Maitrayana Upanishad: Unterschied zwischen den Versionen

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:38. Durch Opfer und sittliches [[Leben]] gelangt man schließlich zum Schauen jenes Höchsten.
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c. VII. 1-7. Der Atman als die Weltsonne, und ihre verschiedenen Strahlen.
c. VII. 1-7. Der Atman als die Weltsonne, und ihre verschiedenen Strahlen.
d. VII.8-10. Polemik gegen ketzerische, vedafeindliche Richtungen.
d. VII.8-10. Polemik gegen ketzerische, vedafeindliche Richtungen.
e. VII. 11. Jene Kraft (VI, 35-37) steigt mittels Om aus dem [[Herz]]en empor und erfüllt, sich verbreitend, das Weltall. - [[Wachen]], [[Traum]] und [[Tiefschlaf]] sind nur ein Fuß des Brahman; der vierte Stand ([[Turyam]]) bildet die drei jenseitigen Füße desselben.
e. VII. 11. Jene Kraft (VI, 35-37) steigt mittels Om aus dem [[Herz]]en empor und erfüllt, sich verbreitend, das Weltall. - [[Wachen]], [[Traum]] und [[Tiefschlaf]] sind nur ein Fuß des Brahman; der vierte Stand ([[Turyam]]) bildet die drei jenseitigen Füße desselben.



Version vom 11. Juni 2014, 15:16 Uhr

Die Maitrayana Upanishad des schwarzen Yajurveda gehört laut Deussen zu den späteren Upanishaden und stellt eine universelle Zusammenfassung der Upanishadgedanken dar. In ihr spiegelt sich die alte Upanishadlehre unter Einbezug des Gedankenguts der Samkhyalehre und des Buddhismus wider.

Die Maitrayana Upanishad des schwarzen Yajurveda - Erläuterungen nach Paul Deussen

Artikel aus „Upanishaden. Die Geheimlehre des Veda“ in der Übersetzung von Paul Deussen, herausgegeben von Peter Michel, Marix Verlag, 2. Auflage, 2007, Wiesbaden, S. 395, 396 - XXX.

Einleitung

Die zum schwarzen Yajurveda gehörende Schule der Maitrayanas oder Maitrayaniyas besitzt eine Samhita in vier Kandas (Maitrayani Samhita), bestehend aus 11 + 13 + 16 + 14 = 54 Prapathakas.

