Wasser
Wasser stellt eines der fünf Grundelemente dar. Es ist dem Swadhisthana Chakra zugeordnet. Im Ayurveda ist es (zusammen mit dem Element Erde) dem Kapha Typ zugeordnet. Wasser steht unter anderem für Reinigung, Klarheit, für das Weibliche, insbesondere die Marienenergie.
Ein Gang um Wasser
Indische Geschichte aus einer Nacherzählung von Heinrich Zimmer aus seinem Buch "Weisheit Indiens. Märchen und Sinnbilder" 1938 im L.C. Wittich Verlag in Darmstadt erschienen. S. 25-27.
Der heilige Narada verzehrte sich in glühender Askese, das göttliche Geheimnis Vishnus zu ergründen. Er flehte den Allgott an, ihm das Wunderspiel seiner Maya zu offenbaren, die den ewigen Wirbel des Alls mit Myriaden Auf- und Untergängen der Geschöpfe und Gestirne webt.
Vishnu erbarmte sich seiner und erschien ihm leibhaft in seiner huldvoll beglückenden Gestalt als Krishna, der Hirt und Held, dessen göttliches Lächeln und Wort dem heiligen Narada aus seinem Umgange mit dem Gotte vertraut waren. „Herr, zeige mir deine Maya", rief Narada ihn an, und Krishna gab ihm zur Antwort, „Das will ich, — folge mir!"
Sie gingen nebeneinander und kamen aus Naradas Waldeinsiedelei in wüstes schattenloses Land. Die Sonne brannte vom Himmel, und Narada ward durstig. Der Herr sprach zu ihm, „Ich habe Durst, Narada; willst du mir Wasser holen? dort nahebei sehe ich ein Dorf". — „Gern, Herr", gab Narada zur Antwort und machte sich auf, indes Krishna sich in der Wüste niederließ, seine Rückkehr zu erwarten.
Narada kam ins Dorf und klopfte beim ersten Hause an, um einen Krug Wasser zu erbitten. Ein wunderschönes Mädchen erschien in der Tür, — da geschah dem Heiligen, was er sich nie geträumt hätte. Die dunklen Augen des Mädchens verzauberten ihn, sie waren wie die blauschwarzen Lotosaugen seines göttlichen Freundes und Führers. Er stand und starrte und konnte sich nicht satt sehen an dem sprechenden Liebreiz. Er vergaß ganz, was er von dem Mädchen gewollt hatte, was ihn ins Dorf geführt hatte, er stand und war gefangen. Das Mädchen hieß ihn ehrfürchtig und unbefangen willkommen; seine Stimme war wie eine goldene Zauberschlinge, die sich schmeichelnd um sein Haupt legte; wie im Traume folgte er ihrer Einladung und trat ins Haus.
Er ward wohl empfangen, wie es einem heiligen Manne gebührt; das ganze Haus schien beglückt und fühlte sich durch seine Nähe erhoben. Er blieb wie in einem Traum; was ihm in diesem neuen Leben, das sich wie eine schimmernde Muschel leise um ihn schloss, mit dem Zauber der Fremde und Vertrautheit umwob, war eine stille göttliche Hoheit des Hauses und seiner Bewohner, die in der Anmut und Reinheit des Mädchens ihre schimmernde Blüte trieb. Wo kam er her? Was hatte ihn hergeführt? Wartete draußen in der Welt etwas auf ihn? — Er hatte es vergessen, war sich selbst verloren gegangen und blieb. Das Mädchen hatte es ihm angetan, er bat den Vater um ihre Hand, und es schien, alle hatten nichts Anderes erwartet, als dass er das Mädchen freie und in ihrem Kreise einer der Ihren werde.
Sie heirateten und hatten drei Kinder. Jahre gingen ins Land, der Vater starb, Narada erbte Vieh und Felder und trat in die Spur des Alten. Zwölf Jahre waren vorüber, da raffte eine Überschwemmung zur Regenzeit das ganze Dorf hinweg. Die Strohhütten sanken in den Schlamm, das Vieh ward unter kläglichem Gebrüll vom Wasserschwall fortgetrieben und ertrank in seinen Strudeln, alle mussten fliehen.
Narada nahm seine Frau bei der Hand, an der anderen führte er die beiden größeren Kinder, das kleinste trug er auf der Schulter, — so kämpfte er sich schwankenden Schrittes durch die regengepeitschte pechschwarze Nacht und das gurgelnde Wildwasser, das höher und höher stieg. Seine Gewalt ging über Menschenkraft; Narada konnte sich gegen die Strömung nicht halten, er strauchelte, das Kleinste glitt ihm von der Schulter und verschwand in der rauschenden Flut. Narada stieß einen Schrei des Entsetzens aus, ließ die beiden anderen Kinder los, um das kleine zu haschen, — umsonst, da waren auch die beiden anderen von seiner Seite gerissen und im tosenden Dunkel verschwunden. Noch hielt er die Hand der Frau mit der seinen umkrampft, aber eine Welle brach flutend über ihn herein, riss beide auseinander, spülte ihn fort, trieb ihn durch die Nacht dahin und warf ihn schließlich besinnungslos an eine kleine Erhebung, die das gurgelnde Wasser überragte.
