Familie
Aus dem Buch "Altindisches Leben: Die Cultur der vedischen Arier", nach den Samhita dargestellt von Heinrich Zimmer, Berlin 1879
Kapitel 12: Familie und Sittlichkeit
Wohlgeordnet war das Familienleben schon bei dem großen indogermanischen Urvolke, wie daraus hervorgeht, dass nicht nur für die näheren Beziehungen wie Vater, Mutter, Sohn, Tochter, sondern auch für viel entferntere und weniger durch die Natur geheiligte die Bezeichnungen bei mehreren Gliedern desselben völlig gleich sind. Dieselben Zustände finden wir beim vedischen Volke wieder: Vater (pitar), Mutter (matar), Sohn (sunu), Tochter (duhitar), Bruder (bhratar), Schwester (svasar), Schwiegervater (çvaçura), Schwiegermutter (çvaçru), Schwiegersohn (jamatar), Schwiegertochter (snusha), Bruder der Frau, Schwager (syala), des Mannes jüngerer Bruder, Schwager der Frau (devar), des Mannes Schwester, Schwägerin der Frau (nanandar).
Die festgeschlossene Familie bildete schon damals die sichere Grundlage des Staates und der Gemeinde. An ihrer Spitze steht der Hausvater als Hausherr (grhapati, viçpati). Von dem Manne ging auch der Anstoss zur Gründung einer Familie aus. Die Mädchen blieben, so lange sie unvermählt (agru) waren, im Hause des Vaters — sie heissen daher pitrshad — und mussten warten, bis ein Freier kam. Manchmal zog sich dies hinaus, ja manche blieb als alte Jungfer für immer im Elternhause (amajur), vergeblich nach einem Freier umschauend: »Der Ghosha gar, die im Hause des Vaters sass, der alternden gabt ihr, Açvin, einen Mann« Rv. 1, 117, 7; vgl. Rv. 10, 39. 40. »Wie eine daheim alternde, die bei den Eltern ist, flehe ich dich um Liebesglück an vom gemeinsamen Sitze aus« Rv. 2, 17, 7. Nicht alle jungen Arierinnen waren so geduldig wie die Ghosha und warteten auf der Açvin Hülfe. Da gab es manches üppige, wollüstige Mädchen (prapharvi), mit dem Viçvavasu, der Beschützer der Virginität seine Noth hatte; solche werden ihm Rv. 10, 85, 22 besonders empfohlen.
Die Reize, des Körpers suchten die Mädchen durch Salben und Herausputzen zu erhöhen, und hier war, entsprechend modernen Verhältnissen, die sorgsame Mutter der Tochter mit Rath und That behülflich: »Herrlich von Aussehen wie eine von der Mutter herausgeputzte Jungfrau (matrmrshta) entfaltest du (avih krnushe) dich (tanvam), Ushas, dem Anblick« Rv. 1, 123, 11. Besonders geschah dies zu Festversammlungen: »Wie Jungfrauen bei den Festen schmücken sie sich« Rv. 7, 2, 5; hier war eben passende Gelegenheit, um Liebesverhältnisse anzuknüpfen.
Ein Spruch über ein heirathsfähiges und heirathslustiges Mädchen beginnt mit den Worten : »Zu unserm Wohlgefallen, o Agni, komme ein Werber (sambhala) zu dieser Jungfrau zugleich zu unserm Glück; begehrt sei sie bei den Freiern, die an Festen anmuthige (liebliche valgu); schnell werde ihr Glück zu Theil durch einen Gatten« Av. 2, 36, 1. Auch die Hochzeitsfeierlichkeiten, bei denen Freundinnen der Braut und Freunde des Bräutigams sich trafen (Av. 14, 2, 59 ff.), mögen manches Paar einander genähert haben: »Da kommt Aryaman herbei mit vorne aufgelösten Haaren (vishitastuka, Roth im Wtb.), dieser Jungfrau einen Gatten verschaffend und ein Weib dem Ehelosen. Vergebens mühte sich diese ab (um einen Gatten zu erlangen), o Aryaman, indem sie die Hochzeiten anderer besuchte; nun denn, o Aryaman, jetzt sollen zu ihrer Hoohzeit andere kommen (a-yantu Ind. Stud. 5, 238). — Dhatar stützte die Erde, den Himmel und die Sonne, Dhatar verleihe dieser Jungfrau einen ihrem Verlangen entsprechenden Gatten« Av. 6, 60.