An diese Maitrayani Samhita schließt sich, - zuweilen auch handschriftlich, sei es als zweites, sei es als fünftes Kandam, mit ihr verbunden (Ind. Stud. XIII, 121), - die Maitrayana Upanishad, wie sie denn in ihren Anfangsworten an einen Werkteil anzuknüpfen scheint, der nach dem Kommentator Ramatirtha aus vier Kandas besteht, also allem Anschein nach die Maitrayani Samhita ist. Auch die orthographischen und euphonischen Eigentümlichkeiten dieser Sakha kehren in der Upanishad wieder, welche dadurch einen altertümlichen Anstrich erhält. Aber dieser, nicht sowohl altertümliche (archaische) als vielmehr altertümelnde (archaisierende) Charakter hätte Max Müller (welchem L. v. Schroeder zustimmt) nicht verleiten sollen, diese Upanishad "to an early rather than to a late period" zuzuschreiben. Die zahlreichen wörtlich entlehnten Zitate, nicht nur aus Chandogya- und Brihadaranyaka , sondern auch aus Kathaka, Svetasvatara, Prasna (vgl. unten 6,5 Schluß) und wohl noch späteren, auf diesen beruhenden[1] Upanishaden sowie aus einer reichhaltigen anderen, bis jetzt noch nicht nachweisbaren Literatur, - solche späte Ausdrücke wie Sura "Gott" 1,4 p. 11 und 6,35 p. 187; kshetrajna 2,5 p. 25 und 5,2 p. 72; Nirmama 2,7 p. 37; Vigraha "Leib" 6,7 p. 96; Nastikyam 3,5 p. 50; Sushumna 6,21 p. 134; Sarvopanishad vidya 2,3 p. 18 (die Upanishaden also schon als ein Ganzes betrachtet!), - das völlige Schweigen des Shankara über diese Upanishad, - die ausgebildete Samkhyalehre, welche der Verfasser voraussetzt, - der ganze reflektierende Stil des Werkes, welcher so sehr gegen den der Maitrayani Samhita absticht, - endlich die deutliche Bezugnahme auf vedafeindliche, schon als Gegenstand des Studiums bestehende (vgl. die Einl. zu 7,8-10) Häresien, wie wohl namentlich den Buddhismus, - dies alles macht den späten Charakter dieses Werkes unzweifelhaft, wenn auch eine genauere Bestimmung einer Zeit erst nach Identifikation aller Zitate möglich sein wird.[2] Dieser späte Ursprung unserer Upanishad macht aber dieselbe nur um so interessanter. Sie erscheint als eine universelle Zusammenfassung der Upanishadgedanken gegenüber den hereinbrechenden Häresien, von denen der Verfasser, so sehr er sie bekämpft, doch selbst stark beeinflußt wird. Namentlich hat er den Pessimismus des Buddhismus und alle wesentlichen Elemente der Samkhyalehre sich angeeignet, wie denn sogar mitunter wörtliche Berührungen mit der Samkhya Karika vorkommen, welche auf eine gemeinsame Quelle beider zurückzuweisen scheinen. Wie Plotin den Platonismus erneuert unter Beimischung aristotelischer und stoischer Elemente, so erneuert die Maitrayana Upanishad die alte Upanishadlehre unter Beimischung von Elementen der Samkhyalehre und des Buddhismus. Und wie der Neuplatonismus vielfach Platons Lehre bis in ihre letzten, bei Platon noch nicht hervortretenden Konsequenzen entwickelt, so kommen bei unserem Autor höchst wichtige Fragen zur Sprache, die in den älteren Upanishaden nur keimartig vorhanden sind. So namentlich die Fragen: wie Brahman in die Welt eingeht (Prap. 2), wodurch er der Endlichkeit, der Sünde und dem Leiden verfällt (Prap. 3), und auf welchem Wege die Erlösung aus dem Samsara erreicht wird (Prap. 4). Daß die Upanishad mit Prap. 6,30 ursprünglich abschloß und alles Weitere später zugefügte Nachträge enthält, ist sehr wahrscheinlich; daß sie jemals nur aus dem von M. Müller (introd. p. XLV) mitgeteilten Fragmente bestanden habe, ist wohl nicht anzunehmen.

Inhaltsverzeichnis der Maitrayana Upanishad

I. Einleitende Erzählung; Brihadratha und Sakayanya.

II. Sakayanya erzählt dem Brihadratha, wie Maitri den Atman (auf Grund der Stelle Chand. 8,3,4!) definiert und weiter von einer Belehrung der Valakhilyas durch Kratu Prajapati berichtet habe, deren sodann folgende Mitteilung durch Sakayanya an Brihadratha den Kern der Upanishad bildet und sich bis 4,6 (nach anderen bis 6,30) erstreckt. Diese Belehrung betrifft drei Fragen: Erste Frage: Wie der Atman in den Leib eingehe? - Um die von ihm leblos geschaffenen Wesen zu beseelen, geht Prajapati in Gestalt der fünf Pranas in die Leiber ein.

III. Zweite Frage: Wodurch der höchste Atman zum individuellen (Bhutatman) werde? - Durch die Gunas überwältigt, gerät er, seine Göttlichkeit vergessend, in die Verwirrung des Ichbewußtseins und bindet sich dadurch selbst.

