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Version vom 22. Oktober 2014, 11:25 Uhr
Ein Ritual (auch Ritus) ist die Gesamtheit der etablierten Bräuche und Zeremonien eines religiösen Kultes. Es bedeutet auch auf einer ganz abstrakten Ebene, dass es um die Wiederholung eines immer gleichbleibenden Vorgehens geht, das man regelmäßig ausführt und eine bestimmte Reihenfolge beibehält.
Ein ganz triviales Ritual wäre beispielsweise, wie du morgens aufstehst und in welcher Reihenfolge deiner Handlungen du dich für den Tag vorbereitest. Ein anderes Beispiel könnte sein, wie du dein Essen einnimmst. Es gibt sehr viele Beispiele im alltäglichen Leben, wie wir schon fast rituell, der Gewohnheit entsprechend, unseren Tagesablauf gestalten. In diesem Artikel geht es allerdings vor allem um die innere Haltung bei der Ausführung eines religiösen bzw. spirituellen Rituals.
Die Rituale bei Yoga Vidya laufen in der Regel folgendermaßen ab: Anrufung der Gottheit, Verehrung der Gottheit in Form einer Murti oder Götterbildes mit Öl bei einer Homa oder mit Reismilch bei einer Puja und mit Rosenblüten zum Schluss, Darbringung des Prasads, Arati-Lichtzeremonie, Widmung des eigenen Lebens für Gott (Twameva Mata).
Von Ritualen bis zur Verwirklichung
Artikel von Sri Swami Venkatesananda Originaltext
Bhakti Yoga
Bhakti Yoga oder Liebe zu Gott sind in allen Religionen grundlegend, die ihre Anhänger dazu ermuntern, Statuen und Rituale in ihren geistigen Methoden zu verwenden: Es ist eine der Haupteigenschaften der indischen Annäherung an Gott. Das wurde von den alten geistigen Lehrern als so lebenswichtig betrachtet, dass sie es in den Stoff des täglichen Lebens des Inders gewebt haben.
Es ist häufig unvermeidlich, dass sich der gewöhnliche Mensch an dem Meister und dem Ritual festhält und den Geist vergisst, der seinem Gebrauch zu unterliegen. Die Anbetung Gottes in der Statue degeneriert zum Lohngötzenkult, was wiederum nichts mit Religion zu tun hat, sondern einfach nur eine anderer Handel ist. Wann auch immer das in Indien geschehen ist, ist es von heiligen religiösen Reformern sofort angehalten worden, die die Religion in ihrer ursprünglichen Reinheit wieder hergestellt haben.
Der Mensch geht von einem Extrem ins andere! Leute missdeuten die Äußerungen dieser Reformer und verwenden sie zu ihrem eigenen Vorteil. Die Wörter von Krishna, den biblischen Propheten, Jesus, Buddha und dem Mohammed kamen aus ihrer Verwirklichung oder direkter Erfahrung. Es ist gut, sie als Wegweiser zu sehen, damit auch wr diese Erfahrung machen können. Aber wenn wir als ihre Vertreter hier auftreten und ihre Wörter zitieren, um damit die Anhänger anderer Religionen niederzumachen, dann geben wir ein groteskes Bild ab, das von einem tamilischen Dichter beschrieben wird : "Ein hässlicher Vogel hat einen Pfau tanzen gesehen; und er sich genause wichtige vorkam, hat er seine Flügel ausgebreitet und angefangen zu tanzen!" Der Unfug wird von demm atheistischen, materialistischen und weltlichen Menschen vollzogen, der all das verwendet, um den Glauben des Frommen ins Wanken zu bringen.