Waren jedoch alle Bemühungen vergebens seitens der Jungfrau, wollte Liebessehnsucht (smara) nach ihr keines Jünglings Herz entflammen (çuc), war gar eine andere so glücklich über das Herz des von ihr heiss Geliebten zu verfügen, dann griff sie zum Liebeszauber. So findet sich z. B. Rv. 10, 145 = Av. 3, 18 ein Zauberspruch zur Fesselung eines Mannes und zur Vertreibung einer glücklicheren Nebenbuhlerin:
- »Diese Pflanze grabe ich aus, das kräftige Kraut, durch welches man die Nebenbuhlerin verdrängt, durch welches man einen Gatten erlangt. 1.
- Du mit den ausgebreiteten Blättern, heilbringende , kraftreiche, von den Göttern gespendete, blase weit weg meine Nebenbuhlerin, verschaffe mir einen eigenen Gatten. 2.
- Herrlicher bin ich, o herrliches Gewächs, herrlicher als die Herrlichen, aber meine Nebenbuhlerin, die soll niedriger sein als die Niedrigen. 3.
- Nicht nehme ich ihren Namen in den Mund, nicht weile sie gern bei diesem Stamme, in weite Ferne treiben wir die Nebenbuhlerin. 4.
- Ich bin überwältigend, du bist siegreich, wir beide siegreich wollen die Nebenbuhlerin bewältigen. 5.
- Dir legte ich die siegreiche zur Seite, dich belegte ich mit der siegreichen; mir laufe dein Streben nach wie die Kuh dem Kalb, wie Wasser dem Wege entlang eile es.« 6.
Eine ganze Reihe solcher Segen zur Entflammung (çuc) von Liebe in dem Herzen eines Mannes hat uns der Atharvaveda aufbewahrt; vgl. 6, 89. 102. 130. 131; 7, 36. 37. 38.
War die Wahl eines Jünglings (yuvan, marya) auf eine Jungfrau (yosha, yuvatï, kanya) gefallen, so zog es ihn unwider¬stehlich zu ihr bin; wie Sikya hinter der Ushas, der licht¬gekleideten Maid, der Himmelstochter, einhergeht, so folgte er, der Jüngling, den Spuren der Jungfrau nach Rv. 1, 115, 2. Nicht immer jedoch war auch des Mädchens Herz von der Liebe schrecklich schmerzendem Pfeil (ishuh kamasya ya bhrma Av. 3, 25, 1) getroffen; gross wurden des Jünglings Sorgen und Qualen: »Die Unruhe stachele dich auf, nicht bleibe ruhig auf deinem Lager; schrecklich ist der Liebe Pfeil, mit ihm bohre ich dich ins Herz. 1. Den sehnsuchtbefiederten Pfeil, dess Schaft Liebe, dessen Hals inniges Verlangen, ihn soll die Liebe wohl zielen und dir ins Herz schiessen. 2.