IV. Dritte Frage: Wie Erlösung aus diesem Zustand möglich sei? - Nur wer die im Veda gelehrten Gesetze der Kasten und Lebensordnungen einhält, kann durch Wissen, Askese und Meditation des Brahman (als dessen Erscheinungsformen die anderen Hauptgötter anerkannt werden) zur Erlösung gelangen.

V,1-VI,30. Anhang

V. 1. Hymnus des Kutsayana (die obersten Götter als Erscheinungsformen des Brahman).

2. Schöpfungsmythos: Entstehung von Tamas, Rajas, Sattvam (=Rudra, Brahma, Visnu) aus dem Urwesen.

VI. A) 1-8. Verehrung des Aditya und des mit ihm identischen Prana.

B) 9-17. a. (9): Das Pranagnihotram.
b. (10): Nahrung und Nahrungesser als Prakriti und Purusha der Samkhyas.
c. (11-17): Brahman als Nahrung (11-13), als Zeit (14), als das Zeitlose (15-16), als der Urgrund (17).
C) 18-30. Der Yoga als Weg zu Brahman. Schlußermahnungen des Sakayanya und Eingang des Brihadratha zur Vollendung.

VI,31-VII,11. Nachträge

a. VI, 31-32. Der Atman und die Organe.

b. VI, 33-38. Das Opfer und das Pranagnihotram.

33. Das Opfer erhebt zu Erde, Luftraum, Himmel.
34. Die drei Opferfeuer sind nur das offenbar gewordene Pranagnihotram.
35. Die Sonne und ihre Verhältnisse sind nur "ein Teil der den Weltraum durchdringenden Kraft"; diese selbst wird (nach Isa = Brih. 5,15) Satyadharma genannt.
36. Diese Kraft (Tejas) ist die ruhige (Santa), opferlose Form des Brahman, im Gegensatze zu der gedeihenden (Samriddha), welcher, als Aditya und Prana, das Opfer und das Pranagnihotram gelten.
37. Jene Kraft selbst ist durch Om zu verehren. Sie legt sich dreifach dar als Agni, Aditya, Prana, zwischen denen der Kreislauf des Opfers besteht.
38. Durch Opfer und sittliches Leben gelangt man schließlich zum Schauen jenes Höchsten.

c. VII. 1-7. Der Atman als die Weltsonne, und ihre verschiedenen Strahlen.

d. VII.8-10. Polemik gegen ketzerische, vedafeindliche Richtungen.

e. VII. 11. Jene Kraft (VI, 35-37) steigt mittels Om aus dem Herzen empor und erfüllt, sich verbreitend, das Weltall. - Wachen, Traum und Tiefschlaf sind nur ein Fuß des Brahman; der vierte Stand (Turyam) bildet die drei jenseitigen Füße desselben.

Erster Prapathaka

Nach einer kurzen Anknüpfung an das Opferritual mit dem üblichen Gedanken, daß dasselbe eine Vorbereitung auf die Erkenntnis des At-man sei, folgt die Erzählung von dem Könige Brihadratha aus dem Ge¬schlecht des Ikshvaku (also wohl der Ramayana 1,71,7 erwähnte), der seinem Thron entsagt und in den Wald zieht, um Askese zu üben. Zu ihm tritt der verehrungswürdige gakdyanya und gewährt ihm einen Wunsch. Als solchen erbittet Brihadratha mit einer an Chand. 7,1,3 er¬innernden Wendung die Kenntnis des Atman. Sakayanya sträubt sich, wie Yama in Kath. 1, und bietet dem König andere (irdische) Wünsche an. Diese lehnt der König ab, indem er die leidvolle Beschaffenheit und die Hinfälligkeit alles Irdischen bejammert. Der Pessimismus ist auch den alten Upanishaden nicht fremd (bahuvydhito vd'ayam bahuso lokal, Talav. Up. Br. 3,28,5; ato 'nyad drtam, Brih. 3,4,2. 3,5,1. 3,7,23; anandd ndma te lokdh, Brih. 4,4,11. Kath. 1,3.26-28 usw.), aber Dekla-mationen über das Elend des Daseins wie diese hier wurden wohl erst nach Ausbildung der Samkhyalehre und nach dem Aufkommen des Buddhismus Brauch, aus dessen "heiliger Wahrheit vom Leiden" das ishtaviyoga-anishtasamprayoga (1,3 p. 8) vielleicht geradezu herüber-genommen ist.

