Yogisches Handeln: Unterschied zwischen den Versionen
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Die meisten Menschen verbinden mit Yoga [[Körperstellung]]en und stellen sich versenkte Menschen in der [[Meditation]] vor. Die yogischen Schriften geben aber auch nützliche Anweisungen und Ratschläge für den weisen Umgang in allen weltlichen Angelegenheiten. Verinnerlichtes Yoga führt zu einem '''yogischen Handeln''' in Beruf, Familie und U-Bahn. | |||
Im Alltag ist oft keine Zeit für eine ausgiebige Yogastunde oder den Besuch des | [[Datei:Lakshmi.Konsum.Gleichgewicht.Vrikshasana.jpg|thumb| Moderne Lakshmi Variation in Minirock bleibt in der Konsumwelt mit Vrikshasana (Baum) im Gleichgewicht.]] | ||
im Alltag Yoga üben und so in die Yogapraxis einsteigen, in dem du ganz bewusst und achtsam handelst. Dafür gibt uns der Weise Patanjali in seinem Yoga Sutra ein wertvolles Übungssystem für systematische spirituelle und persönliche | |||
Entwicklung an die Hand. | ==Yogisches Handeln im Alltag== | ||
'''Artikel von Dr. Guido Telscher aus dem [[Yoga Vidya Journal]] Nr. 29, Herbst 2014''' | |||
Jeder kann ohne großen Aufwand '''yogisches Handeln''' in seinen Alltag integrieren. Hier erfährst du, wie du einige Prinzipien des [[Yoga Sutra]] nach [[Patanjali]] anwenden und für dich nutzen kannst. Im Alltag ist oft keine Zeit für eine ausgiebige [[Yogastunde]] oder den Besuch des [[Satsang]]s in einem [[Ashram]], weil neben der Arbeit, den Fahrzeiten, der Hausarbeit, den Hobbys und der Familie einfach keine Zeit bleibt. Und dennoch kannst du auch im Alltag Yoga üben und so in die [[Yogapraxis]] einsteigen, in dem du ganz bewusst und achtsam handelst. Dafür gibt uns der Weise Patanjali in seinem Yoga Sutra ein wertvolles Übungssystem für systematische spirituelle und persönliche Entwicklung an die Hand. | |||
===Die 5 Yamas=== | ===Die 5 Yamas=== | ||
Sie betreffen das Verhalten im Umgang mit | Sie betreffen das Verhalten im Umgang mit | ||
anderen Menschen | anderen Menschen. | ||
Nichtverletzen (Ahimsa): | '''Nichtverletzen ([[Ahimsa]]):''' | ||
Wahrhaftigkeit (Satya): | Die vermutlich wichtigste Regel ist der [[Verzicht]] auf jegliche Gewaltanwendung gegenüber Mensch und Tier. Mahatma Gandhi hat gezeigt, was es bedeutet [[Ahimsa]] wirklich in letzter Konsequenz zu leben. Eigene Aggressionen beherrschen und Herr über die eigenen Gefühle werden, wenn man einmal wieder im Stau warten muss oder unberechtigterweise kritisiert wird oder die Kinder nerven... Du siehst, das ist nicht einfach. Ernähre dich vegetarisch, auch das ist eine Konsequenz aus Ahimsa, denn die ganze Schöpfung sollte mit einbezogen werden. | ||
Nicht minder wichtig und nicht | |||
immer ganz leicht zu verwirklichen ist die zweite Regel. | '''Wahrhaftigkeit ([[Satya]]):''' | ||
„Lügen haben kurze Beine“ hat man mir als Kind | |||
Nicht minder wichtig und nicht immer ganz leicht zu verwirklichen ist die zweite Regel. „Lügen haben kurze Beine“ hat man mir als [https://www.yoga-vidya.de/kinderyoga/ Kind] beigebracht. Und das stimmt wirklich. [[Satya]] heißt, Teile der Wahrheit nicht zu verbergen, auch das wäre ja eine Art Lüge. So kannst du dich immer wieder fragen: Was ist denn | |||
Wahrheit nicht zu verbergen, auch das wäre ja eine Art | |||
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die Wahrheit? | die Wahrheit? | ||
Nichtstehlen (Asteya): | '''Nichtstehlen ([[Asteya]]):''' | ||
Wie in den 10 Geboten der Bibel | |||
