Sanskrit Kurs Lektion 38
Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.
Konsonantische Nominalstämme (3)
In Lektion 36 haben wir die acht Fälle des Singulars der konsonantisch auslautenden Nominalstämme auf -as betrachtet. Im folgenden Beispielvers erscheint der Stamm Manas ("Geist, das Denken") im Genitiv Dual. Der Stamm manas ist von der Verbalwurzel man "denken, meinen" abgeleitet.
Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika
Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß der Shloka (Anushtubh) ist. Hier folgt ein Vers aus dem vierten Kapitel (Upadesha), das der Praxis der Meditation und Versenkung (Samadhi) gewidmet ist. Der 5. Vers gibt eine Definition des Samadhi genannten Zustandes:
- सलिले सैन्धवं यद्वत्साम्यं भजति योगतः |
- तथात्ममनसोरैक्यं समाधिरभिधीयते || ४.५ ||
- wissenschaftliche Transliteration:
- salile saindhavaṃ yadvat sāmyaṃ bhajati yogataḥ |
- tathātmamanasor aikyaṃ samādhir abhidhīyate || 4.5 ||
- vereinfachte Transkription:
- salile saindhavam yadvat samyam bhajati yogatah |
- tathatmamanasor aikyam samadhir abhidhiyate || 4.5 ||
- Wort-für-Wort-Übersetzung:
- salile : im Wasser (Salila, Lok. Sg. n.)
- saindhavam : Salz (Saindhava, Nom. Sg. n.)
- yadvat : so wie (Yadvat, adv.)
- sāmyam : Einheit ("Gleichheit" mit dem Wasser, Samya, Akk. Sg. n.)
- bhajati : erlangt ("teilt", bhaj, Verb)
- yogataḥ : aufgrund der Vereinigung (mit diesem, Yoga, Abl. Sg. m.)
- tathā : genau so (Tatha, adv.)
- ātma-manasoḥ : von Seele (Atman) und Geist (Manas, Gen. Dual n.)
- aikyam : (entsteht) die Einheit (Aikya, Nom. Sg. n.)
- samādhiḥ : Samadhi ("Verbindung, Versenkung", Nom. Sg. m.)
- abhidhīyate : (diese) wird genannt (abhi + dhā, Verb)
- Übersetzung:
- So wie Salz im Wasser die Einheit (mit diesem) erlangt (indem es sich in diesem auflöst), genau so (entsteht die) Einheit von Seele und Geist, die Samadhi genannt wird.
Erläuterungen
- Der Lokativ (Saptami) salile bezeichnet den Ort der Handlung (Adhikarana).
- Der Nominativ (Prathama) saindhavam ist das logische Subjekt (Agens, Kartri) der Verbalhandlung bhajati.
- Die Verbform bhajati ("es erlangt") ist die 3. Person Singular Indikativ (Parasmaipada) der Gegenwart der Verbalwurzel (Dhatu) bhaj "teilen, sich begeben, erlangen".
- Der Ablativ (Panchami) yogataḥ gibt eine Ursache an. Die Kasusendung (Vibhakti) -tas ist eine alternative Ablativendung.
- Der Genitiv (Shashthi) ātma-manasoḥ ist ein Dvandva genanntes Kompositum (Samasa), das mit "und" aufzulösen ist ("von Seele und Geist"). Er steht in syntaktischem Bezug zu aikyam ("Einheit").
- Die Nominativ aikyam steht als Apposition zum Nominativ samādhiḥ, dem logischen Subjekt (Agens, Kartri) der Verbalhandlung abhidhīyate.
- Die Verbform abhidhīyate ("wird genannt") ist die 3. Person Singular Passiv (Karmani Prayoga) der Gegenwart der Verbalwurzel dhā, die in Verbindung mit dem Verbalpräfix (Upasarga) abhi "genannt werden, heißen" bedeutet.
- Syntax: Die beiden Adverbien yadvat ("wie") und tathā ("so") verweisen ähnlich dem Relativpronomen yad (Yad "was") und dem Demonstrativpronomen tad (Tad "das") aufeinander.
- Sandhi: Das auslautende m von saindhavam, sāmyam und aikyam geht vor einem Konsonanten (Vyanjana) in Anusvara (ṃ) über, der hier wie m ausgesprochen wird. Die Formen °manasor und samādhir stehen für °manasoḥ und samādhiḥ, da Visarga (ḥ) vor Vokalen (Svara) zu -r wird, wenn es nicht zwischen zwei a-Lauten (kurz oder lang) steht.
Metrische Analyse des 1. und 2. Pada
Betrachten wir das erstte (Prathama) und zweite (Tritiya) Versviertel (Pada) dieses Shloka noch einmal hinsichtlich der Längen (Dirgha) und Kürzen (Hrasva) der einzelnen Silben (Akshara). Lange Silben enden auf langen Vokal (Svara), oder auf einen kurzen Vokal, der von zwei Konsonanten (Vyanjana) gefolgt wird (inklusive Anusvara und Visarga). Dies nennt man Positionslänge*. Kurze Silben enden auf kurzen Vokal:
Silbe | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 |
Devanagari | स | लि | ले | सै | न्ध | वं | य | द्व | त्सा | म्यं | भ | ज | ति | यो | ग | तः |
Transliteration | sa | li | le | sai | ndha | vaṃ | ya | dva | tsā | myaṃ | bha | ja | ti | yo | ga | taḥ |
Silbenlänge | kurz | kurz | lang | lang | kurz | lang | lang* | lang | lang | lang | kurz | kurz | kurz | lang | kurz | lang |
Symbol | υ | υ | – | – | υ | – | – | – | – | – | υ | υ | υ | – | υ | – |
Hinweise zur Aussprache: Alle acht Silben jedes Pada werden in einem Zuge, also ohne Pause, ausgesprochen. Zwischen den Versvierteln wird eine kurze Pause (Yati) eingehalten. Die Positionslänge der 7. Silbe des 1. Pada ergibt sich durch die Aufteilung in yad-va.
Weblink
Siehe auch
- Sanskrit Kurs Lektion 1
- Sanskrit Kurs Lektion 2
- Sanskrit Kurs Lektion 3
- Sanskrit Kurs Lektion 4
- Sanskrit Kurs Lektion 5
- Sanskrit Kurs Lektion 6
- Sanskrit Kurs Lektion 7
- Sanskrit Kurs Lektion 8
- Sanskrit Kurs Lektion 9
- Sanskrit Kurs Lektion 10
- Sanskrit Kurs Lektion 11
- Sanskrit Kurs Lektion 12
- Sanskrit Kurs Lektion 13
- Sanskrit Kurs Lektion 14
- Sanskrit Kurs Lektion 15
- Sanskrit Kurs Lektion 16
- Sanskrit Kurs Lektion 17
- Sanskrit Kurs Lektion 18
- Sanskrit Kurs Lektion 19
- Sanskrit Kurs Lektion 20
- Sanskrit Kurs Lektion 21
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- Sanskrit Kurs Inhaltsverzeichnis