Ahimsa paramo dharmah: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Ahimsā paramo [[dharma]]h'''([[Sanskrit]]: अहिम्स [[ahimsa]] परमो [[para]]mo धर्म [[dharma]]) ''wörtl:'' "[[ahimsa|Gewaltlosigkeit]] ist die höchste Pflicht" | |||
== Ahimsa – Die Kraft der Gewaltlosigkeit == | |||
'''Nach den Lehren Swami Sivanandas''' | |||
=== Ahimsa in Gedanken, Worten und Taten === | |||
[[Ahimsa]] bedeutet, keinem Wesen Schaden zuzufügen – weder durch [[Gedanken]], Worte noch durch Taten. Es ist das höchste Prinzip in der Yogalehre des Weisen [[Patanjali]]. Deshalb steht es am Anfang seiner ethischen Unterweisungen. Wenn du Gewaltlosigkeit aufrichtig praktizierst, folgen alle anderen [[Tugenden]] von selbst. Dafür aber musst du die [[Selbstsucht]] überwinden. | |||
Man muss sich selbst – das [[Ego]] – abtöten und unbeweglich wie ein Fels werden. Wer seine Erregungen und Impulse meistert, schreitet voran auf dem Weg. Der Mensch kann schlimmer sein als eine Kobra: In seiner Zunge liegt ein Schwert, das die Herzen anderer verwunden kann. Wer Ahimsa übt, besitzt einen starken [[Wille]]n. In seiner Nähe vergeht jede [[Feindschaft]]. Selbst feindliche Tiere leben friedlich zusammen in seiner Gegenwart. | |||
=== Ahimsa als universelles Gelübde === | |||
Kein Schaden zuzufügen – Ahimsa Paramo Dharmah – ist die höchste aller Tugenden. Patanjali nennt in den [https://schriften.yoga-vidya.de/patanjali-raja-yoga-sutra/ Yoga-Sutras] fünf Yamas, die ethischen Grundregeln: | |||
Ahimsa, [[Satya]], [[Asteya]], [[Brahmacharya]], [[Aparigraha]]. | |||
Diese fünf zusammen bilden das [[Mahavrata]] – das große, universelle Gelübde. Und von allen ist Ahimsa die höchste Pflicht. | |||
„Ahimsa Mahavrata“ – Gewaltlosigkeit ist das große universelle Gelübde. | |||
Dieses Gelübde gilt nicht nur für Hindus, sondern für alle Menschen – Christen, Muslime, Buddhisten. Wenn du die Wahrheit verwirklichen willst, dann nimm das Gelübde auf dich: | |||
: '''„Ich will niemanden verletzen – nicht in Gedanken, nicht durch Worte, nicht durch Taten.“''' | |||
Oder positiv ausgedrückt: „Ich will eine positive [[Kraft]] im Leben aller Menschen sein. Ich will das Leben jedes Menschen, mit dem ich in Kontakt komme, auf gute Weise berühren.“ | |||
=== Die Kraft des Vorbilds === | |||
Ahimsa birgt eine verborgene Kraft, die all jene beschützt, die sich diesem Weg anvertrauen. Die unsichtbare Hand [[Gottes]] wacht über sie. Man braucht sich nicht zu fürchten – was können Pistolen und Schwerter einem wahren Schüler der Gewaltlosigkeit anhaben? | |||
Jesus lehrte in der [[Bergpredigt]]: | |||
„Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, halte ihm auch die andere hin. Und wenn jemand dein Hemd verlangt, gib ihm auch den Mantel.“ (Matthäus 5, 39–40) | |||
Auch [[Jayadeva]], der Autor des Gitagovinda, betete für die [[Befreiung]] der Feinde, die ihm die Hände abgeschnitten hatten, und beschenkte sie reich. Pavhari Baba brachte einem Dieb, der ihn bestohlen hatte, sogar noch mehr und nannte ihn ehrfürchtig »[[Narayana]]«. Der Dieb war beschämt, ließ vom Stehlen ab und wurde sein [[Schüler]]. | |||
=== Ahimsa üben – Schritt für Schritt === | |||
Erinnere dich an die [[Heilige]]n. Zügle zuerst deinen [[Körper]] – dann deine Rede. Fasse den festen Entschluss, nie mehr ein unfreundliches Wort auszusprechen. Du wirst oft versagen – doch wenn dein hundertster Versuch gelingt, bist du bereits am Ziel. Übe [[Schweigen]]. Übe [[Vergebung]] ([[Kshama]]). | |||
Sprich zu dir selbst: | |||
„Er handelt aus [[Unwissenheit]]. Ich will ihm [[vergeben]]. Was nützt es, wenn ich ihn beschimpfe? Irren ist menschlich – vergeben ist [[göttlich]].“ | |||
