Niedere Natur: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Niedere Natur''' - in der spirituellen Literatur Bezeichnung für die niedere Natur des Menschen. Oft ist mit "niedere Natur" gemeint das, was der [[Mensch]] mit dem [[Tier]] gemein hat, also Instinkte wie Überleben, Fortpflanzen, Kümmern um Nachwuchs, Zusammenleben, Nestbau, etc. Manchmal sind auch die [[Emotionen]] und [[Gefühle]] gemeint mit niedere Natur, wie z.B. [https://www.yoga-vidya.de/yoga-psychologie/einsatzbereiche/beschwerdebilder/angst/ Angst], [[Ärger]], [https://www.yoga-vidya.de/yoga-psychologie/einsatzbereiche/beschwerdebilder/depression/ Depression], [[Niedergeschlagenheit]], [[Eifersucht]], [[Neid]], [[Gier]]. Streben nach Geld, Anerkennung, Sinnesvergnügen, Macht etc. wird auch als niedere Natur gesehen. Höhere Natur ist dann das Streben nach spiritueller Entwicklung, [[Nächstenliebe]], Dienst an Gott und der Menschheit, [[Großzügigkeit]] etc.
'''Niedere Natur''' - in der spirituellen Literatur Bezeichnung für die niedere Natur des Menschen. Oft ist mit "niedere Natur" das gemeint, was der [[Mensch]] mit dem [[Tier]] gemein hat, also Instinkte wie Überleben, Fortpflanzen, Kümmern um Nachwuchs, Zusammenleben, Nestbau, etc. Manchmal sind auch die [[Emotionen]] und [[Gefühle]] gemeint mit niedere Natur, wie z.B. [https://www.yoga-vidya.de/yoga-psychologie/einsatzbereiche/beschwerdebilder/angst/ Angst], [[Ärger]], [https://www.yoga-vidya.de/yoga-psychologie/einsatzbereiche/beschwerdebilder/depression/ Depression], [[Niedergeschlagenheit]], [[Eifersucht]], [[Neid]], [[Gier]]. Streben nach [[Geld]], Anerkennung, Sinnesvergnügen, [[Macht]] etc. wird auch als niedere Natur gesehen. Höhere Natur ist dann das Streben nach spiritueller [[Entwicklung]], [[Nächstenliebe]], Dienst an [[Gott]] und der Menschheit, [[Großzügigkeit]] etc.


