Muskelkrafttraining

Aus Yogawiki

Muskelkrafttraining ist das Training der Kraft der Muskeln mittels sportlicher Übungen. Man unterscheidet Maximalkrafttraining, Muskeldickentraining, Kraftausdauertraining und andere Trainingsformen. Yoga, insbesondere Hatha Yoga, kann auch so geübt werden, dass Muskelkrafttraining dabei enthalten ist. Hier erfährst du:

  • Was ist Muskelkraft?
  • Wozu ist es wichtig, Muskelkraft zu entwickeln?
  • Wie sehen gute Trainingsreize aus für die Entwicklung von Muskelkraft?
  • Wie lange ist die Regenerationszeit beim Muskelkrafttraining?
  • Was heißt das für die Übung des Yoga?

Yoga als optimales Muskel- und Krafttraining

- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2020 -

  • Warum ist Yoga Muskelkrafttraining
  • und wie kannst du deine Yogapraxis so optimieren, dass du wirklich alle deine Muskeln in ihrer Kraft stärkst?

Dies ist ein Vortrag aus der Reihe „Yoga als optimaler Gesundheitssport“. Sport- im Sinne von Gesundheitssport- will vier Fähigkeiten des Menschen trainieren:

In einem anderen Vortrag habe ich erklärt, warum Yoga als Ausdauersport gut ist und wie eine Yogapraxis beschaffen sein sollte um ein Herz Kreislauf Training zu bewirken, was das Charakteristikum des Ausdauersportes ist.

Heute geht es um Muskelkrafttraining. Dazu möchte ich folgende Fragen besprechen:

1. Was ist Muskelkraft?
2. Wozu ist es gut Muskelkraft zu entwickeln?
3. Was ist ein optimaler Trainingsreiz für Muskelkraft?
4. Wie lange dauert die Regenerationszeit?
5. Welche Anpassungsleistungen werden dadurch erzielt?
6. Was heißt das für die Übungen des Yogas?

Was ist Muskelkraft?

Definition: „Die Fähigkeit des Muskels sich gegen einen Widerstand zusammen zuziehen“. Zum Beispiel: Der M. Biceps brachii beschreibt welches Gewicht ich mit meinem Arm aus der Ellbeuge heben und senken könnte. Physiologisch bedeutet das, der Muskel hat Ursprung und Ansatz an zwei verschiedenen Knochen und geht über ein Gelenk hinweg. Er setzt über Sehnen am Knochen an. Eine Bindegewebshülle, Faszie genannt, umgibt den ganzen Muskel, sowie die kleineren Muskelfaserbündel.

Die Kraft eines Muskels wird von den Muskelzellen, insbesondere der Muskelfasern bestimmt. Die Muskelfasern sind einzelne längliche Zellen, ob diese sich im Laufe des Lebens beziehungsweise im Erwachsenenalter in der Anzahl vermehren können wird diskutiert. Entscheidend ist die Dicke der Muskelfaser, da dann mehr Myofibrillen in der Muskelfaser eingelagert sind.

Ein zweiter Bestandteil der Muskelkraft ist bedingt durch die Nervenfasern. Ein Muskel wird durch einen Nerv innerviert. Dieser überträgt den Impuls des Gehirns über den Rückenmarkskanal an den Muskel. Dieser zieht sich daraufhin zusammen oder entspannt sich. Eine verbesserte Innervierung des Muskels führt dazu, dass mehr Muskelfasern gleichzeitig angespannt werden und dadurch mehr Muskelkraft entsteht. Nicht alle Muskelfasern werden gleichmäßig von Nervenfasern durchdrungen, dadurch bekommen manche Muskelfasern den Primärimpuls und die benachbarten Muskelfasern ziehen sich dann auch zusammen (Sekundärimpuls). Wenn mehr Muskelfasern gleichzeitig den Impuls zur Kontraktion (Zusammenziehen) bekommen ist die Kraft stärker.

Der dritte, die Muskelkraft beeinflussende Faktor ist die Kapillarisierung des Muskels, das heißt je mehr Blutgefäße den Muskel versorgen, desto besser kann er seine Kraft und vor allem seine Ausdauer entwickeln. Die Muskelkraft wird also von der Anzahl der Muskelzellen - ab dem Teenageralter evtl. nicht mehr beeinflussbar -, der Anzahl der Myofibrillen der Muskelfaser - dies kann man durch Training beeinflussen -, die Innervierung des Muskels - ebenfalls beeinflussbar und die Kapillarisierung des Muskels beeinflusst.

Wozu ist es gut Muskelkraft zu entwickeln?

