Chitta: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Yogawiki
 
Zeile 71: Zeile 71:
*[[Manas]]
*[[Manas]]
*[[HYP Jahresgruppe]]   
*[[HYP Jahresgruppe]]   
*[[Amrita Siddhi Sanskrittext und Übersetzung#Viveka 8 Vers 1:|Amrita Siddhi 8.1]]
*[[Amrita Siddhi Sanskrittext und Übersetzung#Viveka 8 Vers 1:|Amrita Siddhi Vers 8.1]]
*[[Goraksha Paddhati|Goraksha Paddhati Vers 2.54]]
*[[Goraksha Paddhati|Goraksha Paddhati Vers 2.54]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 26]]
*[[Sanskrit Kurs Lektion 26]]

Aktuelle Version vom 28. September 2025, 12:24 Uhr

Eine Frau meditiert am Meer.

1. Chitta (Sanskrit: चित्त citta n.) – Bedeutung im Yoga und in der Philosophie - Chitta bedeutet Aufmerksamkeit, Denken, Vorstellen, Gedachtes, Gedanke, Gedenken, Denkfähigkeit sowie Absicht, Vorsatz und Wille. Es kann auch Herz, Gemüt, Geist, Intellekt oder Vernunft bezeichnen. In der Philosophie steht Chitta oft für das empirische Bewusstsein im Gegensatz zum reinen beziehungsweise absoluten Bewusstsein (Chit). Chitta kann daher auch als Psyche oder als das geistige und psychische Organ verstanden werden – als die Einheit aller seelisch-geistigen Funktionen im Menschen, also Denken, Gefühl und aktives Bewusstsein als Ort innerer Vorgänge. In der Astrologie wird Chitta zudem mit dem neunten Haus in Verbindung gebracht.

Je nach Philosophiesystem wird der Begriff Chitta unterschiedlich verwendet. Im Vedanta gilt Chitta als ein Bestandteil des Geistes, der insbesondere für Erinnerung, Unterbewusstsein, Gedächtnis, Fähigkeiten und Ängste zuständig ist. In der Sankhya-Philosophie sowie im eng verwandten Yogasutra von Patanjali hingegen steht Chitta für den gesamten Geist.

2. Chitta (Sanskrit: चित्त citta adj.) ist außerdem das PPP der Sanskrit-Verbalwurzel (Dhatu) cit und bedeutet „wahrgenommen“, „sichtbar“, „wahrnehmbar“, „erschienen“ oder „begehrt“.

Chitta – Geist und Unterbewusstsein im Yoga

- Ein Vortrag von Sukadev Bretz -

Chitta ist ein zentraler Begriff im Yoga und in der Spiritualität, der je nach Kontext unterschiedliche Bedeutungen hat. Das Wort stammt von Chit, was reines Bewusstsein bedeutet. Wenn dieses Bewusstsein reflektiert und durch etwas Feinstoffliches wirkt, manifestiert es sich als Chitta. In diesem Sinn kann Chitta mit Geist übersetzt werden.

Im Yogasutra von Patanjali steht Chitta für das gesamte Denken und Fühlen. Patanjali beschreibt im berühmten Vers: „Yogas Chitta Vritti Nirodhah“ – Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Bewegungen des Geistes (Chitta-Vrittis).

Wenn die Vrittis, die Gedankenwellen im Chitta, zur Ruhe kommen, dann reflektiert Chitta den Purusha – das reine Bewusstsein. Patanjali erklärt im nächsten Vers: „Tada Drashtuh Swarupe Vasthanam“ – dann ruht der Sehende in seinem wahren Wesen. In diesem Zustand wird der Geist klar und rein wie ein Kristall, der das Bewusstsein unverfälscht reflektiert und die Welt in ihrer Essenz wahrnimmt.

Im Alltag jedoch ist Chitta meist voller Gedanken, Emotionen und Gefühle. Es spiegelt nicht die Welt, wie sie ist, sondern vermischt äußere Eindrücke mit Inhalten des Unterbewusstseins. Das führt dazu, dass wir unsere subjektive Vorstellung von der Welt wahrnehmen, nicht die objektive Realität. Deshalb legen die Raja-Yogis großen Wert auf die Reinigung und Konzentration des Chitta, um inneren Frieden und Selbsterkenntnis zu erlangen.

Chitta im Vedanta

Im Vedanta-System, insbesondere in den Schriften von Shankaracharya, wird Chitta etwas anders definiert. Hier ist es ein Teil des Geistes, der Psyche, und wird als Gedächtnis oder Unterbewusstsein beschrieben. Der gesamte Geist wird als Antarkarana – „inneres Instrument“ – bezeichnet und besteht aus vier Teilen:

  • Buddhi – Vernunft, Intellekt und Urteilsvermögen.
  • Ahamkara – das Ego, der „Ich-Macher“.
  • Manas – das Denkprinzip, Wahrnehmung und Fühlen, die uns bewusst sind.
  • Chitta – das Gedächtnis, das Unterbewusstsein, in dem Eindrücke, Fähigkeiten und Erfahrungen gespeichert sind.

