Jakob Wilhelm Hauer

Aus Yogawiki

Jakob Wilhelm Hauer, 1881-1962, war deutscher Indologe und Religionswissenschaftler. Er gilt als Pionier der wissenschaftlichen Yoga Forschung und verfasste grundlegende indologische Publikationen zum Yoga. Sein wichtigstes Buch "Der Yoga" gilt bis heute als Grundlagenwerk zum Verständnis des historisch gewachsenen Yoga. Jakob Wilhelm Hauer war aber auch völkisch-rassistisch, Gründer der "Deutschen Glaubensbewegung", Verfasser verschiedener antisemitischer und anti-anthroposophischer Schriften.

Jakob Wilhelm Hauer, Indologe, 1881-1962

Er war mitbeteiligt an den Aktionen gegen Anthroposophie, verschiedene Yogalehrende, Astrologen und Okkultisten nach dem Flug von Rudolf Heß nach Schottland ("Astrologen-Razzia"). Ihm gelang es Jakob Wilhelm Hauer trotz seiner klaren Nazi-Vergangenheit nach dem zweiten Weltkrieg wieder zu einer gewissen Anerkennung.

Die Werke von Jakob Wilhelm Hauer erschienen auch unter den Namen Jacob Wilhelm Hauer, Wilhelm Hauer, J. Wilhelm Hauer, J.W. Wilhelm Hauer, Jakob W. Hauer.

Leben von Jakob Wilhelm Hauer

Kindheit

Jakob Wilhelm Hauer wurde geboren am 4. April 1881 in Ditzingen. Seine Eltern waren Pietisten, also evangelische Christen, die ihren Glauben sehr ernst nahmen. Jakob Wilhelm Hauer ging zunächst als Gipser in den elterlichen Betrieb.

Als Missionar in Indien

Zwischen 1900-1906 wurde Jakob Wilhelm Hauer im Basler Missionshaus zum Missionar ausgebildet. 1907-1911 wurde er Leiter einer höheren Schule (Missionsschule) in Indien. So machte er seine ersten Kontakte mit Yoga, Hinduismus und Buddhismus.

Studium der Indologie, akademische Laufbahn

Jakob Wilhelm Hauer begann 1911 in Tübingen mit dem Studium klassischer Sprachen, Sanskrit, Philosophie und Religionsgeschichte. Dann ging er nach Oxford ging, um dort sein Studium fortzusetzen. Hier wurde er kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs als Deutscher interniert. Schon 1915 wurde Jakob Wilhelm Hauer gegen einen Kriegsgefangenen ausgetauscht und kam zurück nach Deutschland.

1918 promovierte er an der Universität in Tübingen.

1921 erfolgte Jakob Wilhelm Hauers Habilitation in Indologie und Religionswissenschaften an der Universität Tübingen.

Ab 1925 war Jakob Wilhelm Hauer für 2 Jahre außerordentlicher Professor in Marburg.

1927-1945 war Jakob Wilhelm Hauer Ordinarius in Tübingen und lehrte dort Religionswissenschaften und Indologie.

Kirchliches Engagement

Jakob Wilhelm Hauer beabsichtigte, Pfarrer zu werden. Er war von 1915-1919 in der Württembergischen Kirche tätig. Er gab dann aber den Wunsch auf, Pfarrer zu werden.

Jakob Wilhelm Hauer setzte sich ein für eine Neuorientierung der evangelischen Kirche. Er kritisierte die aus seiner Sicht überholten Strukturen und die lebensfeindliche Dogmatik. So engagierte er sich in der Kriche und auch in der ökumenischen Friedensbewegung. Jakob Wilhelm Hauer vertrat dabei recht liberale bis religiös sozialistische Ansichten.

Allmählich entfernte sich Jakob Wilhelm Hauer vom Christentum. Immer mehr mündete sein Religionsverständnis in der "prophetischen Verkündigung einer neuen Religion".

Gründung des Bundes der Köngener

Im Jahre 1920 gründete Jakob Wilhelm Hauer den Bund der Köngener. Dieser verband traditionelle evangelische Jugendpflege sowie in der Jugendbewegung und Pietismus zu einem „freien Protestantismus“. Hauer leitete den Köngener Bund bis 1934. Der Köngener Bund wollte nach der Ernüchterung nach dem Ersten Weltkrieg neue Richtung und Ziel geben. Der Köngener Bund fand, von Aufbruchstimmung und jugendlicher Begeisterung getragen, zahlreiche Anhänger in Deutschland. Zu ihnen gehörten auch Hermann Hesse und Gerhard Gollwitzer.