Wir gehen in einen Tempel, eine Synagoge, eine Kirche oder eine Moschee, um uns mit Gott zu verbinden und nicht um zu hören, was der Priester sagt. Nur wegen der Dinge, die der Priester sagt, sollten wir nicht aufhören, dorthin zu gehen, und auch nicht wegen der Dinge, die die Reformer außerhalb sagen. Gott zu verurteilen und unsere Hingabe zu ihm von Gedanken, Worten und Taten anderer Menschen abhängig zu machen, ist Blasphemie. Du bist dabei der Verlierer, vergiss das nicht. Du gehst in ein Restaurant, um zu essen und deinen Hunger zu stillen. Wenn du ein bestimmtes Curry nicht magst, dann wirst du nicht hungrig weggehen. Iss einfach das, was du magst.
Gott im Götterbild verehren
Wenn du die Verehrung eines Götterbildes verstehst und richtig anwendest, wird es dich nach und nach zur Erkenntnis des Absoluten führen. Mein Meister, Sri Swami Sivananda, hat bis zu seinem Lebensende Götterbilder verehrt, und das obwohl er ein Philosoph des Monismus war. Er betete seine Gottheit jeden Tag in einem Ritual an. Er ist ein nachahmenswertes Vorbild für uns. Aber er erinnerte uns daran, genau wie vorher auch schon Krishna, da nicht stehen zu bleiben. Wir sollten uns immer an Gott erinnern und das in jedem Augenblick praktizieren. Damit wir seine (All)Gegenwart überall spüren und in jedem wahrnehmen.
Es ist sehr leicht, das einfach so zu sagen, aber eine ganz andere Sache, es auch wirklich umzusetzen. Zwei Faktoren spielen hierbei eine Rolle: (a) Wir sollten wissen, wie es sich anfühlt, die Gegenwart Gottes zu fühlen - wie das Muster eines Händlers - und (b) wir sollten eine Methode haben, mit der wir uns an ihn erinnern. Der erste Faktor wird durch die Verehrung eines Götterbildes unterstützt. Das Götterbild befähigt uns, Seine Gegenwart zu spüren und gleichzeitig nach innen zu gehen und das Gefühl wahrzunehmen. Ohne die Verehrung eines Götterbildes ist es für einen Neuling ziemlich schwierig, die wundervolle Idee, seine Präsenz zu spüren, zu erleben.
Der zweite Faktor wird im zehten Kapitel in der Bhagavad Gita geliefert. Die Technik lautet: Lass es zu, dass alles, was du wahrnimmst, dich an Gott erinnert. Das Sonnenlicht, der Mond, die Sterne, das Feuer und die elektrische Lampe; der unermessliche Himmel oder Ozean; die schöne Blume und das unschuldige Gesicht eines Kindes; der riesengroße Baum und der starke Arm eines Turners; das Götterbild auf dem Altar und das leuchtende Gesicht eines Heiligen - lass all diese Dinge dich an Gott erinnern. Parallel dazu forderte uns unser Meister dazu auf, ständig Nama Smarana zu praktizieren, den Namen Gottes zu wiederholen. Die eine Sache unterstützt die andere: Die Verehrung Gottes in einem Götterbild und die Wiederholung des Namens Gottes unterstützen sich gegenseitig. Wenn man sie verbindet, entwickeln wir sehr schnell Gottesbewusstsein.
Wie passt die Verehrung eines Götterbildes dazu? Was ist ein Götterbild, wenn nicht einfach nur ein Stück Materie? - Zumindest könnte ein unwissender Mensch das so sehen, völlig unabhängig von seinem Reichtum, seiner Stellung oder seinem Titel. Trotzdem fühlt der Verehrer des Götterbildes die Präsenz Gottes innerhalb dieser materiellen Substanz (Ton, Stein, Metall oder Holz). Der Weise hat es sich zugestanden, damit zu "spielen" (zu beten) wie ein Kind mit einer Puppe. Das Kind übt sich so in der Mutterschaft; der Verehrer des Götterbildes erfährt, dass Gott in der Tat auch in diesem Stück Materie wohnt. Dann dreht er sich um und sieht die Sonne, den Mond usw. und erkennt, dass Gott selbst in dem Bildnis ist. Er ist der Bewohner der Sonne, des Mondes usw. Das sieht scheinbar ganz einfach aus, aber in der Praxis ist es schwierig.
