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Version vom 23. November 2021, 20:26 Uhr
Asmita (Sanskrit: अस्मिता asmitā f.) wörtl: 'Ich-bin-heit' (Skt. asmi 'ich bin'), Ichheit, Ichgefühl, Ichverhaftung, Identifikation mit dem Ich, Ego-Gefühl; einer der fünf Kleshas (Ursachen des Leidens). Der Mensch lebt in der tatsächlichen Identifikation mit seinem Körper, seinen Gedanken, Gefühlen und Fähigkeiten, letztendlich seinem Leben: "So bin ich, das bin ich."
Es gibt Identifikationen verschiedener Grade. Zunächst haben wir einen Körper, einen Geist, eine Psyche, außerdem Fähigkeiten und Neigungen, mit denen wir uns identifizieren. Das ist eine Identifikation ersten Grades. Dazu gehören die eher positiven Identifikationen mit einem erfolgreichen Beruf, mit einem herausragenden Intellekt, künstlerischen Fähigkeiten und Ähnlichem.
Nun identifizieren wir uns aber nicht nur mit dem Körper, dem Geist und unseren Fähigkeiten, wie sie wirklich sind, sondern wir haben ein Bild davon, wie unser Körper, unser Geist, unsere Fähigkeiten und Neigungen, kurz unsere Persönlichkeit, sind. Das ist eine Identifikation zweiten Grades.
Es gibt auch noch andere Identifikationen. Denn manche Menschen halten sich für unfähig, glauben, dass sie kaum etwas können und identifizieren sich damit. Sie mögen es, eher einfache Sachen zu tun. Und sie haben Angst vor vielen Aufgaben und vor Kritik. Sie wollen aber nicht, dass andere von ihren Unfähigkeiten etwas merken. Und sie möchten gerne, dass andere sie in einer bedeutenden Situation respektieren. Sie haben Angst davor, die anderen könnten herausfinden, dass sie eigentlich wenig können oder glauben, wenig zu können.
Immer wenn wir im Leben in einer bestimmten Situation sind, in der man zum Beispiel traurig, niedergeschlagen oder verärgert ist, dann ist die Ursache die Identifikation mit irgendetwas. Irgendwo hat man sein Selbst vergessen (Avidya), und sich mit etwas identifiziert, was man nicht wirklich ist (Asmita). Irgendwie hat man daraus ein Mögen (Raga) und Nicht-Mögen (Dvesha) gemacht und Angst (Abhinivesha) entwickelt, etwas zu verlieren oder nicht zu können.
Die Yoga Sutras von Patanjali
वितर्कविचारानन्दास्मितारूपानुगमात्सम्प्रज्ञातः ||1.17||
vitarka-vicārānandāsmitā-rūpānugamāt samprajñātaḥ ||1.17||
Wenn (das Zur-Ruhe-Kommen, Nirodha) mit Hilfe von Nachdenken (Vitarka), prüfender Überlegung (Vichara), Seligkeit (Ananda) oder Ichbewusstsein (Asmita) erlangt wird, führt es zu (verschiedenen Arten) der Versenkung (Samadhi), die mit Erkenntnis verbunden ist (Samprajnata).
दृग्दर्शनशक्त्योरेकात्मतेवास्मिता ||2.6||
dṛg-darśana-śaktyor ekātmatevāsmitā ||2.6||
Ichverhaftung (Asmita) ist die (fälschliche) Identifikation der Kraft (Shakti) der reinen Schau (Drish) mit der Kraft des geistigen Reflektierens (Darshana).
Anm.: Die Kraft (śakti) der reinen Schau (dṛg) bezieht sich hier auf den Purusha bzw. Drashtri, die Kraft des geistigen Reflektierens (darśana) auf die Buddhi ("Intelligenz"), die erste Schöpfung der Prakriti.
Sukadev über Asmita
Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Asmita
Asmita ist ein Sanskrit-Wort und Asmita heißt "Ich-Bin-Heit", Egoismus. Asmita kommt von "Asmi" und Asmi heißt "ich bin". Vielleicht hast du schon von "Aham Brahmasmi" gehört. Asmi – "ich bin" oder "bin", und Aham heißt "ich", Brahman – dieses Absolute. "Aham Brahmasmi. - Ich bin das Absolute". Asmi, also "ich bin". Die "Ich-Bin-Heit" heißt, man identifiziert sich mit etwas. Und Asmita gilt deshalb auch als eine der fünf Kleshas. Kleshas sind leidverursachende Verhaftungen, Ursachen von Leiden. Die fünf Ursachen von Leiden, die fünf Kleshas, sind: Avidya – Unwissenheit - Unwissenheit darüber, wer du wirklich bist. Asmita, das heißt "die Ich-Haftigkeit", "das Ego", "der Egoismus", das heißt, du identifizierst dich mit deinem Körper, mit deiner Psyche, mit deinem Charakter, mit deinem Besitz. Aus Asmita kommt dann Raga und Dvesha. Raga heißt Mögen, Dvesha heißt Nicht-Mögen, Raga heißt Wunsch, Dvesha heißt Abneigung, und daraus folgt dann Abhinivesha – Anhaftung, bzw. auch Furcht vor dem Tod.
