Naraka

Aus Yogawiki

Naraka (Sanskrit: naraka m.) Hölle; Unterwelt. Im Gesetzbuch des Manu, der Manu Smriti werden 21 Höllen aufgezählt.

Naraka

Man bekommt heutzutage des Öfteren zu hören, dass die Puranas sehr unglaubwürdige Schriften seien, und dass sie sich in grenzenlosen Übertreibungen ergehen über viele Dinge. Diese Kritiken besagen, dass die Puranas grobe Verallgemeinerungen beinhalten und den Leser auf absurd infantile Weise entweder zu locken, oder zu erschrecken versuchen, mit ihren grandiosen Beschreibungen der himmlischen Regionen und ihrer Freuden auf der einen bzw. mit ihren schrecklichen Bildern der Höllen-Feuer und ihrer Qualen auf der anderen Seite.

Es gehört nicht viel Geistesreichtum oder Weisheit dazu, etwas zu kritisieren. Es gehört zur eingeborenen Natur des menschlichen Geistes, Dinge einfach wahllos abzulehnen, ohne das Für und Wider einer Sache erwogen zu haben. Aber selbst solche negativ voreingenommenen Geister würden nach nur ein wenig Nachdenken zu der Einsicht gelangen, dass die weisen Autoren der Puranas ganz bestimmte Absichten damit verfolgt haben, über bestimmte Dinge auf gerade die Art und Weise zu schreiben, wie sie es taten. Sie haben ganz bewusst bestimmte Themen hervorgehoben und darauf Wert gelegt, diese möglichst eindringlich zu schildern, um damit die von ihnen gewünschte Wirkung zu erzielen.

Hinter diesen sehr plastischen und detaillierten Schilderungen der unterschiedlichen Karmas und ihrer Konsequenzen verbirgt sich eine sehr scharfsichtige Psychologie, vor dessen Hintergrund diese Beschreibungen durchaus einen praktischen Zweck erfüllen.

Solange die Selbstverwirklichung noch nicht erreicht, das Absolute Wissen noch nicht erlangt ist, besteht ständige Ebbe und Flut, ein Hin und Her zwischen dem Tier und dem Menschen, in jedem menschlichem Wesen. Das innere Tier oder der Grobian sind nie vollständig abwesend oder überwunden, außer durch die letztendliche Vergöttlichung des Individuums.

Solange es einen menschlichen Wesensanteil gibt, solange wird es daneben auch einen tierischen geben und mal behält der eine, mal der andere die Oberhand. Erst wenn der Jiva(die individuelle Seele) beide überwunden, sich transformiert und etabliert hat im dritten, bisher verborgenen Aspekt seiner Natur, nämlich im Göttlichen Aspekt,… erst dann wird er zum ‚Mriga Nara Atita‘ – zu einem, der sowohl die triebhaft-biologische, als auch die menschliche Begrenzung transformiert hat. Von da an gibt es nicht mehr dieses Tauziehen zwischen der tierischen und der menschlichen Natur, um die Vorherrschaft über das Feld des Jiva-Bewusstseins (individuelles Bewusstsein). Denn nun regiert der göttliche Kshetrajna ( “Kenner des Feldes”= das höhere Selbst) selbst souverän über das Kshetra.

Solange jedoch dieses Stadium noch nicht erreicht ist, beobachten wir, dass das Individuum sich im Ständigen Wechsel befindet zwischen dem Menschen und dem Tier, je nach dem, welche Vritti(Gedankenwelle) sich gerade seiner bemächtigt. So zeigt er sich in einem Augenblick edel, und im nächsten schäbig, er pendelt hin und her zwischen dem Erhabenem und dem Grotesken. Seine beiden unterschiedlichen Wesensaspekte reagieren auf die äußeren Stimuli auf ihre jeweilige charakteristische Weise.

In der Regel ist es so, dass nur eine bestimmte Art von äußerem Reiz ausreicht, die gewünschte Reaktion bei diesen zwei Aspekten der menschlichen Person auszulösen. Wir finden nämlich, dass auf Personen, die sich bereits bis zu einem gewissen Grad entwickelt und ein bestimmtes Maß an Sattva (Harmonie, Reinheit), an Verfeinerung und Kultiviertheit erreicht haben -, dass auf solche Menschen die groben, degenerierenden Impulse und Versuchungen keine Wirkung haben. Sie zeigen nur dann Wirkung, wenn die Person sich in einem seltenen Augenblick der Schwäche befindet, verursacht durch das plötzliche Wiedererwachen von alten, destruktiven Samskaras(Eindrücke im Unterbewusstsein).