In der spirituellen Philosophie wird als niedere Natur das sichtbare Universum gesehen. Höhere Natur ist dann z.B. die Astralwelt oder auch Gott in seiner Gestalt als [[Viratsvarupa]], [[Ishvara]], [[Hiranyagarbha]] etc.  
In der spirituellen Philosophie wird als niedere Natur das sichtbare Universum gesehen. Höhere Natur ist dann z.B. die Astralwelt oder auch Gott in seiner Gestalt als [[Viratsvarupa]], [[Ishvara]], [[Hiranyagarbha]] etc.  
==Swami Sivananda über die Niedere Natur und wie sie transformiert werden kann==
[[Swami Sivananda]] schreibt in einigen seiner Bücher über die niedere Natur des Menschen und wie ein spiritueller [[Aspirant]] diese transformieren kann. Hier einige Auszüge aus seinen Werken:
Auch der kleinliche, hartnäckige [[Egoismus]], der im Menschen
lebt, bildet ein ernsthaftes [[Hindernis]] für die [[Meditation]]
auf dem [[Weg]] zum [[Selbst]]. Diese arrogante Selbstbestätigung
des kleinen Ich nährt oberflächliche [[Gedanke]]n und nimmt
Einfluss auf die gewohnten Wege des [[Gefühl]]s, des Charakters
und der [[Handlung]].
Ein solcher Egoismus kann schwerfällig und träge ([[tamas]]artig)
oder lebhaft und erregt ([[rajas]]-artig) sein. Er entwertet
oder verwischt die erhabene göttliche [[Sattva]]-Natur und verschleiert
die unsterbliche [[Seele]] ([[Atman]]), die aus eigenem Licht
erstrahlt.
Die niedere Natur muss von Grund auf erneuert und vollkommen
verändert werden. Geschieht dies nicht, so muss
jede geistige [[Erfahrung]] oder übernommene Kraft ohne Wert
bleiben. Besteht dieses kleine Ich, die menschliche Persönlichkeit,
darauf, ihr begrenztes, selbstsüchtiges, unedles, falsches
und unergiebiges Bewusstsein zu behalten, werden weder
[[Enthaltsamkeit]] ([[Tapas]]) noch geistige Schulung ([[Sadhana]])
Früchte tragen, und es wird sich erweisen, dass die [[Sehnsucht]]
nach Gott-Erfahrung nicht wirklich, sondern nur eitle [[Neugier]]
ist.
Der [[Schüler]] sagt wohl zum [[Meister]]: "Ich will [[Yoga]]
üben und [[Nirvikalpa Samadhi]] erlangen. Ich will zu deinen Füßen
bleiben.« Aber er wird trotzdem nicht seine niedere
Natur und seine alten [[Gewohnheit]]en ändern, sondern seine
eigenen Methoden bewahren, seinen Charakter, sein Benehmen,
seine gewohnten Grundsätze. Bleibt er dabei, ändert
sich seine niedere Natur in nichts, so wird er in der Geistigkeit
nicht um Haaresbreite vorankommen. Vorübergehende
und teilweise Erhebungen seiner kleinen, gewohnten Persönlichkeit,
flüchtige [[Inspiration]]en, kurze geistige Aufbrüche
ohne wirkliche und grundlegende Verwandlungen sind
von keinem praktischen Wert.
Eine Veränderung der niederen Natur ist nicht leicht, da Gewohnheiten stark verwurzelt
sind. Große [[Willenskraft]] ist notwendig, sonst wird der Schüler
sich der Macht der alten Gewohnheiten hilflos gegenüber
finden. Er muss vor allem versuchen, die eigene höhere Natur
(Sttva) durch regelmäßiges [[Japa]]m, durch Teilnahme an religiösen
Festen ([[Kirtana]]s), durch unermüdlichen, selbstlosen
[[Dienst]] und durch Umgang mit Weisen ([[Satsanga]]) zu entwickeln.
Er muss durch Innenschau seine [[Fehler]] und [[Schwäche]]n
herauszufinden suchen und sich der Führung eines [[Guru]]s
unterstellen, der seine schwachen Punkte erkennt und ihm
den geeigneten [[Weg]] zu ihrer [[Überwindung]] zeigt.
Stützt die niedere Natur, der alte Adam, sich hartnäckig und
anmaßend auf sein niederes Denken und Wollen, dann ist die
Sache äußerst ernst. Der Mensch sieht seine Fehler nicht ein,
wird ungestüm, undiszipliniert, arrogant und frech und setzt
sich über alle Regeln und [[Ordnung]]en hinweg.
Ein solcher Schüler hält an seinem alten Ich fest und wird
sich weder Gott noch seinem persönlichen Guru unterwerfen.
Er lehnt sich bei der geringsten Sache gegen Gott und die
[[Welt]] auf und wird niemals gehorchen. Nicht bereit, eine
geistige Unterweisung anzunehmen, ist er auch nicht bereit,
seine Fehler und Schwächen zuzugeben. Er hält sich für
[[sünde]]nlos und großer Taten fähig, obwohl er ein völlig
ungeordnetes [[Leben]] führt.
Der alte Adam gefällt sich in den gewohnten Formen der
niederen Natur. Er legt sich auf seine groben, egoistischen
Gedanken, [[Wunsch|Wünsche]], Einbildungen und Ansichten fest und
folgt ihnen. Er beansprucht das Recht, mit aller Kraft seines
Unernstes, seiner [[Unwissenheit]], seiner [[Selbstsucht]] in seinem
verkehrten niederen Dasein zu verharren und all diese [[Unreinheit]]en mit Wort, Handlung und Haltung zum Ausdruck
zu bringen. Er richtet mit Heftigkeit, verteidigt sich auf jede
Art und sucht seine alte Gewohnheit des Denkens, Sprechens
und Fühlens aufrechtzuerhalten.
