Lakulisha
Lakulisha (Sanskrit: Lakuliśa, लकुलिश) Etymologie: लगुड (Stock), लकुट (Keule), ईश Gott) bedeutet somit “Der Gott mit einem Stock oder einer Keule oder einem Knüppel oder einem Stab”) war ein bekannter “Shaivite-Wiederbeleber”, ein Reformator und ein Lehrer der Lehren von den Pashupatas, die einer der ältesten Glaubensrichtungen des Shaivismus zugeordnet werden. Lakulisha wird auch als “Nakulisha” in mehreren Texten des Cintra Prashasti bezeichnet, die während der Herrschaft von Sarangadeva entstanden, wobei der Letztere wahrscheinlich der Ältere ist.
Von mehreren Gelehrten wird Lakulisha als der Gründer der Pashupata Shaivismus Glaubensrichtung angesehen. Allerdings gibt es auch eine andere Gruppe von Gelehrten, die argumentiert, dass die Pashupata-Lehre bereits vor Lakulisha existierte und auch bereits verbreitet war. Er war aus deren Sicht lediglich der erste formelle Lehrer oder Präzeptor („Glaubensvorsteher“). Es wird allgemein angenommen, dass er in einer Brahmanen-Familie geboren wurde und in Kayavatara oder Kayavarohan (heutiges Karvan) aufwuchs, dieser Ort gehört zu der Provinz Vadodara im Bundesstaat Gujarat im westlichen Teil Indiens.
Gemäß der Tradition, die sich auf die Linga Purana beruft, wird Lakulisha als der 28. und letzte Avatar oder Manifestation von Shiva angesehen und als einer der Förderer des Yoga Systems betrachtet. Und in Übereinstimmung mit dieser Tradition hatte Lakulisha vier Schüler, nämlich: Kaurushya, Garga, Mitra und Kushika. In einer anderen Tradition, der Avanti Khanda der Skanda Purana, heißt es, dass Lakulisha und dessen vier Schüler einen Linga installierten, während sie Mahakalavana passierten und dieser Ort heißt seitdem Kayavarohaneshvara. Sowohl die Kurma Purana (Kapitel 53), als auch die Vayu Purana (Kapitel 23) und auch die Linga Purana (Kapitel 24) sagten voraus, dass Shiva (Maheshvara) wieder auf der Erde erscheinen wird in der Form eines Wandermönches mit dem Namen “Lakulin“ oder „Nakulisha“. Und dass er vier Schüler haben würde, diese würden die Namen Kushika, Garga, Mitra und Kanrushya tragen. Diese würden die Glaubensrichtung des Pashupati wieder erneuern und wiederbeleben, deshalb werden sie auch als "Pashupata(s)" bezeichnet. Lakulisha war somit die Erfüllung dieser göttlichen Vorhersagen. Gemäß der Vayu Purana V. 1.23.202-214, war Lakulisha ein Zeitgenosse von Veda Vyasa und Krishna. Er war die 28. Inkarnation von Rudra (Shiva).
Sein Leben
Alain Daniélou beschreibt, dass Lakulisha ein Ajivaka war, der den Shaivismus förderte und den vorarischen Indus-Zivilisationskult wiederbelebte. Lakulisha vereinte die unterschiedlichen Shaivite Glaubensrichtungen, die im Halbgeheimen oder fast Verborgenem für mehrere Jahrhunderte überlebt hatten unter dem Namen des/r Pashupata(s) (Pashupata - Bedeutung: Anhänger von Pashupati, den Herrn der Tiere oder auch der Bestien).
Von Lakulisha wird berichtet, dass er in Gujarat geboren wurde und den Shaivismus verbreitete. Es wird ferner vermerkt, dass die Thesen von Lakulisha denen von Gosala widersprechen. Ebenso lehnte Lakulisha den Vedismus, den Jainismus und insbesondere den Buddhismus ab. Lakulisha wird zugeschrieben, dass er die Hatha Yoga Praktika und den Tantrismus gefördert hat und auch den kosmologischen Theorien oder Konzepten des Samkhya nahe gestanden hat. Und somit auch die Dualität, die mit den Samkhya Grundsätzen verbunden ist, unterstützt hat.
