Saguna Nirguna Meditation
Saguna Nirguna Meditation ist die Unterscheidung zwischen zwei grundlegenden Meditationsarten:
- Saguna Meditation ist die Meditation mit Eigenschaften
- Nirguna Meditation ist die Meditation ohne Eigenschaften
Gerade Swami Sivananda unterschied in seinen Büchern zwischen diesen beiden Meditationsarten.
Vergleich zwischen Saguna und Nirguna Meditation
Artikel von Swami Sivananda
Die Isha, Praslma, Katha, Tapaniya und andere Upanishaden behandeln eingehend die Methode der Kontemplation Brahmas ohne Eigenschaften. Badarayana führt in einem Kapitel der Brahma Sutras, das sich mit den Eigenschaften Brahmas befasst, positive Attribute an wie »fröhlich, intelligent« und negative wie »ohne Grenzen, ohne Farbe«. Diese beiden Arten von Attributen werden dem Absoluten zugeteilt, und trotzdem kann man die Konzentration auf diesen Brahma als Konzentration auf den bedingungslosen Brahma (Nirguna Upasana Brahman) ansehen. Der Hauptunterschied zwischen einer Kontemplation des bedingten Brahma mit Attributen (Saguna) und des bedingungslosen, attributlosen Brahmas (Nirguna) besteht darin, dass der Anbetende im ersten Fall Brahma als tatsächlich an seine Attribute gebunden erkennt, während im anderen Fall positive und negative Eigenschaften für ihn nicht unbedingt mit Brahma verbunden sind, sondern seiner absoluten Natur nur unterstellt werden. Sie gehören also nicht zu seinem Wesen, sondern sind nur das Tor, durch das man die Erkenntnis seiner wahren Natur erlangt. Bei der Betrachtung des bedingten Brahmas dagegen werden alle seine Eigenschaften von der Versenkung in ihn miterfasst.
Die Bezeichnung Nirguna bedeutet nicht, dass Brahma ein negativer Begriff, eine Nicht-Wesenheit, ein Nichts ist. Es bedeutet vielmehr, dass die Eigenschaften, die in unserer Welt begrenzt sind, sich in Brahma ohne Grenzen finden, dass diese Eigenschaften die wesentliche Natur Brahmas ausmachen (Svarupa), dass Brahma nicht die vergänglichen Eigenschaften der Materie, zum Beispiel die blaue Farbe des Stoffes, sondern alle positiven Attribute besitzt (Sarva Kalyana Gunas).
Nirakari bedeutet auch nicht, dass Brahma ohne Form ist, sondern dass »er keine begrenzte Form besitzt wie Gegenstände, sondern eine unvorstellbare«. Welche Gestalt könnte man dem Unendlichen zusprechen? Manche haben eine ungeschliffene Vorstellung von Brahma. Sie halten ihn für einen Steinblock, weil er keine Eigenschaften besitzt, für eine wirkliche Leere, eine Null. Hierin aber irren sie vollkommen. Sie haben noch keine wirkliche Unterscheidung (Sat Vichara) gewonnen, sondern sind voller Zweifel. Ihr Verstand ist grob, für philosophische Untersuchungen, Unterscheidung (Vichara), Nachdenken und vernünftige Einsicht nicht geeignet. Sie haben die untrüglichen Upanishaden nicht studiert, das wahre Mittel der Erkenntnis, die rechte Quelle der Weisheit, die genaue Kenntnis von Brahma vermittelt. Die Upanishaden sind untrüglich, weil sie sich an die Vernunft jedes Denkers, jedes Philosophen wenden. Sie entsprechen den Erfahrungen der Selbstverwirklichung. Ihre Autorität ist bedeutsamer als Wahrnehmungen oder Schlußfolgerungen.
