Sandhi

Aus Yogawiki

Sandhi (Sanskrit: सन्धि sandhi m.) Verbindung, Vereinigung; Übereinstimmung, Übereinkunft; Friede, Bündnis; Zwischenraum, Zwischenzeit; Fuge, Gelenk; Horizont; Übergangszeit zwischen Tag und Nacht, Dämmerung.

Sandhi in der altindischen Grammatik (Vyakarana)

In der altindischen Grammatik (Vyakarana) und Phonetik (Shiksha) bezeichnet der Begriff Sandhi die Veränderungen von Lauten bei ihrem Aufeinandertreffen innerhalb von Wörtern (interner Sandhi) und Sätzen (externer Sandhi) und somit die sogenannten euphonischen Regeln oder Wohllautregeln. Diese Regeln sind sehr umfangreich und sollen hier nur auszugsweise vorgestellt werden.

Beispielsweise verändert sich die Endung -as des Sanskritwortes Namas "Gruß, Verbeugung" je nach der Art des nachfolgenden Lautes wie folgt:

  • नमस्ते || namas te (-as + t-) "Verehrung (sei) dir"
  • नमो ऽस्तु ते || namo 'stu te (-as + astu; das a von astu fällt hier aus, was man als Elision bezeichnet) "Verehrung sei dir"
  • ॐ नमः शिवाय || oṃ namaḥ śivāya (-as + ś-) "Om Verehrung sei Shiva" (sprich namaś śivāya)

Die Verbindung von End- und Anfangsvokalen

Ein weiterer Aspekt des Sandhi ist das Verschmelzen von End- und Anfangsvokal zweier aufeinanderfolgender Wörter, was besonders in zusammengesetzten Substantiven (Komposita) deutlich wird. So verschmelzen bspw.:

  • a/ā und a/ā zu ā: prāṇa ("Atem") + āyāma ("Kontrolle, Lenkung") >> prāṇāyāma (Pranayama) "Atemkontrolle"
  • a/ā und i/ī zu e: gaṇa ("Schaar") + īśa ("Herr") >> gaṇeśa "Ganesha, der elefantenköpfige Gott"
  • a/ā und u/ū zu o: paścima ("Westen, Rücken") + uttāna ("Ausdehnung") + āsana ("Sitz, Stellung") >> paścimottānāsana "Zange (Pashchimottanasana), d.h. eine Vorbeuge mit geschlossenen gestreckten Beinen im Sitzen"
  • a/ā und ṛ zu ar: sapta "sieben" + ṣi "Seher" >> saptarṣi (Saptarshi) "die sieben Rishis"; mahā "groß" + ṣi "Seher" >> maharṣi (Maharshi) "großer Rishi"

Ausnahmen

Das Nichtbeachten der Regeln des Sandhi, wie es häufig in der Rezitation des Veda vorkommt, wenn zwei Vokale aufeinandertreffen, wird als Pragrihya bezeichnet.

In der Rezitation des Veda erfordert das Versmaß (Metrum, Chhandas) häufig eine vom regulären Sandhi abweichende Aussprache: so wird bspw. die Pragrihya-Form अमी अत्र a-mī a-tra ("diese hier") viersilbig ausgesprochen, wogegen die reguläre Form अम्यत्र am-ya-tra dreisilbig ausgesprochen wird.

Die Verbindung von End- und Anfangskonsonanten

Zusammentreffen gleichartiger Konsonanten

Treffen gleichartige, d.h. entweder zwei stimmlose (z.B. k, t, p) oder zwei stimmhafte (z.B. g, d, b) Konsonanten aufeinander, so behalten sie ihre Stimmlosigkeit bzw. Stimmhaftigkeit bei:

  • stimmlos: sat "gut" + puruṣa "Mensch" >> sat-puruṣa "ein guter (Sat) Mensch (Purusha)"
  • stimmhaft: tad "das, dieses" + bhava "Ursprung" >> tad-bhava (Tadbhava) "dieses zum Ursprung habend"

Zusammentreffen ungleichartiger Konsonanten

Treffen ungleichartige Konsonanten, d.h. stimmlose und stimmhafte Konsonanten aufeinander, so wird der vorangehende dem folgenden Konsonanten angeglichen:

  • tad "das, dieses" (d stimmhaft) + sama "gleich" (s stimmlos) >> tat-sama (Tatsama) "diesem gleich" (nun beide Konsonanten stimmlos)
  • sat "gut" (t stimmlos) + bhāva "Gesinnung" (bh stimmhaft) >> sad-bhāva (Sadbhava) "eine gute Gesinnung" (nun beide Konsonanten stimmhaft)