Gib den Wahn des [[Ichbewusstsein]]s ([[Abhimana]]) auf. Töte nicht Tiere – sondern deine Selbstsucht, dein Gefühl von „[[Ich]]“ und „Mein“. | |||
=== Vegetarismus und Mitgefühl === | |||
Wer stumme, wehrlose Tiere tötet, wird schwere [[Qualen]] erleiden. Manche behaupten, [[Gott]] habe Tiere zu ihrer Nahrung erschaffen. Doch was, wenn die Tiger sagen würden, Gott habe den Menschen zu ihrer Beute gemacht? | |||
Die [[vegetarische Ernährung]] ist nicht nur gesünder für den Körper, sondern auch [[heilsam]] für den Geist. Menschen, die keiner Fliege etwas zuleide tun, haben ein sanftes [[Herz]] – und sie werden das [[geistig]]e Ziel erreichen. | |||
=== Ahimsa in den Religionen der Welt === | |||
Ahimsa ist keine Idee einer einzelnen Tradition – sie ist das Herz aller [[Religionen]]: | |||
* Mahavira ([[Jainismus]]): | |||
: „Verletze kein Leben. Gewaltlosigkeit gegenüber allem Lebendigen ist das höchste Gesetz.“ | |||
* Gautama [[Buddha]]: | |||
:„Entwickle Liebe für alle Wesen, groß und klein. Liebe die Welt.“ | |||
* [[Moses]]: | |||
: „Du sollst nicht töten.“ | |||
* [[Jesus Christus]]: | |||
: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“ | |||
* [[Mohammed]] (Koran 6,38): | |||
: „Wer ein Leben schützt, ist wie jemand, der die ganze [[Menschheit]] gerettet hat.“ | |||
* [[Zarathustra]]: | |||
: „Ziehe das [[Gute]] dem [[Leid]], die Tugend dem Laster, das [[Licht]] der [[Dunkelheit]] vor.“ | |||
* [[Hinduismus]]: | |||
: „Das [[Selbst]] lebt in allen. Wenn du andere verletzt, verletzt du dich selbst. [[Liebe]] alle. [[Dienen|Diene]] allen. Beleidige niemanden – weder in Gedanken, Worten noch Taten.“ | |||
=== Die Tugend der Starken === | |||
Ahimsa ist kein Weg für Feiglinge. Sie ist eine Tugend der Starken und Mutigen. Nur wer auf [[Reichtum]], [[Ruhm]] und [[Besitz]] verzichtet, kann sie wahrhaft leben. Wenn dich jemand schlägt – hege keinen Gedanken an [[Vergeltung]]. Vergib. Gib Liebe für [[Hass]]. Vergelte Böses mit Gutem – so näherst du dich dem Göttlichen. | |||
=== Schlusswort === | |||
Ahimsa ist Wahrheit. Ahimsa ist Liebe. Ahimsa ist Freiheit. Praktiziere sie als dein großes Gelübde – unablässig, aufrichtig und mit offenem [[Herzen]]. | |||
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Aktuelle Version vom 25. Juni 2025, 14:21 Uhr
Ahimsā paramo dharmah(Sanskrit: अहिम्स ahimsa परमो paramo धर्म dharma) wörtl: "Gewaltlosigkeit ist die höchste Pflicht"
Ahimsa – Die Kraft der Gewaltlosigkeit
Nach den Lehren Swami Sivanandas
Ahimsa in Gedanken, Worten und Taten
Ahimsa bedeutet, keinem Wesen Schaden zuzufügen – weder durch Gedanken, Worte noch durch Taten. Es ist das höchste Prinzip in der Yogalehre des Weisen Patanjali. Deshalb steht es am Anfang seiner ethischen Unterweisungen. Wenn du Gewaltlosigkeit aufrichtig praktizierst, folgen alle anderen Tugenden von selbst. Dafür aber musst du die Selbstsucht überwinden.
Man muss sich selbst – das Ego – abtöten und unbeweglich wie ein Fels werden. Wer seine Erregungen und Impulse meistert, schreitet voran auf dem Weg. Der Mensch kann schlimmer sein als eine Kobra: In seiner Zunge liegt ein Schwert, das die Herzen anderer verwunden kann. Wer Ahimsa übt, besitzt einen starken Willen. In seiner Nähe vergeht jede Feindschaft. Selbst feindliche Tiere leben friedlich zusammen in seiner Gegenwart.
Ahimsa als universelles Gelübde
Kein Schaden zuzufügen – Ahimsa Paramo Dharmah – ist die höchste aller Tugenden. Patanjali nennt in den Yoga-Sutras fünf Yamas, die ethischen Grundregeln:
Ahimsa, Satya, Asteya, Brahmacharya, Aparigraha.