KAma's wohl gezielter Pfeil, welcher die Milz verdorren macht, dess Gefieder vorwärts strebt, der glühend ist: mit ihm bohre ich dich ins Herz. 3. Von dörrender Gluth gepeinigt, mit lechzendem Munde eile zu mir heran! ohne Groll, sanftmüthig, mein eigen, liebesredend, mir ergeben. 4. Her treib' ich dich mit der Geissel, weg von Mutter und Vater, damit du mir zu Willen geiest, meinem Geiste dich an¬schmiegest. 5. Vertreibt, o Mitra-Varuna, alle (eignen) Gedanken aus ihrem Herzen, macht sie willenlos ganz und überliefert sie meiner Macht. 6. Av. 3, 25; vgl. Av. 2, 30; 6, B. 9. 82. Wurde der Bund der Herzen endlich geschlossen, dann kam die schöne Zeit der jungen Liebe. Am verborgenen Orte traf man sich zum Stelldichein, Geliebte (jaritr) und Geliebter (jara). Zu den manigfachsten Gleichnissen gibt dies Verhältniss den alten Rishi Veranlassung: Wie eine Verliebte zum Stelldichein mit dem Geliebten geht der Spieler zu den Würfeln (Rv. 10, 34, 5) ; die Milchtränke jauchzen dem Soma zu, mit dem sie sich vereinen sollen, wie die Jungfrau dem nahenden Geliebten (Rv. 9, 32, 5); die zehn Finger begrüssen die Somapfianzen, welche sie mit den Presssteinen ausschlagen, wie das Mädchen den Buhlen (Rv. 9, 56, 3). Am Abend oder gar in der Nacht fanden die Zusammenkünfte statt: »Wie eine im Verborgenen wandelnde menschliche Jungfrau« Rv. 1, 167, 3. Oefters stattete der Geliebte seinen Besuch in der Wohnung der Geliebten ab: »Erwecke Reichthum, o Vayu, wie der Buhle die schlummernde Geliebte« Rv. 1, 134, 3. Die nöthigen Vorbereitungen zum Empfang des Buhlen werden, wenn Aufrecht's Ausführung Ind. Stud. 4, 337 ff. richtig ist, in Rv. 7, 55, 5-8 geschildert; ein Mädchen sucht in Erwartung des kommenden Geliebten das ganze Haus vom Grossvater (viçpati) herunter bis zum treuen Wächter des Hauses, dem Hunde, einzuschläfern durch einen Zauberspruch:
- Fa schlummre Vater, Mutter ein,
Grossvater schlummere; schnarche Hund! Auch ihr Verwandte schlummert all, Gesinde, schlummre rings umher.
Wer sitzet und wer reget sich, die Leute, die uns könnten sehn, Wir schliessen ihre Wimpern zu, so fest wie dieses Hauses Thär. Der tausendfach gehörnte Stier, der aus dem Meere taucht empor, Mit seiner Hülfe bringen wir und singen alles Volk in Schlaf. Die Frauen, die auf Banken ruhn, auf Pfählen und auf Betten ruhe, Die Weiber, welche duften schön: sie alle Kannen wir in Schlafe. • Auch an Spenden für die Dame seines Herzens liess es der Jüngling nicht fehlen: »Gleichwie ein junger Buhle hat RjrAçva hundert und einen Widder geschlachtet< heisst es Rv. 1, 117, 18, d. i. er spendete so reichlich, wie jene zu thun pflegen. »Was sich liebt das neckt sich«, sagt ein deutsches Spruch¬wort, und so wird es auch an dergleichen Neckereien und Liebes¬zwisten nicht gefehlt haben: Eifersucht (irshya) beschlich den Sinn des Mädchens oder des Jünglings; zur Stillung dieser im Herzen brennenden Gluth dient Av. 6, 18 ; 7, 45. Streitigkeiten ernsterer Art drohten gar die Liebenden ganz zu trennen ; um das fast zerrissene (vichinna Av. 6, 139, 5) Band der Liebe wieder zu verknüpfen, wurde ebenfalls zu den geheimnissvollen Natur¬kräften, die in den Pflanzen liegen, Zuflucht genommen Av. 6, 139. 42. 43. 94. Sollte das Verhältniss eine dauernde Gestalt gewinnen, so musste zur Ehe (patiiva) geschritten werden. Dazu war jedoch die Einwilligung des Vaters nothwendig. Die Werbung bei demselben oder bei dessen Ableben dem seine Stelle ein¬nehmenden Bruder des jungen Mädchens geschah nicht durch den die Ehe wünschenden Jüngling selber, sondern durch Braut¬werber (vara; vgl. Rv. 10, 85, 15); dieselben wurden für ge • ',Fast in allen deutschen Ländern ist den Liebhabern der Landmâdchen eine Nacht im Jahre oder gar in der Woche zum Besuche ihrer Schlitze ge¬stattet und es soll dies in manchen Gegenden stets in Ehren ablaufen ..; die Namen der Sitte sind verschieden: schweiz. Kiltgang, Gassel gehn; bair. fenstern; schwitb. fugen; in Karnthen breuteln; frAnkisch schnurren.• Weinhold Deutsche Frauen S. 174. Dieser Gebrauch ist feste Sitte bei vielen Afghanen und Stummen des nordwestlichen Indiens, Elphinstone Cabool 1, 2.401ï.