Mit und im Bund der Köngener stand Hauer in einem „deutschvölkischen Diskurs“. Hauer pflegte einen Nonkonformismus auch durch Kleidung und Lebensstil. In dem jugendlichen Umfeld der Köngener wurde Jakob Wilhelm Hauer Respekt und Verehrung entgegengebracht. In der eher konservativen Kirche und Universität geriet er dadurch mehr und mehr in die Rolle eines Außenseiters.

Jakob Wilhelm Hauer war Herausgeber der Zeitschriften Unser Weg (1920–27), danach Die kommende Gemeinde (1928–33). Letztgenannte Zeitschrift stand Pate bei der Erweiterung des Bundes der Köngener zum Freundeskreis der kommenden Gemeinde. Hauer setzte sich dabei für asiatische Religionen wie Hinduismus und Buddhismus ein und übernahm zu diesem Zweck 1927 den Vorsitz des von Rudolf Otto gegründeten Religiösen Menschheitsbunds. Jakob Wilhelm Hauer gewann mehr und mehr die Überzeugung, dass die jüdisch-christliche Religion dem germanischen Volk übergestülpt worden sei und dass es darum gehe, wieder zu den Wurzeln zurückzukehren, die in den indischen Religionen zum Teil noch vorfindbar seien.

Jakob Wilhelm Hauer als führender Indologe und Yoga Experte seiner Zeit

Jakob Wilhelm Hauer galt als ein bekannter, vielleicht sogar führender Indologe in den 1920er und 1930er Jahren. Er stand in lebhaftem Austausch mit für östliche Kultur, Philosophie und Religion offenen Intellektuellen wie Carl Gustav Jung, Hermann Hesse, Martin Buber und Hermann Graf Keyserling und natürlich mit anderen Indologen wie Helmuth von Glasenapp und Heinrich Zimmer.

Jakob Wilhelm Hauer schrieb 1922 das Werk "Die Anfänge der Yogapraxis im alten Indien" und 1932 "Der Yoga als Heilweg", in späteren Ausgaben meist als "Der Yoga" bezeichnet.

Mit diesen Werken legte er eine Grundlage des Verständnisses von Yoga im westlichen Denken.

Bis heute wird Jakob Wilhelm Hauer als Indologe und Yoga Experte insbesondere in Amerika in hohen Ehren gehalten. Der bekannte Yoga Experte Georg Feuerstein zitiert ihn in seinem Werk "Die Yoga Tradition" an vielen Stellen.

Yoga Verständnis von Jacob Wilhelm Hauer

J.W. Hauer war auf der einen Seite Wissenschaftler. Ihm ging es um die wissenschaftliche Ergründung und das Verständnis des Yoga.

Andererseits war J.W. Hauer ein religiöser Mensch mit einem eigenen Verständnis für Religion, Spiritualität. Damit hatte er auch eine recht eigene Interpretation des Yoga - womit er auch für viele andere Yoga Interessenten prägend wurde.

Hauer hatt eine politisch-religiöse Weltsicht, in der Rasse und Religion, Deutscher Glaube und Pflichterfüllung, später auch gegenüber dem Führer und dem nationalsozialistischen Regine zentral waren.

Jacob Wilhelm Hauer war, wie viele andere seiner Zeit, dem Raja Yoga sehr zugetan. Noch wichtiger als die dort beschriebene Meditation und Geistesschulung war ihm die Tat. Daher schätzte er auch die Bhagavad Gita als Schrift des Karma Yoga im Sinne von Pflichterfüllung.

Entstehung des Yoga laut Jakob Wilhelm Hauer

Hauer schrieb den Beginn des Yoga den aus Zentralasien nach Nordindien einwandernden arischen Völkern zu, von denen er annahm, dass sie Krieger waren. Er bezog sich dabei auf die Rausch- und Ekstase-Zustände, die in den Veden beschrieben werden.