Die zweite Ursache für Leiden ist also Asmita, die Ich-Haftigkeit. Und es gilt, Asmita zu überwinden. Zunächst mal ist es immer wieder gut, dass du feststellst, womit du dich identifizierst. Du merkst: "Ich identifiziere mich mit meinem Körper." Wenn du dir große Sorgen um deinen Körper machst und dich dabei um dich selbst sorgst, dann hast du Asmita auf den Körper. Wenn du dich um deinen Ruf sorgst, dann hast du Asmita bezüglich deines Rufes. Wenn du dich um deinen Besitz sorgst, dann hast du Asmita in Bezug auf deinen Besitz. Wenn du dich ganz besonders sorgst um den einen oder anderen Menschen, hast du dich vielleicht sogar mit dem Menschen identifiziert.
Wenn du zur höchsten Freude und höchsten Erkenntnis kommen willst, gilt es, die fünf Kleshas zu überwinden, und es gilt auch, Asmita zu überwinden. Auf eine gewisse Weise kann man sagen, alle Yogawege helfen auch dazu, Asmita, die Ich-Haftigkeit, zu überwinden. Im Jnana Yoga fragst du dich: "Wer bin ich?" Und du lernst, dich zu lösen von all dem, was beobachtbar ist. Im Raja Yoga lernst du, über Beherrschung von Raga und Dwesha, also von Mögen und Nicht-Mögen, letztlich auch, dein Asmita zu überwinden. Und auch über die Einstellung eines Beobachters kannst du Asmita überwinden. Im Bhakti Yoga sagst du: "Oh Gott, du bist alles. Dein Wille geschehe. Nicht mein Wille geschehe, dein Wille geschehe. Mein Körper ist der Tempel von dir, meine Psyche ist letztlich Teil von dir."
Indem du sagst: "alles ist Gott", ist kein Asmita mehr da oder Asmita wird sehr durchlässig. Durch Karma Yoga beseitigst du Asmita. Im Karma Yoga dienst du und willst anderen helfen, dadurch überwindest du Asmita, die Ich-Haftigkeit. Auch im Kundalini Yoga und im Hatha Yoga überwindest du Asmita. Indem du alle Spannungen beseitigst im Hatha Yoga, und das Körperbewusstsein überwindest, und sogar die Psyche überwindest, indem du höhere Bewusstseinsebenen erreichst, bist du über Asmita hinaus. Ebenso im Kundalini Yoga, wenn du die höchsten Chakras erreichst, gehst du auch über Asmita hinaus.
Asmita अस्मिता asmitā Aussprache
Hier kannst du hören, wie das Sanskritwort Asmita, अस्मिता, asmitā ausgesprochen wird:
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Siehe auch
Literatur
- Die Yoga-Weisheit des Patanjali für Menschen von Heute von Sukadev Bretz. Petersberg 2005. ISBN 3-928632-81-7
- Patañjali: Das Yogasutra; aus dem Sanskrit von R. Sriram, Stuttgart 2006. ISBN 3-7831-9525-5
- Patañjali: Die Wurzeln des Yoga; aus dem Englischen von B. Bäumer; 2007. ISBN 3-502-61116-5
- T.K.V. Desikachar: Über Freiheit und Meditation – Das Yoga Sutra des Patanjali. Petersburg: Verlag Via Nova (1997)
- Swami Durgananda: Yoga-Sutren des Patanjali. Lautersheim: Mangalam Books (2003). ISBN 3-922477-79-8
- Swami Prabhavananda & Christopher Isherwood: Gotterkenntnis – Die Yoga-Sutras des Patanjali. Berlin: Ullstein Verlag (1998)
- Karl-Otto Schmidt: Selbsterkenntnis durch Yoga-Praxis, Patanjali und die Yoga-Sutren. Hammelburg: Drei Eichen Verlag (2009).
- R. Sriram: Yogasutra. Theseus-Verlag (2006). ISBN 3-89620-292-8
Weblinks
- Yoga Sutra Sanskrit (Umschrift) und Deutsch mit Kommentar von Sukadev Bretz
- Patanjala-Yoga-Sutram sanskrit/ deutsch
- Yogasutra von Patañjali auf deutsch
- PDF des Yogasutra Sanskrit-Englisch
- Kommentar von Sukadev Bretz zu den Raja Yoga Sutras von Patanjali
- Raja Yoga Sutra von Patanjali
- "Yoga Sutras" aus Göttliche Erkenntnis von Swami Sivananda
- Patanjali, Yoga-Sutra, 1-32
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