Gesetz der abnehmenden Erträge
Das Gesetz der abnehmenden Erträge ist zunächst ein Gesetz, das in der Sportmedizin, insbesondere für den Leistungssport postuliert wurde. Es besagt, dass wenn man ein gleiches Training regelmäßig absolviert, wird die Leistungssteigerung im Lauf der Monate und Jahre immer weniger werden. Auf Hatha Yoga bezogen heißt das, wer jeden Tag mit der gleichen Intensität seine Yoga Übungen absolviert, wird irgendwann in Flexibilität, Kraft, Ausdauer und Koordination keine Fortschritte mehr machen. Allerdings ist es, vom Standpunkt der Gesundheit aus, auch nicht notwendig, immer flexibler, stärker und ausdauernder zu werden. Ein gewisser Level reicht für Gesundheit aus.
Optimaler Gesundheitssport und das Gesetz der abnehmenden Erträge
- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2020 -
Darüber möchte ich heute sprechen.
Dies ist ein Text aus der Reihe „Yoga als optimaler Gesundheitssport“.
Sport ist gesund. Das weiß man. Viele empirischen Untersuchungen zeigen das. Muskelkrafttraining ist gesund. Flexibilitätstraining ist gesund. Koordinationstraining ist gesund. Ausdauertraining ist gesund. Und am besten man trainiert alles.
Wieviel Training ist hilfreich?
Aber wie viel sollte man trainieren? Und wie weit sollte man diese körperlichen Fähigkeiten entwickeln? Das ist sowohl wichtig für den Breitensport, für den Gesundheitssport. Es ist auch wichtig für das Yoga.
Und hier gibt es das so genannte Gesetz der abnehmenden Erträge. Und das Gesetz der abnehmenden Erträge gilt in zweierlei Richtungen.
- 1. Das erste ist je mehr man trainiert um so weniger wird man die betreffende Fertigkeit noch weiter ausbauen können.
- 2. Und zweitens ein Ausbau von Fertigkeiten ist nur bis zu einem gewissen Grad gesundheitlich auch tatsächlich hilfreich.
Beispiel Flexibilitätstraining
Nehmen wir die Flexibilität. Angenommen jemand hat seit Jahren kein Flexibilitätstraining gemacht, kein Stretching oder Gymnastik, ist also ziemlich steif geworden. Wenn man die Flexibilität etwas stärkt gibt es einen enormen Nutzen. Also schon etwas mehr die Flexibilität zu haben ist enorm hilfreich gegen Rückenprobleme und Gelenkprobleme und vieles andere.
Oder angenommen jemand ist Schreibtischtäter, macht kaum flotte Spaziergänge, geht kaum an die frische Luft. Wer ein oder zwei mal ca. dreißig Minuten etwas flotter wandert, der hat enorme Wirkung davon. Die Blutfettwerte werden sich verbessern. Der Psyche wird es besser gehen und vieles andere.
Wenn aber jetzt dieser Mensch einmal die Woche etwas macht dann hat das einiges an Wirkung. Angenommen er macht jetzt drei mal die Woche etwas, dann ist da auch noch eine sehr gute Steigerung. Jetzt aber angenommen er macht sechs mal die Woche etwas, das ist noch etwas besser als drei mal die Woche aber nur noch geringfügig besser.
Wie oft für gesundheitliche Wirkungen praktizieren?
Und jetzt angenommen er macht es zwei mal am Tag dann kann es sogar sein das es vom Standpunkt der Gesundheit nicht mehr so gut ist. Je nach Trainingsart kann es sein das es entweder keinen zusätzlichen Nutzen bringt. Es kann aber auch ins Übertraining kommen und dann zu bestimmten Schwierigkeiten führen.
Oder genau so: angenommen jemand macht ein oder zwei mal Dehnübungen, zum Beispiel im Yoga die Woche. Hat er einmal die Woche enorme Vorteile, zwei mal die Woche auch noch weitere Vorteile, drei mal die Woche noch weitere Vorteile. Wenn er es jeden Tag macht ist es immer noch etwas besser als vorher aber nicht wesentlich mehr als bei drei mal die Woche.
Und dann wenn er zwei mal am Tag Yoga macht wird es von der Gesundheit her keinen zusätzlichen, positiven Nutzen haben und das obgleich wir zwei mal am Tag Hatha Yoga anbieten und die Menschen sich gut fühlen.
Und vom Prana her und von dem Gefühl her ist es tatsächlich gut zwei mal am Tag zu üben. Aber von der Gesundheitswirkung her reicht auch ein mal am Tag.