In erster Linie braucht man Muskelkraft im Alltag - Töpfe heben, Möbel tragen, sich bewegen..., daneben tragen starke Muskeln zu einem starken Selbstbewusstsein bei, Muskelkrafttraining ist also auch gut für die Psyche. Menschen mit psychischen Problemen, wie Depressivität, Burnout, Angststörungen oder mangelndes Selbstbewusstsein profitieren vom Krafttraining.

Man könnte also sagen, stärkere Muskeln bilden eine stärkere Psyche. Starke Muskeln halten auch die Gelenke gesund. Viele Gelenkerkrankungen treten eher auf wenn die Muskulatur koordinativ schwach ist und somit das Gelenk nicht ausreichend stabilisieren kann. Menschen mit koordinierten trainierten Muskeln leiden weniger unter Rheuma, Arthritis und Arthrose. So ist eine der wichtigsten Präventionsmaßnahmen gegen Rückenschmerzen starke Bauchmuskeln, Rücken- und Gesäßmuskeln.

Zur Vorbeugung von Knieproblemen sind starke Oberschenkelmuskeln wichtig, für die Handgelenke starke Unterarme, bei Schulterproblemen eine ausgeglichene Brust- und Schultergürtel- bzw. Rückenmuskulatur usw. Um also Beschwerden der Gelenke vorzubeugen beziehungsweise zu verbessern sind starke und koordinativ trainierte Muskeln wichtig.

Ausreichend starke Muskeln sind ebenfalls wichtig für die Blutwerte. Vorbeugend helfen sie gegen Diabetes Mellitus, Arteriosklerose und Fettleibigkeit. Muskulatur verbrennt im Ruhezustand mehr Energie als Fett und hilft so gegen Fettleibigkeit. Zudem muss Fettleibigkeit bei gleichzeitiger ausreichender Muskelkraft und gutem Herz-Kreislauf-System - Ausdauer - nicht unbedingt schädlich sein. Oftmals machen sich Menschen zu viel Sorgen um ihr Gewicht und zu wenig Sorgen ob sie Muskelkraft und Herz-Kreislauf trainieren.

Durch Muskelkrafttraining gelangen Nährstoffe in das Zwischenzellgewebe. Muskelkrafttraining verbraucht und erneuert die Nährstoffe im Zwischenzellgewebe. So gesunden Menschen mit einem Bandscheibenvorfall zum Beispiel schneller wenn sie Rückentraining machen. Ebenso heilen Verletzungen in Knie- oder Sprunggelenken besser wenn man Krafttraining macht, da über dieses Nährstoffe ins Zwischenzellgewebe kommt, so dass auch die Strukturen die nicht direkt durchblutet werden besser heilen können.

In den 80igern/ 90igern hieß es, dass Ausdauersport am wichtigsten sei, in den 2000ern wurde das Krafttraining für wichtiger befunden, momentan geht man davon aus, dass alle vier Trainingsformen wichtig sind.

Welche Arten von Krafttraining gibt es?

Zunächst einmal kann man zwei Arten von Muskelübungen unterscheiden, dynamische und statische isometrische Übungen. Dynamisches Training heißt eine Bewegung gegen einen Widerstand auszuführen, zum Beispiel eine Hantel nach oben und unten bewegen. Statisches Training heißt einen Widerstand, zum Beispiel die Hantel zu halten ohne dass der Arm sich dabei bewegt, also ohne dass die Muskellänge sich verändert. Liegestütze mit senken und heben des Brustkorbes ist ein dynamisches Training, wenn man die Arme dagegen in einer Position hält ist es statisches Training.

Auf welche Art trainiere ich beim Yoga?

Beim Hatha Yoga trainiert man sicherlich mehr statisch als dynamisch. Vorteile des statischen Trainings zeigen sich in einer kürzeren Regenerationszeit und in weniger Training um die Muskelkraft zu stärken. Ein weiterer Vorteil ist die anschließende Muskelentspannung, wie nach dem Muskelentspannunggesetz: „Ein Muskel der mindestens fünf Sekunden angespannt wurde kann anschließend gut entspannen.“ .

Das dynamische Training hingegen verbessert deine Koordination, Flexibiltät und wirkt sich effektiver auf deine Leistungen aus. Für den Freizeitbereich gilt, dass beide Trainingsarten ok sind. Da es im Yoga eigenständige Dehn- und Koordinationsübungen gibt können wir uns auf das statische Training konzentrieren.

Was ist der optimale Trainingsreiz im Krafttraining?