Er behauptet das eine, tut das andere und sucht seine
falschen Ansichten anderen aufzuzwingen. Sind diese nicht
bereit, sie anzunehmen, kämpft er gegen sie. Sofort revoltiert
er und behauptet, dass nur seine Ansichten richtig und die
seiner Gegner ungerecht, unvernünftig, unerzogen seien. Er
versucht die anderen davon zu überzeugen, dass seine Meinungen
mit der [[Wissenschaft]] des Yoga übereinstimmen. Es
sind erstaunliche Wesen.
Würde der Schüler wirklich offen mit sich und ehrlich mit
seinem Guru sein, würde er sich ernsthaft zu bessern wünschen,
würde er damit beginnen, seine Dummheit und seine
Fehler zu erkennen und Verständnis für die wahre Ursache
und die Natur seines Widerstrebens aufzubringen, dann wäre
er bald auf dem rechten Weg, um sich zu bessern und zu
ändern. Statt dessen aber versteckt er den alten Adam und
seine teuflischen Gedanken hinter irgendeiner Rechtfertigung
oder Ausrede.
III.
Ein anmaßender und arroganter sadhuk sucht eine Position in
der Gesellschaft einzunehmen und seinen Nimbus in ihr zu
wahren. Er spielt den großen Yogi und gibt vor, übernatürliche
Kräfte zu besitzen. (Solche Fehler der Eitelkeit, Arroganz,
die in der Richtung des raja liegen, sind übrigens, wenn
auch in geringerem Ausmaß, in der Mehrzahl der Menschen
vorhanden.)
Ein solcher Schüler ist nicht guten Willens, seinem Guru
zu gehorchen oder Ältere und Vorgesetzte zu achten. Er folgt
nur seinen eigenen Ideen und Impulsen. Undiszipliniertheit
279
und Respektlosigkeit sind ihm gewohnheitsmäßig eingewurzelt.
Manchmal verspricht er, seinem Guru wieder gehorsam
zu werden, aber seine Handlungen stehen meist im
Gegensatz zu seinen Versprechungen. Ein solcher Mangel an
Disziplin ist ein ernstes Hindernis für die geistige Schulung
und ein schlechtes Beispiel für andere.
Wer ungehorsam ist und die Disziplin verletzt, wer nicht
ehrlich gegen seinen Guru ist und ihm sein Herz nicht öffnet,
wird die Wohltat seiner Hilfe nicht empfangen, in seinem
eigenen Sumpf stecken bleiben und keine Fortschritte machen.
Welch traurige Tatsache! Ein solcher Mensch kennt
sich nicht wirklich und macht einen schlechten Gebrauch von
seinem Verstand, indem er ihn verwendet, um seine verrückten
Handlungen zu rechtfertigen.
IV.
Hätte der Schüler nur ein biß ehen Gefühl für seine bemitleidenswerte
Lage, zeigte er nur ein wenig Besserung, wäre er
nur ein wenig aufnahmebereit, könnte er geändert werden
und auf dem Weg des Yoga voranschreiten. Andernfalls aber
kann ihm keiner Hilfe bringen.
Der Schüler sollte mit ganzem Wesen (sarva-bhava) der
Verwandlung seiner niederen Natur in die göttliche zustimmen
und sich ohne Vorbehalt dem Herrn oder seinem Guru
unterordnen. Seine Absicht muß dabei wahrhaftig, seine
Haltung beständig und seine Anstrengung ausdauernd sein.
Nur dann ist die Veränderung möglich. Einfache Gesten der
Zustimmung genügen nicht und werden niemals aus ihm
einen Übermenschen oder Yogi machen.
Yoga kann nur von dem geübt werden, der ihn ernst
nimmt und der bereit ist, sein kleines Ich und dessen Ansprüche
aufzugeben. Halbe Maßnahmen gibt es auf dem geistigen
Weg nicht. Ernste Disziplin der Sinne und des Bewußtseins,
280
strenge Enthaltsamkeit (tapas) und ununterbrochene Meditation
sind zur Selbstverwirklichung notwendig. Die feindlichen
Kräfte sind immer bereit, den Schüler zu überfallen,
wenn er nicht wachsam ist oder wenn er ihnen auch nur das
geringste Zugeständnis macht. Yoga kann nicht üben, wer
an sein altes Ich, an seine alten Gewohnheiten, an seine alte,
anmaßende und nicht verwandelte Natur gebunden bleibt.
Man kann nicht zwei Leben auf einmal führen. Reines,
göttliches Leben, das Leben des Yogi, ist nicht vereinbar mit
dem irdischen Leben der Leidenschaft und Unwissenheit.
Göttliches Leben kann sich nicht den irdischen Ordnungen
anpassen. Man muß sich vielmehr auf die höhere Ebene des
göttlichen Bewußtseins erheben. Man kann für sein kleinliches
Denken und sein enges Ich nicht die Freiheit der Handlung
beanspruchen, man kann nicht bei seinen eigenen Ideen,
Urteilen, Wünschen und Impulsen verharren, wenn man
Yogi werden will. Die niedere Natur, begleitet von Anmaßung,
Unwissenheit und Unruhe, hindert die göttliche Erleuchtung.
Es geht darum, ein ernsthafter, wahrer Schüler auf dem
geistigen Pfad zu werden und die niedere Natur zu töten,
indem man die höhere, göttliche entwickelt. Dazu ist es
notwendig, aufwärts zu streben, immer bereit, das göttliche
Licht zu empfangen, sich zu läutern und ein Weiser zu werden,
voll der göttlichen Kraft.
Möge der Segen der großen Yogi mit euch allen sein!