sollst du | Wie in den 10 Geboten der [[Bibel]] | ||
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denkst: Ich bin doch kein Dieb. Richtig so. So solltest du z.B. | denkst: Ich bin doch kein Dieb. Richtig so. So solltest du z.B. | ||
als Yogi keine Steuern hinterziehen, denn sie dienen dem | als Yogi keine Steuern hinterziehen, denn sie dienen dem | ||
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schiele nicht neidisch auf das neue Auto der Nachbarn... | schiele nicht neidisch auf das neue Auto der Nachbarn... | ||
Enthaltsamkeit (Brahmacharya): | '''Enthaltsamkeit ([[Brahmacharya]]):''' | ||
Wird oft negativ verstanden | Wird oft negativ verstanden | ||
als eine sexuelle Haltung ähnlich dem Zölibat. Das ist aber | als eine sexuelle Haltung ähnlich dem [[Zölibat]]. Das ist aber | ||
nur ein Teilaspekt. Tue alles, was zu Brahman, dem Absolutem | nur ein Teilaspekt. Tue alles, was zu [[Brahman]], dem Absolutem | ||
führt, trifft eher den Sinn. Lass dich nicht von deinen | führt, trifft eher den Sinn. Lass dich nicht von deinen | ||
[[Sinne]]n davon treiben, sondern gehe immer wieder meditativ in dich | |||
davon treiben, sondern gehe immer wieder meditativ in | und suche [[Gott]] in allen Dingen, auch in der [[Sexualität]]. | ||
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und suche Gott in allen Dingen, auch in der Sexualität. | '''Nichtannehmen von Geschenken ([[Aparigraha]]):''' | ||
Sich nicht | Sich nicht | ||
bestechen lassen und sich nicht in Abhängigkeit begeben. | bestechen lassen und sich nicht in Abhängigkeit begeben. | ||
Weniger Verlangen nach Besitz führt nach und nach zur | Weniger [[Verlangen]] nach Besitz führt nach und nach zur Abwesenheit von Gewinnsucht und weniger materiellem Besitz. | ||
Es bedeutet, dass wir darauf achten, nur so viel zu haben, | Es bedeutet, dass wir darauf achten, nur so viel zu haben, | ||
wie wir zum Leben tatsächlich brauchen. Dass ist nicht nur | wie wir zum Leben tatsächlich brauchen. Dass ist nicht nur | ||
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Geld für gute Zwecke und für Menschen in Not. | Geld für gute Zwecke und für Menschen in Not. | ||
===Die 5 Niyamas | ===Die 5 Niyamas=== | ||
Patanjali fügte den Yamas noch fünf weitere Regeln hinzu. Sie | [[Datei:Mayurasana.jpg|thumb| Für den Pfau (Mayurasana) in dieser Ausführung braucht es viel Selbstdisziplin]] | ||
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betreffen vor allem den liebevollen Umgang mit sich selber. | betreffen vor allem den liebevollen Umgang mit sich selber. | ||
Reinheit (Saucha): | '''Reinheit ([[Saucha]]):''' | ||
Täglich duschen und Zähne putzen – | |||
reicht das? Hier geht es um mehr als äußerliche Sauberkeit. | Täglich duschen und Zähne putzen – reicht das? Hier geht es um mehr als äußerliche Sauberkeit. | ||
Der Körper soll durch Kriyas von innen gereinigt und alle | Der [[Körper]] soll durch [[Kriyas]] von innen gereinigt und alle | ||
Blockaden gelöst werden. Dann sollte auch der Geist frei | [[Blockaden]] gelöst werden. Dann sollte auch der Geist frei | ||
von (störenden) Gedanken sein. Damit erst ist Yoga nach | von (störenden) [[Gedanken]] sein. Damit erst ist Yoga nach | ||
Patanjali verwirklicht. | Patanjali verwirklicht. | ||
Zufriedenheit (Santosha): | '''Zufriedenheit ([[Santosha]]):''' | ||
Bleibe bescheiden in deinem | Bleibe bescheiden in deinem | ||
ganzen Lebensstil, strebe nicht nach äußerlichem Luxus, so | ganzen Lebensstil, strebe nicht nach äußerlichem Luxus, so | ||
