Sarada Devi
Sarada Devi (22.12.1853 – 20.7.1920), war die Ehefrau und spirituelle Partnerin des Mystikers Ramakrishna Paramahamsa (1836-1886). Sarada Devi wird von den Anhängern des Shri Ramakrishna voller Ehrerbietung auch als Sri Maa (Heilige Mutter) bezeichnet. Sie spielte eine wichtige Rolle beim Wachstum des Ramakrishna-Mönchsordens und der Anhängerschaft von Ramakrishna.
Sarada Devi wurde in Jayrambati (Westbengalen) geboren. Als sie fünf Jahre alt war, wurde sie mit Ramakrishna verlobt und heiratete ihn später (1859) in Dakshineswar (Kalkutta). Die Biografien berichten, dass beide in lebenslanger Treue und sexueller Enthaltsamkeit lebten, und so die Ideale der Ehe wie auch des mönchischen Lebensstiles vereinten.
Nach dem Tod von Ramakrishna im Jahre 1886 weilte Sarada Devi entweder in Jayrambati oder in Udbodhan, dem Hauptsitz des Ramakrishna-Ordens in Kalkutta. Ramakrishnas Schüler sahen sie als ihre Mutter an und baten sie nach dem Tod des Gurus, um Rat und Führung. Sie betrachten Sarada Devi bis heute als Inkarnation der Göttlichen Mutter.
Biografie
Elternhaus
Sarada Devi wurde am 22. Dezember 1853 als älteste Tochter einer Brahmanenfamilie als Saradamani Mukhopadhyaya geboren. Sie wuchs in dem kleinen Dorf Jayrambati (heute im Bundesstaat Westbengalen) auf. Ihre Eltern, Ramchandra Mukhopadhyaya and Syamasundari Devi, waren arm, aber sehr gläubig. Ihr Vater erwarb sein Einkommen als Bauer und durch die Ausübung des Priesteramtes. Überlieferungen zufolge hatten Ramachandra und Syamasundari übernatürliche Visionen, die ihnen die Geburt eines göttlichen Wesens vorhersagten.
Sarada lebte zunächst ein einfaches Leben. Wie die meisten jungen Frauen mit ländlicher Herkunft erhielt sie keine Schulbildung, lernte aber früh den Dienst an anderen, da sie ihrer Mutter bei der Haushaltsführung half und ihre jüngeren Brüder beaufsichtigte. Während der schrecklichen Hungersnot des Jahres 1864 arbeitete Sarada ohne Unterlass daran, mit ihrer Familie Essen an hungrige Menschen auszugeben.
Als Kind war sie schon fasziniert von den Erzählungen der hinduistischen Mytholgie. Am meisten wurde sie von den Figuren der Göttinnen Kali und Lakshmi angesprochen, die sie regelmäßig verehrte. Sie soll schon früh begonnen haben zu meditieren und Überlieferungen zufolge soll sie bald mystische Visionen erfahren haben. Sie selbst erzählte, dass sie regelmäßig eine Gruppe von acht Mädchen ihres Alters, unbekannter Herkunft gesehen habe, die sie bei all ihren Aufgaben begleitet hätten.
Verlöbnis mit Ramakrishna
Ramakrishna (damals noch Gadadhar Chattopadhaya) war seit 1855 Priester des großen Kali Tempels in Dakshineswar, Kalkutta. Er fastete in dieser Zeit und führte ein strenges spirituelles Leben. Seine Mutter und Bruder glaubten, eine Ehe würde ihn stabilisieren, indem sie seine Aufmerksamkeit von der Askese und seinen Visionen abzöge. Angeblich soll Ramakrishna selbst Saradamani als Braut gewählt haben. 1859 fand das Verlöbnis statt, wobei Ramakrishna zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt war, Saradamuni erst 5, ein typischer Altersunterschied in jener Zeit.