wöhnlich unter den Busenfreunden des Heirathscandidaten aus¬gewählt, so dass aryatnan (Freund, Geführte) geradezu die Bedeutung Brautwerber bekam (s. Roth im Wtb.). Festlich ge¬schmückt — »Fett spritzend wie werbende Jünglinge « werden Rv. 10, 78, 4 die Marut genannt ; mit »von reichen Eltern ab¬stammenden Werbern, die sich nach der Sitte ihren Körper mit Goldschmuck geschmückt haben« sind sie Rv. 5, 60, 4 verglichen -- gingen sie unter Glückwünschen (Rv. 10, 85, 23) ihren Auftrag auszuführen. Wurde der Werbung nicht willfahrt, so fügte sich der Abgewiesene, wie es bei ihrer Kraft sich bewussten Mànnern natürlich ist, nicht immer friedlich ; darauf weisen deutlich mehrere Stellen, in denen Vimada's, eines Schützlings der Açvin und Indra's, Erwähnung geschieht: »Ihr beide (Açvin) führtet auf dem pfeil¬geschwinden Wagen dem jugendlichen Vimada die Gattin heim« (Rv. 1 , 116, 1) ; » durch eure Hülfe habt ihr dem Vimada als Gattin zugeführt Purumitra's Weib« (? Geliebte? yûsham Rv. 1, 117, 20); »ihr habt auf dem Wagen dem Vimada das schmucke Weib (? Geliebte ?) des Purumitra zugeführt« (Rv. 10, 39, 7) »mit welchen Hülfen ihr die Gattinnen dem Vimada heimführtet, mit diesen helft unse (R. 1 , 112, 19). Hiernach fand zwischen Vimada und Purumitra ein Kampf statt um ein schönes Weib; ob sie schon des letzteren Gattin oder blos Geliebte war, lässt sich nicht bestimmen, nach Säyana ist sie Purumitra's Tochter. Darf man aus dem Plural patnlh in Rv. 1, 112, 19 folgern, dass Vimada mehrere solche Streitigkeiten hatte ? Vergleiche noch Rv. 10, 65, 12: »Die Kamadyü führtet ihr (Açvin) dem Vimada zu«; ist Kamadyü der Name von Purumitra's Weib oder Tochter?
Mit reichen Geschenken an den zukünftigen Schwiegervater musste die Braut erkauft werden : »Ich hörte, dass ihr noch reichlicher schenket, als ein Eidam (vijantatar) und der Frau Bruder« Rv. 1, 109, 2.* War der Bewerber genehm, so konnte
• Ysska Nir. 6, 9 versteht unter vijamdtar einen Tochtermann, der nicht alle erforderlichen Eigenschaften hat; so heisse man im Südlande die¬jenigen, welche wegen ihrer Mange! die Mddchen kaufen müssten. Obiger Stelle können ganz Ahnliche Verhältnisse zu Grunde liegen, wie wir sie bei den alten Germanen treffen: die durch Geschenke erworbene Frau bringt dem Mann einen Mahtschatz zu; letzterer kann sehr wohl als Gabe des Bruders der Frau aufgefasst werden, der ja eben als bhrdtar ihr mundboro ist beim Ab
die Hochzeit von Statten gehen (vahattu/h kar). Diese Feierlichkeit vollzog sich in dem elterlichen Hause der Braut (Rv. 10, 17, 1). Von den Werbern, Eltern, Verwandten begleitet, fand sich der Bräutigam in festlichem Anzug dort ein; Verwandte und Ge¬spielinnen der Braut, gleichfalls feetlich geschmückt — »wie Jungfrauen, die sich gesalbt haben, um zur Hochzeit zu gehen«, so strahlen die Ströme der Opferbutter Rv. 4, 58, 9; vgl. Av. 14, 2, 59 ff. und Av. 6, 60 oben Seite 306 — erwarteten ihn. Zur Feier des Festes und zur Bewirthung der Gäste wurden Kühe geschlachtet Rv. 10, 85, 13; vgl. Weber Ind. Stud. 5, 182, Haas ibid. 304.
Der feierliche Act und die unauflösliche Verbindung fand vor angezündetem Agni statt; bier wurde dem Bräutigam die Braut übergeben durch den Vater oder den seine Stelle ein¬nehmenden nächsten Anverwandten. Ein ausdrückliches Zeugniss für letzteres bieten die vedischen Lieder nicht; die Sache ist jedoch ganz natürlich und stimmt mit der Angabe der Grhyasütra.
