Sanskrit Kurs Lektion 10
Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.
Das Verb
Wie im Deutschen werden die Verben (Akhyata) im Sanskrit gebeugt (konjugiert). Dabei treten an einen Verbalstamm, der von einer Verbalwurzel (Dhatu) abgeleitet wird, verschiedene Personalendungen (Vibhakti). An diesen Endungen erkennt man, um welche Person (Purusha) und Zahl (Numerus, Vachana) es sich handelt. Daher muss das Personalpronomen ("ich", "du" usw.) im Sanskrit nicht eigens ausgedrückt werden, so wie im Italienischen: amo "ich liebe", credo "ich glaube".
Eine Besonderheit des Sanskrit ist, dass es neben der Einzahl (Singular, Ekavachana) und der Mehrzahl (Plural, Bahuvachana) auch eine "Zweizahl" (Dual, Dvivachana) gibt. Der Dual bezieht sich stets auf zwei Personen (z.B.: gacchāvaḥ "wir beide gehen").
Darüber hinaus gibt es die Zeitformen der Vergangenheit (Atita), Gegenwart (Präsens, Vartamana) und Zukunft (Futur, Bhavishyat) sowie verschiedene Modi wie Indikativ (Wirklichkeitsform), Imperativ (Befehlssform), Optativ (Möglichkeitsform), Konditional (Bedingungsform) u.a.
Schließlich unterscheidet man noch zwischen Aktiv (Kartari Prayoga) und Passiv (Karmani Prayoga) bzw. Medium.
Da die Verben des Sanskrit verschiedenen Bildungstypen folgen, werden sie in 10 Klassen eingeteilt. Diese sind im sogenannten Dhatupatha ("Wurzellese") aufgelistet.
Übersicht: Die Beugung der Verben der 1. Klasse in der Gegenwart
In der folgenden Übersicht wurde das Verb "gehen" (Wurzel: gam, Stamm: gaccha-) in der Gegenwart für alle drei Personen und Numeri im Indikativ Aktiv konjugiert. Diesem Bildungstyp folgen alle Verben der sogenannten thematischen Konjugation, nämlich die der 1. Klasse (Bhu Klasse), 4. Klasse (Div Klasse), 6. Klasse (Tud Klasse) und der 10. Klasse (Chur Klasse), d.h. die Mehrzahl der Verben im Sanskrit.
Person | Zahl | Personalendung | Devanagari | Transliteration | Transkription | deutsche Wiedergabe |
---|---|---|---|---|---|---|
1. Person | Singular | -mi | गच्छामि | gacchāmi | gachchhami | "ich gehe" |
2. Person | Singular | -si | गच्छसि | gacchasi | gachchhasi | "du gehst" |
3. Person | Singular | -ti | गच्छति | gacchati | gachchhati | "er geht" |
1. Person | Dual | -vaḥ | गच्छावः | gacchāvaḥ | gachchhavah | "wir beide(n) gehen" |
2. Person | Dual | -thaḥ | गच्छथः | gacchathaḥ | gachchhathah | "ihr beide(n) geht" |
3. Person | Dual | -taḥ | गच्छतः | gacchataḥ | gachchhatah | "diese beiden gehen" |
1. Person | Plural | -maḥ | गच्छामः | gacchāmaḥ | gachchhamah | "wir gehen" |
2. Person | Plural | -tha | गच्छथ | gacchatha | gachchhatha | "ihr geht" |
3. Person | Plural | -nti | गच्छन्ति | gacchanti | gachchhanti | "sie gehen" |
Verbalwurzel, Verbalstamm und gebeugte Verbform
Um ein Sanskritverb im Wörterbuch zu finden, muss man die Verbalwurzel (Dhatu) kennen, von der die gebeugte Form abgeleitet ist. Es steht also nicht wie im Deutschen der Infinitiv eines Verbs im Wörterbuch, sondern die Verbalwurzel (in diesem Falle gam "gehen").
Von dieser Verbalwurzel werden verschiedene Verbalstämme abgleitet, wobei der wichtigste der Präsensstamm ist, von dem die Formen der Gegenwart gebildet werden. Dies geschieht durch Anfügen der jeweiligen Personalendungen (-mi, -si, -ti usw.). Mitunter unterscheidet sich die Form des Präsenstammes deutlich von der Verbalwurzel, wie im Falle von gam (Präsensstamm gaccha-).
Eine weitere Besonderheit der Verben, die der sogenannten thematischen 1. Verbalklasse angehören, ist die Längung des -a vor den Endungen der 1. Person Singular, Dual und Plural zu -ā-. Hier noch einmal die Bildung der 1. und 2. Person Singular Indikativ Präsens zum Vergleich:
- gam (Wurzel) > gaccha- (Präsensstamm) + -mi (Personalendung 1. Person Singular) > gacchāmi "ich gehe" (Längung des stammauslautenden -a- zu -ā-)
- gam (Wurzel) > gaccha- (Präsensstamm) + -si (Personalendung 2. Person Singular) > gacchasi "du gehst" (ohne Längung)
Praxistipp
Man sollte sich nicht von der Komplexität und Vielfalt der Bildung der Sanskritverben abschrecken lassen, auch wenn für ein ernsthaftes Erlernen des Sanskrit ein gewisses analytisches Verständnis von Wortbildung und Grammatik unerlässlich ist.
Am Anfang mag es genügen, den Verbalstamm und die Endung zu erkennen und die dem Verbalstamm zugrunde liegende Verbalwurzel zu identifizieren, um sie im Wörterbuch nachschlagen zu können. Kennt man die am häufigsten vorkommenden Endungen der 1., 2. und 3. Person Singular Indikativ Aktiv (-mi, -si und -ti) sowie der 1. und 3. Person Plural (-maḥ und -nti), so ist bereits eine gute Basis für ein tieferes Eindringen in die Welt der Sanskritverben gelegt. Diese fünf wichtigsten Formen sind in der obigen Übersicht fett hervorgehoben.
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Siehe auch
- Sanskrit Kurs Lektion 1
- Sanskrit Kurs Lektion 2
- Sanskrit Kurs Lektion 3
- Sanskrit Kurs Lektion 4
- Sanskrit Kurs Lektion 5
- Sanskrit Kurs Lektion 6
- Sanskrit Kurs Lektion 7
- Sanskrit Kurs Lektion 8
- Sanskrit Kurs Lektion 9
- Sanskrit Kurs Lektion 11
- Sanskrit Kurs Lektion 12
- Sanskrit Kurs Lektion 13
- Sanskrit Kurs Lektion 14
- Sanskrit Kurs Lektion 15
- Sanskrit Kurs Lektion 16
- Sanskrit Kurs Lektion 17
- Sanskrit Kurs Lektion 18
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- Sanskrit Kurs Inhaltsverzeichnis