Erotische Liebe
Erotische Liebe ist Liebe mit starker Anziehungskraft. Eros ist in der griechischen Mythologie der Liebesgott, bei den Römern auch Amor bzw. Cupido genannt. Insofern ist auch die Erotische Liebe göttlicher Natur - sie stammt von einer Manifestation Gottes, in Indien Kamadeva, Liebesgott, genannt. Erotische Liebe ist der verbreitetste Liebesstil im System der sechs Liebesstile.
Erotische Liebe als einer der sechs Liebesstile
Der kanadische Sozialpsychologe John Alan Lee hat das Konzept der Sechs Liebesstile entwickelt. Seitdem wurde dieses weiter ausgebaut und in mehreren empirischen Studien genutzt.
Die Erotische Liebe, auch Eros genannt, ist dabei einer der sechs Liebesstile. Für John Alan Lee ist Eros, die Erotische Liebe, gleichbedeutend mit Romantische Liebe, für welche auch die Sexuelle Liebe eine große Rolle spielt. Die Erotische Liebe ist dabei der am meisten verbreitete Liebesstil in westlichen Gesellschaften.
Die sechs Liebesstile
Die sechs Liebesstile sind, in der Reihenfolge ihrer Verbreitung:
- Eros, die romantische Liebe, auch genannt sinnliche Liebe, leidenschaftliche Liebe , erotische Liebe
- Storge, die freundschaftliche Liebe, die auch als kooperative Liebe bezeichnet wird
- Agape, die uneigennützige Liebe, die sich auch als fürsorgliche Liebe, als aufopfernde Liebe, zeigt
- Mania, die rasende Liebe, die eifersüchtige Liebe - die besonders heftig ist
- Ludus, die spielerische Liebe, auch freie Liebe, unverbindliche Liebe
Der Eros Liebesstil - die erotische, romantische Liebe
Eros, erotische Liebe, steht für die leidenschaftliche Liebe, zu der starke physische Attraktion, körperliche Anziehung gehört. Bei der ersten Begegnung haben erotisch Liebende oft das Gefühl, sie würden “von einem Blitz getroffen”, und wünschen sich schon bald sexuelle Intimität und emotionales Engagement. Charakterisch für Eros-Liebende ist starke Verliebtheit, oft Liebe auf den ersten Blick. Erotisch-Liebende haben eine klare Vorstellung davon, was sie vom anderen erwarten, sowohl physisch als auch emotional. Sie glauben oft, sie und ihre Partner wären “füreinander bestimmt”. Die Hauptmerkmale der Eros-Liebenden sind Selbstvertrauen und ein hohes Selbstwertgefühl, die es ihnen erlauben, sich frei von Eifersucht oder Besitzgier auf ihre Partner zu konzentrieren, offen zu sein und den Partnern alles über sich zu erzählen.
Diese Art von Erotische Liebe, leidenschaftliche Liebe ist der stärkste Garant für Zufriedenheit in der Beziehung – eine Erkenntnis, die auch von Paaren bestätigt wird, die mittleren Alters sind und schon lange zusammenleben.
Erotische Liebe verliert zwar nach einer Weile, meist innerhalb von drei Jahren, die starke Sexualität und sinnliche, körperliche Anziehung. Allerdings sind die Partner sich in der Zwischenzeit auf anderer Ebene näher gekommen. Es gilt, die Phase der Verliebtheit, der starken körperlichen und emotionalen Anziehung, zu nutzen, um sich innerlich näher zu kommen, gemeinsame tiefe Erfahrungen zu machen, sich auch auf anderen Ebenen wertzuschätzen.
Aus Eros, dieser Art von erotischer Liebe, kann tiefe Liebe, unbedingte Liebe, aufopfernde Liebe, freundschaftliche Liebe sich entwickeln. Und das starke Gefühl der Verbundenheit und Einheit zu Anfang der Beziehung zusammen mit der festen Überzeugung, füreinander bestimmt zu sein, ist eine Basis, ein Fundament, auf das sich viele bauen lässt - und das auch als Erinnerung weiter bestehen bleibt.