Es legt der Bräutigam einen Stein hin und fordert die Braut zum Betreten desselben auf : »Den weichen (nämlich für den darauf tretenden), dauerhaften Stein setze ich fest hin auf den Schoss der göttlichen Erde dir zur Nachkommenschaft; auf ihn tritt preiswürdig und anmuthstrahlend; langes Leben verleihe dir Savitar. Wie Agni die rechte Hand der Erde ergriff, so ergreife ich deine Hand; weiche nicht, sei bei mir mit Nachkommenschaft und Reichthum« Av. 14, 1, 47. 48. »Ich ergreife deine Hand zum Heile, dass du mit mir deinem Gatten ein langes Leben führen leben des Vaters; vgl. Rv. 1, 124, 7: »Die Schwester, die keinen Bruder hat, wendet sich dreist den Männern zu..
- Rv. 10, 39, 14 ist von Geldner Siebenzig Lieder S.44 übersetzt: ,Dies Preislied fügten wir für euch, ihr Açvin — so kunstvoll wie die Bbrgu einen Wagen — und putzten es heraus wie für den Jüngling — das Mädchen schmücken eines Sohnes Eltern• und in Anm. 22 wird gesagt: 'Die Eltern des Sohnes statten die Braut aus, welche sie jenem zuführen.. Aus einem falsch übersetzten Avasana sind hier zwei Folgerungen gezogen, für die die vedischen Lieder nicht den geringsten Anhalt bieten, die auch in dem umfangreichen Material der Grhyastltra (Ind. Stud. b, 267 ff.) keine Stütze finden. Ich über-seize Pada 3 und 4: »Wir haben euch das Preislied zugeführt (siehe Roth im Wtb. unter ni-marj) wie eine Braut dem Bräutigam, haben es euch dargebracht, wie einen eigenen das Geschlecht fortpflanzenden Sohn.
mögest; Bhaga, Aryaman, Purariidhi gaben dich mir zur Herrin des Hausstandes« Rv. 10, 85, 36. Unter diesen und ähnlichen Sprüchen fasst der Bräutigam die Braut bei der Hand und führt sie feierlich um das Feuer : »Um dich führte man die Braut zuerst herum sammt dem Hochzeitzug; gib du sie, o Agni, den Gatten zur Frau mit Nachkommenschaft zurück( Rv. 10, 85, 38; hasta¬grabha pati heisst daher Rv. 10, 18, 8 der Gatte. Welche Rolle dem Brautführer (janya) zufiel, ist nicht zu bestimmen aus unseren Texten; seiner geschieht Rv. 4, 38, 6 Erwähnung, wo Dadhikra »bekränzt wie der glänzende Brautführers genannt wird.
Durch das Ergreifen der Hand und die Umführung ums Feuer wurde die Braut gesetzlich (dharmana) Gattin (patn1), der Bräuti¬gam ihr Ehemann (grhapaii) Av. 14, 1 , 51. War so die Ehe unverbrüchlich geschlossen — »wer will zwei sich liebende Gatten trennen und zumal wenn im Hause der Braut das Hochzeitsfeuer geflammt bat( fragt Puriiravas die ihm durchgegangene Urvaçi Rv. 10, 95, 12 —, und hatten die Hochzeitsfeierlichkeiten (Av. 14, 2, 59 ff; siehe Seite 288) ihren Abschluss erreicht, dann fand die Ueberführung nach dem neuen Heim, des Gatten Hause Statt. Vom Gatten geleitet, bestieg die junge Frau, gesalbt und festlich geschmückt (Rv. 10, 85, 7-8) den blumenverzierten (sukimçuka), von zwei weissen Stieren (Rv. 10, 85, 10) gezogenen Wagen und liess sich auf weichem Polster nieder (Rv. 10, 85, 7; Av. 14, 1, 60, siehe oben S. 155). Noch ging der Zug nicht ab ; vielleicht schon vor dem Besteigen des Wagens wurde die Braut mit dem Spruch: »Aus Varuna's Fessel, mit der dich Savitar der holde band, löse ich dich; mit dem Gatten versetze ich dich unversehrt in der Ordnung Schoss, an den Ort der Frömmigkeit. Von hier löse ich sie, nicht von dort; dort binde ich sie fest, damit sie, Indra, reich an Söhnen und an Glück sei« (Rv. 10, 85, 24.25) von den Pflichten, die sie im Vaterhause hatte, losgesprochen und an den Gatten und ihr neues Heim gebunden. Dass mit diesen Worten eine symbolische Handlung verknüpft war, daran ist kaum zu zweifeln.
