Hevajra
Hevajra ist eine buddhistische Gottheit. Diese Gottheit ist steht für das Aufgeben von jeglicher Negativität und der Akzeptanz von allem, was positiv ist. Hevajra wird in vielen Formen dargestellt. Als wichtigste Gottheit des "Hevajra Tantra" ist Hevajra die Essenz des Vajradhara, der höchsten Nicht-Dualität. In sichtbarer Form ist er Sunyata. Er gehört zur Vajra Familie. Er ist kein anderer als Heruka, der in den Abbildungen Shiva ähnelt. Wenn Heruka eins ist mit seinem Prajna wird er "Hevajra" genannt. Es gibt vier Formen der Darstellung Hevajras die sich jeweils in Anzahl der Arme und Gesichter unterscheiden und den Namen der begleitenden Prajna.
Dasrstellungsformen von Hevajra
Hevajra mit zwei Armen
Die zweiarmige Form von Hevajra, die "Trailokyasepa" heißt, ist vereint mit seinem Prajna Nairatmya. Er ist dunkelblau mit hibiskusfarbenen roten Augen, und gelben Haaren, die oben auf dem Kopf einen Knoten bilden. Er ist mit fünf Ornamenten geschmückt: einem Reif, Ohrringe, einer Halskette, Armbänder und einem Gürtel. Sein Blick ist zornig, er trägt ein Tigerfell und sieht aus wie 16. In der linken Hand hält er einen Donnerkeil (aus Schädel geformt) während der Khatavanga (Herrscherstab) an seine linke Schulter lehnt. In der rechten Hand hält er einen schwarzen Donnerkeil. Er ist die Manifestation des Silbenmantras "Hum".
Eine Analyse der mahayanischen Konzepte, verborgen in diesem Bild, ergeben folgendes: die dunkelblaue Farbe verweist auf Dharmadhatu, die hibiskusroten Augen symbolisieren sein Mitgefühl, das verknotete Haar seine aufsteigenden Verdienste, der zornige Blick zeigt die Reinigung vom Zorn an, der Schädel-Donnerkeil steht für die Überwindung des Missverständnisses in bezuug auf Existenz und Nicht-Existenz; Khgatvanga steht für die Nichtigkeit; der schwarze Donnerkeil stellt die Diamanthärte dar, aber zusammen mit Ghanta ist er Symbol für Mitgefühl.
Hevajra mit vier Armen
Der vierarmige Hevajna ähnelt dem zweiarmigen und ist auf bestürzende Weise Vajravarahi (eine tantrische Gottheit des Vajrayana). Der vierarmige Hevajra symbolisiert die Niederlage der vier Maras. In der ersten linken Hand hält er einen menschlichen Schädel, gefüllt mit dem Blut der Götter und Titanen, in der ersten rechten Hand einen Donnerkeil. Mit den beiden übrigen Händen umarmt er sein Prajna, Vajravarahi. Der menschliche Schädel gefüllt mit Götter- und Titanenblut steht für oberste Glückseligkeit. Die Einheit mit der Göttin symbolisiert die Einheit von Prajna und Upaya, die beiden Bedingungsfaktoren der Erlösung.
Hevajra mit sechs Armen
Der sechsarmige Hevajra hat drei Gesichter und zusätzliche Symbole und ist in Einheit mit seinem Prajna Vajrasrinkhala. Das Linke der drei Gesichter ist rot, das Rechte schimmert wie der Mond und das mittlere ist scharzblau. Die Gottheit ist nackt. Die sechs Arme stellen die sechs Idealzustände dar: in der ersten linken Hand hält er den Dreizack, in der ersten rechten Hand einen Donnerkeil. In der zweiten Linken eine Schelle und in der zweiten rechten ein Messer. Mit den beiden verbleibenden Händen hält er Vajrarinkhala fest. Er steht auf einer Leiche die die drei Reiche verkörpert. Die drei Gesichter in dieser Fassung Hevajras verweisen auf die folgenden drei Dhyani-Buddhas: das rote rechte vertritt Amitabha, der sowohl Sambhogakaya (subtile formlose Gestalt) als auch „Sprache“ bedeutet. Das rechte Mondscheingesicht ist Vairocana und steht sowohl für Nirmanakaya (den Erleuchtenden erscheinend) als auch für „Körper“. Das mittlere blauschwarze ist Aksobhya und bedeutet Dharmakaya und „Bewusstsein“. So stellt diese Form Hevajras sowohl die Einheit der drei Kayas als auch die Einheit von Körper, Sprache und [Bewusstsein] aller Buddhas dar.