MAITRAYANA- UPANISHAD 401 1. Ein Opfer an Brahman in Wahrheit ist das Feuerschich¬ten der Altvordern. Darum soll der Opferspender, nachdem er jene Feuer geschichtet hat, den Atman überdenken! Dadurch erst wird das Opfer zu einem vollkommenen, fürwahr, und zu einem vollständigen. - Aber wer ist der, den man überdenken soll? - Der, welcher der Prana heißt. Darüber ist diese Erzäh-lung. 2. Es begab sich, daß ein König mit Namen Brihadratha, nachdem er seinen Sohn in die Herrschaft eingesetzt hatte, in der Erkenntnis, daß dieser Leib vergänglich ist, sich der Ent¬sagung zuwandte und in den Wald hinauszog. Dort gab er sich der höchsten Kasteiung hin, indem er, in die Sonne schauend und mit emporgereckten [und dadurch absterbenden] Ar- 316 men, dastand. Nach Ablauf von eintausend Tagen nahte sieh ihm, [leidenschaftslos] gleichwie eine Flamme ohne Raucht und durch seine Glut gleichsam versengend, der des Atman kundige verehrungswürdige Sakayanya. "Stehe auf, stehe auf und wähle dir einen Wunsch!" so sprach er zu dem König. Der bezeugte ihm seine Verehrung und sprach: "0 Ehrwürdiger! ich bin nicht des Atman kundig.2 Du kennst seine Wesenheit, wie wir vernommen, diese wollest du uns erklären!" - "Ach, das ist vormals gewesen3, es ist schwer tunlich, diese Frage [zu beantworten]; wähle dir, o Nachkomme des Ikshvaku, andere Wünsche4 !" so sprachSakayanya. - Da neigte sich der König mit seinem Haupt bis auf die Füße desselben und rezitierte folgende Litanei: 3. "0 Ehrwürdiger! In diesem aus Knochen, Haut, Sehnen, Mark, Fleisch, Same, Blut, Schleim, Tränen, Augenbutter, Kot, Harn, Galle und 1 Kath. 4,13. 2 Vgl. Chand. 7,1,3. 3 Also: Die Atmanlehre ist zur Zeit des Verfassers aus der Mode ge-kommen. Wodurch wohl anders, als durch die Ausbreitung des Bud-dhismus? Vgl. auch Gesch. d. Phil. 1,42 f. 4 Vgl. Kath. 1,21.