Der mit so vielem Pompe ins Work gesetzte Brautzug ver¬fehlte nicht seine Wirkung auszuüben auf eine neugierige Menge. Sie wird durch die Anrede eines beim Zug befindlichen entlassen mit den Worten: »Glückbringend ist dieses Weib hier; lauft zu¬sammen, schaut sie euch an ! wünscht ihr Heil und dann zerstreut euch nach Haus« Rv. 10, 85, 33. Unter den heissen Segens¬wünschen der Bleibenden — »Püshan nehme dich an der Hand und geleite dich von hier, die Açvin mit .ihrem Wagen sollen dich heimführen, ziehe hin ins Haus des Gatten, dass du Haus¬herrin heisst; als Gebieterin schalte daselbst« Rv. 10, 85, 26 — setzt sich der Zug nach dem Hause des jungen Mannes in Bewegung. Dort angekommen, tönt der Neuvermählten, sei es durch den Schwieger oder den Brautwerber, der Segenswunsch entgegen: »Liebes möge dir hier durch (Erlangung von) Nachkommenschaft zu Theil werden; in diesem Hause achte auf den Hausstand, schliess feste dich (tanvam) an den Gatten da: noch als Greise möget ihr hier schalten« Rv. 10, 85, 27. Unter Ermahnungen, Segenswünschen von verschiedenen Seiten gelangen die Neuver¬mählten ins Haus :
Wohlan, hier bleibet, trennt euch nicht, geniesst die ganze Lebenszeit, Mit Sohn und Enkel fröhlich scherzt, erfreuet euch in eurem Haus. Prajiipati vertihe Kind und Kindeskind, ins Greisenalter wahre Aryaman rlen Bund. Von Unheil fr Ai betritt des Gatten Heim und deins, halt fern Verlust, gereich zum Heile Mensch und Thier. Sei ohne bösen Blick und ohne Gattenhass, von Sinn und Antlitz mild sei selbst dem Thiere hold. Die Götter fürchtend werde Heldenmutter du; halt fern Verlust, gereich zum Heile Mensch und Thier. An Söhnen, Indra, mach sie reich, ihr Leben mach er hochbeglückt. Zehn Söhne leg in sie hinein, den Gatten so zum elften mach. So schalt und walte denn im Haus, ob Schwieger und oh Schwiegerin. Die Schwager und die Schwagerin, sie sind dir gleichfalls unterthan«. Rv. 10, 85, 42 ff. Nach Par. 1, 6, 3; Çätikh. 1 , 13, 4; Açval. 1, 7. 5 (s. Ind. Stud. 5, 332. 348. 363) wird der Spruch : »Der bin ich, die bist du (arno' hamasmi, sd (vam), Saman ich, Rc du, Himmel ich, Erde
du ; wir beide hier wollen uns jetzt vereinigen und Nachkommen¬schaft uns erzeugen« Av. 14 , 2, 71 vom Bräutigam gesprochen vor dem Betreten des Steines durch die Braut. Das altrömische ubi tu Gajus, ibi ego Gaja wurde bekanntlich bei der Ankunft in der neuen Heimath, vor der Ueberschreitung der Schwelle der¬selben gesprochen.
Die durch die Grhyasntra vorgeschriebene Nachfeier, dass das junge Ehepaar mehrere Nächte lang noch auf dem Boden liegen und Keuschheit bewahren musste, die Tage über unter Vollziehung verschiedener Opfer und Ceremonien fastete, wäh¬rend die Hochzeitsgäste schmausten, ist aus den Sarihhitâ nicht zu erweisen. Nach Narliyana zu Äçval. Grhyas. 1, 7, 2 ist die¬selbe überhaupt nicht allgemein; bei den Vaideha findet das Beilager sogleich statt gegen die ausdrückliche Vorschrift der G rhyasntra.
