Makaras
Makaras (Sanskrit: मकार, makāra, m. „m-Laut“) die fünf tantrischen Rituale, die alle mit dem Laut M beginnen: Madya (Wein), Mamsa (Fleisch), Matsya (Fisch), Mudra (Symbolhaltung), Maithuna (Geschlechtsverkehr).
Makaras – Die fünf tantrischen Rituale im Hinduismus
Die Makaras sind ein zentrales Konzept im Tantra, insbesondere in den schaktischen und tantrischen Traditionen des Hinduismus. Sie bezeichnen die fünf M-Praktiken oder Rituale, die alle mit dem Laut M beginnen und deshalb als Panchamakara („fünf Makaras“) bekannt sind. Diese Praktiken gehören zu den am meisten diskutierten und oft missverstandenen Aspekten der tantrischen Spiritualität.
Die fünf Makaras im Tantra
Die Panchamakara setzen sich aus folgenden Ritualelementen zusammen:
- 1. Madya (मद्य) – Wein
- Madya symbolisiert im äußeren Sinne den Genuss von Wein oder berauschenden Getränken. Im esoterischen Kontext steht Madya für das innere Erleben von Ekstase, Bewusstseinserweiterung und das Überwinden begrenzender Strukturen des Geistes.
- 2. Mamsa (मांस) – Fleisch
- Mamsa bezieht sich auf den Verzehr von Fleisch. Symbolisch steht es für die Überwindung von Tabus und die spirituelle Fähigkeit, alle Aspekte des Lebens – auch das vermeintlich „Unreine“ – als Ausdruck des Göttlichen zu erkennen.
- 3. Matsya (मत्स्य) – Fisch
- Matsya, der Fisch, symbolisiert die Lebenskraft und das Fließen des Bewusstseins. In subtiler Deutung steht er für die Kontrolle der Lebensenergien (Prana) im feinstofflichen Körper.
- 4. Mudra (मुद्रा) – symbolische Geste oder Opfergabe
- Mudra kann symbolische Handgesten, aber auch Opfergaben oder rituelle Speisen bezeichnen. In tantrischer Sicht ist Mudra die Verbindung zwischen Körper, Energie und Geist. Sie wird verwendet, um Bewusstsein zu lenken und göttliche Energien zu aktivieren.
- 5. Maithuna (मैथुन) – Geschlechtsvereinigung
- Maithuna, die rituelle Vereinigung von Mann und Frau, gilt als die kraftvollste der fünf Makaras. Sie symbolisiert die Verschmelzung von Shiva und Shakti, von Bewusstsein und Energie. Im subtilen Sinn bedeutet Maithuna die innere Vereinigung von Gegensätzen und die Erfahrung der Nicht-Dualität (Advaita).
Symbolische und wörtliche Auslegung der Makaras
Die tantrischen Traditionen unterscheiden zwischen zwei Wegen:
- Linkshändiger Tantra-Weg (Vamachara): Die Rituale werden wörtlich praktiziert, also mit Wein, Fleisch, Fisch, rituellen Gesten und sexueller Vereinigung.
- Rechtshändiger Tantra-Weg (Dakshinachara): Die fünf Makaras werden symbolisch verstanden. Beispielsweise steht Madya für den „Wein der spirituellen Ekstase“, Mamsa für das „Zügeln der Sprache“ und Maithuna für die innere Vereinigung von Shiva und Shakti in der Meditation.
Beide Ansätze haben das Ziel, Begrenzungen des Geistes aufzulösen, Anhaftungen zu überwinden und das höchste spirituelle Bewusstsein zu erfahren.
Spirituelle Bedeutung der Panchamakara
Die Makaras sind mehr als bloße Rituale – sie sind Symbole für den spirituellen Transformationsprozess. Sie stellen das Spannungsfeld zwischen Körper, Geist und Seele dar und zeigen, dass auch Tabus, Triebe und weltliche Erfahrungen in die spirituelle Entwicklung integriert werden können.
- Sie helfen, die Polaritäten von rein und unrein, heilig und profan, männlich und weiblich zu überwinden.
- Sie öffnen den Weg zur Erfahrung von Einheit (Yoga) jenseits von Dualität.
- Sie verdeutlichen, dass alles in der Schöpfung göttlich ist und als solches erkannt und verehrt werden kann.
Makaras in tantrischen Schriften
Die fünf Makaras finden Erwähnung in klassischen tantrischen Texten wie der Kaulajnananirnaya oder der Tantrasara. Sie wurden in Indien oft kontrovers diskutiert und missverstanden. In westlichen Darstellungen wurde der Fokus oft auf den sexuellen Aspekt reduziert, obwohl die tantrische Tradition ein tiefes, symbolisches und spirituelles Verständnis betont.
Zusammenfassung
Die Makaras (Panchamakara) sind die fünf tantrischen Rituale im Hinduismus: Madya (Wein), Mamsa (Fleisch), Matsya (Fisch), Mudra (Geste) und Maithuna (Geschlechtsvereinigung). Sie werden in den tantrischen Traditionen wörtlich wie auch symbolisch interpretiert und stehen für die Integration von Tabus, Trieben und Energien in den spirituellen Weg. Ziel der Makaras ist die spirituelle Transformation, die Überwindung von Dualität und die Erfahrung der Einheit von Shiva und Shakti.