Bei groben Naturen hingegen wirken solche Versuchungen sofort, und sie stürzen diese ins Chaos. Und umgekehrt haben edle Impulse sofortige Wirkung bei einer feinen Natur, werden jedoch überhaupt keinen Einfluss zeigen bei einer groben Person mit einer niederen und triebhaften Einstellung.

Darauf spielt das Marathi Sprichwort an: “Der Schuster verehrt Gott mit Schuhen", oder, nach einem gängigen tamilischen Sprichwort: „Ohne den Stock bringst du den Affen nicht zum Tanzen“. Dasselbe gilt auch für edle Gefühle, wie wir am einfachen Beispiel der übervorsichtigen Psychologie sehen können, die der berühmte Dr. Arnold, Leiter einer Rugby-Schule, bei seinen jungen Spielern angewandt hat, um an ihre höheren Instinkte zu appellieren.

Nicht weniger beachtenswert ist das historische Beispiel Marc Antons, der seine römischen Zuhörer durch seine Redekunst gekonnt überzeugt und provoziert, indem er zunächst durch subtiles Ansprechen ihrer menschlichen Seite ihr Mitgefühl weckt, um sie anschließend durch Appell an ihre starke, animalische Aggression in eine Extase der Rache und Mordlust hinein zu peitschen.

Dieser tiefe Einblick in die menschliche Natur und die bewundernswert durchdringende Philosophie ist die Grundlage der Idee von Hölle und Vergeltung in der Hindu-Religion der Puranas. Die Autoren wussten, dass nicht süßes Flöten den Büffel auf Trab bringt, sondern das Schwingen der Peitsche.

Wir alle wissen, was am Vorabend des Baus der großen Brücke nach Lanka geschah. Nach dem der Versuch misslungen war, den Gott des Ozeans durch Bitten zur Unterstützung zu überreden, wurde Rama ärgerlich und zog einen Pfeil aus seinem Köcher. Im nächsten Augenblick lag Sagara Raja (der Gott des Ozeans) zu Ramas Füßen und flehte mit gefalteten Händen um Gnade.

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So haben auch die puranischen Weisen, wenn sie einen Menschen zu edlen Taten, zum Streben nach Höherem und zu einem tugendhaften Benehmen anstacheln wollten, zunächst die strahlendsten Aussichten entworfen und die unzähligen Segnungen und den unbeschreiblichen Nutzen eines rechtschaffenen Lebens hoch gelobt. Hier versuchten sie, an die humane Seite des Menschen zu appellieren. Frönte der Mensch jedoch extremer Lasterhaftigkeit und grober Sinnlichkeit, dann wussten sie, dass Zimperlichkeit fehl am Platz war. Das innere Tier konnte nur durch eine klare und anschauliche Schilderung der zwangsläufigen Folgen seiner Handlung zur Vernunft gebracht werden. Hier müssen wir anmerken, dass sie dabei weder etwas übertrieben, noch Unwahrheiten erzählt haben, sehr wohl haben sie allerdings der Darstellung dieser Dinge eine besondere Wichtigkeit verliehen, in dem sie ihre anschauliche Darstellung in die Länge zogen und dabei keine Mühe scheuten. Dadurch haben sie den Jiva mit einem ganzen Aufgebot an schrecklichen Folgen konfrontiert, die unweigerlich aus den bösen Taten der Sünder entstehen würden. Sie schilderten bildhaft die verschiedenen Strafen, die auf die mutwilligen Übertreter von Moral und spirituellen Gesetzen warten. Sie verwiesen eindringlich auf frühere Beispiele von berüchtigten Übeltäter und ihrer Bestrafung, um diese Wahrheit zu belegen. Die Puranas wimmeln von den furchtbaren Beschreibungen der lebenslangen Qualen in niedrigen Mutterschößen, welche Menschen wie Nahusha, Jaya und Vijaya, oder der bekannte Gajendra und viele andere erlitten haben.

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