402 YAJURVEDA

Phlegma zusammengeschütteten, übelriechenden, kernlosen Leibe, - wie mag man nur Freude genießen!' In diesem mit Leidenschaft, Zorn, Begierde, Wahn, Furcht, Verzagtheit, Neid, Trennung von Liebem, Bindung an Unliebes, Hunger, Durst, Alter, Tod, Krankheit, Kummer und dergleichen behafteten Leibe, - wie mag man nur Freude genießen! 4. Auch sehen wir, daß diese ganze Welt vergänglich ist so wie diese Bremsen, Stechfliegen und dergleichen, diese Kräu¬ter und Bäume, welche entstehen und wieder verfallen. Aber, was rede ich von diesen! Gibt es doch andere, größe¬re, - mächtige Kriegshelden, einige von ihnen Welteroberer, Sudyumna, Bhuridyumna, Indradyumna, Kuvalayasva, Yau-vanasva, Vadhrya§va und Asvapati, Sasabindu und Hariscandra, Ambarisha, Nahusha und Saryati, Yayati, Anaranya, Ukshasena 317 und andere, ja, auch Könige wie Maratta und Bharata, - sie alle mußten, vor den Augen ihrer Verwandtenschar, ihre große Herrlichkeit aufgeben und aus dieser Welt in jene Welt hin-überwandern. Aber, was rede ich von diesen! Gibt es doch andere, größere, - Gandharven, Dämonen, Halbgötter, Kobolde, Geisterscha-ren, Unholde, Schlangen, böse Genien und dergleichen, deren Ausrottung wir sehen. Aber, was rede ich von diesen! Gibt es doch noch andere Dinge, - Vertrocknung großer Meere, Einstürzen der Berge, Wanken des Polarsterns, Reißen der Windseile [welche die Sternbilder an den Polarstern binden], Versinken der Erde, Stürzung der Götter aus ihrer Stelle, - in einem Weltlauf, wo derartiges vorkommt, wie mag man da nur Freude genießen! Zumal auch, wer ihrer satt ist, doch immer wieder und wieder zurückkehren muß! Darum errette mich! Denn ich fühle mich in diesem Weltlauf wie der Frosch in einem blinden [wasserlosen] Brunnenloch. Du, o Ehrwürdiger, bist unsere Zuflucht, - du bist unsere Zu-flucht!" 1 Vgl. zu der ganzen Rede Kath. 1,26-29.

MAITRAYANA-UPANISHAD 403 Zweiter Prapathaka Weiter folgt die Belehrung des Brihadratha durch Sakayanya über den Atman, welche bis 6,30 fortläuft, während 6,31-7,11 einen Nach-trag bilden. Diese Belehrung besteht darin, daß Sakayanya von 2,3 bis 4,6 (nach dem Komm. p. 155,8 und M. Müller bis 6,30; vgl. jedoch den Schluß von 4,6 und die Anmerkung dort) ein ihm von Maitri mit-geteiltes Gespräch wiedererzählt, in welchem die Valakhilya ("Kahl-köpfe") genannten Rishis von Kratu Prajapati (einem der sieben welt¬schaffenden Rishis und Söhne des Brahman), der nach den Paranas (Mark. P. 52,24. Bhag. P. 4,1,39) ihr Vater ist (vgl. 6,29 p. 155,3), be¬lehrt werden. Der zweite Prapathaka behandelt die Frage; wie der Atman in den Körper eingeht. Im Anschluß an die Anschauungen der älte¬ren Upanishaden (vgl. Taitt. 2,6. Brih. 1,4,7. Chand. 6,3,3. Mt. 1,3,12) und unter vielen teils wörtlichen Bezugnahmen auf dieselben (siehe die Anmerkungen) wird erzählt, wie Prajapati die seelenlosen Leiber schafft und als Prana (Leben) in dessen fünf Verzweigungen, prana, apana, vydna, samana, udana, in sie hineinfährt. Diese letzteren wer¬den, im Widerspruch mit den ältern Upanishaden und Shankara, aber (bis auf den udana übereinstimmend mit dem Vedantasara (§94-98), erklärt: prana ist der Odem (beides, Einhauch und Aushauch), apa-na der Darmwind, samana der Verdauungswind, udana der Wind des 318 Schluckens und Vomierens; vyana ist das Band zwischen prana und apana (Atmung und Sekretion), kommt aber zuletzt, weil er auch den udana voraussetzt. Der Purusha selbst aber (d. h. der Atman) wird in der Körperwärme (Chand. 3,13,8) und dem Verdauungsfeuer (Brih. 5,9) wiedergefunden, wozu als Beleg Brih. 5,9 wörtlich zitiert wird. Eben derselbe wird durch ein weiteres Zitat aus Chand. 3,14,2 als das Brahman geschildert, worauf eine an Kath. 3,3-4 angelehnte Schilderung des psychischen Apparates den Abschluß bildet. 1. Da nun aber sprach der ehrwürdige Sakayanya sehr er¬freut' zu dem König: "0 großer König Brihadratha, du Ban 1 Vgl. Kath. 1,15-16. 2,9.