Mehr zu erotischer Liebe im Sinne von Eros Liebesstil auch unter den Stichwörtern Eros, leidenschaftliche Liebe.
Erotische Liebe und Platonische Liebe
Der griechische Philosoph Platon (ca. 428-347 v.Chr.) entwickelte ein Konzept der Liebe, das nach ihm als platonische Liebe bezeichnet wird. Allerdings ist das platonische Konzept der Liebe weniger das, was heute unter platonischer Liebe bekannt ist. Vielmehr ist das Konzept von Platon ein Modell, wie aus erotischer Liebe eine ideelle Liebe entsteht.
Platon geht davon aus, dass alles Materielle ein Ausdruck einer tieferen Wirklichkeit ist. Die erotische Liebe zwischen zwei Menschen, ob gleichgeschlechtlich oder heterosexuell, ist Ausdruck der Sehnsucht des Menschen nach Vereinigung. Die erotische Liebe zwischen zwei Menschen kann sublimiert werden, d.h. in Subtileres umgewandelt werden.
Die erotische Liebe ist also ein Streben des Liebenden, das ihn aus seiner Beschränktheit, aus dem Individuellen zum Umfassenden, zum Überpersönlichen führt. Erotische Liebe, die auf einen Menschen beschränkt ist, kann deshalb niemals Erfüllung bringen: Denn eigentlich ist sie auf etwas Höheres gerichtet. Laut Platon sollte die erotische Liebe gerichtet werden auf etwas Höheres, auf hochrangigere Objekte, z.B. auf Schönheit in der Natur und Kunst. Schließlich kann die erotische Liebe auf die Schönheit an sich gerichtet werden - der Mensch kann so mit einer höheren Wirklichkeit verschmelzen.
Erotische Liebe in Indien
In Indien wurde die erotische Liebe, Kama, als einer der vier Lebenszwecke, Purusharthas, angesehen. Erotische Liebe ist Ausdruck der Schöpfungsenergie, Shakti, Ausdruck der Polarität zwischen männlich und weiblich, Ausdruck sowohl der Schöpfung als Vervielfältigung als auch Ausdruck des Wunsches nach Rückkehr zur Einheit.
Erotische Liebe in indischen Tempeln
In vielen indischen Tempeln wurde die erotische Liebe sehr explizit dargestellt. Zwar wurden die meisten Tempel mit Darstellungen sexueller und erotischer Kunst von moslemischen Eroberern zerstört. Bekannt und besichtigenswert sind bis heute die Tempel von Khajuraho.
Erotische Liebe in den indischen Schriften
Es gibt in Indien sogar Werke, die als Heilige Schriften gelten und die erotische Liebe zum Thema haben. Diese werden als Kamashastras bezeichnet, als Schriften über die erotische Liebe. Am bekanntesten unter der Liebesliteratur ist das Werk Kamasutra, verfasst von Vatsayayana im 3. Jahrhundert.
Erotische Liebe und Yoga
Im Yoga gibt es zwei Wege zur höchsten Verwirklichung:
- Der Weg der Entsagung, des Mönches, ausgedrückt durch die Prinzipien Brahmacharya und Sannyasa
- Der Weg des Handelns, der auch die erotische Liebe, die Sinnesbefriedigung, das Streben nach Erfolg mit einschließt, dann aber auch in die Transzendenz, in die Gottverwirklichung strebt
Im Yoga geht es dabei um die Sublimierung der erotischen Liebe: Die erotische Liebe ist Ausdruck des Prana bzw. Apana Vayu auf der Ebene des Swadhisthana Chakras. Diese Energie gilt es in die höheren Chakras zu bringen, um höhere Bewusstseinsebenen zu erlangen.
Je nach Swarupa, der eigenen Wesensnatur, ist der Weg dieser Sublimierung und Bewusstseinserweiterung unterschiedlich.
Siehe dazu auch einen etwas umfangreicheren Artikel von Sukadev Bretz über Yoga und Sexualität