Brahma ist in höchstem Maß subtil, feinstofflicher als der tausendste Teil einer Haarspitze. Deshalb bedarf es eines subtilen, ruhigen, reinen, scharfen, klaren und konzentrierten, ungetrübten Geistes (Suddha Buddhi), um Brahma zu verstehen und über ihn zu meditieren. Wer an dem Wert der Upanishaden zweifelt und die wahre Natur Brahmas nicht kennt (Samshaya Bhavana), sollte mit einem durch selbstloses Opfer gereinigten Geist die Upanishaden studieren, die vier Mittel der Unterscheidung in sich entwickeln und den Umgang mit heiligen Männern pflegen (Satsanga). Dann wird er bewusst und überzeugt Brahma erkennen und ihn in den Schriften (Shravana) in rechtem Denken (Manana) und in tiefer Meditation (Nidhidhyasana) erfassen. Das ist der königliche Pfad, auf dem sich Brahma in seinen positiven Eigenschaften (Gunas) offenbart, als Brennpunkt des Lichts, als Zustand höchster Erkenntnis (Prajnana Ghana), als eine Ballung von Wissen, stärker verwurzelt als der Himalaya. Denn Wissen ist gewichtiger und konkreter als em gewaltiger Steinblock.
In der Saguna Meditation (mit Eigenschaften) betrachtet sich der Anbetende als vollkommen unterschieden von dem Gegenstand seiner Verehrung. Der Anbetende ergibt sich ohne Rückhalt und ohne Murren dem Herrn, achtet und ehrt ihn, betet ihn an und unterwirft sich ihm in allem, für Nahrung und Schutz, für sein ganzes Sein. In allem sucht er Hilfe bei der Schutzgottheit (Ishta Devata), als deren Werkzeug er sich in tiefster Abhängigkeit empfindet. Seine Hände und Füße, seine Sinne und Gedanken, höchste Vernunft (Buddhi) und physischer Körper gehören Gott. Der Mystiker liebt keineswegs Erkenntnis (Jnana) oder Versenkung, denn er will seine gesonderte Wesenheit bewahren, um zu dienen, zu verehren und Gott zu lieben. Er will nicht, wie der wahrhaft Erkennende (Jnani), zum Zucker werden, sondern den Zucker schmecken und essen.
Die Verehrung der Saguna Meditation ist eine Kontraktion. Stelle dir vor, du stehst in der Mitte eines Kreises und ziehst dich zu einem Punkt zusammen, in dem die Kreislinie versinkt. Die Saguna-Meditation eignet sich für Menschen mit emotionalem Temperament, also für die Mehrzahl der Menschen.
In der Nirguna-Meditation hält der Schüler sich für Brahma. Er negiert oder unterwirft seine schlechten Eigenschaften oder Einbildungen, seinen Egoismus, sein Denken und seinen Körper. Er hängt allein von sich und nur von sich ab, vertraut allein auf sich. Der Schüler ist erfüllt von seinem Selbst; er denkt nach, erforscht, unterscheidet, ergründet sein Selbst und meditiert darüber. Er will eintauchen, sich mit Brahma identifizieren. Diese Methode bringt eine Ausweitung des Ichs. Stell dir vor, du stehst in der Mitte eines Kreises. Durch diesen geistigen Weg (Sadhana) weitet sich der Punkt so stark aus, dass er die Peripherie ganz überdeckt. Diese Methode der Meditation eignet sich für Menschen von subtilem Intellekt, unerschrockenem Verstand, starker und präziser Urteilskraft und machtvollem Willen, also nur für eine sehr kleine Anzahl von Menschen.
Verhältnismäßig leicht ist es, über »Aham Brahma Asmi« zu meditieren, wenn man in einem einsamen, verschlossenen Zimmer eine bestimmte Haltung einnimmt, aber ungeheuer schwer, diesen Gedanken festzuhalten, wenn man sich in einer von Menschen überfüllten Umgebung bewegt. Empfindet man sich eine Stunde als Brahma, die übrigen dreiundzwanzig Stunden des Tages aber im eigenen Körper, kann der geistige Weg (Sadhana) nicht den rechten Erfolg bringen. Es ist vielmehr unbedingt notwendig, zu jeder Zeit den Gedanken festzuhalten, man sei Brahma. Das weltliche Bewusstsein bedarf eingehender Erforschung und vollkommener psychologischer Umwandlung für die neue Art des Denkens, die Konzentration und Meditation verlangen. Kontemplatives Leben ist dem weltlichen diametral entgegengesetzt. Die bisherige Auffassung von Tod und Wiedergeburt (Vishaya Samskaras) muß durch unaufhörliche, intensive und mit Eifer lange Zeit ausgeführte Übungen vollkommen zerstört und durch neue geistige Eindrücke (Samskaras) ersetzt werden.
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