich entsteht ein starkes Verlangen danach, Gott zu erreichen. Dies ist eine reife Form der Liebe und der Asakti. Sie wird als Vyasana bezeichnet. Dieses starke Verlangen oder Vyasana, führt dann zu Erlangung der höchsten Wonne, der summum bonum oder des Endes.
Wenn die Liebe zu Krishna intensiver wird, sehen die Verehrer Krishna überall. Und somit wird alles zu einem Objekt ihrer Liebe. Und sie identifizieren sich so mit allem. Die Gopis machten diese Erfahrung. Sie sahen Krishna überall. Und sie sahen sich ebenfalls als Krishna. Dies ist Para Bhakti oder die höchste Hingabe, die dann ähnlich wie das Wissen oder das Brahman Jnana der Vedantins oder Jnanins wirkt. Dabei ist sowohl die innere als auch die äußere Welt voll mit Krishna oder Purushottama für diese Verehrer. Die Belohnung für diese Hingabe ist der Zugang zu allen ewigen Vergnügungen oder den Lilas von Krishna.
Das höchste Ziel ist nicht Mukti oder die Befreiung. Das höchste Ziel ist der ewige Gottesdienst an und für Krishna und die Teilnahme an seinen Vergnügungen im kosmischen Spiel oder Vrindavana. Jene, die Vyasana, oder das starke Verlangen nach Gott, aufgebaut haben, lehnen mit Verachtung die vier Arten der Befreiung ab. Die Maryada Bhaktas erreichen Sayujya Mukti, d.h. sie werden eins mit Krishna. Die Pushti Bhaktas lehnen Mukti ab und nehmen an den Vergnügungen oder den Lilas von Krishna teil. Sie wählen mit großer Freude den immerwährenden Gottesdienst für Krishna. Dabei nehmen die Bhaktas die Formen von Kühen, Vögeln, Bäumen und auch Flüssen an. Sie erfreuen sich an der Gesellschaft von Krishna, die grenzenlose Freude bringt. Die Vergnügungen sind dabei ähnlich zu denen, die Krishna in Vraja and Vrindavana ausführte. Dabei werden auch einige der Verehrer zu Gopas und Gopis und nehmen so an den Vergnügen in dem kosmischen Vrindavana teil.
Die Shuddhadvaita Philosophie sagt: Die befreiten Seelen sind von unterschiedlicher Art. Einige haben sich selbst befreit wie Sanaka. Einige schwelgen in der Stadt Gottes und erlangen dabei Befreiung durch die Gnade Gottes. Wiederum andere entwickeln die perfekte Liebe und werden so zu Gefährten Gottes.
Andere Schreibweisen für Shuddhadvaita Philosophie
Shuddhadvaita wird auch geschrieben
- Suddhadvaita
- Shuddhadwaita
- Suddhadwaita
- Shuddha Advaita
- Shuddha Adwaita
- Suddha Advaita
- Suddha Adwaita