Metaphysik des Kampfes und der Tat

Jacob Wilhelm Hauer sah den Beginn des Yoga in Kriegervölkern und dachte, dass die Bhagavad Gita die indoarische Metaphysik des Kampfes und der Tag asdrückte. So ging Hauer davon aus, dass man über die Tat, weniger über die Meditation, zur Einsicht und zur wahren Erkenntnis kommen würde.

Jacob Wilhelm Hauers Yoga Praxis

Jacob Wilhelm Hauer praktizierte einige Jahre recht regelmäßig Yoga. Allerdings scheint er ab der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 davon abgekommen zu sein, wie Mathias Tietke beschreibt (Quelle siehe unten).

Jacob Wilhelm Hauer und Vratyas

Für Jacob Wilhelm Hauer spielten Vratyas eine wichtige Rolle in der Religion Indiens. Ein Vratya ist ein durch ein Vrata, also ein Gelübde, zusammengehaltener Bund. Insbesondere in den Veden spielen Vratyas als besondere Bruderschaften bzw. Männerbünde eine gewisse Rolle. In den meisten Vratyas wurde besonders Rudra (Shiva) verehrt. Jakob Wilhelm Hauer veröffentlichte nach 1927 "Der Vratya. Untersuchungen über die nichtbrahmanische Religion Altindiens". Im Buch "Der Yoga" schreibt Hauer über die Vratyas:

"der (der Vratya) hat Wesentliches beigetragen zu dem allgemeinen Typ des "heiligen Menschen", der mit übernatürlicher Macht geladen, segenspendend und fluchbringend umherzieht".

Mathias Tietke hält die Aussagen Hauers bzgl. der Wertigkeit und Bedeutung der Vratyas von Hauer für überzogen bzw. fehlerhaft

Jacob Wilhelm Hauer und Palmiés wissenschaftliche Yoga Zeitschrift

1930 hatte der Arzt und nach dem Krieg Buddhismus-Förderer Dr. med. Helmut Palmie das Projekt, eine wissenschaftliche Zeitschrift über Yoga, nämlich die "Yoga – Zeitschrift für wissenschaftliche Yoga-Forschung" ins Leben zu rufen. Jakob Wilhelm Hauer wurde dabei Berater. Es kam aber nur die erste Ausgabe zustande.

Yoga als Heilweg

1932 erschien die wichtigste Yoga Publikation von Jakob Wilhelm Hauer unter dem Titel: "Der Yoga als Heilweg", in späteren Ausgaben unter dem Titel "Der Yoga" bekannt.

Im Vorwort erwähnt Hauer, dass es zwar schon verschiedene Publikationen über Yoga gibt und beschreibt sie. Jakob Wilhelm Hauer selbst möchte aber in dieserm Buch eine umnfassende Darstellung des Yoga schreiben. Er schreibt das aber nicht nur rein wissenschaftlich-intellektuell. Vielmehr verknüpft er mit Yoga auch Hoffnungen für die aktuelle Gesellschaft:

" Der Westen sucht neue Wege nach innen in der Hoffnung, dort Quellen neuer Kraft zu entdecken. So irrlichternd dieses Suchen lange Zeit auch gewesen sein mag, heute fragt eine Bewegung von Ernst und Bedeutung nach diesen neuen Wegen, nämlich die Psychotherapie. Für sie wird auch, glaube ich, der Yoga die fruchtbringendsten Anregungen bieten können. Im Blick auf diese Situation ist das Buch in erster Linie geschrieben". (Hauer, der Yoga, S. 12 f).

Für dieses erste umfassende Werk über Yoga, insbesondere in seinem Verständnis für Yoga als Heilweg, wurde und wird Hauer auch immer noch geschätzt.

Allerdings hält Hauer wenig vom Tantra und Hatha Yoga:

"Ich kann ihm (dem Hatha Yoga/Tantra), trotz seiner ständig wiederholten Versicherungen, er wolle Vorstufe für den höheren Yoga sein, nicht den Vorwurf ersparen, er sei die psychische Veräußerlichung einer auf die tiefsten Daseinsgründe gerichteten Methode, eine Veräußerlichung, der diese Gründe nicht immer öffnet, sondern häufig verdeckt". (Hauer, der Yoga, S. 12f)

