Schuldlosigkeit

Aus Yogawiki

Schuldlosigkeit bedeutet ohne Schuld zu sein. Im engeren Sinne ist Schuldlosigkeit von Relevanz in einem Gerichtsverfahren.

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Wenn die Unschuld, also die Schuldlosigkeit, erwiesen ist, kann man nicht verurteilt werden. Philosophisch-religiös kann der Mensch nie Schuldlosigkeit haben, und hat gleichzeitig volle Schuldlosigkeit: Auf der einen Seite verletzt der Menschen ständig Lebewesen und auch andere Menschen, bewusst oder unbewusst. Daher ist er schuldbehaftet - und kann auch den hohen Idealen der Religion und der Spiritualität nie ganz gerecht werden.

Auf der anderen Seite ist der Mensch nur eine Zelle im Kosmischen Ganzen - als solches ist er als Individuum nie Schuld am Ganzen. Spirituell gesehen sollte der Mensch mit großer Achtsamkeit und Tugendhaftigkeit handeln, dabei demütig sein und alles Gott darbringen. Dann bleibt er schuldlos.

Schuldlosigkeit. Was ist Schuldlosigkeit ? Woher stammt das Wort? Wozu ist Schuldlosigkeit gut? Was sind ihre Grenzen? Wie kann man sie kultivieren? Was ist das Gegenteil von Schuldlosigkeit ?

Schuldlosigkeit als hilfreiche Tugend

Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz

Schuldlosigkeit hängt zusammen mit dem Begriff "Schuld". Ich bin Yogalehrer, Meditationslehrer, spiritueller Lehrer in der Yoga Vidya Tradition. Wir sprechen normalerweise nicht von Ausdrücken wie "Schuld" und "Sünde".

Man hat Aufgaben, Verpflichtungen und Anliegen, und es gilt, mit Pflichtbewusstsein Dinge zu tun, und man macht vielleicht Fehler auf dem Weg dorthin, man trifft Entscheidungen, man setzt Prioritäten und ab und zu mal muss man sie anpassen.

Schuld spielt jetzt in unserem System nicht die ganz große Rolle. Aber es gibt Systeme, wo das eine Rolle spielt. Zum Beispiel im klassischen Christentum, da gibt es immer die Sünde und die Schuld, und da heißt es, der Mensch hat die Erbsünde. Das heißt, er kommt schon mit Schuld auf die Welt.

Die Erbsünde kommt daher, weil Adam und Eva sich irgendwann falsch verhalten haben und so kommt der Mensch mit Sünde auf die Welt, die Ursünde. Von einem spirituellen Standpunkt im Yoga würde man sagen, die Ursünde ist die Absonderung von Gott. Und dann hat Gott, jetzt im Christentum, dem Menschen Aufgaben gegeben, die er unmöglich erfüllen kann.

Erstmal die zehn Gebote, dann gibt es noch so viele andere Gebote im Alten Testament, dann die zwei großen im Neuen Testament: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst und liebe Gott über alle Maße." Und dann die großen Aufforderungen in der Bergpredigt: "Liebe deine Feinde. Wenn dir jemand auf die linke Wange schlägt, halte ihm auch die rechte hin. Widerstrebe nicht dem Bösen. Und selig seid ihr, wenn Menschen euch verfolgen um meinetwillen."

Das sind solche großen Aussagen, an die sich kaum ein Mensch halten kann, also macht sich der Mensch schuldig. Und indem er sich schuldig macht, lastet nachher ein schlechtes Gewissen auf ihm. Im Christentum kommt man dann zur Schuldlosigkeit, indem man seine Sünden bekennt, indem man Gott um die Vergebung der Sünden bittet. Und dann heißt es, Jesus ist für die Vergebung der Sünden gestorben, wenn wir daran glauben, dann werden wir von den Sünden erlöst und erlangen einen Zustand der Sündenlosigkeit, der dann auch als Rechtfertigung vor Gott bezeichnet wird.

Bei den Katholiken, kann man dort auch noch die Beichte zu Hilfe nehmen, bei den Reformierten ist auch das Heilige Abendmahl dort besonders gut, wo man vor dem Heiligen Abendmahl innerlich seine Schuld bekennt. Früher wurde sie sogar laut ausgesprochen vor der Gemeinde. Heute ist das nicht mehr üblich.