Nach der Heirat verblieb Sarada zunächst bei ihren Eltern und Ramakrishna kehrte nach Dakshineswar zurück. Sarada sah ihn erst wieder, als sie 14 war und lebte für drei Monate mit ihm in seinem Geburtsort Kamarpukur. Dort gab er ihr Lehren über Meditation und das spirituelle Leben weiter. Ramakrishna befand sich in dieser Zeit häufig in ekstatischen Samadhi Zuständen und verehrte Gott in sehr unorthodoxer Art und Weise. Viele Zeitgenossen begannen daher an seiner geistigen Gesundheit zu zweifeln, während andere ihn als großen Heiligen ansahen.
Sarada zog 1872 endgültig zu Ramakrishna als sie 18 war, da auch sie sich um seinen Gesundheitszustand sorgte. Sie beschrieb ihn als freundlichen und sorgenden Partner.
Leben im Kali Tempel, Dakshineswar
In Dakshineswar angekommen, wohnte Sarada Devi in einem winzigen Raum im Nahabat („Musikturm“), einem Nebengebäude des Tempels. Sie blieb dort durchgehend bis 1885, abgesehen von einigen kurzen Besuchen bei ihrer Familie in Jayrambati. Ramakrishna sah Sarada Devi als Inkarnation der Göttlichen Mutter an und nannte sie daher auch „Shri Ma“. Unter diesem Namen war sie auch unter Ramakrishnas Schülern bekannt.
Ramakrishna entschied sich zu diesem Zeitpunkt für das Leben als Sanyasin (hinduistischer Mönch), so dass die Hochzeit nie vollzogen wurde. Als Priester führte Ramakrishna aber eine Shodashi Puja durch, ein Ritual, bei dem Sarada Devi sich auf den Thron der Göttin Kali setzte und als Göttliche Mutter verehrt wurde. Nach Swami Saradananda, einem direkten Schüler Ramakrishnas, sah Ramakrishna dieses Ritual als Vollzug der Hochzeit an und wollte der Welt so zeigen, dass eine ideale Ehe auch ohne Sex auskommt.
Sarada Devis Tagesablauf begann um drei Uhr morgens. Nach ihren Waschungen im Ganges praktizierte sie bis zum Sonnenaufgang Japa (Mantrawiederholung) und Meditation. Daneben kochte sie vor allem für Ramakrishna und seine ständig steigende Zahl an Anhängern. Ramakrishna lehrte sie heilige Mantras und bildete sie darin aus, Menschen einzuweihen und spirituelle Beratungen zu geben. Sarada Devi wird daher als erste Schülerin des Ramakrishna angesehen. Auch wenn sie sich selbst dabei vollkommen im Hintergrund hielt, zog ihre warme, aber unaufdringliche Persönlichkeit mehrere weibliche Anhänger an, die ihre lebenslangen Begleiter wurden.
Während Ramakrishnas letzter Tage – er litt dann an Kehlkopfkrebs - pflegte ihn Sarada Devi und bereitete seine Mahlzeiten zu. Nach dem Tod ihres Mannes wollte Sarada Devi ihre Armreifen abnehmen, wie es sich für eine Witwe traditionell gehört. Es heißt, sie habe in diesem Moment eine Vision von ihrem Mann gehabt, der zu ihr sprach: „Ich bin nicht fortgegangen, ich bin nur von einem Raum in den anderen gewechselt.“ Sie erzählte, dass ihr immer, wenn sie beschloss, sich wie eine trauernde Witwe zu kleiden, die Erscheinung von Ramakrishna begegnete, welche ihr anwies, dies nicht zu tun. Auch nach dem Tode Ramakrishnas spielte Sarada Devi weiterhin eine bedeutende Rolle in der wachsenden religiösen Bewegung, deren spiritueller Führer sie für die kommenden 34 Jahre blieb.
Pilgerfahrten
Nach dem Tod Ramakrishnas unternahm Sarada Devi eine Pilgerreise durch Nordindien in Begleitung einiger Schülerinnen unter anderem Lakshmi Didi und Gopal Ma, sowie einige von Ramakrishnas Laienschülern und seinen Mönchen. Die Gruppe besuchte den Shiva geweihten Vishwanath-Tempel in Varanasi (Benares) und die Stadt Ayodhya, die der Mythologie zufolge eng mit Rama verbunden ist. Später besuchte sie auch Vrindavan, die Stadt Krishnas. Nach der traditionellen Überlieferung erfuhr sie dort Nirvikalpa Samadhi und begann fortan als Guru zu wirken.