Ob statisches oder dynamisches Training, allgemein gilt: ein intensiver, kurzer Trainingsreiz ist besonders effektiv. Beim dynamischen Training sollte man ein Gewicht so wählen, dass man 8-12 Wiederholungen bis zum Muskelversagen ausführen kann. Im Fitness Studio wird Muskelversagen manchmal so definiert, dass du selbst wenn dir jemand eine Million Euro bietet, du das Gewicht kein weiteres mal heben kannst. Um schnell an Kraft zu gewinnen solltest du das Gewicht also so wählen, dass die Wiederholungen bis zum Muskelversagen oder bis zu einer Wiederholung vor dem Muskelversagen führen. Beim statischen Training hingegen wird schon nach 5-6 Sekunden eine Trainingswirkung erzeugt, als optimal gelten 20 – 30 Sekunden.

Wie lange ist die Regenerationszeit beim Krafttraining?

Die Regenerationszeit beim Krafttraining ist besonders lange. Regenerationszeit heißt, dass du in dieser Zeit ein intensives Krafttraining nicht machen solltest weil in dieser Zeit der Körper sich regeneriert. Nach einem Training bis zur Muskelerschöpfung dauert die Regenerationszeit typischerweise zwei bis drei Tage. Du machst also schneller Fortschritte wenn du zweimal die Woche eine bestimmte Muskelgruppe trainierst wie wenn du täglich trainierst. Tägliches Krafttraining der gleichen Muskelgruppen erhöht zum einen die Verletzungsgefahr, zum Beispiel von einem Muskelriss und mindert deutlich die Effektivität.

Dabei kann einmal die Woche ausreichen um die Leistung zu steigern, zweimal die Woche ist der optimale Trainingsreiz. Dynamisches Training - eventuell bis zum Muskelversagen - ist der effektivste Trainingsreiz. Damit verkürzt du ebenfalls die Regenerationszeit auf vielleicht 24 bis 48 Stunden. Beim statischen Training beträgt die Regenerationszeit 1-3 Tage. Diese ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. So macht der Eine die besten Fortschritte wenn er die Heuschrecke jeden Tag bis zur Ermüdung - also bis zum Muskelversagen - übt, der Andere wenn er sie jeden zweiten Tag bis zur Erschöpfung hält. Üben - ohne bis zum Muskelversagen zu gehen - kann man die Heuschrecke natürlich jeden Tag.

Drei Bestandteile für die Muskelkraft

Es gibt drei Bestandteile für die Muskelkraft. Die Muskelfaserdicke, die Innervation der Muskeln sowie die Kapillarisierung. Statisches Training beeinflusst vor allem die Innervation des Muskels. Menschen die Yoga üben machen sehr schnelle Fortschritte, da der Körper beim Yoga die Innervation verbessert. Im Ashram in Bad Meinberg, wo ich lebe, kann ich das gut bei den Teilnehmern der Ferienwoche beobachten. Am Sonntag, dem ersten Tag wird in der Yogastunde die Heuschrecke geübt. Am folgenden Freitag können die Teilnehmer diese schon wesentlich länger halten! In diesen fünf Tagen haben die Muskelfasern wahrscheinlich nicht viel an Dicke gewonnen, dafür hat sich deutlich die Innervation der Muskeln gebessert, sowie die Repräsentation im Gehirn. Durch statisches Training kann man diesen Prozess am effektivsten gestalten, mit weniger Muskelkater, einer kürzeren Regenerationszeit und somit der Möglichkeit häufiger zu üben.

Die Muskelfaser und ihre Innervierung kann am besten durch ein dynamisches intensives Training, also ein Training mit hohem Gewicht geübt werden. Um beim dynamischen Training die Muskeldicke zu beeinflussen ist ein Gewicht sinnvoll, mit dem man 8 -12 Wiederholungen bis zum Muskelversagen schafft. Die Muskeldicke zu beeinflussen braucht mit 6-12 Monaten deutlich länger wie die Innervation zu verbessern. Auch hier ist jeder Körper individuell. Abhängig ist dies von fast twitch und slow twitch Fasern.

Um die Kapillarisierung des Muskels, auch als Kraft-Ausdauer des Muskels bezeichnet, zu trainieren braucht es eine längere Aktivität mit geringerer Belastung. Der Sonnengruß ist zum Beispiel ein Ausdauertraining mit Elementen der Kraft-Ausdauer. Zum Beispiel für Rumpf und Schultermuskulatur beim Übergang ins Brett.

Vier Aspekte von Muskelkraft

Muskelkraft wird manchmal auch bezeichnet als Maximalkraft, Ausdauer, Muskeldicke und Sprungkraft. Diese vier Aspekte kann man wiederum gesondert trainieren. Das Training der Muskeldicke wurde bereits erläutert, die Maximalkraft wird trainiert durch Training der Muskeldicke und intensive Belastung für die Verbesserung der Innervation, die Kraft-Ausdauer über eine verbesserte Kapillarisierung. Die Sprungkraft, die Fähigkeit des Muskels sich schnell zusammen zu ziehen, über zum Beispiel Sprungvariationen im Sonnengruß. Bsp.: ...von der stehenden Vorwärtsbeuge nach hinten in den Liegestütz oder vom Hund in die Krähe springen.

