Guna Kriya

Aus Yogawiki
Shiva und Shakti, das göttliche Paar

Guna Kriya (Sanskrit: गुणक्रिया guṇa-kriyā f.) sekundäre (Guna) Verbalhandlung (Kriya), Nebenhandlung. In der Sanskrit Grammatik‏‎ ist die sekundäre Verbalhandlung entweder ein Partizip Präsens oder ein Absolutivum. Die primäre Verbalhandlung bzw. Haupthandlung wird als (Mukhya Kriya) bezeichnet.


Haupt- und Nebenhandlung

Eine Verbalhandlung im Satz

Gibt es in einem Sanskritsatz (Vakya) nur eine Verbform, so ist diese stets die Haupthandlung bzw. primäre Verbalhandlung:

  • puruṣo vanaṃ gacchati "Der Mann (Purusha) geht (gacchati, gam) in den Wald (Vana)."
  • puruṣo vanaṃ gataḥ "Der Mann ist in den Wald (Vana) gegangen (Gata, PPP)."

Erläuterung: Im ersten Satz ist die Verbform ein finites Verb (gacchati, 3. Pers. Singular Aktiv). Im zweiten Satz wird die (primäre) Verbalhandlung durch ein Partizip Präteritum Passiv bzw. ein Verbaladjektiv ausgedrückt (gataḥ).

Mehrere Verbalhandlungen im Satz

Enthält ein Satz zwei oder mehr Verbalhandlungen, so können diese als syntaktisch gleichberechtigte Haupthandlungen nebeneinander stehen:

  • prathamaṃ bhuṅkte puruṣas tato vanaṃ gacchati "Erst isst (bhuṅkte, bhuj) der Mann (Purusha), danach geht er (gacchati, gam) in den Wald (Vana)."

Vorzeitigkeit

Läuft eine Handlung zeitlich vor einer anderen ab, so kann sie verkürzt mit einem Absolutivum ausgedrückt werden und wird dann syntaktisch als Nebenhandlung bzw. sekundäre Verbalhandlung betrachtet:

  • bhuktvā puruṣo vanaṃ gacchati "Nachdem er gegessen hat (bhuktvā, bhuj), geht (gacchati) der Mann in den Wald."
  • bhuktvā puruṣo vanaṃ gataḥ "Nachdem er gegessen hatte (bhuktvā) ist der Mann in den Wald gegangen (gataḥ, Gata)."

Erläuterung: Das Absolutivum bhuktvā ist in beiden Sätzen die Nebenhandlung. Im ersten Satz ist das finite Verb gacchati die Haupthandlung, im zweiten Satz wird sie durch das Partizip Präteritum Passiv gataḥ ausgedrückt. Haupt- und Nebenhandlung haben ein und dasselbe logische Subjekt (Agens, Kartri), den Mann (Purusha).

Gleichzeitigkeit

Läuft eine Handlung zeitgleich mit einer anderen ab, so kann sie mit einem Partizip Präsens ausgedrückt werden und wird dann syntaktisch ebenfalls als Nebenhandlung bzw. sekundäre Verbalhandlung betrachtet:

  • vanaṃ gacchan puruṣo bhuṅkte "Während er in den Wald geht (gacchan "gehend", gam), isst (bhuṅkte, bhuj) der Mann."

Erläuterung: Das Partizip Präsens gacchan ist die Nebenhandlung, das finite Verb bhuṅkte die Haupthandlung. Beide Verbalhandlungen haben ein und dasselbe logische Subjekt (Agens, Kartri), den Mann (Purusha).


Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Betrachten wir einen Vers aus dem vierten Kapitel (Upadesha) der Hatha Yoga Pradipika, das der Praxis der Meditation und Versenkung (Samadhi) gewidmet ist. Der 16. Vers beschreibt den Prozess der Auflösung (Laya) des Atems (Vayu) im Brahmarandhra.


ज्ञात्वा सुषुम्णासद्भेदं कृत्वा वायुं च मध्यगम् |
स्थित्वा सदैव सुस्थाने ब्रह्मरन्ध्रे निरोधयेत् || ४.१६ ||


jñātvā suṣumṇā-sad-bhedaṁ kṛtvā vāyuṁ ca madhyagam |
sthitvā sadaiva susthāne brahma-randhre nirodhayet || 4.16 ||


Nachdem (der Yogi) die richtige Methode zum Öffnen der Sushumna erlernt hat (jñātvā), und den Atem (Vayu) im mittleren (Kanal) zum Fließen gebracht hat (kṛtvā),
soll er ihn (d.h. den Atem), stets an einem guten Ort verweilend (sthitvā), im Brahmarandhra zum Verschwinden bringen (nirodhayet).


Anmerkung: Die Haupthandlung ist das finite Verb nirodhayet ("er soll zum Verschwinden bringen", ni + rudh 3. Pers. Sg. Optativ). Ihr gehen drei Nebenhandlungen voraus, die durch die Absolutiva jñātvā ("erlernt habend", jñā) kṛtvā ("gemacht habend", kṛ) und sthitvā ("verweilend, geblieben seiend", sthā) zum Ausdruck gebracht werden.


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