Kalkutta
Nach ihren Pilgerfahrten wohnte Sarada Devi alleine an Ramakrishnas Geburtsort Kamarpukur. Dort war sie sehr arm. Ohne finanzielle Mittel und niemanden, der sich um sie sorgte, drohte sie gar zu verhungern. Sie versuchte, diesen Umstand zu verheimlichen, was aber vergeblich blieb. 1888 erfuhren schließlich Schüler Ramakrishnas, dass sie ihrer Fürsorge bedurfte. Daraufhin wurde sie eingeladen, doch wieder zurück nach Kalkutta zu kommen. Swami Saradananda, ein bedeutender Schüler, baute ein Haus für sie, dass man nach dem Monatsmagazin, das mittlerweile von der Gesellschaft herausgegeben wurde, „Udbodhan” nannte. Man nennt es auch "Haus der Heiligen Mutter" („Mayerbati“)
Im Haus Udbodhan lebten zusammen mit Sarada Devi noch weitere Schülerinnen Ramakrishnas, unter anderem Golap Ma, Yogin Ma, Lakshmi Didi and Gauri Ma. Auch westliche Schülerinnen Ramakrishnas, wie Schwester Nivedita und Schwester Devamata, hielten engen Kontakt zu ihr. Hier kamen immer mehr Menschen zu ihr und ersuchten sie um Rat, Lehre und spirituelle Initiation. Ihren Biografen zufolge soll ihre natürliche mütterliche Ausstrahlung allen Besuchern zu tiefer Ruhe verholfen haben. Ihr Schüler Swami Nikhilananda schrieb über sie: "Auch wenn sie keine leiblichen Kinder hatte, hatte sie viele spirituelle Kinder." Sah sie doch all ihre Schüler wie ihre eigenen Kinder an.
Sarada Devi wurde die höchste Ehrerbietung von Seiten des Ramakrishna-Ordens und seiner Anhängerschaft zuteil. Ramakrishna selbst hatte sie schließlich gebeten, seine Mission nach seinem Tode fortzuführen und seine Schüler gebeten, zwischen ihm und ihr keinen Unterschied zu machen. Ihren Anhängern und Biografen zufolge war ihre Gastfreundschaft einzigartig und stets von mütterlicher Fürsorge gekennzeichnet.
Viele Berichte beschreiben auch mystische Erfahrungen ihrer Anhänger. Einige träumten von ihr als Göttin in Menschengestalt, obgleich sie nie zuvor ein Bild von ihr gesehen hatten. Andere berichteten, dass sie von ihr im Traum initiiert worden seien. So etwa Girish Chandra Ghosh, den man heute als Vater des bengalischen Theaters bezeichnet. Er berichtete, dass ihm Sarada Devi mit 19 Jahren im Traum erschienen war und ihm ein Mantra gegeben habe. Erst als er sie Jahre später traf, erkannte er zu seinem großen Erstaunen in ihr die Gestalt aus dem Traum.
Ihre letzten Tage
Sarada Devi wechselte auch in ihren letzten Lebensjahren noch häufig zwischen Jayrambati und Kalkutta. Im Januar 1919 ging sie für ein Jahr nach Jayrambati, wobei sich in den letzten drei Monaten eine deutliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes einstellte. Sie war sehr geschwächt und wurde am 27. Februar 1920 nach Kalkutta gebracht. Es folgten fünf Monate des Leidens. Noch kurz vor ihrem Tod gab sie ihren Anhängern folgenden Ratschlag:
„Ich sage euch folgendes – wollt ihr Geistesfrieden erlangen, sucht nicht nach Fehlern bei anderen. Erkennt statt dessen eure eigenen Fehler. Lernt so, die ganze Welt euch zu eigen zu machen. Niemand ist hier ein Fremder, Kinder – die Welt gehört euch allen.“ Diese gelten als ihre letzten Worte. Um 1:30 am 20. Juli 1920 verstarb sie. Ihr Körper wurde im Belur Math, dem Hauptquartier der „Ramakrishna Math Mission“ eingeäschert.