404 YAJURVEDA ner des lkshvaku-Geschlechtes, gar schnell sollst du des At-man kundig und deines Zweckes teilhaftig werden, - bist du doch weitberühmt unter dem Namen Marut' (der Wind), Für¬wahr, er [der Atman] ist ja doch dein eigenes Selbst (atman)." - "Welches Selbst meinst du, o Ehrwürdiger?" - Da sprach er zu ihm also: 2. "Derjenige, welcher, ohne daß der Atem stockte, empor-gestiegen, entweichend und doch nicht entweichend, die Fin-sternis verscheucht, das ist der Atman (das Selbst). Also hat es der verehrungswürdige Maitri erklärt. Denn so sagt die Schrift2: Was nun diese Vollberuhigung [die Seele im Tiefschlaf] ist, so erhebt sie sich aus diesem Leib, geht ein in das höchste Licht und tritt dadurch hervor in eigener Gestalt, - das ist der Atman, so sprach der Meister, das ist das Unsterbliche, das Furchtlose, das ist das Brahman. 3. Dieses, fürwahr, ist die Lehre vom Brahman, ist die Lehre aller Upanishaden, o König, wie sie uns von dem verehrungs-würdigen Maitri erklärt worden ist. Die will ich dir", so fuhr er fort, "mitteilen. Nämlich da waren die sündefreien, kraftge-stählten, zeugungserhabenen Vdlakhilyas, wie berichtet wird. 319 Die sprachen zu Kratu Prajapati: )0 Ehrwürdiger! Dieser Leib ist doch, wie ein Wagen, ohne Bewußtsein. Welches ist nun das übersinnliche Wesen, welches eine solche Macht besitzt, daß es den so beschaffenen Leib mit Bewußtsein erfüllt und aufrichtet und sein Beweger ist? Was du darüber, o Ehrwürdi¬ger, weißt, das wollest du uns sagen!( - Da sprach er zu ihnen: 4. Derjenige, der, wie es heißt, erhaben über [dem Welttreiben] steht wie die Asketen über den Sinneseindrücken [des Hörens, Fühlens, Sehens, Riechens, Schmeckens], das ist eben der, wel¬cher rein, lauter, entleert, beruhigt, odemlos, selbstlos, endlos, 1 Auch 6,30 p. 162 heißt der König Marat. Brihadratha kommt im B.igve-da nur als Beiwort der Ushas, nicht der Marats vor, welche nur vidyu-dratha, prishadasva u. dgl. heißen. Vielleicht liegt eine Verwechslung dieser Epitheta vor. 2 Chand. 8,3,4, welche Stelle also hier, wie es scheint, von Maitri zitiert wird.