Wieso hat der Weise nicht empfohlen, einfach so die Gegenwart Gottes in allem wahrzunehmen, ohne dabei ein Götterbild als erstes zu verehren? Aus dem einfachen Grund, dass der einfache menschliche Geist eher dazu bereit ist, reine und unbefleckte Göttlichkeit, mit einem Götterbild in Verbindung zu bringen, als Gott in dem Gesicht eines Kindes zu sehen. Wenn du ein Kind ansiehst, hältst du es gleich mit den Augen fest und denkst: "Das ist mein Kind." usw. Und du musst eine Menge Gedanken und Hintergedanken überwinden, bevor du zu dem idealen Gedanken gelangst: "Gott strahlt durch seine Augen hindurch." Aber wenn es um ein Götterbild geht, baust du auf eine andere Assoziation an Ideen auf, die es schon seit jahrtausenden gibt, und dann hast du damit keine Schwierigekeiten. Und, wenn du ein bisschen übst, wird es leicht, die Übung auf die ganze Welt auszudehnen und die Präsenz Gottes in allem zu sehen.
Meditation auf das Absolute
Es gibt noch einen anderen Blickwinkel bei dieser spirituellen Übung. Die Verehrung eines Götterbildes sollte uns zur Meditation auf das Absolute führen. Ohne den ersten Schritt der Verehrung des Götterbildes ist die Meditation auf das Absolute fast unmöglich. Und wenn wir die Grenzen der Göttlichkeit nicht über das Idol hinaus ausweiten, könnte es sein, dass wir nicht weiter kommen. Daher haben unsere altehrwürdigen Seher in die Verehrung des Götterbildes auch Elemente der Verehrung des namenlosen und formlosen Wesens mit aufgenommen. Sie haben sogar betont, dass wir die Qualitäten des Absoluten über das Götterbild legen sollten.
In den Mantras, die sie uns überliefert haben, flochten sie Ausdrücke mit ein wie: "Ich verneige mich vor dem Allesdurchdringenden." "Ich verbeuge mich vor den Ewigen." Die Sätze sind offensichtlich unbedeutend für die personifizierte Form Gottes, die verehrt werden und wie Rama oder Krishna historische Persönlichkeiten sind. Sie betonten auch, dass die mentale Verehrung der auserwählten Gottheit wichtiger ist (natürlich nur, wenn wir dazu bereit sind!) als die äußerlich sichtbare Verehrung und die Para Puja (eine Art, den allmächtigen Gott mit all unseren Gedanken, Worten und Taten zu schmücken) über allen anderen Formen der Verehrung steht.
Der aufrichtige spirituelle Aspirant hat immer erkannt, dass er ohne ein Bild, auf das er seinen Geist richtete, auf seinem Weg nicht weiterkommen konnte. Das Götterbild bot ihm auch eine konkrete Form Gottes, dem er seine Herzenshingabe schenken konnte, das er anbeten konnte und auf das er sich in Zeiten von Stress, Belastung, Prüfungen und Schwierigkeiten stützen konnte. Es war für ihn eine große Erleichterung, wenn er in Zeiten von Anspannung, Sorge und Angst einen "greifbaren" Gott hatte, zu dem er sprechen konnte. Die allgegenwärtige Göttlichkeit, die natürlich in dem Götterbild anwesend war, hat auch seine Gebete erhört und ihn unterstützt.