[[Kategorie:Raja Yoga]]
[[Kategorie:Raja Yoga]]

Version vom 11. Mai 2013, 15:39 Uhr

Niedere Natur - in der spirituellen Literatur Bezeichnung für die niedere Natur des Menschen. Oft ist mit "niedere Natur" das gemeint, was der Mensch mit dem Tier gemein hat, also Instinkte wie Überleben, Fortpflanzen, Kümmern um Nachwuchs, Zusammenleben, Nestbau, etc. Manchmal sind auch die Emotionen und Gefühle gemeint mit niedere Natur, wie z.B. Angst, Ärger, Depression, Niedergeschlagenheit, Eifersucht, Neid, Gier. Streben nach Geld, Anerkennung, Sinnesvergnügen, Macht etc. wird auch als niedere Natur gesehen. Höhere Natur ist dann das Streben nach spiritueller Entwicklung, Nächstenliebe, Dienst an Gott und der Menschheit, Großzügigkeit etc.

In der spirituellen Philosophie wird als niedere Natur das sichtbare Universum gesehen. Höhere Natur ist dann z.B. die Astralwelt oder auch Gott in seiner Gestalt als Viratsvarupa, Ishvara, Hiranyagarbha etc.

Swami Sivananda über die Niedere Natur und wie sie transformiert werden kann

Swami Sivananda schreibt in einigen seiner Bücher über die niedere Natur des Menschen und wie ein spiritueller Aspirant diese transformieren kann. Hier einige Auszüge aus seinen Werken:

Auch der kleinliche, hartnäckige Egoismus, der im Menschen lebt, bildet ein ernsthaftes Hindernis für die Meditation auf dem Weg zum Selbst. Diese arrogante Selbstbestätigung des kleinen Ich nährt oberflächliche Gedanken und nimmt Einfluss auf die gewohnten Wege des Gefühls, des Charakters und der Handlung.

Ein solcher Egoismus kann schwerfällig und träge (tamasartig) oder lebhaft und erregt (rajas-artig) sein. Er entwertet oder verwischt die erhabene göttliche Sattva-Natur und verschleiert die unsterbliche Seele (Atman), die aus eigenem Licht erstrahlt.

Die niedere Natur muss von Grund auf erneuert und vollkommen verändert werden. Geschieht dies nicht, so muss jede geistige Erfahrung oder übernommene Kraft ohne Wert bleiben. Besteht dieses kleine Ich, die menschliche Persönlichkeit, darauf, ihr begrenztes, selbstsüchtiges, unedles, falsches und unergiebiges Bewusstsein zu behalten, werden weder Enthaltsamkeit (Tapas) noch geistige Schulung (Sadhana) Früchte tragen, und es wird sich erweisen, dass die Sehnsucht nach Gott-Erfahrung nicht wirklich, sondern nur eitle Neugier ist.