Aus dem Chitta steigen Gedankenwellen (Vrittis) auf, die sich im Manas manifestieren. Das Ego identifiziert sich damit, und Buddhi versucht, diese Gedanken zu ordnen, zu bewerten und Entscheidungen zu treffen. Buddhi kann auch bewusst steuern, ob man einem Gedanken folgt oder nicht.

Chitta in der Psychologie

Auch aus psychologischer Sicht lassen sich Parallelen ziehen: Das, was im Yoga als Chitta bezeichnet wird, entspricht weitgehend dem, was die moderne Psychologie als Unterbewusstsein oder Gedächtnisstruktur beschreibt. Dort sind Erlebnisse, Erfahrungen, Prägungen und Emotionen gespeichert, die unser Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen.

Die moderne Tiefenpsychologie, etwa bei C.G. Jung, spricht von Archetypen und dem kollektiven Unbewussten. Auch hier finden wir eine Entsprechung zum yogischen Verständnis von Chitta als Speicher des individuellen und kollektiven Geistes. Sankhya und Vedanta ergänzen dies, indem sie das Unterbewusstsein nicht nur als psychische Funktion, sondern als Tor zur spirituellen Erkenntnis sehen.

So zeigt sich: Chitta ist das Bindeglied zwischen Yoga und Psychologie, zwischen östlicher Spiritualität und westlicher Wissenschaft. Wer Chitta reinigt, transformiert nicht nur alte Denk- und Verhaltensmuster, sondern öffnet sich auch für tiefere Ebenen des Bewusstseins.

Chitta als Schlüssel zur spirituellen Entwicklung

Im Yoga, Vedanta und Sankhya ist Chitta somit mehr als nur der Geist – es ist das Feld, in dem alle geistigen Prozesse stattfinden. Es umfasst Bewusstsein, Psyche und Unterbewusstsein und ist die Grundlage für Denken, Fühlen und Erinnern.

Die Reinigung und Beruhigung des Chitta ist ein zentraler Schritt auf dem spirituellen Weg. Erst wenn das Chitta still und klar wird, kann der Übende seine wahre Natur erfahren, die im Yoga als Einheit mit dem reinen Bewusstsein (Purusha) beschrieben wird. In diesem Zustand offenbart sich das Göttliche und die Erfahrung von tiefem innerem Frieden.

Zusammenfassung:

Chitta ist Geist, Psyche und Unterbewusstsein zugleich. Es ist das Instrument, das uns die Welt erleben lässt – und das wir im Yoga durch Praxis, Meditation und Achtsamkeit reinigen, um zum wahren Selbst zu gelangen.


Chitta चित्त citta Aussprache

Hier kannst du hören, wie das Sanskritwort Chitta, चित्त, citta ausgesprochen wird:

Spenden-Logo Yoga-Wiki.jpg

Siehe auch

Weblinks

Pranayama

Seminare

04.01.2026 - 09.01.2026 Yin Yoga meets Vipassana

In der Ruhe, in der Weite liegt die Kraft: Mit klärender Yin Yoga-Praxis, fließend im Übergang mit Vipassana, „Buddhas Technik“. Du siehst, spürst:…
Christian Bliedtner
09.01.2026 - 11.01.2026 Yin Yoga und Bhakti

Yin Yoga heißt loslassen und achtsam in den Augenblick schmelzen. Bhakti Yoga ist der Weg der Liebe und Hingabe zum Göttlichen. Diese beiden sanften…
Sanja Wieland

Kundalini Yoga

09.01.2026 - 11.01.2026 Kundalini Yoga Einführung

Gründliche Einführung in die Theorie und Praxis des Kundalini Yoga, Yoga der Energie. Die praktischen Übungen des Kundalini Yoga umfassen Pranayama…
Viveka Wilde, Chandrashekara Witt
16.01.2026 - 18.01.2026 Kundalini Yoga Einführung

Gründliche Einführung in die Theorie und Praxis des Kundalini Yoga, Yoga der Energie. Die praktischen Übungen des Kundalini Yoga umfassen Pranayama…
Christian Bliedtner

Tsa Lung - Tibetischer Yoga

01.08.2025 - 03.08.2025 - TSA LUNG - tibetische Yogaübungen zur Aktivierung des feinstofflichen Körpers

In diesem Workshop erlernen und praktizieren wir eine Serie von fünf energetisierenden Übungen, die mit Körper, Aufmerksamkeit und Atmung arbeiten …
Dr phil Oliver Hahn

Bewusstseinstechniken aus dem Vijnana Bhairava Tantra

01.10.25 - 03.10.25 - Bewusstseinstechniken aus dem Vijnana Bhairava Tantra

Tantra benutzt alle Sinne, um durch Achtsamkeits- und Meditationstechniken den Schleier der materiellen Welt zu lüften und hinter allen Erscheinungen reines Bewusstsein - unser wahres Selbst - zu entdecken …
Dr phil Oliver Hahn