Sei ehrlich zu dir selbst - Die grundlegende Natur der Wünsche

Aus Yogawiki
Swami Krishnananda beim Gebet

Sei ehrlich zu dir selbst - Die grundlegende Natur der Wünsche

Die grundlegende Natur der Wünsche

Es gibt nicht so viele Wunscharten beziehungsweise Formen. Gemäß einer Analyse der großen Meister der Upanishaden kann man sie auf drei Arten beschränken. Die Wünsche haben viele Farben und Formen angenommen. Damit sieht es so aus, als gäbe es viele. Diese drei Wunscharten werden in der Sprache der Upanischaden eshanas genannt, - psychologisch-biologische Grundarten. Sie hängen psychologisch und biologisch von der Grundkonstruktion des Körpers ab.

Der Anstoß zur Selbstachtung und die Erhaltung des eigenen Rufes geht mit dem Egoismus oder der Selbstbestätigung einher, wobei ihr glaubt, irgendetwas zu sein und niemandem zugesteht, euch in einem anderen Licht zu sehen. Angenommen jemand bezeichnet euch als Dummkopf, obwohl ihr wisst, keiner zu sein, so stört euch diese Bezeichnung sehr. Es ist ein Angriff gegen eure Meinung über euch selbst.

Wenn ich sage, ihr seid Bäume, fühlt ihr euch nicht angegriffen. Doch angenommen, ich bezeichne euch als Esel. Dann fühlt ihr euch über eure Vorstellungen hinaus angegriffen. Warum fühlt ihr euch nicht bei dem Begriff Baum angegriffen? Ihr wisst sehr genau, dass ihr keine Bäume sein könnt. Also, was soll man sich darüber aufregen. Doch wenn ich behaupte ihr seid Esel, dann habt ihr den Verdacht, es könnte etwas dran sein. Darum wollt ihr euch sofort dagegen wehren: „Nein, sind wir nicht!“

Dieser Verdachtsmoment in uns versetzt uns hin und wieder in Aufregung. Die Menschen erhängen sich selbst, ertränken sich selbst oder bewahren sich ihre Selbstachtung. Es gibt nichts Wichtigeres als die Selbstliebe, aber ihr könnt nicht beschreiben, was es ist. Es ist eine hauchdünne unbeschreibliche Vorstellung, ein Gedanke beziehungsweise eine Einschätzung des Geistes. Ihr wollt ihn um jeden Preis erhalten. Ihr habt eine Vorstellung von euch selbst und ihr wollt diese Vorstellung um jeden Preis verteidigen. Solch eine Kraft hat der Egoismus der menschlichen Psyche.

Wo auch immer ihr euch befindet, selbst als Bettler auf der Straße wollt ihr von niemanden beleidigt werden. Der Bettler hat eine Persönlichkeit, die er respektiert sehen will, selbst wenn er sich in einer misslichen Lage befindet. Selbst ein Sterbender möchte nicht verspottet werden. Diese Selbstbehauptung ist ein Ruin. Dieses ist der Dämon in uns; der Bruder des Dämons, den jeder in sich trägt.

Welcher dieser drei Wunschformen an erster Stelle steht, hängt von den Umständen ab. Wenn ihr hungrig seid und seit mehreren Tagen nichts gegessen habt, habt ihr keine anderen Wünsche im Kopf, weil der Hunger euch treibt. Ihr wollt nur essen; die anderen Wünsche treten auf Grund des Nahrungsbedarfs zurück, obwohl sie vorhanden sind.

Der Wunsch, den eigenen Körper zu erhalten, ist genauso stark, wie Hunger und Durst. Wenn Hunger und Durst nicht befriedigt werden, ist die physische Existenz bedroht. Die psychologische Existenz ist neben der physischen Existenz ebenso wichtig. Ihr müsst etwas Körperliches darstellen, und ihr müsst auch etwas Geistiges sein. Darum müsst ihr das Ego, wie eine Art Selbstbehauptung, psychologisch erhalten und den physischen Körper, wie eine Art äußere Selbstbehauptung, bewahren. Dieses ist die ganze Darstellung.

Die Selbstbehauptung ist von doppelter Natur, das heißt physisch und psychologisch, und es ist eine Form des Wünschens, die von unserer Existenz untrennbar ist. Es ist kein Wunsch, wie beispielsweise ein Trieb von einer Pflanze, sondern er ist mit uns identisch. Es ist ein Wunsch nach Sicherung der Existenz.

Der zweite Wunsch ist der Drang nach so vielen Attributen des Lebens wie möglich. Es ist nicht genug, wenn man als ein Individuum körperlich und psychologisch existiert. Ihr müsst die Dimension eurer Persönlichkeit ausdehnen, indem ihr euch so viel wie möglich von außen aneignet. Dieses ist der Wunsch nach Besitz, nach Werten, Gold, Silber, Land, Haus und Geld.