Hauer auf den Eranos Tagungen

J.W. Hauer gehörte zu den ersten, die auf den von Olga Fröbe-Kapteyn organisierten Eranos Tagungen dabei waren. Die Eranos Tagungen waren ab 1933 dem Austausch von Gelehrten zu westlich-östlicher Spiritualität gewidmet. Carl Gustav Jung, Martin Buber, Heinrich Zimmer gehörten zu den wichtigsten Teilnehmern der ersten Stunde. Jakob W. Hauer hielt 1934 einen vielbeachteten Vortrag zu "Symbole und Erfahrung des Selbstes in der indo-arischen Mystik": (a) Geschichtlicher Überblick über die Entdeckung und Wesensbestimmung des Selbstes von der vedischen Zeit bis zum tantrischen Yoga (b) Symbole und Bilder des Selbstes (c) Der seinsdynamische Ursprung der Erfahrung und der Symbolwelt des Selbstes. Nach 1935 bliebe J. Wilhelm Hauer den Eranos Tagungen fern.

Jakob Wilhelm Hauer im Dritten Reich

Jakob Wilhelm Hauer stand dem Nationalsozialismus zwiespältig gegenüber. Noch im Frühjahr 1933 votierte er gegen eine Ehrenpromotion Hitlers - und später kam er in Konflikt mit Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich.

Zunächst jedoch sah Jakob Wilhelm Hauer bei der Machtergreifung die Möglichkeit, seine Ideen einer neuen Religion umzusetzen.

Im Mai 1933 trat J.W. Hauer Alfred Rosenbergs antisemitischem "Kampfbund für Deutsche Kultur" bei, im Dezember förderndes Mitglied der Hitlerjugend, später auch Mitglied des NS Lehrerbundes und des NS Dozentenbundes und arbeitete im Rassenpolitischen Amt der NSDAP mit. 1934 wurde er persönlich von Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich in die SS aufgenommen, 1941 zum Hauptsturmführer SS befördert. 1937 wurde Hauer Mitglied der NSDAP. Hauer arbeitete für die SS Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe.

Gründung der Deutschen Glaubensbewegung durch Hauer und Reventlow

Am 30. Juli 1933 gründete Jakob Wilhelm Hauer zusammen mit Ernst Graf zu Reventlow die Deutsche Glaubensbewegung. Er führte darin eine Reihe freireligiöser und völkisch-deutscher Gruppen zusammen. Hauer hatte die (vergebliche) Hoffnung, dass die Deutsche Glaubensbewegung vom NS Staat als eigenständige Religion anerkannt werden würde. Ihm schwebte eine völkische Religion mit indischen Yoga Einflüssen vor. Interne Zwistigkeiten und das verbesserte Verhältnis des NS Staats mit den christlichen Kirchen führten aber schon 1936 zum Austritt von Hauer und Reventlov aus der Deutschen Glaubensbewegung. Hauer führte aber die Zeitschrfit "Deutscher Glaube", das Organ der Deutschen Glaubensbewegung, auch 1936 weiter und dem neuen Titel "Zeitschrift für arteigene Lebensgestaltung".

Fast alle Publikationen Jakob Wilhelm Hauers nach 1933 dienten dem Versuch, die deutschgläubige Religion in die geistesgeschichtliche Tradition des Indogermanentums einzuordnen, um ihr eine wissenschaftliche Grundlage zu geben.[13] 1938 publizierte er erstmals das Buch Glaube und Blut.

Den württembergischen Kultusminister Christian Mergenthaler unterstützte er bei seiner antikirchlichen Hochschulpolitik und bei dem Versuch der Zurückdrängung der theologischen Fakultäten, die er für seine eigene Zwecke zu nutzen wusste. Sein ursprünglicher Lehrauftrag Indologie und Allgemeine Religionsgeschichte wurde um Arische Weltanschauung erweitert. Für ihn wurde eigens ein Arisches Seminar eingerichtet, zu dessen Direktor er ernannt wurde. Verbunden war dies mit einer Ausweitung der zur Verfügung stehenden Forschungsmittel und mit zusätzlichem Personal, zum Teil auf umgewidmeten theologischen Lehrstellen. Das Arische Seminar erhielt den Auftrag, Unterrichtsmaterialien für den in Württemberg geplanten Weltanschauungsunterricht zu erarbeiten. Hierzu gehörte die Erstellung von Schul- und Textbüchern sowie die Ausbildung der dafür benötigten Lehrer. In diesem Zusammenhang prüfte Hauer auch Studenten für das Lehramt an höheren Schulen in nationalsozialistischer Weltanschauung.

