Atmasamyama

Aus Yogawiki

Atmasamyama (Sanskrit: आत्मसंयम, ātmasamyama, m.) bedeutet wörtlich „Selbstbeherrschung“ oder „Zentrierung im Selbst“ und beschreibt den Zustand, in dem das Bewusstsein natürlich in der Wirklichkeit des Selbst (Ātman) ruht. Dieser Zustand wird im Yoga und Vedanta als eine der höchsten Stufen spiritueller Entwicklung angesehen – die Vereinigung von Geist, Herz und Seele im reinen Bewusstsein des Seins.

In Selbst verankert ist dein Geist rein wie ein Kristall

Atmasamyama – die Kunst, im Selbst verankert zu sein

Sanskrit: आत्मसंयम (Ātmasamyama)
Bedeutung: Ātma = Selbst, Seele; Samyama = Sammlung, Beherrschung, Konzentration
Übersetzung: „Zustand der vollkommenen Sammlung des Selbst“ oder „Selbstzentrierung im wahren Sein“

Atmasamyama bezeichnet in der yogischen und vedantischen Tradition den Zustand vollkommener innerer Ruhe, in dem der Mensch nicht mehr vom äußeren Geschehen beeinflusst wird, sondern im eigenen Selbst, dem reinen Bewusstsein (Atman), zentriert bleibt.

Dieser Zustand wird nicht durch äußere Disziplin allein erreicht, sondern durch tiefe Meditation, Achtsamkeit und das Erkennen der inneren Wahrheit. Atmasamyama ist das Ziel jeder Yoga-Praxis – die Verankerung des Geistes im Unvergänglichen.

„Wer Atmasamyama verwirklicht hat, ruht im Selbst und bleibt unerschütterlich – in Freude und Schmerz, in Erfolg und Misserfolg.“Bhagavad Gita 6.7

Philosophische Bedeutung von Atmasamyama

Im Vedanta wird das menschliche Bewusstsein als oft zerstreut beschrieben – hin- und hergerissen zwischen Wünschen, Gedanken und Emotionen. Atmasamyama ist der Zustand, in dem diese Zerstreuung endet und das Bewusstsein ganz natürlich im Selbst (Ātman) ruht – frei von Ablenkung und Dualität.

Das bedeutet:

Der Yogi erkennt, dass er nicht Körper, Geist oder Emotionen ist, sondern das unveränderliche, ewige Bewusstsein, das all dies wahrnimmt. In diesem Bewusstseinszustand hört das Schwanken des Geistes auf, und eine tiefe, stille Freude – Ananda – entsteht.

„Atmasamyama ist die vollkommene Harmonie zwischen Denken, Fühlen und Sein.“

Atmasamyama in der Bhagavad Gita

Die Bhagavad Gita (Kapitel 6) lehrt den Weg des Dhyana Yoga (Yoga der Meditation) und beschreibt Atmasamyama als die Verwirklichung innerer Ruhe, in der das Selbst durch nichts mehr gestört wird.

Krishna sagt zu Arjuna:

„Wenn der Geist durch Übung (abhyasa) und Loslösung (vairagya) gebändigt ist, ruht er im Selbst – dies ist Atmasamyama.“ – Bhagavad Gita 6.35

Hier wird klar: Atmasamyama entsteht durch ständige Praxis (Sadhana), durch Bewusstseinslenkung und durch die Fähigkeit, Gedanken zur Ruhe zu bringen. Es ist kein erzwungener Zustand, sondern eine natürliche Folge von Achtsamkeit, Hingabe und Erkenntnis.

Atmasamyama im Yoga – Verbindung zu Samyama bei Patanjali

Im Yoga Sutra von Patanjali (Kap. III) wird Samyama als die Kombination von Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Verschmelzung) beschrieben. Atmasamyama ist die Anwendung dieses Prinzips auf das eigene Selbst – die vollkommene Meditation auf Atman, das wahre, göttliche Wesen in uns.

In diesem Zustand:

  • ist der Geist ruhig wie ein klarer See,
  • das Denken durchdrungen von Bewusstheit,
  • und das Herz erfüllt von göttlicher Gegenwart.
„Wenn Dharana, Dhyana und Samadhi eins werden – entsteht Atmasamyama, die höchste Meditation auf das Selbst.“

Der Weg zur Erfahrung von Atmasamyama

1. Achtsamkeit und Selbstbeobachtung (Viveka)
2. Meditation auf das Selbst
  • Richte deinen Geist in der Meditation auf das Gefühl von Ich bin.
  • Lass Gedanken und Sinneseindrücke los,
  • bis nur das Bewusstsein selbst bleibt – rein, klar und unbewegt.
3. Pranayama – Atem als Brücke zur Sammlung
  • Der ruhige Atem beruhigt den Geist.
  • Übe sanftes Anuloma Viloma (Wechselatmung) oder Bhramari (Bienensummen),
  • um innere Stille und Gleichgewicht zu fördern.
4. Hingabe (Bhakti)
  • Überlasse dein Tun, Denken und Fühlen dem Göttlichen.
  • Bhakti reinigt das Herz und öffnet den Weg zu Atmasamyama –
  • dem Zustand göttlicher Gelassenheit.
5. Gleichmut im Alltag (Samatvam)
  • Übe, in allen Situationen gelassen zu bleiben.
  • Erkenne, dass Freude und Leid, Lob und Tadel nur Wellen im Ozean des Bewusstseins sind.

Atmasamyama als natürliche Folge der Selbsterkenntnis

Atmasamyama ist kein angestrebter Endzustand, sondern das natürliche Ergebnis der inneren Reifung. Wenn das Ego, die Identifikation mit Körper und Gedanken, aufhört, leuchtet das Selbst von selbst auf – still, klar und unerschütterlich.

Dieser Zustand wird von Weisen als „Sahaja Samadhi“, der natürliche, spontane Zustand der Selbstverwirklichung, beschrieben.

„Atmasamyama ist, wenn der Geist still und das Herz weit ist – wenn alles Tun aus der Ruhe des Selbst geschieht.“

Spirituelle Bedeutung – Das Erwachen zur wahren Identität

Im Zustand von Atmasamyama erkennt der Mensch: Er ist nicht der Handelnde, sondern das Bewusstsein, in dem alles geschieht. Dies ist die höchste Form der Freiheit (Moksha), in der das Leben selbst zur Meditation wird.

„Atmasamyama ist die Krönung aller Yogawege – die Vereinigung von Erkenntnis, Liebe und Handlung im Licht des Selbst.“

Fazit: Atmasamyama – das stille Zentrum der Seele

Atmasamyama ist die Meisterschaft über den Geist, die Zentrierung im unerschütterlichen Selbst und die Erfahrung reiner Bewusstheit. Wer Atmasamyama verwirklicht, lebt in innerem Frieden, unabhängig von äußeren Umständen – frei, klar und voller Licht.

„Atmasamyama ist nicht das Ende des Weges – es ist das Erwachen in das, was du immer schon warst."