Einfluss und Erbe
Sarada Devi spielte eine wichtige Rolle bei der Gründung der "Ramakrishna Mission“, einem der sozialen Arbeit gewidmeten Mönchsorden. Sarada Devi erfüllte ihre Rolle als Berater dieser Organisation „mit Taktgefühl und Weisheit und blieb dabei selbst stets im Hintergrund.“ (Gayatri Spivak) Sie initiierte auch selbst einige bekannte Mönche in den Ramakrishna Orden. So nahm etwa Swami Nikhilananda, vormaliger Freiheitskämpfer und Anhänger Mahatma Gandhis, Sarada Devi als Guru an und wurde Ordensmitglied. Er gründete später das Ramakrishna-Vivekananda Center in New York.
Auch wenn sie selbst keine Schulbildung hatte, engagierte Sarada Devi sich stark für Bildung für Frauen. Sie gab ihren Traum in die Hände der göttlichen Mutter, eine Mädchenschule für westliche und indische Schülerinnen am Ufer des Ganges zu gründen. 1954 wurde Sri Sarada Math in Kalkutta gegründet, als Hauptquartier der Ramakrishna Sarada Mission (einem Mönchsorden für Frauen), beides benannt in Ehrerbietung an Sarada Devi.
Lehrreden und Zitate
Sarada Devi hinterließ keine Bücher. Gleichwohl wurden ihre Aussprüche von ihren Schülern, wie Swami Nikhilananda oder Swami Tapasyananda festgehalten. Obwohl sie keine formelle Bildung besaß, sind Sarada Devis spirituelle Einsichten und Aussprüche bei ihren Schülern hoch angesehen. Bedeutende Zitate:
„Übe dich in Meditation, und nach und nach wirst du so einen ruhigen und beständigen Geist erhalten, dass es schwer sein wird, nicht zu meditieren.“
„Es liegt alles im Geist. Der Geist alleine fühlt sich rein oder unrein. Ein Mensch muss zunächst im Geist schuldig werden, damit er einen anderen Menschen als schuldig ansehen kann.“
„Du musst deinen Guru ehren. Ganz gleich was die Natur dieses Lehrers ist, der Schüler erreicht Erlösung durch seine unerschütterliche Hingabe an den Guru.“
"Ich bin die Mutter der Sündhaften, wie ich die Mutter der Tugendhaften bin. Habt keine Furcht. Wenn immer ihr in Schwierigkeiten seid, sagt euch einfach ‚ich habe eine Mutter, die mich beschützt‘.“
Siehe auch
Literatur
- Swami Sivananda: Die Kraft der Gedanken; Books. ISBN 3-922477-94-1
- Swami Sivananda: Shrimad Bhagavad Gita, Erläuternder Text und Kommentar von Swami Sivananda; Mangalam Books. ISBN 3-922477-06-2
- Swami Sivananda: Hatha-Yoga / Der sichere Weg zu guter Gesundheit, langem Leben und Erweckung der höheren Kräfte; Heinrich Schwab Verlag. ISBN 3-7964-0097-3
- Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis; Mangalam Books. ISBN 3-922477-00-3
- Swami Sivananda: Sadhana; Mangalam Books. ISBN 3-922477-07-0
- Swami Sivananda: Autobiographie von Swami Sivananda; Bad Mainberg 1999. ISBN 3-931854-24-8
Weblinks
- Swami Sivananda
- Swami Vishnu-devananda
- Paramahamsa Yogananda
- Anandamayi Ma
- Shankara
- Swami Chidananda
- Swami Krishnananda
- Ramana Maharshi
- Poonjaji
- Mata Amritananda Mayi
- Sathya Sai Baba
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