Zurückziehen der Sinne
Zurückziehen der Sinne: Zurückziehen der Sinne gehört zu den wichtigen Yogaübungen. Die Sinne gehen nach draußen, wollen vieles genießen und erfahren. Sie wollen uns Informationen geben, damit wir unseren Alltag gestalten können.
Was bedeutet das Zurückziehen der Sinne
Es braucht eine Phase des Zurückziehens der Sinne. Das nennt sich auch Pratyahara, manchmal auch Indriya Pratyahara. Pratyahara heißt ja einfach zurückziehen, Zurückzug, Rückzug. Indriya sind die Sinne. Pratyahara ist also wörtlich nicht Zurückzug der Sinne, sondern nur Rückzug und Zurückziehen.
Wir wollen die Sinne, das Prana und die Gedanken zurückziehen, um so tief im Inneren Kraft zu bekommen. Wenn deine Sinne sehr nach außen gehen, wenn du zum Beispiel etwas hören, sehen oder kaufen willst, wenn du voller Tatendrang bist, kannst du überlegen, ob du das wirklich willst oder ob es an der Zeit wäre die Sinne zurückzuziehen.
Wenn du dich irgendwo ein bisschen müde oder ausgelaugt fühlst, dann ziehe die Sinne zurück. Bleibe einen Moment lang im Inneren, eventuell übe die Beobachtung Sakshi Bhav, Achtsamkeit, spüre, wie die Augen nach außen gehen und verschiedene Sinne etwas tun wollen. Beobachte es, lächle zu und langsam hören die Sinne auf. Dann richte die Sinne nach Innen. Werde dir bewusst, was du vielleicht innerlich siehst, wenn die Augen geschlossen sind. Werde dir bewusst, was du vielleicht innerlich hörst, wenn du keine äußeren Klänge hörst. Sei dir bewusst, was du vielleicht innerlich spürst, wenn du nicht mehr nach außen spürst.
Indem du so die Sinne zurückziehst, bereitest du dich auf die Meditation vor, regenerierst dich und bekommst neue Kraft, Gelassenheit und Gemütsruhe.
Video Zurückziehen der Sinne
Hier ein Vortragsvideo mit dem Thema Zurückziehen der Sinne :
Autor/Sprecher: Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, Seminarleiter zu den Themen Yoga und Meditation.
Zurückziehen der Sinne Audio Vortrag
Hier die Audiospur des oberen Videos zu Zurückziehen der Sinne :
Swami Sivananda über Pratyahara
- Auszug aus dem Buch "Der dreifache Yoga" von Swami Sivananda -
Was ist Pratyahara?
Pratyahara bedeutet, dass man die Sinne von ihren Gegenständen abzieht, also Abstraktion der Sinne. Das eigentliche geistige oder innere Leben beginnt, sobald der Yogaschüler in Pratyahara gefestigt ist. Pratyahara hindert das Bestreben der Sinne, sich ins Außen zu zerstreuen. Die erregten Sinne auch eines weisen Mannes, mag er noch so stark sein, lenken ungestüm seinen Geist ab. Diese Übung erfordert beträchtliche Geduld und Ausdauer. Sie ist eine Zuchtübung, welche die Sinne auf die Probe stellt. Die Sinne vermögen nichts ohne Mitwirkung des Geistes. Wenn man den Geist von den Sinnen ablösen kann, vollzieht sich die Abstraktion der Sinne ganz von selbst. Genau so, wie die Bienen fliegen, wenn die Königin fliegt, und still sitzen, wenn die Königin sich setzt, werden die Sinne gezügelt, sobald der Geist gezügelt wird. Pratyahara verhindert, dass die Sinne mit ihren Gegenständen in Berührung kommen, und bewirkt, dass sie dem Wesen des Geistes sich anpassen. Wenn die Sinne nicht beherrscht werden, kann der Yogaschüler keinen Erfolg haben. Die Abstraktion besteht darin, dass die Sinne völlig dem Geiste angepasst werden. Hieraus folgt dann die volle Meisterschaft über die Sinne. Beherrschung der Sinne bedeutet, dass der Geist nur auf einen einzigen Punkt gerichtet ist. Pratyahara hält die Sinne im Zaum.
Wie führt man Pratyahara aus?
Man übt sich, einen Sinn nach dem andern abzuziehen. Man fängt bei den turbulentesten an. Man zieht die Sinne sachte von ihren Gegenständen ab. Versucht man es heftig, bekommt man Kopfschmerzen. Man sondert den Geist von den Mittelpunkten ab und erlaubt ihm nicht, sich mit diesem zu vereinigen. Dann wird man mit Pratyahara Erfolg haben. Ziehe den Geist, Prana und die Sinne zurück. Das ist ein dreifaches Zurückziehen und sehr wirkungsvoll.