Zusammentreffen von Dentalen und Palatalen

Treffen Dentale (t usw.) und Palatale (c usw.) aufeinander, so wird der Dental dem Palatal angeglichen ("assimiliert"):

  • sat "gut" + jana "Mensch" >> saj-jana "ein guter Mensch" (Sajjana)
  • tad "das, dieses" + caraṇa "Fuß" >> tac-caraṇa "dessen Fuß" (Tad-Charana)
  • tad "das, dieses" + jña "kennend" >> taj-jña "dieses kennend" (Tajjna)

Visarga

Visarga bezeichnet den am Wortende in der Devanagarischrift durch einen Doppelpunkt dargestellten, in der Transliteration durch gekennzeichneten Hauchlaut, der im Alphabet als अः aḥ wiedergegeben wird.

Visarga steht nur am Wort- bzw. Satzende und in einigen zusammengesetzten Substantiven (Kompositum, Samasa). In einer Reihe von regelmäßigen Fällen wird Visarga in einen Zischlaut (Sibilant, Ushman) bzw. in seine Aussprachevarianten Jihvamuliya und Upadhmaniya umgewandelt.

Visarga im absoluten Auslaut

Als Hauchlaut ausgesprochen wiederholt Visarga den vorangehenden Vokal (Selbstlaut, Svara) wie ein schwaches Echo, z. B.:

  • नमः namaḥ sprich /namaha/ "die Verehrung" (Namas, Nominativ Sg. n.)
  • कृतिः kṛtiḥ sprich /kritihi/ "das Werk" (Kriti, Nominativ Sg. f.)
  • गुरुः guruḥ sprich /guruhu/ "der Lehrer" (Guru, Nominativ Sg. m.)

Visarga im Kompositum und vor nachfolgendem stimmlosen Konsonant

Innerhalb eines Kompositums und vor einem unmittelbar nachfolgenden stimmlosen Konsonanten wird Visarga verschieden ausgesprochen, jedoch nie als Echo des vorangehenden Vokals. Entscheidend für die Aussprache ist der nachfolgende Konsonant (Mitlaut, Vyanjana).

  • nachfolgender stimmloser Guttural (/k/ bzw. /kh/): प्रातःकाल prātaḥ-kāla "Morgenzeit" (Pratahkala) sprich /pratach-kala/ (etwa wie in "Dach-Kater" ). Diese Aussprachevariante von Visarga heißt Jihvamuliya.
  • nachfolgender stimmloser Labial (/p/ bzw. /ph/): परः परः paraḥ paraḥ "jeder folgende" (Para) sprich: /parafh-paraha/ (ähnlich einem "gehauchten" deutschen /f/ bzw. einer Mischung aus /f/ und /h/). Diese Aussprachevariante von Visarga heißt Upadhmaniya.

Folgt auf ursprünglichen Visarga ein stimmloser Palatal, Zerebral oder Dental, dann wird Visarga in Schreibung und Lautung in den entsprechenden Sibilanten (Zischlaut, Ushman ) umgewandelt (/ś/, /ṣ/ bzw. /s/):

  • nachfolgender stimmloser Palatal (/c/ bzw. /ch/): उदितश्चन्द्रः uditaś candraḥ "der aufgegangene (Udita) Mond (Chandra)"
  • nachfolgender stimmloser Zerebral bzw. Retroflex (/ṭ/ bzw. /ṭh/):
  • nachfolgender stimmloser Dental (/t/ bzw. /th/): कस्त्वम् kas tvam "wer (Ka bist) du (Tvam)?"
  • nachfolgender Sibilant (Zischlaut, Ushman) (/ś/, /ṣ/ bzw. /s/): es wird Visarga geschrieben, dieser in der Aussprache jedoch dem nachfolgenden Zischlaut angegelichen (assimiliert):
  1. नमः शिवाय namaḥ śivāya "Verehrung (Namas) sei Shiva" sprich /namaś śivāya/, wobei die beiden ś ś zu einem langen ś zusammengezogen werden.
  2. तस्याः षष्टिहायनायाः tasyāḥ ṣaṣṭihāyanāyāḥ "dieser Sechzigjährigen" (Shashti-Hayana, Genitiv Plural) sprich /tasyāṣ ṣaṣṭihāyanāyāḥ/
  3. निःसार niḥsāra "saftlos" (Nihsara) sprich /nissāra/

Siehe auch