Viveka

Aus Yogawiki

Viveka (Sanskrit, विवेक viveka m. "Unterscheidungskraft") ist eines der vier Sadhana Chatushtaya (Eigenschaften, die ein spiritueller Schüler braucht): Die Unterscheidungskraft zwischen Ewigem und Vergänglichem (Nitya und Anitya), Wirklichkeit und Unwirklichkeit (Sat und Asat), Selbst und Nicht-Selbst (Atma und Anatma), Vergnügen und Wonne (Ananda).


Wirklich oder Unwirklich?

Der menschliche Geist ist geprägt von Maya. Die Wahrnehmung der Welt geschieht durch die Sinne, die subjektiv und begrenzt funktionieren. Aus den Wahrnehmungen entwickelt der Geist eine feste Vorstellung von der Welt, die jede neue Situation aus diesen Erfahrungen interpretiert und sich zurechtlegt. Dadurch bleibt die Wahrheit stets verschleiert. Nur durch den Abstand zu dem eigenen Geist kann die Täuschung überwunden und Viveka erreicht werden. Nur ohne die Identifikation mit der Situation und dem Denken, Wollen und Fühlen erreicht der Geist ein Bewusstsein, das als Beobachter unabhängig das momentane Sein betrachtet. Es entsteht ein entspannter Raum zwischen dem eigentlichen Selbst und dem Tun. Hier kann der Mensch erkennen, dass das Unwirkliche vergänglich ist, da es innerhalb der Zeit nicht besteht, während das Wirkliche durch alle drei Zeiten (Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft) bleibt. Nun kann der Mensch sich von der Täuschung befreien, dass er selbst die Person ist, die agiert und fühlt, und von dem Verlangen nach den kurzzeitigen Vergnügungen im Spiel der Maya.


Swami Sivananda über Viveka in seinem Buch "Göttliche Erkenntnis"

"Viveka ist die Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen (Sat und Asat), dem Dauerhaften und dem Vergänglichen (Nitya und Anitya). dem Selbst und dem Nichtselbst (Atman und Anatman). Viveka darf keine kurzlebige oder zufällige Laune des Aspiranten sein. Ein Viveki (ein Mensch mit Unterscheidungskraft) ist immer achtsam und lässt sich nie in etwas verstricken. Viveka gibt innere Stärke und geistigen Frieden. Aus Viveka entsteht Vairagya."


Worte aus der Bhagavad Gita Kapitel 13:

Hier spricht Krishna über die Unterscheidungskraft zwischen der ewigen Seele (Purusha) und dem vergänglichen Körper, den er als das Feld bezeichnet:

Vers 29: Nur wer sieht, dass alle Handlungen allein von der Natur ausgeführt werden, und dass das Selbst handlungslos ist, sieht wirklich.
Vers 30: Wenn ein Mensch die ganze Vielfalt der Wesen in dem Einen ruhen sieht und auch sieht, dass sie daraus entstehen, wird er Brahman.
Vers 34: Menschen, die durch das Auge des Wissens den Unterschied zwischen dem Feld und dem Kenner des Feldes wahrnehmen und auch die Befreiung von der Natur des Seins, gehen zum Höchsten über.


Aus einem Artikel des Yoga Vidya Journal von Sukadev Bretz

"Viveka" umfasst verschiedene Formen der rechten Unterscheidung:

  • Unterscheidung zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen: Dazu muss man natürlich der Überzeugung sein, dass es etwas Ewiges gibt. Denn alles, was wir sehen, ist vergänglich. Alles, was einen Anfang hat, hat ein Ende. Viveka heißt, dass wir die Überzeugung gefunden haben, dass es etwas Ewiges geben muss.
  • Unterscheidung zwischen dem, was Vergnügen und vergängliche Freude ist, und dem, was uns dauerhaftes Glück beschert,
  • Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst.

"Viveka" versus Vairagya

Vairagya ist emotional, Viveka ist verstandesmäßig. Bei Viveka weiß man, es gibt irgendwo einen Berg. Aber dann muss man ihn auch besteigen. Das geschieht dank Vairagya. Solange man sich auf Subecha befindet, schaut man sich den Berg an, liest alle Reisebeschreibungen, nimmt vielleicht noch ein Fernglas und geht mal 100 Meter hoch, um sich dann unten wieder auszuruhen. In Vairagya weiß man, dass der Sumpf, in dem man steckt, auf die Dauer nicht gut ist. Oder aber, das wunderschöne Leben im Tal reicht nicht aus. Man will auch mal auf den Berg steigen. Es reicht nicht aus, ihn immer nur von unten zu betrachten. Erst auf der nächsten Stufe des spirituellen Weges, auf Vicharana, begibt man sich tatsächlich auf den Weg.

Wenn du Gott verehrst, vertrauensvoll seinen Lehren folgst, wissend, dass du Fehler machen wirst und den hohen Ansprüchen vermutlich in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten nicht ganz gerecht werden kannst, bemühst du dich trotzdem. Aus dieser Hingabe heraus wächst du und kommst irgendwann zur echten Unterscheidung (Viveka). Wenn du zu dieser echten Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen kommst, ist es nicht eine gekünstelte und abgehobene Unterscheidungskraft, sondern eine, die auch mit Gefühlen und Emotionen verbunden ist, eine, die du im Alltag leben kannst.


Siehe auch


Literatur

Weblinks

Seminare

Multimedia (Video,Mp3)

Meditation über Verse aus dem Viveka Chudamani

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