Wie eine Schildkröte ihre Glieder auf allen Seiten einzieht, so zieht auch der Yogaschüler alle seine Sinne von den Objekten der Sinne ab. Dann ist sein Verstehen wohl abgewogen. So wie ein wilder Sturm das Schiff herumwirft, so schleudern auch die verborgenen Begehrungen die schweifenden Sinne und den Geist heftig hin und her. Darum sei wachsam! Sei auf der Hut! Sei immer wachsam. Vernichte alle Begehrungen mit dem Schwert der Leidenschaftslosigkeit und der Axt der Unterscheidung. Während der Übung werden die Sinne immer wieder wie ein wilder Bulle gegen die Objekte anrennen. Ziehe sie immer wieder und wieder zurück!
Hilfen für Pratyahara
Auch die größten menschlichen Anstrengungen können einen vollkommenen Erfolg nicht sichern. Darum halte aus und bete. Nach der Pranayamaübung wird Pratyahara leicht. Pratyahara folgt automatisch auf die Pranayamaübung. Wenn du ganz leidenschaftslos bist, kannst du leicht Pratyahara üben. Leidenschaftslosigkeit ist der Feind der Sinne und der Freund von Pratyahara. Gute Hilfen für Pratyahara sind völliges Stillschweigen, mäßige Diät, Stetigkeit in der Haltung, Leidenschaftslosigkeit, regelmäßige Pranayamaübung, Geduld, Zufriedenheit, Ausdauer, Hartnäckigkeit, Keuschheit, Abgeschlossenheit. Pranayamaübung hungert die Sinne aus und bereitet den Yogaschüler für Pratyaharaübung vor. Unterscheidung des Wirklichen vom Unwirklichen hilft sehr viel zum Erfolg in Pratyahara.
Erfolg in Pratyahara hängt von der Stärke und Kraft früherer Yogaeindrücke ab. Wer schon in einer früheren Geburt Pranayama und Pratyahara in beachtlichem Ausmaße geübt hat, wird in dieser Geburt schon nach kurzer Zeit mit Pratyahara Erfolg haben. Ein Anfänger, der in dieser Geburt zum ersten Mal mit Yogaübungen beginnt und nicht über frühere Samskaras oder Eindrücke aus früheren Geburten verfügt, wird ziemlich lange Zeit brauchen, ehe er in Pratyahara endgültig Erfolg hat. Man kann selber aus eigener Erfahrung und aus dem Grad von Erfolg bei den Übungen in dieser Geburt wissen, ob man ein Neuling in Yoga oder Yoga Brashta (einer, der von Yoga abgefallen ist) ist. Pratyahara ist im Anfang unerfreulich. Später wird es aber sehr interessant. Wer in Pratyahara sicher geworden ist, kann auch an einem von Lärm erfüllten Ort gesammelt meditieren. Pratyahara entwickelt die Willenskraft und innere geistige Stärke. Nichts kann den Geist eines Menschen, der in Pratyahara sicher geworden ist, mehr zerstreuen. Wer in Pratyahara tüchtig ist, kann in dem Augenblick, wo er sich zu Bett legt, sofort in tiefen Schlaf sinken. Napoleon und Gandhi konnten es.
Hindernisse für Pratyahara
Unstetes Asana, zu viel reden, zu viel Verkehr mit weltlichen Leuten, zu viel Arbeit, zu viel Nahrung, zu viel Gehen, zu viel Neugier und sich um anderer Leute Angelegenheiten kümmern, sind Hindernisse für die Pratyaharaübung. Wenn die Leidenschaftslosigkeit schwindet und wenn Nachlässigkeit bei der Übung eintritt, können die Sinne wieder turbulent werden. Manche Yogaschüler üben Pratyahara drei Jahre lang und haben dennoch keinen wirklichen Erfolg, weil sie das Verlangen und Lauern der Begehrungen nicht völlig vernichtet haben. Sie geraten dadurch unter die Tyrannei eines sinnlichen Gegenstandes.
Raja Yoga Sadhana
Ein Bhakti oder ein Frommer übt Pratyahara nicht. Er schaut seinen Herren in allen Dingen. Ein Jnana Yogi übt auch Pratyahara nicht. Er versucht sich selbst mit dem in allen Dingen verborgenen Selbst zu vereinen, indem er alle Namen und Gestalten verneint. Ein Raja Yogi allein übt bewusst Pratyahara. Ein Yogaschüler, der sofort ohne Pratyahara in Meditationsübungen hineinspringt, wird keinen Erfolg beim Meditieren haben. Es ist schwierig zu sagen, wo Pratyahara endet und Dharana - Konzentration beginnt.
Fragen
- Was ist Pratyahara?
- Welche Bedeutung hat Pratyahara im geistigen Leben des Schülers?
- Wie führt man Pratyahara aus?
- Welche Hilfen und welche Hindernisse für Pratyahara gibt es?
Siehe auch
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