Diese fünf zusammen bilden das Mahavrata – das große, universelle Gelübde. Und von allen ist Ahimsa die höchste Pflicht. „Ahimsa Mahavrata“ – Gewaltlosigkeit ist das große universelle Gelübde.
Dieses Gelübde gilt nicht nur für Hindus, sondern für alle Menschen – Christen, Muslime, Buddhisten. Wenn du die Wahrheit verwirklichen willst, dann nimm das Gelübde auf dich:
- „Ich will niemanden verletzen – nicht in Gedanken, nicht durch Worte, nicht durch Taten.“
Oder positiv ausgedrückt: „Ich will eine positive Kraft im Leben aller Menschen sein. Ich will das Leben jedes Menschen, mit dem ich in Kontakt komme, auf gute Weise berühren.“
Die Kraft des Vorbilds
Ahimsa birgt eine verborgene Kraft, die all jene beschützt, die sich diesem Weg anvertrauen. Die unsichtbare Hand Gottes wacht über sie. Man braucht sich nicht zu fürchten – was können Pistolen und Schwerter einem wahren Schüler der Gewaltlosigkeit anhaben?
Jesus lehrte in der Bergpredigt:
„Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, halte ihm auch die andere hin. Und wenn jemand dein Hemd verlangt, gib ihm auch den Mantel.“ (Matthäus 5, 39–40)
Auch Jayadeva, der Autor des Gitagovinda, betete für die Befreiung der Feinde, die ihm die Hände abgeschnitten hatten, und beschenkte sie reich. Pavhari Baba brachte einem Dieb, der ihn bestohlen hatte, sogar noch mehr und nannte ihn ehrfürchtig »Narayana«. Der Dieb war beschämt, ließ vom Stehlen ab und wurde sein Schüler.
Ahimsa üben – Schritt für Schritt
Erinnere dich an die Heiligen. Zügle zuerst deinen Körper – dann deine Rede. Fasse den festen Entschluss, nie mehr ein unfreundliches Wort auszusprechen. Du wirst oft versagen – doch wenn dein hundertster Versuch gelingt, bist du bereits am Ziel. Übe Schweigen. Übe Vergebung (Kshama).
Sprich zu dir selbst:
„Er handelt aus Unwissenheit. Ich will ihm vergeben. Was nützt es, wenn ich ihn beschimpfe? Irren ist menschlich – vergeben ist göttlich.“ Gib den Wahn des Ichbewusstseins (Abhimana) auf. Töte nicht Tiere – sondern deine Selbstsucht, dein Gefühl von „Ich“ und „Mein“.
Vegetarismus und Mitgefühl
Wer stumme, wehrlose Tiere tötet, wird schwere Qualen erleiden. Manche behaupten, Gott habe Tiere zu ihrer Nahrung erschaffen. Doch was, wenn die Tiger sagen würden, Gott habe den Menschen zu ihrer Beute gemacht?
Die vegetarische Ernährung ist nicht nur gesünder für den Körper, sondern auch heilsam für den Geist. Menschen, die keiner Fliege etwas zuleide tun, haben ein sanftes Herz – und sie werden das geistige Ziel erreichen.
Ahimsa in den Religionen der Welt
Ahimsa ist keine Idee einer einzelnen Tradition – sie ist das Herz aller Religionen:
- Mahavira (Jainismus):
- „Verletze kein Leben. Gewaltlosigkeit gegenüber allem Lebendigen ist das höchste Gesetz.“
- Gautama Buddha:
- „Entwickle Liebe für alle Wesen, groß und klein. Liebe die Welt.“
- „Du sollst nicht töten.“
- „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“
- Mohammed (Koran 6,38):
- „Wer ein Leben schützt, ist wie jemand, der die ganze Menschheit gerettet hat.“
- „Ziehe das Gute dem Leid, die Tugend dem Laster, das Licht der Dunkelheit vor.“
- „Das Selbst lebt in allen. Wenn du andere verletzt, verletzt du dich selbst. Liebe alle. Diene allen. Beleidige niemanden – weder in Gedanken, Worten noch Taten.“
Die Tugend der Starken
Ahimsa ist kein Weg für Feiglinge. Sie ist eine Tugend der Starken und Mutigen. Nur wer auf Reichtum, Ruhm und Besitz verzichtet, kann sie wahrhaft leben. Wenn dich jemand schlägt – hege keinen Gedanken an Vergeltung. Vergib. Gib Liebe für Hass. Vergelte Böses mit Gutem – so näherst du dich dem Göttlichen.
Schlusswort
Ahimsa ist Wahrheit. Ahimsa ist Liebe. Ahimsa ist Freiheit. Praktiziere sie als dein großes Gelübde – unablässig, aufrichtig und mit offenem Herzen.