Für die englische Presse war Hauer der „Prophet der Deutschen Glaubensbewegung“. Der Korrespondent der Times wunderte sich über einen Auftritt Hauers am 26. April 1935 im Berliner Sportpalast, wo dieser

„mit größerer Vorsicht als erwartet sprach. Er hielt sich mit seinen Attacken auf die Evangelien zurück, vermied jegliche Anspielungen auf die Person Jesus Christus und deutete nur vage die Bewegung einer einheitlichen Nationalkirche an. Herrn Hitler erwähnte er mit keinem Wort, und er umschiffte weiträumig die Jüdische Frage. Immer wieder bekundete er seine Gleichgültigkeit gegenüber christlichen Glaubensgemeinschaften und meinte, wer immer noch so fehlgeleitet sei, sich als Christ zu fühlen, solle in seinem eigenen Saft schmoren.“ (The Times vom 30. April 1935, S. 15)

Konflikte zwischen Jakob Wilhelm Hauer und Nationalsozialisten

Innerhalb von NSDAP und SS stieß Jokaob Wilhelm Hauer an führender Stelle auf steigende Ablehnung. Heinrich Himmler, Baldur von Schirach, Alfred Rosenberg und Reinhard Heydrich distanzierten sich nach z.T. anfänglicher Bereitschaft, Hauer und die DG gegen die christlichen Kirchen zu instrumentalisieren, von ihm. Die Münchener NSDAP bezeichnete ihn als „selbsternannten Propheten“, den die Partei nicht brauche.

Ab 1935 verstärkten sich die Spannungen zwischen dem Führungskreis der Deutschen Glaubensgemeinschaft um Hauer und den Nationalsozialisten. Die Nationalsozialisten wollten einen härteren Kurs der DG gegen die Kirchen, dem Hauer nicht folgen wollte. Hauer wollte zwar eine neue Religion schaffen, aber nicht zum Handlanger der NS werden. So trat Hauer aus der von ihm gegründeten Deutschen Glaubensgemeinschaft aus.

Verfolgung der Anthroposophie, Theosophie, Okkultismus

Seit Anfang der 1920er Jahren beschäftigte sich Jakob Wilhelm Hauer kritisch mit der Anthroposophie. 1923 veröffentlichte er ein Anthroposophie-kritisches Buch "Wesen und Werden der Anthroposophie".

1935 trug ein von Hauer vefasstes Gutachten zum Verbot der Anthroposophischen Gesellschaft.

Nach dem England-Flug von Rudolf Heß 1941 trugen Briefe und Eingaben von Jakob Wilhelm Hauer maßgeblich zur Verfolgung der Anthroposophie, der Christengemeinschaft, von Okkultisten, Theosophen und Astrologen bei (Astrologen-Razzia). Jakob Wilhelm Hauer behauptete, dass diese maßgeblichen Einfluss auf Rudolf Heß gehabt hatten. Er steuerte auch Adressverzeichnisse und Mitgliedslisten für die Verfolgung bei.

Jakob Wilhelm Hauers Verhältnis zum Antisemitismus

Laut Junginger war Hauers Verhältnis zum „Problem der Judenfrage“ von „tiefer Zweideutigkeit“ geprägt. Bereits lange vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten habe Jakob Wilhelm Hauer die Vorstellung entwickelt, „daß die Universitäten wie auch die Literatur, die Kunst usw. an einem Übermaß an Juden litten und daß eine ‚Reinigung des deutschen Volkes vom jüdischen Element‘ dringend geboten sei.“ So versuchte Hauer aus diesem Grund 1929 in Tübingen den zwar christlich getauften, aber als jüdisch geltenden Althistoriker Richard Laqueur zu verhindern.