Und dann verkündet anschließend der Pfarrer, oder die Pfarrerin, als verordneter Diener der Gemeinde, die Vergebung der Sünde, so kommt man zu Schuldlosigkeit. Im Yoga sehen wir die Dinge etwas anders. Da sagt man zum einen: "Deine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit. Du bist letztlich unberührt, du bist Nirmala." Mal heißt auch Schuld, Nirmala – ohne Schuld. "Und du bist ohne Makel, makellos. Du bist Vimala, jenseits aller Schuld."

Letztlich, im Tiefen ist der Mensch schuldlos, daher, Schuldlosigkeit ist ein Grundkonzept des Menschen, vom Tiefsten her ist der Mensch eins mit Gott. Und da Gott sich niemals schuldig machen kann, bist du auf der tiefsten Ebene schuldlos.

Jetzt gibt es aber auch im Yoga den Ausdruck "Papa" und "Punya". Papa heißt Vergehen, Punya heißt Verdienst. Wenn du dich identifizierst mit deinen Handlungen, kannst du sehr wohl ethische Handlungen ausführen, wie auch unethische Handlungen. Unethische Handlung ist Papa. Das heißt z.B., jemanden zu verletzen, lügen, betrügen, Untreue und Bestechlichkeit, das gehört alles dazu. Oder deine Pflichten nicht zu erfüllen, auch das ist Papa.

Umgekehrt, Punya, wenn du anderen Gutes tust, wenn du Spenden gibst, auch wenn du spirituelle Praktiken machst, wenn du deine Pflichten erledigst und das auch noch besonders gut, dann ist es Punya. Punya, Papa ist für den Alltag, gutes, schlechtes Karma usw., Verdienst, das sind alles Alltagsdinge. Und es ist auch gut, dir der Konsequenzen deiner Handlungen bewusst zu werden.

So wie auch Kant sagt: "Handle stets so, dass die Maxime deines Handelns die Grundlage einer ewigen Gesetzgebung sein könnte oder einer Allgemeingesetzgebung sein könnte." Oder die goldene Regel: "Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu." Das sind einige ethische Grundsätze. Wenn du aus diesen heraus handelst, dann bist du in Schuldlosigkeit.

Wenn du dich bemühst, das Richtige, das Gute zu tun, nach bestem Wissen und Gewissen, dann weißt du, du machst Fehler, du weißt auch, du wirst deinen hohen Idealen nicht immer gerecht. Aber du kannst sagen: "Trotzdem, ich fühle mich unschuldig."

Und selbst wenn du dich schuldig fühlst, kannst du daraus Demut entwickeln und du kannst sagen: "Ich habe es nach bestem Wissen und Gewissen gemacht, besser ging es nicht." Und auch dann kannst du loslassen. In der Bhagavad Gita sagt es Krishna am Ende: "Sarva Dharman Parityajya Mam Ekam Sharanam Vraja Aham Tva Sarva-papebhyo Mokshayishyami Ma Shuchah." Achtzehntes Kapitel, 66. Vers, hier sagt Krishna zu Arjuna, seinem Schüler: "Tue das, was du tust, so gut, wie du kannst, bitte um Führung und folge dieser Führung. Dann übergib alles Gott. Und wenn du alles Gott darbringst und dich selbst zum Instrument Gottes machst, dann machst du keinen Fehler, dann lädst du keine Schuld auf dich, dann bleibst du im Zustand der Schuldlosigkeit, denn Gott wird dich von allem befreien."

Schuldlosigkeit und andere Tugenden

In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Schuldlosigkeit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:

Ähnliche Eigenschaften wie Schuldlosigkeit

Ähnliche Eigenschaften wie Schuldlosigkeit, also Synonyme zu Schuldlosigkeit sind z.B. Gewissen, Moral, Makellosigkeit, Unschuld, Schuldbewusstsein.

Ausgleichende Eigenschaften

Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Schuldlosigkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Überheblichkeit, Unberührbarkeit, Erhabenheit, Minderwertigkeitskomplex, Schüchternheit, Unsicherheit. Daher braucht Schuldlosigkeit als Gegenpol die Kultivierung von Demut, Gewissensbisse, Entschuldigung, Skrupel, Gewissensnot, Bedenken, Reue, Bekehrung, Schuldgefühl.

Gegenteil von Schuldlosigkeit

Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Schuldlosigkeit, Antonym zu Schuldlosigkeit :

Schuldlosigkeit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten

Vortragsmitschnitt zu Schuldlosigkeit - Audio zum Anhören

Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Schuldlosigkeit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.

Siehe auch

Eigenschaften im Alphabet vor Schuldlosigkeit

Eigenschaften im Alphabet nach Schuldlosigkeit

Literatur

Weblinks

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