Sandhi: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 83: | Zeile 83: | ||
Innerhalb eines '''Kompositums''' und vor einem unmittelbar nachfolgenden '''stimmlosen Konsonanten''' wird [[Visarga]] verschieden ausgesprochen, jedoch nie als Echo des vorangehenden Vokals. Entscheidend für die Aussprache ist der nachfolgende Konsonant (Mitlaut, [[Vyanjana]]). | Innerhalb eines '''Kompositums''' und vor einem unmittelbar nachfolgenden '''stimmlosen Konsonanten''' wird [[Visarga]] verschieden ausgesprochen, jedoch nie als Echo des vorangehenden Vokals. Entscheidend für die Aussprache ist der nachfolgende Konsonant (Mitlaut, [[Vyanjana]]). | ||
*'''nachfolgender stimmloser Guttural''' ('''k''' bzw. '''kh'''): प्रातःकाल prāta'''ḥ-k'''āla "Morgenzeit" ([[Pratahkala]]) sprich prata'''ch-k'''ala (etwa wie in "Da'''ch-K'''ater"). Diese Aussprachevariante von | *'''nachfolgender stimmloser Guttural''' ('''k''' bzw. '''kh'''): प्रातःकाल prāta'''ḥ-k'''āla "Morgenzeit" ([[Pratahkala]]) sprich prata'''ch-k'''ala (etwa wie in "Da'''ch-K'''ater"). Diese Aussprachevariante von Visarga heißt [[Jihvamuliya]]. | ||
*'''nachfolgender stimmloser Labial''' ('''p''' bzw. '''ph'''): परः परः para'''ḥ p'''araḥ "jeder folgende" ([[Para]]) sprich: para'''fh-p'''ara'''h<sup>a</sup>''' (ähnlich einem "gehauchten" deutschen '''f''' bzw. einer Mischung aus '''f''' und '''h'''). Diese Aussprachevariante von | *'''nachfolgender stimmloser Labial''' ('''p''' bzw. '''ph'''): परः परः para'''ḥ p'''araḥ "jeder folgende" ([[Para]]) sprich: para'''fh-p'''ara'''h<sup>a</sup>''' (ähnlich einem "gehauchten" deutschen '''f''' bzw. einer Mischung aus '''f''' und '''h'''). Diese Aussprachevariante von Visarga heißt [[Upadhmaniya]]. | ||
Folgt auf ursprünglichen [[Visarga]] ein '''stimmloser Palatal''', '''Zerebral''' oder '''Dental''', dann wird Visarga in Schreibung und Lautung in den '''entsprechenden Sibilanten''' (Zischlaut, [[Ushman]] ) umgewandelt ('''ś''', '''ṣ''' bzw. '''s'''): | Folgt auf ursprünglichen [[Visarga]] ein '''stimmloser Palatal''', '''Zerebral''' oder '''Dental''', dann wird Visarga in Schreibung und Lautung in den '''entsprechenden Sibilanten''' (Zischlaut, [[Ushman]] ) umgewandelt ('''ś''', '''ṣ''' bzw. '''s'''): |
Version vom 27. Februar 2015, 13:35 Uhr
Sandhi (Sanskrit: सन्धि sandhi m.) Verbindung, Vereinigung; Übereinstimmung, Übereinkunft; Friede, Bündnis; Zwischenraum, Zwischenzeit; Fuge, Gelenk; Horizont; Übergangszeit zwischen Tag und Nacht, Dämmerung.
Sandhi in der altindischen Grammatik (Vyakarana)
In der altindischen Grammatik (Vyakarana) und Phonetik (Shiksha) bezeichnet der Begriff Sandhi die Veränderungen von Lauten bei ihrem Aufeinandertreffen innerhalb von Wörtern (interner Sandhi) und Sätzen (externer Sandhi) und somit die sogenannten euphonischen Regeln oder Wohllautregeln. Diese Regeln sind sehr umfangreich und sollen hier nur auszugsweise vorgestellt werden.
Beispielsweise verändert sich die Endung -as des Sanskritwortes Namas "Gruß, Verbeugung" je nach der Art des nachfolgenden Lautes wie folgt:
- नमस्ते namas te (-as + t-) "Verehrung (sei) dir"
- नमो ऽस्तु ते namo 'stu te (-as + astu; das a von astu fällt hier aus, was man als Elision bezeichnet) "Verehrung sei dir"
- ॐ नमः शिवाय oṃ namaḥ śivāya (-as + ś-) "Om Verehrung sei Shiva" (sprich namaś śivāya)
Die Verbindung von End- und Anfangsvokalen
Ein weiterer Aspekt des Sandhi ist das Verschmelzen von End- und Anfangsvokal zweier aufeinanderfolgender Wörter, was besonders in zusammengesetzten Substantiven (Komposita) deutlich wird. So verschmelzen bspw.:
- a/ā und a/ā zu ā: prāṇa ("Atem") + āyāma ("Kontrolle, Lenkung") >> prāṇāyāma (Pranayama) "Atemkontrolle"
- a/ā und i/ī zu e: gaṇa ("Schaar") + īśa ("Herr") >> gaṇeśa "Ganesha, der elefantenköpfige Gott"
- a/ā und u/ū zu o: paścima ("Westen, Rücken") + uttāna ("Ausdehnung") + āsana ("Sitz, Stellung") >> paścimottānāsana "Zange (Pashchimottanasana), d.h. eine Vorbeuge mit geschlossenen gestreckten Beinen im Sitzen"
- a/ā und ṛ zu ar: sapta "sieben" + ṛṣi "Seher" >> saptarṣi (Saptarshi) "die sieben Rishis"; mahā "groß" + ṛṣi "Seher" >> maharṣi (Maharshi) "großer Rishi"
Ausnahmen
Das Nichtbeachten der Regeln des Sandhi, wie es häufig in der Rezitation des Veda vorkommt, wenn zwei Vokale aufeinandertreffen, wird als Pragrihya bezeichnet.