Was heißt das für das Yoga?

Klassischer Hatha Yoga ist ein isometrisches Training. Wenn du kein klassisches Krafttraining machst ist es sinnvoll, die wichtigsten Muskeln einmal die Woche im Yoga gut zu fördern. Zum Beispiel, den M.quadriceps femoris (der Kniestrecker), der sehr gut in der Heldenstellung angesprochen wird sowie beim Sonnengruß im Ausfallschritt, wenn du das Knie nicht ganz auf den Boden bringst. (!Tipp: Für die Kräftigung des M. quadriceps femoris sieh dir auch die Hanuman Fitness Reihe als Video an.) Die Bauchmuskulatur ist sehr wichtig, diese übst du bei Nirvasana. Die Brustmuskulatur beübst du durch dynamische Liegestütz, wie z.B. im Sonnengruß oder statischen in der Knie-Brust-Stirn Stellung indem du diese kurz über dem Boden hälst. Gesäßmuskulatur und unteren Rücken kräftigst du optimal in der Heuschrecke, in der halben Kobra oder auch in der schiefen Ebene. Besonders wichtig sind auch die seitlichen Gesäßmuskeln (Abduktoren) welche du durch den Seitstütz trainieren kannst oder mit der seitlichen Variante der schiefen Ebene. Die obere Rückenmuskulatur trainierst du durch den Fisch, die Kobra und den Bogen. Weitere große Muskeln sind am Oberarm der M. triceps brachii, welcher besonders im Pfau, der Krähe, im Rad oder im Sonnengruß beim Liegestütz beansprucht werden. Den M. deltoideus übst du im Hund mit gebeugten Ellebogen oder im Handstand und im Skorpion. Zur Vorbeugung von Nackenproblemen ist das Training der Halsmuskeln wichtig, dafür gibt es bei Yoga Vidya gesonderte Übungen, sowohl als isometrische (Kopf gegen die Handballen drücken) als auch dynamische Übungen. Um die Wadenmuskulatur zu trainieren sind alle stehenden Übungen gut, besonders die mit einer kleineren Unterstützungsfläche, also dem Stand auf dem Fußballen oder auf einem Bein. Du solltest also mindestens einmal die Woche deine Yogaübungen so gestalten, dass alle wichtigen Muskeln im Sinne eines intensiven Muskelkrafttrainings trainiert werden. Bei auftauchendem Muskelkater solltest du währenddessen kein intensives Krafttraining des betroffenden Muskels machen. Auch wenn du nach ein bis zwei Tagen das Gefühl hast weniger Kraft als sonst zu haben, befindet sich dein Muskel noch in der Regenerationszeit. Sanfte Übungen in dieser Zeit sind in Ordnung, jedoch kein intensives Krafttraining bis zur Muskelerschöpfung.

Yoga hilft sogar der Regeneration nach dem Krafttraining

Yoga hilft sogar der Regeneration nach dem Krafttraining. Wenn du zum Beispiel Krafttraining im Fitnessstudio machst profitierst du vom Yoga aus mehreren Gründen. Erstens: Durch Tiefenentspannung regeneriert dein Körper schneller, er bringt schneller die Anpassungsleistungen, die Regenerationszeit reduziert sich, dadurch verbessert sich die Effizienz des Trainings. Zweitens: Sanftes Dehnen nach dem Krafttraining ist sinnvoll um Stoffwechselprodukte schneller abzubauen. Intensives Dehnen nach dem Krafttraining hingegen fördert eher Mikrorisse in den Strukturen, was eine längere Regenerationszeit bedeutet. Bei mittelintensivem Training ist ein intensives Dehnen nicht verkehrt. Drittens: Umkehrstellungen nach dem Krafttraining helfen die Fließgeschwindigkeit des Blutes zu erhöhen was den Abbau von Stoffwechselprodukten fördert und dadurch auch den Nährstoffaustausch der Zellen.

Yoga Vidya Grundreihe spricht viele Muskeln an

In der Yoga Vidya Grundreihe werden fast alle Muskelgruppen angesprochen und gekräftigt aber für ein besonders effektives Krafttraining gilt es bewusst einmal die Woche die Muskeln sehr intensiv zu trainieren.

Video - Yoga als optimales Muskel- und Krafttraining

Hier ein Vortrag zum Thema Yoga als optimales Muskel- und Krafttraining von und mit Sukadev Bretz aus der Reihe Yoga Vidya Schulung, Vorträge zum ganzheitlichen Yoga.

Muskelkrafttraining

Siehe auch