Böse Gedanken

Aus Yogawiki

Böse Gedanken sind Gedanken, die gegen die Ethik bzw. gegen das verstoßen, das man sich vorgenommen hat. Böse Gedanken können mit bewusster Gedankensteuerung teilweise umgewandelt werden in gute Gedanken. Manchmal sind scheinbar böse Gedanken nicht wirklich böse Gedanken: Vielmehr sind scheinbar böse Gedanken Hinweise auf wichtige Anliegen. Manchmal kommuniziert das Unterbewusstsein seine Bedürfnisse in scheinbar bösen Gedanken, die nicht abstellbar sind.

Swami Sivananda über Böse Gedanken als Hindernisse für die Meditation

Der indische Yoga Meister Swami Sivananda schreibt zum Thema "Böse Gedanken" [1] als Hindernis für die Meditation:

Das Gemälde "Mädchen mit einem Buch" aus São Paulo Museum of Art, zwischen 1850 und 1899

Angenommen, daß alle drei Tage böse Gedanken zwölf Stunden lang das Bewußtsein des Schülers erfüllen, so sollte er durch tägliche Konzentration und Meditation versuchen, daß sie nur einmal in der Woche und nur für zehn Stunden wiederkehren. Das wäre eine entscheidende Verbesserung. Fährt er in seinen Übungen fort, wird sich die Periode des Kommens und Bleibens langsam verkürzen. Ein Vergleich des jetzigen Zustands mit dem des vorigen Jahres wird den Fortschritt aufzeigen, auch wenn dieser zu Anfang nur sehr gering ist und es schwer fällt, ihn wahrzunehmen.

Schreckt das Bewußtsein auf, wenn böse Gedanken eindringen, so ist dies ein Zeichen geistigen Fortschritts. Wird es von bösen Handlungen der Vergangenheit beunruhigt, so ist auch dies ein Zeichen geistigen Fortschritts; denn es zeigt, daß man jetzt nicht mehr die gleichen Handlungen vollbringen, sondern vor ihnen zurückschrecken würde. Das Bewusstsein wäre erschüttert und der Körper würde zittern, wenn eine alte ungute Neigung (Samskaras) , auf die Macht der Gewohnheit pochend, den Menschen zu etwas Schlechtem hinzudrängen suchte. Es ist wichtig, in der Meditation mit allem Eifer, aller Kraft fortzufahren. Dann werden alle Erinnerungen an schlechte Taten, alle häßlichen Gedanken, alle ungesunden Einflüsterungen Satans von allein zugrunde gehen, und man wird gefestigt sein in Reinheit und Frieden.

Ein Schüler beklagte sich: »Je mehr ich in der Meditation fortschreite, um so mehr Schichten von Unreinheit] steigen aus meinem Unbewußten auf. Manchmal sind sie so stark und fürchterlich, daß ich verwirrt werde und nicht weiß, wie ich sie zügeln soll. Ich bin noch nicht in Wahrheit gefestigt. Die alten Gewohnheiten der Lüge und die schlechten Begierden lauern noch in meinem Bewußtsein und reagieren mit aller Kraft. Ich kann meinem Bewußtsein gut zureden, ihm schmeicheln oder ihm drohen, alles bleibt vergeblich. Die Gedanken sind verstört, und ich weiß nicht, wie ich meine Leidenschaften beherrschen soll. ReizbarkeitEgoismus, Zorn, Gier und Hass sind lebendig. Lege ich mir Rechenschaft ab, so stelle ich fest, daß meine Begierden mein Hauptfeind und sehr stark sind.«

Zu Anfang werden allerlei böse Gedanken im Bewußtsein lebendig, wenn der Schüler sich zur Meditation hinsetzt. Warum geschieht dies gerade während der Meditation, in der er sich um reine Gedanken müht? Wie ein Affe, den man erlegen will, sich auf den Jäger stürzt, um sich zu rächen, so wollen die schlechten unbewußten Eindrücke (samskaras) sich rächen und verdoppeln ihre Kraft in dem Augenblick, in dem man gute und göttliche in sich wecken will. Dein Feind wird die genialsten Anstrengungen machen, um deine Bemühungen, ihn herauszuwerfen, zum Scheitern zu bringen.

Das ist das Naturgesetz des Widerstandes. Die alten, bösen Gedanken fordern und betteln: "Sei nicht grausam. Du hast uns seit undenklichen Zeiten erlaubt, in deinem Bewußtsein zu bleiben. Wir haben das Wohnrecht dort und haben dir bisher bei deinen häßlichen Handlungen geholfen. Warum willst du uns jetzt vertreiben? Wir wollen nicht fort aus unserer Behausung."Der Schüler sollte sich dadurch nicht entmutigen lassen und regelmäßig seine täglichen Meditationen fortsetzen , um die schlechten Gedanken zu vertreiben. Letzten Endes werden sie sich auflösen. Das Positive wird immer das Negative besiegen. Das ist Gesetz der Natur. Negative, böse Gedanken können vor positiven, guten nicht bestehen . Mut besiegt Furcht, Geduld besiegt Zorn und Reizbarkeit; Liebe besiegt Haß; Reinheit besiegt Begierde.