Historischer Kontext
Ungefähr im ersten Jahrhundert nach Chr. wurde der Lakulisha Kult mit der graphischen oder ikonographischen Darstellung Shiva mit einem Stock oder einem Knüppel etabliert. Etwa zweihundert Jahre später wurde dann Lakulisha allgemein akzeptiert als einer der Avatare von Shiva.
Eine Säule, die von Chandragupta dem Zweiten, in Mathura um etwa 380 n. Chr. errichtet wurde, besagt, dass ein “Guruvayatana” (d.h. eine Wohnstätte der Gurus) von einem bestimmten Uditacharya erbaut wurde. Dieser war der Vierte in der Folge der Lehrer-Schüler Beziehungen, die sich auf einen Lehrer der Pashupata Sekte mit Namen Parashara beziehen. Dieser selbst war wiederum der Sechste in der Folge von Kushika. Und wenn dieser Kushika einer der vier Schüler von Lakulisha war, so wie dies in der Linga Purana beschrieben ist, so muss damit Kushika etwa um das Jahr 125 n. Chr. gelebt und gewirkt haben.
Der bekannte und angesehene Epigraph John Faithfull Fleet berichtet, dass in Nordindien die Kushana Herrscher, wie z.B. Huvishka (etwa 140 n.Chr.) die Abbildungen von Herkules auf ihren Münzen durch Abbildungen von Shiva ersetzt haben und die Abbildungen Herakles durch Bilder von Lakulisha.
Mit Beginn des vierten Jarhunderts nach Christus und dem Beginn der Herrschaft von Chandragupta Maurya, sind vermehrt Bilder und Darstellungen von Lakulisha zu finden. Diese stellen ihn oft als nackten Yogi dar, der einen Stab oder Stock in seiner linken Hand hält und eine Zitrone in seiner rechten Hand. Ebenso hat er einen geschwollenen Lingam (Urdhvalinga/ Urdhva-reta: Dieser geschwollene Lingam repräsentiert die Lebenskraft), und er sitzt oder auch steht in der Lotus-Haltung. Ab etwa dem Beginn des elften Jahrhunderts verlagern sich die Aktivitäten des Lakulisha Kultes nach Südindien.
Eine Sekte der Pashupata Asketen, die von Lakulisha (oder auch Nahulisa) gegründet wurde, wird durch viele Inschriften aus dem 5. Jahrhundert bestätigt. Und diese ist damit eine der ältesten Sekten oder Orden des Shaivite Hinduismus. Die heutige christliche Pentecostal Bewegung ist sehr vergleichbar mit der oben genannten Lakulisha Pasupata Sekte. Beide haben vergleichbare Verhaltensweisen wie beispielsweise das Sprechen mit „verschiedenen“ Zungen, Visionen, Offenbarungen und sogar heiligem Lachen.
Der Einfluss auf Philosophie und Religion
Der Autor M. R. Sakhare führt in seinem Buch “The History and Philosophy of Lingayat Religion” aus, dass der Einfluss von Lakulisha immens war und dass sich dieser schnell verbreitete. Zuerst in Nordindien und dann später auch gerade in Südindien. Die Wiederbelebung des “Shaivite” Kultes, die auch stark von den Bharashiva Nagas gefördert wurde (Diese trugen den Lingam auf ihren Schultern, etwa in der Zeit von 305 bis 310 n. Chr. siehe dazu auch „A Journey Through India's Past: Chandra Mauli Mani of Mathura and Vakataka dynasty in Central and Northern India“), verbreitete sich dann allmählich in den Süden unter dem Einfluss von Kunsthandwerkern, die Kunstgegenstände der Shaiva Mystik herstellten, den sog. Nayanars.