könnte man sagen. Wachse innerlich durch Verzicht. | könnte man sagen. Wachse innerlich durch Verzicht. | ||
Selbstdisziplin (Tapas): | '''Selbstdisziplin ([[Tapas]]):''' | ||
Vor Jahrtausenden waren Yogis alle | Vor Jahrtausenden waren Yogis alle | ||
[[Asket]]en, die sich methodisch härtesten Übungen und Entbehrungen unterwarfen. Sie verzichteten auf fast alles und | |||
wollten so ihr [[Ego]] überwinden. Ich muss heute aber kein | |||
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Einsiedler mehr werden oder tagelang auf einem Bein stehen, | Einsiedler mehr werden oder tagelang auf einem Bein stehen, | ||
Yoga geht auch ohne Selbstkasteiung. Aber eine gewisse | Yoga geht auch ohne Selbstkasteiung. Aber eine gewisse | ||
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sonst kann ich nicht meditieren. | sonst kann ich nicht meditieren. | ||
Selbststudium (Svadhyaya): | '''Selbststudium ([[Svadhyaya]]):''' | ||
Beinhaltet das Studium der | |||
Schriften, da es neben der Selbstreflexion weiterer | Beinhaltet das [[Studium]] der Schriften, da es neben der [[Selbstreflexion]] weiterer Bezugspunkte für die eigene Spiritualität bedarf. Das kann beispielsweise die Bibel sein, die [[Bhagavad Gita]], die [[Veden]], die | ||
[[Upanishaden]] oder andere Texte mit spirituellem, philosophischem oder religiösem Inhalt. Beobachte aber auch dich | |||
Upanishaden oder andere Texte mit spirituellem, | |||
selber, deine Gedanken und dein Tun. Und meditiere über | selber, deine Gedanken und dein Tun. Und meditiere über | ||
die Frage: Wer bin ICH eigentlich? | die Frage: Wer bin ICH eigentlich? | ||
Hingabe an Gott (Ishvarapranidhana): | '''Hingabe an Gott ([[Ishvarapranidhana]]):''' | ||
Ist Bhakti | |||
also Singen, Beten, Tanzen mit ganzer Selbstvergessenheit. | Ist [[Bhakti Yoga]], also Singen, Beten, Tanzen mit ganzer Selbstvergessenheit. | ||
Gehe – wenn möglich - in den Satsang, nimm an einer Puja | Gehe – wenn möglich - in den [[Satsang]], nimm an einer Puja | ||
oder Homa teil. Als Christ darfst du ruhig auch öfter am | oder Homa teil. Als Christ darfst du ruhig auch öfter am | ||
Gottesdienst deiner Kirchengemeinde teilnehmen. Und lebe | Gottesdienst deiner Kirchengemeinde teilnehmen. Und lebe | ||
immer mehr mit der Einstellung: Gott, Dein Wille geschehe! | immer mehr mit der Einstellung: Gott, Dein [[Wille]] geschehe! | ||
Schon bei der Beachtung einiger dieser Verhaltensregeln | Schon bei der Beachtung einiger dieser Verhaltensregeln | ||
spürst du sicher eine Veränderung der Reaktionen der | spürst du sicher eine Veränderung der Reaktionen der Außenwelt und eine Klärung des eigenen [[Geist]]es. Denn so wie du | ||
auf deine Umwelt zugehst und mit ihr umgehst, so wird es auf | auf deine Umwelt zugehst und mit ihr umgehst, so wird es auf | ||
dich zurückgeworfen. Wenn du achtsam bist und dich nicht | dich zurückgeworfen. Wenn du achtsam bist und dich nicht | ||
von deinen | von deinen [[Gefühl]]en und den Zufällen des Lebens mitreißen | ||
lässt, sondern bewusst, konzentriert denkst und handelst, dann | lässt, sondern bewusst, konzentriert denkst und handelst, dann | ||
bist du auf dem Weg zu einem ausgewogenen und | bist du auf dem Weg zu einem ausgewogenen und harmonischen Leben. So kannst du Yoga in deinen [[Alltag]] integrieren. | ||
===Über den Autor=== | |||