Die Tatsache, daß man sich ungemütlich fühlt, wenn ein böser Gedanke während der Meditation an die Oberfläche des Bewußtseins dringt, zeigt, daß man an Geistigkeit wächst. Denn früher hätte man bewußt allerlei Arten von schlechten Gedanken in sich aufgenommen und sie genährt. Der Erfolg ist dem Schüler, der mit Sorgfalt und Zähigkeit seine geistigen Übungen ausführt, gewiß. Selbst ein wenig begabter Schüler wird wunderbare Veränderungen wahrnehmen, wenn er seinJapam, seine Meditation zwei bis drei Jahre lang ununterbrochen fortsetzt. Später kann er gar nicht mehr auf sie verzichten. Unterbricht er sie auch nur für einen Tag, empfindet er ein Gefühl der Leere, und sein Bewußtsein fühlt sich nicht wohl.

Die Leidenschaft stellt ständig Fußangeln. Man empfindet so häufig Zorn, weil der Zorn eine Abart der Leidenschaft ist. Eine nicht befriedigte Begierde nimmt die Gestalt des Zornes an. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn man sich über seine Untergebenen ärgert und dies zum Anlaß für einen Ausbruch der Leidenschaft nimmt. Zuneigung (Raga) und Abneigung (Dvesha) sind dann noch nicht ganz entwurzelt. Sie sind nur bis zu einem gewissen Grade abgeschwächt.

Die Sinnesorgane (Indriyas) sind noch ungestüm und nur bedingt gebändigt. Geheime Ströme unbewußter Eindrücke (Vasanas) und Begierden (Trishnas) haben noch Gewalt. Die Neigung der Sinne, herumzustreunen, besteht noch, und das Bewußtsein ist noch nicht in vollkommener geistiger Konzentration gefestigt (Pratyahara). Die Erregung des Bewußtseins ist noch wirksam, solange Unterscheidungsvermögen und Geistesgegenwart schwach sind und die Sehnsucht nach dem Göttlichen nicht intensiv genug ist. Erregung (Rajas) und Trägheit (Tamas) richten noch Verwüstung an, solange die Sattva-Eigenschaften erst im Erwachen sind. Zu vollkommener Konzentration kann man nur gelangen, wenn das Bewußtsein geläutert ist. Die Konzentration kommt dann von allein.

Zu Beginn der Meditation werden weltliche Gedanken den Schüler stark beunruhigen. Fährt er aber regelmäßig fort, werden sie von allein nachlassen, das Feuer der Meditation wird sie verzehren. Er braucht ni-cht alle irdischen Gedanken auszutreiben, sondern kann diejenigen bewahren, die sich mit dem Gegenstand seiner Meditation beschäftigen. Er muß nur sein Bewußtsein sehr sorgfältig beobachten und keine Wogen der Reizbarkeit und der Eifersucht, des Zorns und des Hasses aufsteigen lassen. Diese dunklen Wellen und bösen Gedanken sind Feinde der Meditation, des Friedens und der Weisheit. Sie können zerstört werden durch das Erwecken erhabener, göttlicher Gedanken, die der Schüler verstärkt durch Wiederholen des Mantrams oder des Namens des Herrn, durch Beschwören Seines Bildes, durch Übung des pranayama, durch Vollbringen guter Taten oder durch die Vorstellung der schlimmen Folgen böser Gedanken. Ist der Zustand der Reinheit erlangt, ist das Bewußtsein gegen diese bösen Gedanken gefeit. Wie man an der Haustür ohne große Anstrengung Eindringlinge zurückhalten kann, lassen sich böse Gedanken im Keim ersticken, wenn man sie nicht Wurzel schlagen läßt.

Zu Anfang der Übungen wird es schwer sein, die Gedanken zu beherrschen, denn sie werden ihr Bestes tun, sich zu verteidigen, und um ihr Recht der Erstgeburt bis zuletzt kämpfen. Sobald der Schüler sich zur Meditation vorbereitet, werden die verschiedensten häßlichen Gedanken sich einstehlen und ihn bei jedem Versuch der Unterdrückung mit verdoppelter Kraft angreifen. Wie aber Dunkelheit nicht vor der Sonne bestehen, wie vor dem Leopard der Löwe sich nicht halten kann, so können all diese dunklen, negativen Gedanken, diese unsichtbaren Eindringlinge, die Feinde des Friedens, den erhabenen Gedanken nicht standhalten. Das Positive wird das Negative immer besiegen.

Ist man durch seine tägliche Arbeit sehr in Anspruch genommen, werden unreine Gedanken sich nur schwer festsetzen können. In zuviel Ruhe und Entspannung aber werden sie um so starker Eintritt verlangen. Darum muß man seine Wachsamkeit verdoppeln.

Siehe auch

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