In der Rezitation des Veda erfordert das Versmaß (Metrum, Chhandas) häufig eine vom regulären Sandhi abweichende Aussprache: so wird bspw. die Pragrihya-Form अमी अत्र a-mī a-tra ("diese hier") viersilbig ausgesprochen, wogegen die reguläre Form अम्यत्र am-ya-tra dreisilbig ausgesprochen wird.
Die Verbindung von End- und Anfangskonsonanten
Zusammentreffen gleichartiger Konsonanten
Treffen gleichartige, d.h. entweder zwei stimmlose (z.B. k, t, p) oder zwei stimmhafte (z.B. g, d, b) Konsonanten aufeinander, so behalten sie ihre Stimmlosigkeit bzw. Stimmhaftigkeit bei:
- stimmhaft: tad "das, dieses" + bhava "Ursprung" >> tad-bhava (Tadbhava) "dieses zum Ursprung habend"
Zusammentreffen ungleichartiger Konsonanten
Treffen ungleichartige Konsonanten, d.h. stimmlose und stimmhafte Konsonanten aufeinander, so wird der vorangehende dem folgenden Konsonanten angeglichen:
- tad "das, dieses" (d stimmhaft) + sama "gleich" (s stimmlos) >> tat-sama (Tatsama) "diesem gleich" (nun beide Konsonanten stimmlos)
- sat "gut" (t stimmlos) + bhāva "Gesinnung" (bh stimmhaft) >> sad-bhāva (Sadbhava) "eine gute Gesinnung" (nun beide Konsonanten stimmhaft)
Zusammentreffen von Dentalen und Palatalen
Treffen Dentale (t usw.) und Palatale (c usw.) aufeinander, so wird der Dental dem Palatal angeglichen ("assimiliert"):
- sat "gut" + carita "Wandel" (Charita) >> sac-carita "ein guter Wandel" (Sachcharita)
- sat "gut" + jana "Mensch" >> saj-jana "ein guter Mensch" (Sajjana)
- tad "das, dieses" + jña "kennend" >> taj-jña "dieses kennend" (Tajjna)
Visarga
Visarga bezeichnet den in der Devanagarischrift durch einen Doppelpunkt ( : ) dargestellten, in der Transliteration durch ḥ gekennzeichneten Hauchlaut, der im Alphabet als अः aḥ wiedergegeben wird.
Visarga steht nur am Wort- bzw. Satzende und in einigen zusammengesetzten Substantiven (Kompositum, Samasa). In einer Reihe von regelmäßigen Fällen wird Visarga in einen Zischlaut (Sibilant, Ushman) bzw. in seine Aussprachevarianten Jihvamuliya und Upadhmaniya umgewandelt.
Visarga im absoluten Auslaut
Steht Visarga am Satzende oder nach einem einzelnen Wort, d.h. im absoluten Auslaut, wird er als ein Hauchlaut ausgesprochen, der den vorangehenden Vokal (Selbstlaut, Svara) wie ein schwaches Echo wiederholt, z. B.:
- नमः namaḥ sprich namaha "die Verehrung" (Namas, Nominativ Sg. n.)
- कृतिः kṛtiḥ sprich kritihi "das Werk" (Kriti, Nominativ Sg. f.)
- गुरुः guruḥ sprich guruhu "der Lehrer" (Guru, Nominativ Sg. m.)
Visarga im Kompositum und vor nachfolgendem stimmlosen Konsonant
Innerhalb eines Kompositums und vor einem unmittelbar nachfolgenden stimmlosen Konsonanten wird Visarga verschieden ausgesprochen, jedoch nie als Echo des vorangehenden Vokals. Entscheidend für die Aussprache ist der nachfolgende Konsonant (Mitlaut, Vyanjana).
- nachfolgender stimmloser Guttural (k bzw. kh): प्रातःकाल prātaḥ-kāla "Morgenzeit" (Pratahkala) sprich pratach-kala (etwa wie in "Dach-Kater"). Diese Aussprachevariante von Visarga heißt Jihvamuliya.