Dr. Guido Telscher ist Theologe und Yogalehrer (BYV); hat viele Jahre in verschiedenen Klöstern im In- und Ausland gelebt, am Gymnasium unterrichtet und sich lange mit Spiritualität, Philosophie und den Weltreligionen beschäftigt. Sein Schwerpunkt ist Jnana Yoga. | |||
== Siehe auch == | |||
*[[Patanjali]] | |||
*[[Verzicht]] | |||
*[[Ahimsa]] | |||
*[[Satya]] | |||
*[[Zölibat]] | |||
*[[Brahmacharya]] | |||
*[[Asteya]] | |||
*[[Aparigraha]] | |||
*[[Saucha]] | |||
*[[Santosha]] | |||
*[[Tapas]] | |||
*[[Svadhyaya]] | |||
*[[Ishvarapranidhana]] | |||
*[[yama]] | |||
*[[Niyama]] | |||
==Literatur== | |||
*[https://www.yoga-vidya.de/shop/product_info.php?info=p353_Goetter-und-Goettinnen-im-Hinduismus/ Goetter und Goettinnen im Hinduismus von Swami Sivananda] | |||
*[https://www.yoga-vidya.de/shop/product_info.php?info=p260_Die-Yogaweisheit-des-Patanjali-fuer-Menschen-von-Heute/ Die Yogaweisheit des Patanjali fuer Menschen von Heute von Sukadev Bretz] | |||
== Weblinks == | |||
* [https://www.yoga-vidya.de/yoga-anfaenger/yoga-wissen/yoga-leben-yamas/ Yoga Leben: Die Yamas] | |||
*[https://blog.yoga-vidya.de/tag/yama/ Blogbeiträge zum Thema "Yama"] | |||
*[http://www.yoga-vidya.de/Yoga--Buch/Wissenschaft/science09.htm YAMAS - unser Verhalten gegenüber den Mitmenschen, Kapitel 9 von: "Yoga als eine Universelle Wissenschaft", eine Vortragsreihe von Swami Krishnananda] | |||
*[http://www.yoga-vidya.de/Yoga--Artikel/Art-Artikel/art_Yoga_Sutras.html "Yoga Sutras" aus ''Göttliche Erkenntnis'' von Swami Sivananda] | |||
*[http://www.yoga-vidya.de/Yoga--Buch/hatha-yoga-pradipika/category/1-kapitel-yama-niyama-asana/ Hatha Yoga Pradipika: 1.Kapitel Yama, Niyama, Asana von Yogi Swatmarama] | |||
==Seminare== | |||
===[https://www.yoga-vidya.de/seminare/interessengebiet/achtsamkeit/ Achtsamkeit]=== | |||
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===[https://www.yoga-vidya.de/seminare/interessengebiet/raja-yoga-positives-denken-gedankenkraft/ Raja Yoga, positives Denken, Gedankenkraft]=== | |||
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==Multimedia== | |||
'''Yogastunde zum Thema Yama und Niyama''' | |||
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'''Wer bin ich?''' | |||
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[[Kategorie:Tugend]] | |||
[[Kategorie:Yoga Vidya Journal]] |
Aktuelle Version vom 29. Juli 2023, 16:32 Uhr
Die meisten Menschen verbinden mit Yoga Körperstellungen und stellen sich versenkte Menschen in der Meditation vor. Die yogischen Schriften geben aber auch nützliche Anweisungen und Ratschläge für den weisen Umgang in allen weltlichen Angelegenheiten. Verinnerlichtes Yoga führt zu einem yogischen Handeln in Beruf, Familie und U-Bahn.
Yogisches Handeln im Alltag
Artikel von Dr. Guido Telscher aus dem Yoga Vidya Journal Nr. 29, Herbst 2014
Jeder kann ohne großen Aufwand yogisches Handeln in seinen Alltag integrieren. Hier erfährst du, wie du einige Prinzipien des Yoga Sutra nach Patanjali anwenden und für dich nutzen kannst. Im Alltag ist oft keine Zeit für eine ausgiebige Yogastunde oder den Besuch des Satsangs in einem Ashram, weil neben der Arbeit, den Fahrzeiten, der Hausarbeit, den Hobbys und der Familie einfach keine Zeit bleibt. Und dennoch kannst du auch im Alltag Yoga üben und so in die Yogapraxis einsteigen, in dem du ganz bewusst und achtsam handelst. Dafür gibt uns der Weise Patanjali in seinem Yoga Sutra ein wertvolles Übungssystem für systematische spirituelle und persönliche Entwicklung an die Hand.