Der Schüler sagt wohl zum Meister: "Ich will Yoga üben und Nirvikalpa Samadhi erlangen. Ich will zu deinen Füßen bleiben.« Aber er wird trotzdem nicht seine niedere Natur und seine alten Gewohnheiten ändern, sondern seine eigenen Methoden bewahren, seinen Charakter, sein Benehmen, seine gewohnten Grundsätze. Bleibt er dabei, ändert sich seine niedere Natur in nichts, so wird er in der Geistigkeit nicht um Haaresbreite vorankommen. Vorübergehende und teilweise Erhebungen seiner kleinen, gewohnten Persönlichkeit, flüchtige Inspirationen, kurze geistige Aufbrüche ohne wirkliche und grundlegende Verwandlungen sind von keinem praktischen Wert.

Eine Veränderung der niederen Natur ist nicht leicht, da Gewohnheiten stark verwurzelt sind. Große Willenskraft ist notwendig, sonst wird der Schüler sich der Macht der alten Gewohnheiten hilflos gegenüber finden. Er muss vor allem versuchen, die eigene höhere Natur (Sttva) durch regelmäßiges Japam, durch Teilnahme an religiösen Festen (Kirtanas), durch unermüdlichen, selbstlosen Dienst und durch Umgang mit Weisen (Satsanga) zu entwickeln. Er muss durch Innenschau seine Fehler und Schwächen herauszufinden suchen und sich der Führung eines Gurus unterstellen, der seine schwachen Punkte erkennt und ihm den geeigneten Weg zu ihrer Überwindung zeigt.

Stützt die niedere Natur, der alte Adam, sich hartnäckig und anmaßend auf sein niederes Denken und Wollen, dann ist die Sache äußerst ernst. Der Mensch sieht seine Fehler nicht ein, wird ungestüm, undiszipliniert, arrogant und frech und setzt sich über alle Regeln und Ordnungen hinweg.

Ein solcher Schüler hält an seinem alten Ich fest und wird sich weder Gott noch seinem persönlichen Guru unterwerfen. Er lehnt sich bei der geringsten Sache gegen Gott und die Welt auf und wird niemals gehorchen. Nicht bereit, eine geistige Unterweisung anzunehmen, ist er auch nicht bereit, seine Fehler und Schwächen zuzugeben. Er hält sich für sündenlos und großer Taten fähig, obwohl er ein völlig ungeordnetes Leben führt.

Der alte Adam gefällt sich in den gewohnten Formen der niederen Natur. Er legt sich auf seine groben, egoistischen Gedanken, Wünsche, Einbildungen und Ansichten fest und folgt ihnen. Er beansprucht das Recht, mit aller Kraft seines Unernstes, seiner Unwissenheit, seiner Selbstsucht in seinem verkehrten niederen Dasein zu verharren und all diese Unreinheiten mit Wort, Handlung und Haltung zum Ausdruck zu bringen. Er richtet mit Heftigkeit, verteidigt sich auf jede Art und sucht seine alte Gewohnheit des Denkens, Sprechens und Fühlens aufrechtzuerhalten.

Er behauptet das eine, tut das andere und sucht seine falschen Ansichten anderen aufzuzwingen. Sind diese nicht bereit, sie anzunehmen, kämpft er gegen sie. Sofort revoltiert er und behauptet, dass nur seine Ansichten richtig und die seiner Gegner ungerecht, unvernünftig, unerzogen seien. Er versucht die anderen davon zu überzeugen, dass seine Meinungen mit der Wissenschaft des Yoga übereinstimmen. Es sind erstaunliche Wesen.