Die sechs Arme symbolisieren die sechs Grundeigenschaften der Mahayana Tradition, die an das andere Ufer der Weisheit führen. Die Symbole in den Händen stehen für: der Dreizack für die Überwindung der Gier, Zorn und mentale Störeinflüsse; der Donnerkeil bedeutet Mitgefühl, die Schelle steht für Prajna, und das Messer für die Trennung von den sechs Fehlern.
Hevajra mit sechzehn Armen
Die vierte Form Hevajras ist die Sechzehnarmige in Einheit mit seiner Weisheit Nairatmya. Er verfügt in dieser Form über acht Gesichter und vier Beine. Mit diesen vier Beinen steht er auf den vier Maras, in früheren Darstellungen steht er jedoch auf einem Körper. Er sieht erschreckend aus wie er mit seiner Halskette aus menschlichen Schädeln wild umhertanzt. Er ist schwarz und trägt einen kreuzförmigen Donnerkeil auf dem Kopf. Sein Körper ist mit Asche beschmiert. Er ist in erotischer Vereinigung mit Nairatmya in großer Ruhe und Glückseligkeit. Das Gesicht vorne mittig ist tiefschwarz, das Rechte weiß wie Jasmin, das Linke angsteinflößend Rot, das obere verzerrt, die anderen sind bienenfarben, mit vierundzwanzig Augen.
Die sechzehn Arme bedeuten die sechzehn leeren Räume. Die acht Gesichter sind die acht Vimosksas. Das verzerrte Gesicht bedeutet die Verneinung aller Theorien. Die vier Füße bedeuten die vier Methoden der Umkehr. Der zornige Ausdruck steht für die Unterwerfung des Bösen. Die Schädelgirlande symbolisiert den Besitz der fünf Weisheiten. Der kreuzförmige Donnerkeil bedeutet einerseits die diamantene Härte der Gnosis (d.h. nicht leicht zu erlangen) und andererseits die Unerreichbarkeit des göttlichen Wesenskerns.
Der schwarze Körper der Gottheit verweist auf Freundlichkeit. Die drei Augen auf jedem Antlitz zeigt an, dass Weisheit alles entdeckt in allen drei Zeitebenen und im dreidimensionalen Raum. Die Abbildung Hevajras in vier unterschiedlichen Formen zeigt an, das die Bildgebung in Vajryana im Dienst der Philosophie steht.
Hevajra Tantra
Der buddhistische Hevajra Tantra hat seine heutige geschrieben Fassung bereits im 8. Jh. n. Chr. bekommen. Er stellt ein herausragendes Beispiel für vajrayanische Theorie und Praxis in dem großen Reservoir tantrischer Literatur dar. Der Hevajra Tantra stellt einen der tantrischen Hauptzyklen dar, die im späten 10. Jh. n. Chr. in der Zeit nach der Verfolgung nach Tibet hineinsickerte.
Das Wort “Hevajra” besteht aus zwei Silben: "he", was Karuna oder Mitgefühl bedeutet und "Vajra", was "Prajna" oder Weisheit heißt. Zusammen bedeutet “Hevajra” soviel wie “ultimative Realität” - die Einheit von Sunyata und Karuna. Muktavali sagt, das Mahakaruna das Sarvadharma Sunyata beinhaltet, Hevajra ist.
Darin kommt zum Ausdruck, welche Methode dieses Tantra ansetzt, um seine Ziele zu erreichen und zwar: Weisheit und Hilfsmittel. Die Methode besteht aus der Verschmelzung von Prajna und Karuna, und diese Einheit von Nichtigkeit und Mitgefühl mündet in Bodhicitta. Prajna ist eine der Eigenschaften der weiblichen Gottheit und Karuna ist eine der Eigenschaften der männlichen Gottheit. Das Ziel der tantrischen Verwirklichung wird bildhaft dargestellt in der sexuellen Vereinigung der beiden Gottheiten. In der aktuellen tantrischen Praxis wird der Yogi zur männlichen Gottheit (Hevajra) und die Yogini zur weiblichen Gottheit (Nairatmya), und die Verwirklichung wird bewerkstelligt durch ihre physische Vereinigung. Dies stellt die Basis des Hevajra Tantra dar - aber auch aller anderen Hauptwurzel Tantras.