Lehren
Die Lakulisha Pashupata wird kategorisiert als “Dualistischer-cum-Non-dualistischer Monismus” (Bheda Abheda) Shaivismus, und darin gibt es eine starke Betonung des Yoga-Systems. Der Haupttext der Pashupata Sekte, das Pashupata Sutra wird Lakulisha zugeschrieben. Die entsprechenden Manuskripte von diesem Text mit einem dazugehörigen Kommentar, das Pancartha Bhaya von Kaundinya (etwa um 500 n. Chr.) wurden im Jahre 1930 gefunden. Das Pashupata Sutra formalisiert verschiedene Regeln der Pashupata Sekte, und es enthält auch die grundsätzliche Theologie dieser Sekte. Dennoch war die Autorenschaft für die Pashupata Sutras von Lakulisha eine Debatte. Denn diese Pashupata Sutras haben einen archaischen oder altertümlichen Charakter, und sie tragen nicht den Namen ihres Autors. Auch wenn einige Traditionen Lakulisha als deren Autor ansehen, so gibt es doch keine interne schriftliche Bestätigung in diesen Sutras selbst, die darauf hindeuten könnten. Auch die Kommentare von Kaundinya sagen dazu nur das Folgende:
“...Tatha shishta pramanyat kamitvad ajatatvach cha, Manushya-rupi bhagavan brahmana-kayam asthaya kayavatarane avatirna iti | Tatha padbhyam ujjayinim praptah..” Dieses Zitat besagt, dass Shiva sich in der Form eines Menschen inkarnierte und dabei den verstorbenen Körper eines Brahmanen in dem Dorf Kayavatara annahm, anschließend wanderte er von dort aus nach Ujjain.
Dieser Umstand passt zu den Geschichten, die in den Puranas und in der Karvana Mahatmya erzählt werden. In diesen inkarnierte sich Lakulisha in Kayavarohana in dem Dorf Karvane. Dennoch wird - anders als in den späteren Erzählungen - nie der Name Lakulisha explizit erwähnt. Auch wenn sogar in den späteren Linien Kaundinya sagt, dass Shiva in der Form des Brahmanen dann dem Schüler Kushika gegenüber Shastra gewährte. Lediglich in den darauffolgenden Pashupata Texten, (Ratna Tika und Gana Karika), taucht dann die Erwähnung von Lakulisha als dem Begründer des Pashupata Systems auf. Dies alles wirft dann die Frage auf, ob Lakulisha wirklich der Autor dieser Sutras gewesen sein kann.
Jenseits der ungeklärten oder der fraglichen Autorenschaft der Sutras, wird die philosophische Doktrin der Pashupata(s) wie sie klar von Lakulisha formuliert wurde, als „Ishvara Kartri Vadaha“ (dies bedeutet „Die kreative Kraft des uneingeschränkten Individuums“) bezeichnet. Diese Doktrin wird erstmals im neunten Jahrhundert zitiert von Adi Shankaracharya in dessen Kommentaren zu den Brahma Sutras (3.2.37). Eine Analyse dazu findet sich auch in den Haupttexten des Pashupata Textes, nämlich der Gana Karika des Haradatta, und auch in dem Kommentar von Kaundinya, der als Panchartha Bhashya bezeichnet wird (dies bedeutet: „Kommentar über die fünf Subjekte“). Ramanuja rechnete diese Philosophie der Tradition der Kalamukha(s) zu, der Sekte der “Schwarzen Gesichter”, zu der auch Lakulisha gehörte. Diese Nakulisha Pashupata Doktrin ist in sechs Teile aufgeteilt, dies sind bekannt als Karana (Ursache), (2) Karya (Aufgabe), (3) Kala (Teilbarkeit), (4) Vidhi (Methode), (5) Yoga (Einheit), und schließlich (6) Dukhanta (Ende des Leidens).