Am Morgen nach der Brautnacht wird das blutbefleckte (nilalohita) Hemd der Braut, das wegen des Glaubens an die Unheiligkeit und Unreinigkeit des weiblichen Körpers den Mann verunreinigt und in Unheil bringt, mit Spenden entsühnt (Rv. 10, 85, 28-30. 34. 35).
Dass die junge Frau bei ihrer Verheirathung eine Aussteuer mit erhielt, wird nirgends direct angegeben, lässt sich aber aus Av. 1 , 14 schliessen; der Hymnus wird beim Abschluss der Hochzeitsfeierlichkeit gesprochen: »Liebesglück und Herrlichkeit nehme ich von ihr an mich wie einen Kranz von einem Baum ; wie ein Berg mit breitem Fuss wohne sie lange bei (meinen) Eltern.« 1. Es antworten nun der Vater und die Verwandten der Braut: »Diese Jungfrau da, o Herrscher, soll dir als Weib über¬geben werden, sie werde festgebunden ans Haus (deiner) Mutter, (deines) Bruders und Vaters. 2. Sie sei bei dir Familienhaupt, sie übergeben wir dir jetzt; lange wohne sie bei (deinen) Eltern bis zum Grauwerden (?) des Hauptes.« 3. Hierauf erwiedert der junge Gatte: »Mit des Asita, Kaçyapa, Gaya Spruche binde ich dein Glück (für mich) zu wie die Schwestern (jamayah) die Truhe (anS4koça).«
Siehe auch
- Kapitel 1: Land
- Kapitel 2: Klima
- Kapitel 3: Produkt
- Kapitel 4: Volk
- Kapitel 5: Siedlung
- Kapitel 6: Staat und Recht
- Kapitel 7: Volkswirtschaft
- Kapitel 8: Kleidung und Schmuck
- Kapitel 9: Lebensmittel
- Kapitel 10: Vergnügung
- Kapitel 11: Krieg
Literatur
- Swami Vivekananda, Vedanta - Der Ozean der Weisheit
- Yoga Vidya Verlag, Klassische Upanishaden, Die Weisheit des Yoga
Seminare
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Gedanken Anderer zum Thema Familie
Familie spielt bei der religiösen Sozialisation wohl die entscheidende Rolle. Prägende Schulen besonders in sehr armen Gebieten wirken auch auf sie zurück. Das gilt wohl überall, Beispiel Indien, etwa hier "A Beautiful New Video about the School" [1]; oder auch Sinfónica de la Juventud Venezolana Simón Bolívar. (folgt)
- Heutzutage ist die am weitesten verbreitete Krankheit nicht Lepra oder Tuberkolose, sondern das Gefühl, nicht dazuzugehören." (zitiert nach: Tara Brach: Mit dem Herzen des Buddha. München: Knaur MensSana 2006, S. 28.)
Familie als Berufung. Auch Wahlverwandtschaften, enge Freudschaften u.a. stärken...
- Als ich ein Kind war, wuchsen wir auf die traditionelle Weise auf, in einer erweiterten Familie (..) das ganze Dorf war wie Deine Familie (..) und das haben wir verloren. Und das ist es, weshalb wir soviel Depression haben und Isolation, die sich ausbreitet. (...) Zu Weihnachten machen wir uns so verrückt damit, so viele Geschenke zu kaufen, dass wir das wahre Geben und Teilen vergessen. (...) (Wir sind ein Ashram und wir praktizieren Yoga, Meditation und einen harmonischen Lebensstil (..) Zufriedenheit (..) entsteht durch unseren Lebensstil.)(siehe Leela Mata, in Yoga-Vidya-Journal link via Berufung).
Traditionen können auch unerträglich sein - wie aus Armut Kinder o. a. betteln zu lassen.
Mehr dazu
- Selbstgehäkeltes und der gute alte Eintopf von Omi liegen voll im Trend, das stimmt. Dass so viele diese neue Kopfbedeckung tragen, liegt nicht daran, weil diese grobschlächtigen Mützen in Quietschfarben sie so adrett erscheinen lassen würden. Die Motivation gründet eher auf die Gewissheit: Da hat sich ein lieber Mensch für mich Zeit genommen und im Schweiße seines Angesichts etwas gehäkelt – darum geht es.
Siehe auch
- Sayujya (Fremdwort)