Der Name "Hevajra" bedeutet die Hauptgottheit des Hevajra Sadhana. Die wichtigste Gottheit im Hevajra Mandala is Heruka. Wobei nicht wirklich unterschieden wird zwischen Heruka und Hevajra. Heruka wird sowohl alleine als auch zusammen mit seinem Prajna gehuldigt. In Yabyum (Vereinigung) wird er allgemein als "Hevajra" bezeichnet. In der Einheit mit seinem Prajna (Vajravarahi/Nairatmya) verkörpert er in sich den Ansatz des nicht-dualistischen Tantra.
Zur Bezeichnung “Tantra” gibt die Yogaratnamala folgende Abhandlung: Es werden drei Facetten genannt, nämlich die Facette der Quelle (Hetu Tantra), die Facette der Früchte (Phala Tantra) und die Facette der Mittel (Upaya Tantra). Die “Quelle” (Hetu) sind die Wesen, die zur Familie der Vajra gehören. Im Hevajra Tantra gehören die Mitglieder des Vajra zu den Charakteren des Dramas von Buddha (Buddhanataka). Ihre Dialoge sind das Vehikel, wodurch die Natur und die Mittel zur Erlangung der Erleuchtung der Buddhas offenbart werden. Die Früchte (Phala) sind jene, die die Vervollkommnung erfahren - Vajradhara in der Form des Hevajra. Die Mittel (Upaya) sind die Praxismethoden wie im Hevajra Tantra beschrieben.
Die Theorie besteht im Wesentlichen aus den Begriffen Sunyata und Karuna und der Herstellung von Bodhichitta. Die Praxis besteht aus der Visualisierung des Hevajra-Mandalas und Sadhana (erleuchtes Bewusstsein). Sowohl die Hauptgottheit, die Methode als auch die theoretische Basis werden mit demselben Namen belegt: Hevajra.
Es ist unmöglich, den Ursprung der Tantras zu datieren, da sie zunächst nur mündlich weitergegeben wurden, lange bevor es schriftliche Aufzeichnungen gab. Durch die historischen Belege, die von Taranath und Buston gebracht wurden, wird deutlich, dass die Gepflogenheiten um die vierundachtzig Mahasiddhas ebenso gut wie die Texte, die als Kommentare zu Hevajra Tantra geschrieben wurden, (nach Snellgrove) belegen, dass es Tantra in der heutigen Form bereits gegen Ende des 8. Jahhunderts gab. Auch Farrow und Menon kommen zu dem Schluss, dass es Tantra bereits zwischen dem 8. und 9. Jh. n. Chr. vor allem in den Regionen des heutigen Orissa, West Bengal oder Bihar gegeben hat.
Was die Urheberschaft anbelangt, so gibt es die Überzeugung, dass Buddha in der Form des Vajradhara der wirkliche Urheber des Tantra ist, und die menschlichen Autoren nur für die Verbreitung gesorgt haben. Zum Beweis wir der erste Vers des Tantra zitiert “Evam Maya Srutam" ("wie ich gehört habe"). Snellgrove behauptet, dass Saroruha und Kampala (der auch "Lva-va-pa" genannt wird) diesen Tantra beschrieben hat und stützt sich dabei auf Äußerungen von Taranatha selber in seiner “Geschichte des Buddhismus in Indien”.
Der Hevajra Tantra hat chinesische, tibetische, japanische und englische Versionen, die alle veröffentlicht wurden. Das Sanskrit Original umfasst in zwei Teilen unterteilt 750 Verse, obwohl Vajragarbha – der vermutlich erste Kommentator zu diesem Werk – in seiner Einleitung von der Kurzfassung spricht und behauptet dass das Original in 32 Teilen 500.000 Verse enthält. Auch die chinesische Version behauptet, dass diese Version nur zwei von ursprünglich 31 Teilen umfasst. Buston hingegen verweist in seiner Liste der verlorenen Teile auf eine Version des Tantra mit 100.000 Versen. Vajragarbha zitiert konstant und Naropa immerhin hin und wieder aus einer noch anderer Version, die Vajragarbha als Mula-Tantra mit 6000 Versen angibt.