Und wir könnten sagen wie auch viele empirische Studien nahelegen von null auf einmal die Woche Yoga zu kommen hat die größte Gesundheits-Verbesserung zur Folge. Aber drei mal die Woche noch mal spürbar, sechs mal die Woche ein Stück mehr. Aber der Gewinn ist nicht mehr so viel mehr.
Zuviel Krafttraining kann die Verletzungsrate steigern
Gut, oder auch mit Kraft. Angenommen jemand hat kein Krafttraining gemacht. Er profitiert ungemein davon, die Stärke etwas zu erhöhen. Wenn er mehr macht auch noch besser. Aber ab einem gewissen Grad der Stärkeentwicklung ist ein zusätzlicher Kraftgewinn gesundheitlich irrelevant. Es kann sogar sein das man ein Training braucht, um die Kraft noch weiter zu entwickeln, was für manche Körperteile ins Übertraining führt und die Verletzungsrate steigert oder auch zu Problemen führt.
Da gilt das Gesetz der abnehmenden Erträge und es ist sogar gut wenn du einmal die Woche Yoga übst. Und wenn du Yoga unterrichtest ist es schon gut wenn du deine Teilnehmenden dazu motivierst einmal die Woche zum Yoga zu kommen.
Yoga entwickelt alle körperlichen Fertigkeiten
Wenn du sie dazu motivierst zwei bis drei mal die Woche Yoga zu üben umso besser. Natürlich psychisch noch besser ist täglich zu machen. Vom Standpunkt der körperlichen Gesundheit ist körperlich nicht so viel mehr als drei mal die Woche für die meisten Menschen.
Das sage ich obgleich ich jeden Tag mein Yoga übe, jeden Tag eine halbe Stunde Asanas, dreißig bis vierzig Minuten Pranayama, zusätzlich eins bis zwei mal am Tag Tiefenentspannung, eins, zwei mal am Tag meditieren.
Ich spreche jetzt erst mal vom Gesundheitsstandpunkt aus. Und das heißt auch Yoga entwickelt alle körperlichen Fertigkeiten grundsätzlich ist es erst mal ausreichend, wenn du die Übungen bewusst machst. Du wirst zwar durch Krafttraining und Hanteltraining und Maschinentraining deine Muskelkraft stärker entwickeln können als durch Yoga. Aber Yoga wird deine Muskelkraft in ausreichendem Maße fördern wenn du eben auch anstrengende Yogaübungen machst.
Oder man könnte auch sagen Marathon Training wird zwar deine Ausdauer stärker entwickeln als Pranayama und Sonnengruß aber durch Pranayama und Sonnengruß wirst du auch ausreichend deine Ausdauer entwickeln, so das es gesund ist für das Herz-Kreislauf-System.
Aber du solltest dann darauf achten das du mindestens ein bis zwei mal die Woche ausreichend Sonnengebete machst. Und natürlich kannst du zusätzlich zum Yoga auch noch Ausdauertraining ergänzen.
Also das Gesetz der abnehmenden Erträge besagt etwas bringt schon eine ganze Menge. Etwas mehr bringt auch noch viel. Aber ab einem gewissen Grad ist für die Gesundheit nicht mehr so viel raus zu holen.
Yoga hat Auswirkungen auf die Lebensenergie
Jetzt könnte man natürlich die Frage stellen und warum wollen wir im Yoga noch weiter gehen, als eine ausreichende Flexibilität, eine ausreichende Koordination? Theoretisch ist es ausreichend wenn du in der Vorwärtsbeuge den Boden berühren kannst. Theoretisch ist es ausreichend wenn du zwölf mal Sonnengruß machen kannst. Theoretisch ist es ausreichend wenn du usw.
Warum machen wir mehr? Wir müssen nicht mehr machen aber wir machen gerne mehr. Wir machen mehr aus anderen Gründen. Yoga hat auch Auswirkungen auf das Prana, die Lebensenergie. Yoga hat Wirkungen auf die Chakras, Energiezentren. Yoga hat Auswirkungen auf die Psyche. Und wenn wir häufiger und intensiver Yoga machen können wir in transzendente Bewusstseinsebenen hinein gehen. Wir wollen ja letztlich in in höhere Bewusstseinsebenen kommen. Und hinzu kommt manchen Menschen macht es einfach Spaß fortgeschrittene Übungen zu machen.
Und tatsächlich hat das ein tolles Gefühl wenn man auf dem Rücken liegend die Füße hinter dem Kopf faltet, die Unterarme um die Oberschenkel und Kniekehlen herum gibt, die Hände hinter dem Rücken faltet. Ist einfach ein irres Gefühl. Wenn du darin eine Minute bist ist das eine besondere Erfahrung.