Gemäß einigen seiner Schülern, modifizierte Lakulisha die Maheshwara Doktrin, in dem er unterschiedliche Interpretationen zu all den fünf wesentlichen Konzepten in der Doktrin erstellte und dabei eine besondere Aufmerksamkeit auf die jeweiligen Formen des Verhaltens, das in jeder dieser fünf Stufen angepasst werden sollte, legte. Denn diese fünf Stufen führen einen Aspiranten von der Initiation oder seiner Einweihung bis zur Erreichung der uneingeschränkten Kräfte bezüglich des Wissens, dem Wollen und dem Handeln auf dieser Erde. Diese Doktrinen der Lakulisha Pashupatas werden detailliert in dem “Sayana Madhava's Sarva Darshana Sangraha (S. 108, Cowell & Gough) und dem „Sarva-Darsana-Samgraha by Sayana-Madhava“ (auch von E.B. Cowell) beschrieben.
Ikonographie und Bildnisse
Lakulisha, der als eine Inkarnation von Shiva verehrt wird, wird in der Zeit vom 6. bis zum 8. Jahrhundert n. Chr. oft dargestellt vor einem Lingam, ebenso in der mittelalterlichen Zeit in den Tempeln in Kayavarohana und Timberva in Gujarat. Diese Ikonen sind auch weitere Beispiele dafür, dass diese Lingams Bildnisse darstellen. D.R. Bhandarkar erwähnt in seinen oben genannten Veröffentlichungen, dass das Bildnis im Allerheiligsten oder im Innersten des Lakulishvara Tempels in Karvan ist die „gemeinsame Darstellung von Brahmeshvara und Lakulisha, die damit die Aussage im Mahatmya bestätigt, dass sich Lakulisha selbst mit Brahmeshvara vereinigt hat". Brahmeshvara bezieht sich somit auf dem Shiva-Lingam. Lakulisha wird ebenfalls mit Mahesha (Shiva) in der Mahatmya gleichgesetzt und in den Bildnissen in mehreren Tempeln in Orissa und Rajasthan entsprechend dargestellt. Das heißt also, dass die Darstellungen von Lakulisha zusammen mit dem Lingam, wie auch in anderen Darstellungen, beides kombinieren, nämlich die Sakala (mit Form und manifest) und die Nishkala (formlos und unmanifest) Aspekte von Shiva.
Lakulisha Bildnisse werden auch in Saurastra, Gujarat, und auch in einigen Teilen im östlichen Indien gefunden. Dabei stellen einige dieser Darstellungen Lakulisha als einen unbekleideten Yogi dar, der eine Gebetskette, einen Stock und ein Gefäß, welches aus einem menschlichen Schädel gefertigt ist, mit sich führt. Lakulisha wird dabei oft von Tieren begleitet. Und fast alle der Lakulisha Bildnisse sind Urdhva Retah (ithyphallisch).
Bilder von Lakulisha wurden auch an den Wänden der großen Halle in den Elephanta-Höhlen gefunden. Dies legt nahe, dass diese Höhlen auch dem Pashupata Shaivismus zugeordnet werden könnten. Außerdem wurden Darstellungen von Lakulisha in der Laxmaneswar Gruppe der Tempel in Bhubaneswar gefunden, insbesondere in den Satrughneswar, Bharateswar und Laxmaneswara Tempeln.
Siehe auch
Literatur
- Swami Sivananda: Die Kraft der Gedanken; Books. ISBN 3-922477-94-1
- Swami Sivananda: Shrimad Bhagavad Gita, Erläuternder Text und Kommentar von Swami Sivananda; Mangalam Books. ISBN 3-922477-06-2
- Swami Sivananda: Hatha-Yoga / Der sichere Weg zu guter Gesundheit, langem Leben und Erweckung der höheren Kräfte; Heinrich Schwab Verlag. ISBN 3-7964-0097-3
- Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis; Mangalam Books. ISBN 3-922477-00-3
- Swami Sivananda: Sadhana; Mangalam Books. ISBN 3-922477-07-0
- Swami Sivananda: Autobiographie von Swami Sivananda; Bad Mainberg 1999. ISBN 3-931854-24-8
Weblinks
- Swami Sivananda
- Swami Vishnu-devananda
- Paramahamsa Yogananda
- Anandamayi Ma
- Shankara
- Swami Chidananda
- Swami Krishnananda
- Ramana Maharshi
- Poonjaji
- Mata Amritananda Mayi
- Sathya Sai Baba
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