Gott zeigt sich im Götterbildnis
Wenn die Konzentration sehr stark geworden ist, wurde die latente Kraft des Götterbildes erkannt. Und so gibt es Geschichten von großen Mystikern, die Gott in und durch die Götterbildnisse "sehen" konnten. Lasst uns auch nicht vergessen, dass Gott, der allgegenwärtig ist, in dem Götterbild wohnt und er, der allmächtig ist, kann sich selbst dem demütigen Verehrer in jeder Form zeigen. In dieser Hinsicht verhält das Götterbild sich anders als eine Puppe. Die Puppe wird immer eine Puppe bleiben, denn sie ist unbelebt - das Götterbild wird die versteckte Göttlichkeit aufdecken und damit auf die Gebete und die Konzentration des Verehrers antworten. Der konzentrierte Bewusstseinsstrahl des Verehrers wird eines Tages stark genug sein, um die grobe "Materie" zu verbrennen und die versteckte Gottheit befreihen und aufdecken - genauso wie die Sonnenstrahlen, wenn sie in einer Linse gesammelt werden, in der Lage sind einen Baumwollstoff zu entzünden und zu verbrennen. Aber lasst uns nicht vergessen, dass sie nicht das Götterbild in ihrer Vision gesegehen haben, sondern die Gottheit im Götterbild, die in allem ist, was wie Materie aussieht.
Wenn dieses Prinzip nicht verstanden wird, dann sollten die Menschen auch nicht völlig unwissend sagen: "Wir wollen keinen Stein verehren." Natürlich sollten sie keinen Stein verehren. Aber beantworte zunächst die Fragen: "Wer verehrt den Stein? "Ich." Welches Konzept hast du von diesem "Ich"? Das erste Konzept betrifft den Körper. Der Körper führt die Verehrung aus. Was ist der Körper? Vor allem Wasser mit ein paar anderen chemischen Elementen. Und schließlich, wem schadet es, wenn Wasser und Materie einen Stein verehren? Ist es Ignoranz oder Aberglaube? Natürlich schreist du auf, dass du nicht nur der Körper bist, sondern auch noch eine Seele darin steckt. Dann lasse es zu, dass der Körper den Stein verehrt, lass das Herz, den Geist und die Seele in dir, Gott in dem Stein zu erkennen.
Und wirst du alle Steine verehren? Nein. Nur einen bestimmten Stein, der eine bestimmte Form hat. Wer verehrt ihn? Wenn das "Ich" auch in einer göttlichen Form gemeißelt ist, ist es göttlich. Das steinerne Götterbild erinnnert dich daran. Als dieser Stein ein Stein war, bist du darauf gestanden. Wenn die Teile des Steines entfernt wurden, die nicht zu dieser göttlichen Form gehörten, und der Stein eine göttliche Form annahm, hast du ihn verehrt. Genauso gibt es unzählige ungöttliche Elemente in dir. Meißle sie weg. Dann wirst zu einer Gottheit auf Erden, die von anderen Menschen verehrt wird. Im Übrigen ist das genau das Argument, das hinter der Verehrung eines Gurus oder Lehrers liegt.
Wenn die Verehrung eines Götterbildes uns so Schritt für Schritt zur Göttlichkeit und zur Gotteserkenntnis führt, indem wir dem allgegenwärtigen Gott in ihm dienen und ihn erkenn, dann ist das eine ideale Verehrung. Asonsten ist es einfach nur die leere Verehrung eines Götterbildnisses.
Siehe auch
Literatur
- Swami Sivananda Sarasvati, Yoga im alltäglichen Leben, Lebensweiser-Verlag 1954
- Yoga Vidya Kirtan Textheft
- Swami Sivananda: Die Kraft der Gedanken; Books. ISBN 3-922477-94-1
- Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis; Mangalam Books. ISBN 3-922477-00-3
- Swami Sivananda: Sadhana; Mangalam Books. ISBN 3-922477-07-0
- Swami Sivananda: Autobiographie von Swami Sivananda; Bad Mainberg 1999. ISBN 3-931854-24-8
Weblinks
- "Bhakti" aus Göttliche Erkenntnis von Swami Sivananda
- Kundalini Yoga und Bhakti Yoga
- "Bhakti Yoga Sadhana" aus Sadhana von Swami Sivananda
- "Guru Bhakti" aus Inspierierende Geschichten von Sivananda
- Bhakti Yoga – Höchste Gottesliebe – Bhagavad Gita XII.
- Bhakti Yoga – Yoga der Hingabe und Liebe
- Bhakti Yoga von Swami Venkateshananda.
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