Als er wieder zu sich kam, ermaß er die Grenzenlosigkeit seines Jammers im Blick auf die Wasserwüste rings, über der ein fahler Frühschein graute, und brach in Tränen aus. Da hörte er hinter sich eine vertraute Stimme, die ihm das Herz stillstehen ließ, — „Kind, wo ist das Wasser, das du mir holen wolltest? Seit gut einer halben Stunde warte ich auf dich".
Narada riss die Augen auf und blickte um sich: statt der Wasserwüste — er musste sie geträumt haben, — sah er spielend im Mittagsglast die Wüste liegen, die er mit dem Gotte durchwandelt hatte. Er wandte den Kopf zum Gotte, der hochaufragend hinter ihm stand, und senkte erschauernd die Stirn, als Krishnas grausam schöne Lippen sich lächelnd zu der Frage öffneten: „Weißt du jetzt um das Geheimnis meiner Maya?"
Übers Wasser wandeln
Indische Geschichte aus einer Nacherzählung von Heinrich Zimmer aus seinem Buch "Weisheit Indiens. Märchen und Sinnbilder" 1938 im L.C. Wittich Verlag in Darmstadt erschienen. S. 31-33.
Von der Kraft übers Wasser zu wandeln gibt es viele Geschichten; sie handeln alle vom Glauben.
I.
Ein Brahmane hatte seine Einsiedelei nahe an den großen Fluß gebaut; alle Tage kam ein Milchmädchen mit dem Fährboot herüber und brachte ihm etwas Milch von den Hirten am anderen Ufer. Manchmal kam es später, und das verdroß den Brahmanen. Das Mädchen entschuldigte sich, es müsse manchmal länger warten, wenn das Fährboot gerade abgefahren oder am anderen Ufer sei. „Torheiten", rief der Brahmane verächtlich, „das Fährboot!" und fuhr unwillig fort: „Kind, mit dem Namen Gottes im Herzen und auf den Lippen vermag ein gläubiger Mensch über die Fluten des uferlos kreisenden Meers von Tod und Wiedergeburten ohne Zahl dahinzuwandeln ans ferne Ufer der Erlösung, — und die Wassersträhne eines Flusses sollte seinen Fuß aufhalten?" — Das Mädchen stand stumm und schamübergossen vor dem heiligen Manne, dann neigte es sich vor ihm, nahm vom Staub zu seinen Füßen und führte ihn fromm an die Stirn.
Anderntags war das Mädchen mit der Milch zeitig zur Stelle und so auch alle folgenden Tage. Der Brahmane war von seinem Eifer erbaut und fragte es schließlich: „Wie machst du es, dass du jetzt immer so pünktlich bist?" — Das Mädchen erwiderte: „Herr, ich tue, wie du mir gesagt hast. Mit dem Namen Gottes im Herzen und auf den Lippen wandle ich gläubig übers Wasser, ohne dass mein Fuß versinkt und bedarf keines Fährboots."
Da staunte der Brahmane im stillen über die Wundermacht des Namens Gottes bei einem so einfältigen Geschöpf; er ließ sich aber nichts merken und sagte: „Recht so. Ich will mit dir gehen und dich übers Wasser wandeln sehen und selbst mit dir über den Fluss hinwandeln." Er wollte das Wunder bei dem Mädchen anschauen; wenn es dem jungen Ding glückte, musste es ihm selbst auch gelingen.
Als sie ans Ufer kamen, bewegten sich die Lippen des Mädchens lautlos; den Blick in die Ferne gesammelt, flüsterte es unablässig den Namen Gottes und schwebte leicht wie eine Flaumfeder überm Wasser. Die schnelle Flut schoß gurgelnd unter ihm dahin, ohne es zu bespritzen, seine Sohlen schienen sie nicht zu berühren.
Der Brahmane staunte, raffte aber schnell sein Gewand ein wenig, begann Gottes Namen zu murmeln und begab sich aufs Wasser. Aber er konnte dem Mädchen nicht an der Seite bleiben, das wie eine Schwalbe sanften Fluges unaufhaltsam dahinschoss, — er drohte zu versinken. Das Mädchen merkte es, lachte hellauf und rief, indes es ihm entschwebte, über das hallende Wasser :,,Kein Wunder, Herr, dass du versinkst! Wie soll Gottes Name dich übers Wasser tragen, wenn du, indes du ihn anrufst, dein Gewand aufhebst, aus Angst, sein Saum könnte nass werden!"