Der heute zur Verfügung stehende Text des Hevajra Tantra besteht aus 83 Kapiteln wovon elf zum ersten Teil gehören und zwölf den zweiten Teil ausmachen. Die Abhandlung ist als Lehrgespräch zwischen Bhagavan (Buddha als Vajradhara) und seinem Schüler Vajragarbha gestaltet bzw. im zweiten Teil mehr als Diskurs zwischen Bhagavan und seinesgleichen. Die Gespräche vermitteln sowohl Theorie, Praxis und Erfahrungen mit dem Karma, wie die Vorgehensweisen der buddhistischen tantrischen Methode. Die Begleitkommentare Yogaratnamala und Muktavali erläutern die Bedeutung von Begriffen und vom Text. Anders als bei den Sutras gibt die Abhandlung keinen Aufschluss darüber, wo Buddha Vajragarbha und die späteren Yoginis unterrichten. Er beginnt den Diskurs unmittelbar mit einem Bodhisattva, Vajragarbha, und später werden die anderen Yoginis mit einbezogen. Sie stellen Fragen und die Antworten Buddhas verwundern oft sehr. Zu Beginn wird gleich klargestellt, dass Buddha sich in einer sexuellen Vereinigung mit seiner „Diamantfrau“ befindet und dass er aus diesem Status heraus, die verschiedenen Vorgehensweisen des Tantra und das Wesen des erleuchteten Bewusstseins erläutert.
Der Hevajra Tantra muss in einem weiteren Kontext gesehen werden: Er enthält Konzepte und Praktiken unterschiedlicher religiöser und sozialer Herkunft, die dann in der Vajrayana beschrieben werden. Asketische yogische Traditionen, schamanische Stammesrituale oder Fruchbarkeits-, Übergangs-, Initiations-, Krönungsriten oder die Verehrung von Vorfahren, Tempelgottheiten, Familiengottheiten, und auch die Beschreibung der Pilgerfahrten bereiten die Bühne für das Ausüben dieses Sadhanas. Sagar mönchische Ideale des Hinayana und Mahayana Buddhismus finden ihren Eingang in diesen Tantra. Sichtweisen und Methoden des Guhyasamaja Tantra sowie des Sarvatathagata tattvasamgraha haben das Zustandekommen der Abhandlung tiefgehend beeinflusst.
Siehe auch
- Dharmarutschi
- Meditation als Weg
- Von Tod und Wiedergeburt
- Schöpferische Freiheit
- Todesmelodie
- Hieroglyphen schreiben leicht gemacht
- Literatur kompakt
- La notte del mistero
- Hieroglyphen ohne Geheimnis
- Grimm trifft Grimm
- Das große Lexikon des Buddhismus
- Gendün
Literatur
- Buddhistische Legenden von Heinrich Zimmer, Insel Verlag Frankfurt am Main, 1985, 1. Auflage
- Heinz Bechert: Der Buddhismus I: Der indische Buddhismus und seine Verzweigungen. Kohlhammer, Stuttgart 2000. ISBN 3-17-015333-1.
- Heinz Bechert, R. Gombrich: Der Buddhismus: Geschichte und Gegenwart. 2. Auflage. Beck, München 2002. ISBN 3-406-42138-5.
- Bhikkhu Bodhi: In den Worten des Buddha. Verlag Beyerlein & Steinschulte, 2008. ISBN 9783931095789
- Edward Conze: Der Buddhismus: Wesen und Entwicklung. 10. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 1995. ISBN 3-17-013505-8.
- Hansjörg Pfister: Philosophische Einführung in den frühen Buddhismus. Verlag Reith & Pfister, Bötzingen 2004. ISBN 3-9805629-9-9.
- Helwig Schmidt-Glintzer: Die Reden des Buddha. dtv C. H. Beck, München 2005. ISBN 3-423-34242-0.
- Wilhelm K. Essler, Ulrich Mamat: Die Philosophie des Buddhismus. 1. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Dezember 2005. ISBN 3-534-17211-6.
- W. Rahula: Was der Buddha lehrt. 2. Auflage. Origo-Verlag, Bern 1982. ISBN 3-282-00038-3.
- Verena Reichle: Die Grundgedanken des Buddhismus. 11. Auflage. S. Fischer-Verlag, Frankfurt 2003. ISBN 3-596-12146-9.
- Hans W. Schumann: Handbuch Buddhismus: Die zentralen Lehren – Ursprung und Gegenwart. Diederichs, München 2000. ISBN 3-7205-2153-2.
- Hans W. Schumann: Der historische Buddha – Leben und Lehre des Gotama. Diederichs, München 2004. ISBN 3-89631-439-4.
- Gerhard Szczesny: Die eine Botschaft und die vielen Irrwege. Königshausen und Neumann, Würzburg 2004. ISBN 3-8260-2707-8.
- Volker Zotz: Geschichte der buddhistischen Philosophie. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1996. ISBN 3-499-55537-9.
- F.A.Z.-Hörbuch: Auf Siddhartas Spuren – Reisen zu den heiligen Stätten des Buddhismus. Frankfurt 2006. ISBN 3-89843-952-6.
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