Da die individuelle Persönlichkeit durch zwei Arten der Selbstbehauptung charakterisiert ist (physisch und psychologisch), ist auch der Wunsch nach Ausdehnung der eigenen Persönlichkeit von zweifacher Natur. Ihr wollt von dieser äußeren Welt einen Wert in doppelter Hinsicht, das heißt ihr wollt psychologischen und körperlichen Besitz (intellektuellen Besitz, wie man es manchmal bezeichnet wird). Ihr wollt so groß, wie möglich angesehen werden. Alle sollen euch schätzen. Wenn ihr nicht genügend Anerkennung findet, konstruiert ihr Möglichkeiten und Umstände der Kontakte zu Persönlichkeiten in großer Zahl, damit ihr mehr Anerkennung findet. Ihr erzählt den Leuten, wer ihr seid und biedert euch an. Wenn ihr mit Lobeshymnen überhäuft werdet, steigt eure Anerkennung. Ihr werdet größer, als ihr euch vorgestellt habt.

Wer liebt schon Einschränkungen? Ihr seid kleine Wichte, und obwohl ihr sicher seid, was ist schon gut an einer Sicherheit als endliches Individuum? Wollt ihr wie kleine Tiere leben, wie Ameisen oder Pflanzen? In der Weise wollt ihr keine Sicherheit. Es sollte schon etwas Besonderes sein.

Es gibt noch eine dritte Form des Wunsches, nämlich, sich unsterblich zu machen. Unsere innere Stimme sagt uns eines Tages, dass wir sterben werden. Ihr mögt viele Werte angehäuft haben und viele Menschen loben euch in den höchsten Tönen, doch nur für kurze Zeit. Nach kurzer Zeit ist euer Ruf verblasst. Dieses ist schockierend. Ihr wollt ewig in Erinnerung bleiben. Ihr wünscht euch, alles, was ihr besitzt und im Leben erreicht habt, zu erhalten. Worin liegt der Sinn, es nur für kurze Zeit zu genießen? Die Furcht des Verlustes in Raum und Zeit nagt an eurer Lebenskraft, doch ihr wisst, dass ihr euch in keiner Weise unsterblich machen könnt.

In euch keimt ein verworrener Gedanke, ihr könntet euch unsterblich machen, wenn ihr ein Kind zeugt; das Kind sei eine Kopie von euch selbst. Dieses ist bei den Menschen der Grund für einen so starken Drang nach einem Kind. Es ist nicht der tatsächliche Wunsch nach einem Kind, sondern es ist der Wunsch, sich unsterblich zu machen. Ihr möchtet auch noch eure Enkel sehen. Wenn kein Enkel geboren wurde, seid ihr unglücklich. Ihr möchtet auch noch eure Urenkel kennen lernen. Ihr glaubt euch, damit unsterblich gemacht zu haben. Die innere Stimme sagt euch, dass ihr sterben müsst, doch ihr wollt nicht einfach so davongehen. Ein idiotischer Gedanke sagt euch, dass die Zeugung von Kindern und das Vergrößern der Anzahl der Familienmitglieder ein großes Ziel ist.

Die Natur um uns herum hat die Absicht, verschiedene Spezies hervor zu bringen, und sie übt auf diese Spezies Druck aus, sodass der Mensch nur menschliche Kinder haben möchte. Ihr möchtet weder Frösche noch Skorpione als Kinder haben.

Ihr möchtet heiraten. Wen wollt ihr heiraten? Möchtet ihr einen Bullen, eine Kuh, einen Hahn oder eine Henne ehelichen? Ihr wollt eure eigene Spezies heiraten. Warum wollt ihr nur mit eurer eigenen Spezies umgehen und nicht mit irgendeiner anderen Spezies um euch herum? Obwohl ihr glaubt, unabhängig zu sein, seid ihr Sklaven der Natur. Der Impuls der Natur setzt euch unter Druck, darum will jeder seine Spezies vervielfältigen. Andererseits würde das Leben elendig aussehen. Es ist wertlos.

Es gibt drei Wunscharten, die uns nicht immer alle bewusst sind. Diebe kommen nicht in eure Nähe, denn sie können in eurer Gegenwart nicht ihrer Arbeit nachgehen. Die größten Diebe in der Welt sind diese drei Wünsche. Sie berauben euch aller Dinge und machen euch arm, bis ihr als Habenichte sterben müsst. Alle Menschen in der Welt, die Subjekte dieser Wünsche sind, sterben armselig, obwohl sie glauben, viel erreicht zu haben.

© Divine Life Society

Siehe auch

Literatur

Seminare

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