Absolutivum

Aus Yogawiki

Als Absolutivum (Plural: Absolutiva) bezeichnet man in der Sanskrit Grammatik‏‎ eine indeklinable (unveränderliche) partizipähnliche Form, die von einer Verbalwurzel‏‎ (Dhatu) abgeleitet wird. Sie bezeichnet in der Regel eine Nebenhandlung (Guna Kriya), die vor der eigentlichen Haupthandlung (Mukhya Kriya) erfolgt, und mit dieser dasselbe logische Subjekt (Agens, Katri) hat.

Bildung und Bedeutung

Zur Bildung des Absolutivums werden im (klassischen) Sanskrit zwei Suffixe (Pratyaya) gebraucht. Je nach dem, ob vor der Wurzel ein Präfix (Upasarga) steht oder nicht, tritt an die schwache Form der Verbalwurzel das Suffix -ya (-tya) bzw. -tvā. Die Bedeutung beider Bildungstypen bleibt unverändert, d.h. in der Regel wird die Vorzeitigkeit der durch das Absolutivum ausgedrückten Nebenhandlung zur Haupthandlung zum Ausdruck gebracht.

Durch die Verwendung von Absolutiva kann man auf sehr effektive Weise ganze Nebensätze in komprimierter Form ausdrücken. Daher ist diese Form im Sanskrit sehr beliebt und geläufig.

  • Wurzel kṛ "tun, machen" (ohne Präfix) + Suffix -tvā ergibt kṛtvā "getan habend, gemacht habend"
  • Wurzel kṛ mit Präfix vi "verändern, umgestalten" + Suffix -tya ergibt vikṛtya "verändert habend, umgestaltet habend"


Syntax und Beispielsätze

Das Absolutivum bleibt unveränderlich, d.h. es nimmt weder Fall (Kasus), Zahl (Numerus) noch Geschlecht (Genus) des Substantivs an, auf das es sich bezieht. Daher lässt sich aus seiner Form auch nicht schließen, ob es sich auf ein männliches, weibliches oder sächliches Substantiv bezieht. Das Absolutivum bezeichnet in der Regel das logische Subjekt bzw. den Agens (Kartri) der Nebenhandlung, die der Haupthandlung zeitlich vorausgegangen ist:

  1. kaṭaṃ kṛtvā puruṣo grāmaṃ gacchati "Eine Matte (Kata) gemacht habend (kṛtvā, kṛ), geht (gacchati, gam) der Mann (Purusha, Nom. Sg. m.) ins Dorf (Grama)", d.h. "Nachdem er eine Matte gemacht hat, geht der Mann ins Dorf."
  2. mālāṃ kṛtvā kanyā nagaraṃ gacchati "Eine Kette (Mala) gemacht habend (kṛtvā, kṛ), geht (gacchati, gam) das Mädchen (Kanya, Nom. Sg. f.) in die Stadt (Nagara)", d.h. "Nachdem es eine Kette gemacht hat, geht das Mädchen in die Stadt."
  3. gāṃ dattvā vaiśyo gacchati "Eine Kuh (Go) gegeben habend (dattvā, ), geht (gacchati, gam) der Kshatriya", d.h. "Nachdem er eine Kuh gegeben hat, geht der Kshatriya."
  4. gām ādāya brāhmaṇo mantraṃ paṭhati "Die Kuh (Go) in Empfang genommen habend (ādāya, ā + ), rezitiert (paṭhati, paṭh) der Brahmane ein Mantra", d.h. "Nachdem er die Kuh in Empfang genommen hat, rezitiert der Brahmane ein Mantra."

Erläuterung: In diesen Sätzen (Vakya) bezeichnen die Verben gacchati "er (sie, es) geht" (3. Pers. Sg. Aktiv) und paṭhati "er (sie, es) rezitiert" (3. Pers. Sg. Aktiv die Haupthandlung. Die der Haupthandlung zeitlich vorausgehende Nebenhandlung wird jeweils durch die Absolutiva kṛtvā, dattvā und ādāya ausgedrückt.


Übersicht: Das Absolutivum einiger häufiger Verben

Die nachfolgende Übersicht zeigt die Formen des Absolutivum 1 (ohne Präfix) und Absolutivum 2 (mit Präfix) einiger wichtiger Verben zusammen mit der Verbalwurzel (Dhatu) und deren Hauptbedeutung(en).

Verbalwurzel Bedeutung Absolutivum 1 Übersetzung Absolutivum 2 Übersetzung
yuj verbinden yuktvā verbunden habend viyujya getrennt habend
raj/rañj (sich) färben raktvā (sich) gefärbt habend rajya sich entfärbt habend, gleichgültig geworden seiend
muc befreien muktvā befreit habend vimucya abgeschossen habend
gam gehen gatvā gegangen seiend āgamya und āgatya gekommen seiend
han schlagen hatvā geschlagen habend nihanya und nihatya niedergeschlagen habend
kram schreiten krāntvā geschritten seiend upakramya herangetreten seiend
bhram umherirren, sich drehen bhrāntvā umhergeirrt seiend, sich gedreht habend paribhramya umkreist habend
yam zügeln yatvā gezügelt habend āyamya und āyatya verlängert habend
nam sich verbeugen, grüßen natvā verbeugt, gegrüßt habend unnamya und unnatya sich erhoben habend
tan (sich) dehnen tatvā (sich) gedehnt habend avatatya sich herabgesenkt habend
man meinen, denken matvā gemeint, gedacht habend anumanya und anumatya zugestimmt habend
guh verbergen gūḍhvā verborgen habend avaguhya umarmt habend
dah verbrennen dagdhvā verbrannt habend vidahya ausgebrannt habend
badh/bandh binden baddhvā gebunden habend paribadhya umzingelt habend
budh erwachen buddhvā erwacht seiend prabudhya aufgeblüht seiend
snā baden snātvā gebadet habend niṣṇāya sich vertieft habend
jñā erfahren jñātvā erfahren habend pratijñāya anerkannt habend
trinken pītvā getrunken habend nipāya absorbiert habend
geben dattvā gegeben habend ādāya genommen habend
dhā setzen, stellen, legen hitvā gesetzt, gestellt, gelegt habend pidhāya verschlossen habend
messen mitvā gemessen habend anumāya geschlussfolgert habend
sthā stehen sthitvā gestanden habend utthāya sich erhoben habend
gā/gai singen gītvā gesungen habend anugāya nachgesungen habend
kṛ machen, tun kṛtvā gemacht, getan habend saṃskṛtya geschmückt habend
ji siegen jitvā gesiegt habend parājitya unterlegen seiend
śru hören śrutvā gehört habend āśrutya versprochen habend
smṛ erinnern smṛvā erinnert habend vismṛtya vergessen habend

Siehe auch