Die 5 Yamas
Sie betreffen das Verhalten im Umgang mit anderen Menschen.
Nichtverletzen (Ahimsa):
Die vermutlich wichtigste Regel ist der Verzicht auf jegliche Gewaltanwendung gegenüber Mensch und Tier. Mahatma Gandhi hat gezeigt, was es bedeutet Ahimsa wirklich in letzter Konsequenz zu leben. Eigene Aggressionen beherrschen und Herr über die eigenen Gefühle werden, wenn man einmal wieder im Stau warten muss oder unberechtigterweise kritisiert wird oder die Kinder nerven... Du siehst, das ist nicht einfach. Ernähre dich vegetarisch, auch das ist eine Konsequenz aus Ahimsa, denn die ganze Schöpfung sollte mit einbezogen werden.
Wahrhaftigkeit (Satya):
Nicht minder wichtig und nicht immer ganz leicht zu verwirklichen ist die zweite Regel. „Lügen haben kurze Beine“ hat man mir als Kind beigebracht. Und das stimmt wirklich. Satya heißt, Teile der Wahrheit nicht zu verbergen, auch das wäre ja eine Art Lüge. So kannst du dich immer wieder fragen: Was ist denn die Wahrheit?
Nichtstehlen (Asteya):
Wie in den 10 Geboten der Bibel sollst du nichts an dich nehmen, was dir nicht zusteht. Du denkst: Ich bin doch kein Dieb. Richtig so. So solltest du z.B. als Yogi keine Steuern hinterziehen, denn sie dienen dem Gemeinwesen, das auch dir Raum für dein Leben schafft. Schau, dass du nach dem Satsang deine eigenen Schuhe anziehst, schiele nicht neidisch auf das neue Auto der Nachbarn...
Enthaltsamkeit (Brahmacharya):
Wird oft negativ verstanden als eine sexuelle Haltung ähnlich dem Zölibat. Das ist aber nur ein Teilaspekt. Tue alles, was zu Brahman, dem Absolutem führt, trifft eher den Sinn. Lass dich nicht von deinen Sinnen davon treiben, sondern gehe immer wieder meditativ in dich und suche Gott in allen Dingen, auch in der Sexualität.
Nichtannehmen von Geschenken (Aparigraha):
Sich nicht bestechen lassen und sich nicht in Abhängigkeit begeben. Weniger Verlangen nach Besitz führt nach und nach zur Abwesenheit von Gewinnsucht und weniger materiellem Besitz. Es bedeutet, dass wir darauf achten, nur so viel zu haben, wie wir zum Leben tatsächlich brauchen. Dass ist nicht nur gut für die Umwelt sondern auch gerechter. Spende auch Geld für gute Zwecke und für Menschen in Not.
Die 5 Niyamas
Patanjali fügte den Yamas noch fünf weitere Regeln hinzu. Sie betreffen vor allem den liebevollen Umgang mit sich selber.
Reinheit (Saucha):
Täglich duschen und Zähne putzen – reicht das? Hier geht es um mehr als äußerliche Sauberkeit. Der Körper soll durch Kriyas von innen gereinigt und alle Blockaden gelöst werden. Dann sollte auch der Geist frei von (störenden) Gedanken sein. Damit erst ist Yoga nach Patanjali verwirklicht.
Zufriedenheit (Santosha):
Bleibe bescheiden in deinem ganzen Lebensstil, strebe nicht nach äußerlichem Luxus, so könnte man sagen. Wachse innerlich durch Verzicht.
Selbstdisziplin (Tapas):
Vor Jahrtausenden waren Yogis alle Asketen, die sich methodisch härtesten Übungen und Entbehrungen unterwarfen. Sie verzichteten auf fast alles und wollten so ihr Ego überwinden. Ich muss heute aber kein Einsiedler mehr werden oder tagelang auf einem Bein stehen, Yoga geht auch ohne Selbstkasteiung. Aber eine gewisse Kontrolle über mich und meine Wünsche ist notwendig, sonst kann ich nicht meditieren.
Selbststudium (Svadhyaya):
Beinhaltet das Studium der Schriften, da es neben der Selbstreflexion weiterer Bezugspunkte für die eigene Spiritualität bedarf. Das kann beispielsweise die Bibel sein, die Bhagavad Gita, die Veden, die Upanishaden oder andere Texte mit spirituellem, philosophischem oder religiösem Inhalt. Beobachte aber auch dich selber, deine Gedanken und dein Tun. Und meditiere über die Frage: Wer bin ICH eigentlich?