II.
Ein Mann musste einen breiten und reißenden Strom überqueren; es fand sich aber weit und breit kein Fährmann und keine Furt. Da entsann er sich, ein heiliger Mann hatte ihm einmal ein Amulett geschenkt und dazu gesagt: Es birgt eine wunderbare Kraft in sich; wer es in der Hand hält, kann trockenen Fußes übers Wasser wandeln. Der Mann beschloss, es zu erproben; er nahm es in die Hand und trat auf den Fluss hinaus, — und siehe, die Wasser trugen ihn. Er setzte die Füße voreinander und sank nicht ein. Die Angst der ersten Schritte machte bald einer großen Zuversicht Platz; als er in der Mitte des Stromes angelangt war, betrachtete er das Amulett in seiner Hand und sagte: „Wunderbar, dass dieses unscheinbare Ding so große Kräfte hat! Was mag nur darin stecken?" Und indes er weiter übers Wasser schritt, begann er den Knoten des Amuletts zu lösen. Er fand im Innern ein zusammengelegtes Stückchen Papier. Er entfaltete den Zettel und las darauf den Namen Gottes. „Ist das alles?" sagte er enttäuscht, — aber er hatte gar keine Zeit mehr, über seine Frage nachzudenken, so schnell versank er mit der Schwere eines Steins im gurgelnden Wasser.
III.
Ein Schüler glaubte fest an die unbegrenzten Wunderkräfte des Heiligen, der sein Lehrer war. Wenn er nur den Namen seines Guru vor sich hinsagte, konnte er übers Wasser wandeln wie über feste Erde. Sein Guru erfuhr davon und dachte bei sich: „Wie? Wirkt mein bloßer Name solche Wunder? Wie groß und wunderbar muss ich selbst dann erst sein!" — Anderntags versuchte er selbst, trockenen Fußes über den Fluss zu wandeln. Er flüsterte dabei: „Ich! Ich! Ich!" — aber kaum hatte er seinen Fuß aufs Wasser gesetzt, da versank er und ertrank. Glaube wirkt Wunder, aber die Ichsucht ist des Menschen Tod.
Wasser spendet Kraft
Erlebnisbericht
Meine Definition von einem heiligen Ort ist mit sich selbst und der Natur in Verbindung treten. Mein heiliger Ort ist das Wasser, das Meer. Auf meiner Neuseelandreise habe ich meine Verbindung zu dem Wasser kennengelernt. Dieser magische Moment, wenn ich den Berg erklungen habe und sich vor mir das Wasser im Tal ausbreitet, wenn sich meine Augen mit Freudentränen füllten und mein Herz sich weit öffnete. Der Spaziergang am Strand, das tosende und tobende Geräusch das Wassers, immer wieder kehrender Rhythmus, wenn sich das Wasser seinen Weg zum Land bannt und allen Lärm in sich aufnimmt.
Jetzt wohne ich hier in Hamburg und meine Stadt-Version von einem heiligen Ort ist die Elbe. Der Weg dorthin, wie damals in Neuseeland. Oben die Aussichtplattform, die den Blick freigibt auf das Wasser vor mir. Der Weg dort hinab, mit jedem Schritt wird es ruhiger und ich lasse das treiben der Stadt hinter mir. Wenn ich den Sand unter meinen Füßen spüre, die Schritte schwerer werden und ich leise das Wasser höre. Wie es lauter wird wenn es die Schiffe auftreiben und sich die kleinen Wellen an den Strand werfen. Vorbei an der Strandperle und hoffen auf Ebbe. Da ist dieser Baum, perfekt geformt - einladend wie eine Hängematte. Mein Körper schmiegt sich in seine Form und direkt vor mir ist das Wasser, seine Äste formen eine kleines schützendes Dach. Genau dieser Ort, ist mein heiliger Ort in Hamburg.
Siehe auch
- Heinrich Zimmer
- Indische Geschichten
- Bettler
- Chamäleon
- Edelstein
- Einweihung
- Geruch
- Gopala
- König
- Leise
- Lendenschurz
- Maya
- Name
- Projektion
- Rätsel
- Schaf
- Tun
- Verliebtheit
- Wunschbaum
Literatur
- Heinrich Zimmer: "Weisheit Indiens. Märchen und Sinnbilder" 1938, L.C. Wittich Verlag, Darmstadt.
- Swami Sivananda: „Practice of Nature Cure“, Divine Life Society, ISBN 81-7052-229-3.