Andererseits äußerte sich J.W. Hauer mehrmals, dass ihm die Einführung des Arierparagraphen zu einer „schweren Last“ geworden sei. In einer wirklich religiösen Gemeinschaft dürfe die Rassenzugehörigkeit nicht im Vordergrund stehen. Auf der anderen Seite mussten die Mitglieder der Deutschen Glaubensbewegung die eidesstattliche Versicherung ablegen, frei „von jüdischem und farbigem Bluteinschlag“ zu sein. „Bei den Köngenern“, so Hauer 1935, „hätte es nie so etwas wie einen Arierparagraphen gegeben, freilich auch nicht geben brauchen, weil Juden sich dort nicht wohl gefühlt hätten und von sich aus wieder gegangen seien.“

Die Doppelbödigkeit Hauers, dass einerseits religiöser Maßstab im Prinzip für alle, im konkreten Fall jedoch für Juden nicht gelten soll, benannte der Historiker Junginger als „ambivalente Sichtweise“, die „kaum anders als heuchlerisch“ zu benennen sei. Sein Fazit: „Hauer hat die Doppelzüngigkeit seiner Argumentation von einer Verbundenheit mit den Juden in der Sphäre des Religiösen bei ihrem gleichzeitigen Ausschluß aus dem wirklichen Leben nicht wahrgenommen.“

Hauer zeigte wiederholt „antisemitisches Verhalten“. Er agierte 1935 gegen die indologische Tätigkeit seines jüdischen Kollegen Otto Strauß. In einem Memorandum vom 4. März 1935 an das Reichserziehungsministerium verlangte Hauer, die „Universitäten nach rassischen Kriterien umzustellen“. Während der nationalsozialistischen Zeit legte Hauer seinen Vornamen Jakob ab, der einen jüdisch-christlichen Ursprung hat. Im Auftrag des Sicherheitsdienstes (SD) beobachtete Hauer Martin Buber und Albert Schweitzer. Mit Martin Buber referierte er auf den Eranos Tagungen und hatte auch sonst fachlich immer wieder mit ihm zu tun.

Hauer legte in der NS Zeit den Vornamen "Jacob" ab, der ja jüdischen Ursprungs ist. So erschienen in dieser Zeit seine Publikationen unter dem Namen Wilhelm Hauer oder J. Wilhelm Hauer.

Jakob Wilhelm Hauer in der Nachkriegszeit

Nach Ende des zweiten Weltkriegs wurde Jakob Wilhelm Hauer zunächst ohne Bezüge seiner Professur enthoben und im Mai 1945 bis August 1947 von der französischen Besatzungsmachtinterniert. Im Juli 1949 wurde Jakob Wilhelm Hauer von der Universitätsspruchkammer Tübingen als Mitläufer eingestuft. Gleichzeitig wurde er in den Ruhestand versetzt und bekam eine Pension. Einige Menschen setzten sich für ihn ein, unter anderen Martin Buber. Jakob Wilhelm Hauer war mit Martin Buber seit Ende der 1920er-Jahre bekannt und war mit ihm sogar freundschaftlich verbunden. Die beiden trafen sich immer wieder, unter anderem auf einer Eranos Tagung 1934 in Ascona - wo Jakob Wilhelm Hauer vom Sicherheitsdienst der SS als Spitzel auf den jüdischen Marin Buber angesetzt worden war. Martin Buber wusste von dieser Spitzeltätigkeit nicht. Er erstellte nach dem Krieg ein positives Gutachten über Jakob Wilhelm Hauer und bescheinigte ihm unter anderem Bemühen um den Entwurf einer „menschlich tragbaren Lösung“ der Judenfrage, wofür sich Hauer in einem Schreiben an Buber bedankte. Auch sein früherer Schüler und Doktorand, der rechtsextremistische Verleger Herbert Grabert, und sein „Verband der nichtamtierenden (amtsverdrängten) Hochschullehrer“ forderte Hauers Rehabilitierung und Rückkehr an die Universität.

Jakob Wilhelm Hauer setzte seine religiösen Aktivitäten in den 1950er Jahren weiter fort. Er fand im Umfeld der "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft" ein neues Betätigungsfeld. 1950 gründete Jakob Wilhelm Hauer zusammen mit Lothar Stengel-von Rutkowski die „Arbeitsgemeinschaft für freie Religionsforschung und Philosophie“. Zu den ersten Mitarbeitern zählten Nationalsozialisten wie Friedrich Berger, Bernhard Kummer, Hans Grunsky und Erich Keller. Am 4. April 1956 wurde zu Hauers 75. Geburtstag die sogenannte „Freie Akademie“ gegründet. Nach Hauers Tod 1962 übernahm Stengel-von Rutkowski den Vorsitz dieser Akademie.

Publikationen von Jakob Wilhelm Hauer

Quellen