Würde der Schüler wirklich offen mit sich und ehrlich mit seinem Guru sein, würde er sich ernsthaft zu bessern wünschen, würde er damit beginnen, seine Dummheit und seine Fehler zu erkennen und Verständnis für die wahre Ursache und die Natur seines Widerstrebens aufzubringen, dann wäre er bald auf dem rechten Weg, um sich zu bessern und zu ändern. Statt dessen aber versteckt er den alten Adam und seine teuflischen Gedanken hinter irgendeiner Rechtfertigung oder Ausrede. III. Ein anmaßender und arroganter sadhuk sucht eine Position in der Gesellschaft einzunehmen und seinen Nimbus in ihr zu wahren. Er spielt den großen Yogi und gibt vor, übernatürliche Kräfte zu besitzen. (Solche Fehler der Eitelkeit, Arroganz, die in der Richtung des raja liegen, sind übrigens, wenn auch in geringerem Ausmaß, in der Mehrzahl der Menschen vorhanden.) Ein solcher Schüler ist nicht guten Willens, seinem Guru zu gehorchen oder Ältere und Vorgesetzte zu achten. Er folgt nur seinen eigenen Ideen und Impulsen. Undiszipliniertheit 279 und Respektlosigkeit sind ihm gewohnheitsmäßig eingewurzelt. Manchmal verspricht er, seinem Guru wieder gehorsam zu werden, aber seine Handlungen stehen meist im Gegensatz zu seinen Versprechungen. Ein solcher Mangel an Disziplin ist ein ernstes Hindernis für die geistige Schulung und ein schlechtes Beispiel für andere. Wer ungehorsam ist und die Disziplin verletzt, wer nicht ehrlich gegen seinen Guru ist und ihm sein Herz nicht öffnet, wird die Wohltat seiner Hilfe nicht empfangen, in seinem eigenen Sumpf stecken bleiben und keine Fortschritte machen. Welch traurige Tatsache! Ein solcher Mensch kennt sich nicht wirklich und macht einen schlechten Gebrauch von seinem Verstand, indem er ihn verwendet, um seine verrückten Handlungen zu rechtfertigen. IV. Hätte der Schüler nur ein biß ehen Gefühl für seine bemitleidenswerte Lage, zeigte er nur ein wenig Besserung, wäre er nur ein wenig aufnahmebereit, könnte er geändert werden und auf dem Weg des Yoga voranschreiten. Andernfalls aber kann ihm keiner Hilfe bringen. Der Schüler sollte mit ganzem Wesen (sarva-bhava) der Verwandlung seiner niederen Natur in die göttliche zustimmen und sich ohne Vorbehalt dem Herrn oder seinem Guru unterordnen. Seine Absicht muß dabei wahrhaftig, seine Haltung beständig und seine Anstrengung ausdauernd sein. Nur dann ist die Veränderung möglich. Einfache Gesten der Zustimmung genügen nicht und werden niemals aus ihm einen Übermenschen oder Yogi machen. Yoga kann nur von dem geübt werden, der ihn ernst nimmt und der bereit ist, sein kleines Ich und dessen Ansprüche aufzugeben. Halbe Maßnahmen gibt es auf dem geistigen Weg nicht. Ernste Disziplin der Sinne und des Bewußtseins, 280 strenge Enthaltsamkeit (tapas) und ununterbrochene Meditation sind zur Selbstverwirklichung notwendig. Die feindlichen Kräfte sind immer bereit, den Schüler zu überfallen, wenn er nicht wachsam ist oder wenn er ihnen auch nur das geringste Zugeständnis macht. Yoga kann nicht üben, wer an sein altes Ich, an seine alten Gewohnheiten, an seine alte, anmaßende und nicht verwandelte Natur gebunden bleibt. Man kann nicht zwei Leben auf einmal führen. Reines, göttliches Leben, das Leben des Yogi, ist nicht vereinbar mit dem irdischen Leben der Leidenschaft und Unwissenheit. Göttliches Leben kann sich nicht den irdischen Ordnungen anpassen. Man muß sich vielmehr auf die höhere Ebene des göttlichen Bewußtseins erheben. Man kann für sein kleinliches Denken und sein enges Ich nicht die Freiheit der Handlung beanspruchen, man kann nicht bei seinen eigenen Ideen, Urteilen, Wünschen und Impulsen verharren, wenn man Yogi werden will. Die niedere Natur, begleitet von Anmaßung, Unwissenheit und Unruhe, hindert die göttliche Erleuchtung. Es geht darum, ein ernsthafter, wahrer Schüler auf dem geistigen Pfad zu werden und die niedere Natur zu töten, indem man die höhere, göttliche entwickelt. Dazu ist es notwendig, aufwärts zu streben, immer bereit, das göttliche Licht zu empfangen, sich zu läutern und ein Weiser zu werden, voll der göttlichen Kraft. Möge der Segen der großen Yogi mit euch allen sein!