MAITRAYANA-UPANISHAD 405 unvergänglich, fest, ewig, ungeboren und frei ,auf seine eigene Größe sich gründet` [wie es Chand. 7,24,2 heißt], und er ist es, der diesen Leib mit Bewußtsein erfüllt und aufrichtet, und der auch sein Beweger ist.< - Da sprachen sie: >O Ehrwürdi¬ger, wie kann von diesem, wenn er ein solcher, gar nicht [dem Welttreiben] angehöriger, ist, dieser so beschaffene [Leib] mit Bewußtsein erfüllt und aufgerichtet werden, und wie kann er sein Beweger sein?< - Da sprach er zu ihnen: 5. 'Fürwahr, dieser Subtile, Ungreifbare, Unsichtbare, der da Purusha heißt, kehrt unwissentlich in diesem Leib ein mit einem Teil von sich, ähnlich wie bei einem Schlafenden das Erwachen unwissentlich erfolgt. Was aber dieser Teil von ihm ist, das ist eben jener rein Geistige, in den einzelnen Menschen Vorhandene, der Örtlichkeit Kundige (kshetrajna), welcher sich bekundet durch das Vorstellen [des Manas], das Entschließen [der Buddhi] und das Ichbewußtsein [des Ahamkara] als Pra-japati unter dem Namen Visva [der Individuelle, vgl. Mand. 3. Gaudap. 1,1-4. Vedantasara § 138]; und durch [ihn als] das Bewußtsein wird dieser Leib mit Bewußtsein erfüllt und auf-gerichtet, und er ist auch sein Beweger.< - Da sprachen sie: >O Ehrwürdiger, wenn durch diesen, der ein solcher, gar nicht [dem Welttreiben] angehöriger, ist, dieser so beschaffene [Leib] mit Bewußtsein erfüllt und aufgerichtet wird, und er sein Beweger ist, wie kann das geschehen?< - Da sprach er zu ihnen: 6. 'Prajapati, fürwahr, bestand allein zu Anfang. Er hatte kei¬ne Freude, da er allein war [vgl. Brih. 1,4,3]. Indem er seine Gedanken auf sich selbst richtete [sich zum Objekt der Er¬kenntnis machte, vgl. die Inic r@ocpri der Neuplatoniker], schuf 320 er die vielen Geschöpfe. Die sah er bewußtlos und leblos wie einen Stein, regungslos wie einen Baumstamm dastehen. Da hatte er keine Freude. Und er beschloß: ich will, um sie zum Bewußtsein zu erwecken, in sie hineinfahren. Da machte er sich selbst, wie ein Wind ist, und wollte in sie hineinfahren. Aber als einer vermochte er es nicht, [sondern erst] als er sich fünffach geteilt hatte; als solcher wird er Prana, Apdna, Samana, Udana,

406 YAJURVEDA

Vyana genannt. Nämlich derjenige, welcher nach oben hinaus-geht, das ist der Prana; und der nach unten geht, das ist der Apana; und der, durch welche diese beiden zusammengehalten werden, das ist der V,yana; und [derjenige, welcher], was an der Nahrung der gröbste Bestandteil ist', zum Apana abführt, und, [was] der feinstet, in jedes einzelne Glied überführt, das ist der Samana genannte. Doch ist unter diesen der Vyana sei¬ner Natur nach der letzte, und auch der Udana kommt seiner Entstehung nach noch dazwischen.3 Derjenige endlich, welcher das Getrunkene oder Gegessene entweder wieder ausbricht oder herunterschluckt, ist der Udana. Nun aber [so wie bei der Somapressung] das Upatisu-Gefäß dem Antaryama-Gefäß, und das Antaryama-Gefäß dem Upansu-Gefäß gegenübersteht, [und zwischen beiden der den Soma auspressende Upansusavana-Stein liegt,] so hat zwischen jenen beiden [Prana und Apana, welche dem UpaAi u-Gefäße und An-taryama-Gefäße verglichen werden4] der Gott die [dem Soma, der mittels des, dem Vyana entsprechenden4, Upansusavana-Steines gekeltert wird, vergleichbare] Hitze erzeugt [eigent 321 lich: gekeltert], und diese Hitze ist der Purusha, der Purusha aber ist der Agni Vailvdnara. Darum heißt es an einer anderen Stelle: ,Dieses ist das Feuer Vaisvanara (das allen Menschen gemeinsame), welches hier inwendig im Menschen ist, durch welches diese Nahrung verdaut wird, die man so ißt. Von ihm rührt jenes Geräusch her, welches man hört, wenn man sich so die Ohren zuhält. - Wenn er [der Atman] im Begriff steht, 1 yoyam sthavishtho dhatur annasya, in Anlehnung an Chand. 6,5,1: (an-nasya) ya4 sthavishtho dhatus, tatpurisham bhavati. 2 Es ist vielmehr der mittlere, welcher nach Chand. a.a.0. zu Fleisch wird. 3 Dieser vielleicht interpolierte Satz soll erklären, warum der Vyana in der Aufzählung vorher zuletzt steht. 4 Der Kommentator zitiert hierzu die Stelle Maitr. Samh. 4,5,6 (p. 72 Schr.): "Der Prana und Apana, fürwahr, sind der Upariiu und der Anta-rycima, und der Vyana ist der Uparisusavana, weil jene beiden Schöpf¬gefäße diesem Preßstein bis zur dritten Kelterung hin nicht von der Seite kommen."