Hingabe an Gott (Ishvarapranidhana):
Ist Bhakti Yoga, also Singen, Beten, Tanzen mit ganzer Selbstvergessenheit. Gehe – wenn möglich - in den Satsang, nimm an einer Puja oder Homa teil. Als Christ darfst du ruhig auch öfter am Gottesdienst deiner Kirchengemeinde teilnehmen. Und lebe immer mehr mit der Einstellung: Gott, Dein Wille geschehe! Schon bei der Beachtung einiger dieser Verhaltensregeln spürst du sicher eine Veränderung der Reaktionen der Außenwelt und eine Klärung des eigenen Geistes. Denn so wie du auf deine Umwelt zugehst und mit ihr umgehst, so wird es auf dich zurückgeworfen. Wenn du achtsam bist und dich nicht von deinen Gefühlen und den Zufällen des Lebens mitreißen lässt, sondern bewusst, konzentriert denkst und handelst, dann bist du auf dem Weg zu einem ausgewogenen und harmonischen Leben. So kannst du Yoga in deinen Alltag integrieren.
Über den Autor
Dr. Guido Telscher ist Theologe und Yogalehrer (BYV); hat viele Jahre in verschiedenen Klöstern im In- und Ausland gelebt, am Gymnasium unterrichtet und sich lange mit Spiritualität, Philosophie und den Weltreligionen beschäftigt. Sein Schwerpunkt ist Jnana Yoga.
Siehe auch
- Patanjali
- Verzicht
- Ahimsa
- Satya
- Zölibat
- Brahmacharya
- Asteya
- Aparigraha
- Saucha
- Santosha
- Tapas
- Svadhyaya
- Ishvarapranidhana
- yama
- Niyama
Literatur
- Goetter und Goettinnen im Hinduismus von Swami Sivananda
- Die Yogaweisheit des Patanjali fuer Menschen von Heute von Sukadev Bretz
Weblinks
- Yoga Leben: Die Yamas
- Blogbeiträge zum Thema "Yama"
- YAMAS - unser Verhalten gegenüber den Mitmenschen, Kapitel 9 von: "Yoga als eine Universelle Wissenschaft", eine Vortragsreihe von Swami Krishnananda
- "Yoga Sutras" aus Göttliche Erkenntnis von Swami Sivananda
- Hatha Yoga Pradipika: 1.Kapitel Yama, Niyama, Asana von Yogi Swatmarama
Seminare
Achtsamkeit
- 06.04.2025 - 11.04.2025 Mantra & Mindfulness
- Finde zurück zu deiner ureigenen Kraft und erneure tief im Inneren die Verbindung zur göttlichen Liebe. Im geschützten Raum öffnen wir die Türen für die heilige Stille: Achtsamkeitspraxis, stilles Be…
- Darshini Schwirz
- 06.04.2025 - 11.04.2025 Achtsamkeit als Ressource in der Kinder- und Jugendarbeit
- Du lernst Achtsamkeit und Yoga für dich selbst als Maßnahmen der Stressreduktion und Selbstfürsorge kennen. Weiter wirst du darin geschult, Achtsamkeitsübungen niederschwellig in deiner Bildungseinri…
- Kirsten Noltenius
Raja Yoga, positives Denken, Gedankenkraft
- 06.04.2025 - 11.04.2025 Gelassenheitsmeditation Kursleiter Ausbildung
- Lerne in dieser Meditationsausbildung, Menschen in die Gelassenheitsmeditation einzuführen und in ihrer Meditationspraxis zu begleiten. Den meisten Menschen fällt es schwer in ihrem stressigen, schne…
- Eva Schlüter
- 11.04.2025 - 13.04.2025 positives Mindset - so werde ich mit mir selbst glücklich - Live Online Seminar
- Du denkst mal wieder, alles ist blöd? Siehst nichts Gutes auf der Welt? Wer kennt es nicht, in
seinem Tunnel gefangen zu sein und alles Schöne auszublenden. Ein positives Mindset ist das
- Beate Menkarski
Multimedia
Yogastunde zum Thema Yama und Niyama
Wer bin ich?