Wenn du jetzt in die fortgeschritteneren Asanas hinein kommst und dabei nicht das natürliche Talent dazu hast dann gibt es noch einmal das Gesetz der abnehmenden Erträge auf einer anderen Ebene. Was besagt: Die gleiche Trainingsform intensiver oder häufiger gibt weniger zusätzliche Erträge als am Anfang.
Also angenommen du hältst die Vorwärtsbeuge 10 Sekunden, dann hat sie eine gewisse Wirkung. Angenommen du hältst sie eine Minute lang dann hat sie eine größere Wirkung. Angenommen du hältst sie drei Minuten, dann hat sie auch noch eine größere Wirkung aber nur eine geringfügig größere Wirkung im Sinne der Flexibilität, als sie eine Minute zu halten.
Und wenn du sie dann zehn Minuten oder eine Stunde hältst mag es noch einmal eine geringe zusätzliche Wirkung geben für die Flexibilität aber nicht mehr sehr viel. Wenn du also in der Vorwärtsbeugen-Flexibilität voran kommen willst, du musst es nicht wollen aber wenn du es willst, dann wirst du irgendwie etwas anderes machen müssen. Dann reicht die Paschimottanasana nicht aus. Dann musst du vielleicht den Spagat machen, den auf dem Rücken liegenden Spagat oder du brauchst jemanden, der dich nach vorne schiebt, zum Beispiel deine Yogalehrerin oder du übst mit jemand anderem oder du übst mal die Halbe Vorwärtsbeuge, Einbeinige Vorwärtsbeuge usw.
Oder wenn du in die Rückwärtsbeuge weiter gehen willst dann probiere verschiedene Rückwärtsbeugen aus. Oder nutze mal einen bestimmten Zeitraum lang das Konzept der Superkompensation, das heißt übe zwei mal am Tag.
Das heißt also wenn du wirklich voran kommen willst über einen bestimmtes Level dann musst du nicht nur die gleiche Sache häufiger machen oder die gleiche Sache immer weiter machen, sondern irgend wann musst du dein Training intensivieren, anders machen und vielleicht Seminare besuchen um voran zu kommen. Aber muss man wirklich immer weiter Fortschritte machen? Nein, muss man nicht.
Es gibt einen bestimmten Level, der ausreicht für Gesundheit und viele Menschen, die langfristig Yoga machen bleiben bei diesem Level und sind zufrieden.
Aber es gibt die Hatha Yoga Spezialisten, die gerne alle diese Asanas üben wollen, vielleicht auch einen Körper haben, der das kann und dann muss man eben unterschiedliche Reize setzen mit unterschiedlichen Übungen arbeiten, unterschiedliche Asanas mal machen, mal allein, mal mit Hilfe, mal länger halten, mal kürzer halten, mal Zwischenübungen machen, mal nur die Grundstellungen, usw.
Und angenommen du besuchst bei Yoga Vidya regelmäßig Asana Intensiv Seminare, wirst du feststellen das du so gute Fortschritte machst durch unterschiedliche Weisen in den Asanas voran zu kommen.
Zusammenfassung
Gesetz der abnehmen Erträge in zwei Richtungen wichtig. Erstens, körperliche Fähigkeiten zu entwickeln ist gut. Aber der Gesundheitsgewinn ist ab einem gewissen Grad nicht mehr sehr groß.
Zweitens, wenn du körperliche Fähigkeiten entwickeln willst wird die gleiche Übung irgendwann dich nicht weiter führen, musst du auf andere Weise üben und andere Übungen einfügen.
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Und wenn du mal ein Asana Intensiv Seminar mit machen willst, fünf Tage oder sieben Tage Asana Intensiv üben willst oder ein Wochenende dann schaue doch mal nach auf den Yoga Vidya Internetseiten bei unseren Seminaren.
Wenn dich das Thema Yoga und Sport noch mehr interessiert dann besuche doch mal ein Wochenende zum Thema Hatha Yoga und Sport. Auch das findest du auf unserer Seminar Seite.
Video - Gesetz der abnehmenden Erträge im Sport und Yoga
Hier ein Vortrag zum Thema Gesetz der abnehmenden Erträge im Sport von und mit Sukadev Bretz aus der Reihe Yoga Vidya Schulung, Vorträge zum ganzheitlichen Yoga.
Siehe auch
- Hyperkompensation
- Superkompensation
- Hypertrophie
- psychosomatische Funktionsaktualisierung
- Anatomie
- Physiologie
Literatur
- Sukadev Bretz: Das Yoga Vidya Asana-Buch
- Yoga Vidya: Das große Yoga Vidya Hatha Yoga Buch
- Swami Vishnudevananda:Das große illustrierte Yoga Buch
Seminare
Hatha Yoga
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