MAITRAYANA-UPANISHAD 407 auszuziehen, so hört man jenes Geräusch nicht [mehr]` (Brih. 5,9; vgl. Chand. 3,13,8). Indem er [Prajapati] also sich fünffach teilte, barg er sich in der Höhle [des Herzens]. ,Geist ist sein Stoff, Leben sein Leib, Licht seine Gestalt, sein Ratschluß ist Wahrheit, sein Selbst der Äther` [wie es Chand. 3,14,2 heißt]. Er aber, aus diesem Herzensinnern heraus, da er seinen Zweck noch nicht erreicht hatte, verlangte: ,Ich will die Objekte genießen!' Darum brach er diese Löcher (Kath. 4,1), trat durch sie heraus und genießt mittels der fünf Zügel die Sinnendinge. Nämlich was diese Er-kenntnissinne (buddhi-indriydni) sind, das sind seine Zügel, und die Tatsinne (karma-indriydni) sind seine Rosse, sein Wa-gen ist der Leib, das Manas der Wagenlenker, aus Prakriti be-stehend ist seine Peitsche' ; denn von dieser angetrieben, tum-melt er sich um als dieser Leib, wie ein Rad. [angetrieben] vom Töpfer (vgl. Svet. 1,6), und so wird dieser Leib mit Bewußtsein erfüllt und aufgerichtet, und ebenso ist er sein Beweger. 7. Dieser Atman, fürwahr, wird in dieser Welt, wie die Weisen lehren (udanti, vgl. ishtam, Sô'yµa), von den hellen und dunklen Früchten der Werke nicht überwältigt (vgl. Kaush. 3,8, oben S. 50. Chand. 4,14,3, S. 127. Taitt. 2,9, S. 233. Brih. 4,4,22 usw.) Nur gleichsam (iva) durchwaltet er die einzelnen Leiber, weil er unoffenbar, subtil, unsichtbar, ungreifbar, selbstlos (nirma-ma) ist. Standortlos, hat er in dem Nichtrealen als Täter, ob¬gleich er Nichttäter ist, seinen Standort. Aber als rein, fest, un-wankbar, unbefleckbar, unentwegt, unbegehrend ,steht er da, wie ein Zuschauer, in sich selbst stehend'.2 Die Erfüllung [d. h. 322 die Vergeltung der Werke] genießend (ritabhuk, vgl. Kath. 3,1 ritam pibantau), sich selbst verstrickend in das aus den Gunas [Sattvam, Rajas, TamasJ geflochtene Gewebe, so steht er da, - so steht er da.( 1 Das ganze Bild ist, mit Modifikationen, entlehnt aus Kath. 3,3-4, wo Atman Wagenfahrer, der LeibWagen, die Buddhi Wagenlenker, das Ma¬nas Zügel, die Sinne Rosse, die Sinnendinge ihre Bahn sind. 2 prekshakavad avasthitah, svasthasca, vgl. Samkhya-karika, Vers 65: pra-kritim pasyati purushah, prekshakavad avasthitah, susthah.

  1. So stammt z. B. das Zitat 6,4 p. 86,3 (wenn es anders ein solches ist) aus einer Schrift, die selbst erst Kath. 6,1 zitiert; ebenso setzt eine in 6,1 p. 80,1 als Zitat auftretende Stelle Kath. 4,1 voraus.
  2. Viele derselben werden sich wohl nie nachweisen lassen, indem sie nur in freien Fortbildungen älterer vedischer Stellen oder Gedanken bestehen, an welche unser Autor anknüpft, um seine eigenen Gedanken zu entwickeln.