- nachfolgender stimmloser Labial (p bzw. ph): परः परः paraḥ paraḥ "jeder folgende" (Para) sprich: parafh-paraha (ähnlich einem "gehauchten" deutschen f bzw. einer Mischung aus f und h). Diese Aussprachevariante von Visarga heißt Upadhmaniya.
Folgt auf ursprünglichen Visarga ein stimmloser Palatal, Zerebral oder Dental, dann wird Visarga in Schreibung und Lautung in den entsprechenden Sibilanten (Zischlaut, Ushman ) umgewandelt (ś, ṣ bzw. s):
- nachfolgender stimmloser Palatal (c bzw. ch): उदितश्चन्द्रः uditaś candraḥ "der aufgegangene (Udita) Mond (Chandra)" (siehe auch das folgende Beispiel)
- nachfolgender stimmloser Zerebral bzw. Retroflex (ṭ bzw. ṭh): कुठारैष्टङ्कैश्च kuṭhāraiṣ ṭaṅkaiś ca "Mit Äxten (Kuthara) und Brecheisen (Tanka)"
- nachfolgender Sibilant (Zischlaut, Ushman) (ś, ṣ bzw. s): es wird Visarga geschrieben, dieser in der Aussprache jedoch dem nachfolgenden Zischlaut angegelichen (assimiliert):
- नमः शिवाय namaḥ śivāya "Verehrung (Namas) sei Shiva" sprich namaś śivāya, wobei die beiden ś ś zu einem langen ś zusammengezogen werden.
- तस्याः षष्टिहायनायाः tasyāḥ ṣaṣṭihāyanāyāḥ "dieser Sechzigjährigen" (Shashti-Hayana, Genitiv Plural) sprich tasyāṣ ṣaṣṭihāyanāyāḥ
- निःसार niḥsāra "saftlos" (Nihsara) sprich nissāra
Visarga vor nachfolgendem stimmhaften Konsonant
Vor einem unmittelbar nachfolgenden stimmhaften Konsonanten wird Visarga wiederum verschieden behandelt. Er fällt entweder ganz aus, wird in ein /r/ umgewandelt oder ergibt zusammen mit einem vorausgehenden kurzen a ein o:
- nach langem ā fällt Visarga aus: ता मालाः tāḥ mālāḥ "diese Kränze (Mala)" aus tāḥ + mālāḥ
- nach i, ī, u, ū, e, ai, o und au wird Visarga in ein r umgewandelt: मधुर्गन्धः madhur gandhaḥ "ein lieblicher (Madhu) Duft (Gandha)" aus madhuḥ + gandhaḥ; कवेर्वाक् kaver vāk "des Dichters (Kavi) Stimme (Vach)" aus kaveḥ + vāk usw.
- ein kurzes a wird zusammen mit folgendem Visarga (bzw. ursprünglichem s) zu o: पुरुषो गतः puruṣo gataḥ "der Mann (Purusha) ist gegangen (Gata)" aus puruṣaḥ + gataḥ; नमो गणेशाय namo gaṇeśāya "Verehrung (Namas) sei Ganesha" aus namas + gaṇeśāya
Visarga vor nachfolgendem Vokal
Vor einem unmittelbar nachfolgenden Vokal verhält sich Visarga so wie vor einem stimmhaften Konsonanten, d.h. es fällt entweder ganz aus, wird in ein r umgewandelt oder ergibt zusammen mit einem vorausgehenden kurzen a ein o, nach welchem ein anlautendes a wiederum ausfällt:
- nach langem ā fällt Visarga aus: पादा अश्वस्य pādā aśvasya "die Füße (Pada) des Pferdes (Ashva)" aus pādāḥ + aśvasya
- nach kurzem a fällt Visarga aus, wenn ein anderer Vokal als ein kurzes a folgt: बान्धव आगतः bāndhava āgataḥ "der Freund (Bandhava) ist gekommen (Agata)" aus bāndhavaḥ + āgataḥ; सूर्य उष्णः sūrya uṣṇaḥ "die Sonne (Surya) ist heiß (Ushna)" aus sūryaḥ + uṣṇaḥ
- ein kurzes a wird zusammen mit folgendem Visarga (bzw. ursprünglichem s) zu o, wenn ein kurzes a folgt, welches wiederum in der Aussprache ausfällt (Elision) und graphisch durch ऽ bzw. Apostroph ( ' ) dargestellt wird: नमो ऽस्तु ते namo 'stu te "Verehrung (Namas) sei (astu) dir (te)" aus namas + astu + te
- nach i, ī, u, ū, e, ai, o und au wird Visarga in ein r umgewandelt: प्रवृत्तिरुत्पन्ना pravṛttir utpannā "eine Handlung (Pravritti), die entstanden (Utpanna) ist" aus pravṛttiḥ utpannā; गुरुरागतः gurur āgataḥ "der Meister (Guru) ist gekommen (Agata)" aus guruḥ āgataḥ; सिद्धैरुक्तम् siddhair uktam "von Vollkommenen (Siddha) gesagt (Ukta)" aus siddhaiḥ uktam usw.